Baby-Blues und Wochenbettdepression - Über das (Un)Glück nach der Geburt
Für das Entstehen einer innigen wie tragfesten Beziehung zwischen Mutter und Kind sind die ersten Augenblicke des Lebens von großer, ja entscheidender Bedeutung. Doch leider fallen zahlreiche Mütter nach der Geburt oft in ein Stimmungstief - Ein unterschätztes Problem, denn sowohl die Gesundheit der Mutter als auch die Entwicklung des Neugeborenen ist gefährdet. Mehr zu Baby-Blues und der Wochenbettdepression und worin die Unterschiede liegen.
Traurigkeit statt Mutterglück
Die ersten Augenblicke eines neuen Lebens. Liebevolle Betreuung und sachkundige Pflege sind gerade jetzt für eine gesunde Entwicklung des Neugeborenen besonders wichtig. Unmittelbar nach der Geburt ist das gesunde Neugeborene besonders kontaktbereit. Deshalb soll es nach der ärztlichen Erstversorgung unter Wärmeschutz auf den Bauch oder an die Brust der Mutter gelegt werden. Der Geruch der Mutter ist ein wesentlicher Faktor für die Zufriedenheit des Neugeborenen. Der Kontakt mit ihrer Haut scheint ein Trost für das „verlorene Paradies“ in ihrem Bauch. Das Neugeborene besitzt bereits vor der Geburt die Fähigkeit, Hautberührung zu empfinden und Schallreize aufzunehmen.
Nach neun Monaten Vorfreude auf den Nachwuchs und einer möglicherweise ereignisreichen Geburt ist zu erwarten, dass das Gefühl der Erleichterung, Freude und Euphorie einsetzt. Doch anstelle von Mutterglück dominieren Traurigkeit und Gleichgültigkeit. Die Ursachen hierfür sind vielfältig.
Baby-Blues
Die postnatale (=nach der Geburt) Niedergeschlagenheit ist hormonellen Ursprungs und wird mit dem Begriff „Baby-Blues“ gekennzeichnet. Der Baby-Blues, auch als die sogenannten Heultage bezeichnet, tritt bei 80 Prozent aller Frauen in Erscheinung und stehe im Zusammenhang mit dem Stillen: Baby-Blues ist die Folge der ausgeprägten Umstellung nach der Geburt und könne für natürlich erachtet werden.
Die Erklärung dafür: Nach der Geburt sinkt vor allem der Östrogen und Progesteronspiegel, wohingegen das Hormon Prolaktin, welches für die Milchbildung verantwortlich wird, produziert wird. Der hormonelle Wechsel, welcher auch andere Hormone betrifft, führt zu Stimmungsschwankungen und Verstimmungen. Weitere Symptome wie Müdigkeit, Erschöpfung aber auch Traurigkeit, Reizbarkeit und eine erhöhte Sensibilität können beobachtet werden: Der frisch gebackenen Mutter ist ständig und unvorbereitet nach Weinen zumute. Der Zustand des Baby-Blues ist keine Krankheit und hält in der Regel nur bis zu sieben Tage an und ist meistens dann beendet, wenn die Mutter die Klinik verlässt und in ihre gewohnte Umgebung zurückkehrt. Bereits durch das Einräumen von Erholung gefolgt durch die Unterstützung der Familie und Freunden kann Besserung erzielt werden.
Postnatale Depression
Ist nach einem Monat nach der Geburt immer noch keine Verbesserung zu erwarten und die Frau nach wie von einem Stimmungstief geplagt, dann spricht man von der umgangssprachlich sogenannten Wochenbettdepression, auch als postnatale Depression (engl. Postpartum depression) bezeichnet. Die postnatale Depression kann sich in den ersten Wochen nach der Geburt des Babys bemerkbar machen und bis zu 24 Monaten nach der Geburt des Babys auftreten und betrifft in Deutschland jährlich durchschnittlich zehn bis zwanzig Prozent aller Mütter. Es wird angenommen, dass sogar noch mehr Frauen betroffen sind, aber sich nur wenige von ihnen eingestehen wollen bzw. bestätigen, dass statt des erhofften Mutterglücks Frustration und Überforderung erlebt werden.
Die Anzeichen einer Wochenbettdepression kommen den Symptome des Baby-Blues nahe: Gefühle von Traurigkeit, Empfindsamkeit, Reizbarkeit, Erschöpfung und Ruhelosigkeit sind häufig zu beobachten. Darüber hinaus sind die Frauen nach der Geburt sehr ängstlich, fühlen sich isoliert und nicht verstanden – sie fühlen sich nicht fähig, mit dem Neugeborenen umgehen zu können. Die widersprüchlichen Gefühle dem Neugeborenen gegenüber führen zu Schuldgefühlen seitens der Mutter sowie Versagensängsten und schlimmstenfalls sogar Suizidgedanken.
Viele Frauen versuchen ihren depressiven Zustand zu verbergen, da der Druck der Gesellschaft, glücklich über das Neugeborene sein zu müssen, zu schwer auf ihnen lastet. Ein fataler Fehler, denn es ist von besonderer Wichtigkeit, dass sich die Mutter in dieser belastenden Verfassung sich an ihre Hebamme, ihrem Arzt/ihrer Ärztin oder einem anderen vertrauensvollen Gesprächspartner/in wendet und um Rat und Hilfe bittet. Der Verhaltensmechanismus der Unterdrückung bzw. des Versteckens des depressiven Gefühlszustands führt nämlich zu einer Verschlimmerung der Depression. Oft scheinen auch keine beruhigenden Worte mehr helfen zu können. Schwere Wochenbettdepressionen müssen professionell, medikamentös in einer Klinik behandelt werden.
Die Ursache für eine Wochenbettdepression ist bislang unklar. Vermutet wird allerdings, dass eventuelle eine genetische Disposition für die Entstehung verantwortlich ist und die Umstellung des Hormonhaushalts dazu beiträgt.
Beistand und Rückhalt während der schweren Zeit
Folgende Tipps können vom Partner, von Familienmitgliedern und Freunden angewendet werden, um der jungen Mutter zu helfen: Versichern Sie ihr, dass ihre Verhaltensweise völlig normal ist und der aktuelle Gefühlszustand auch bei anderen Müttern, nach der Geburt ihres Neugeborenen, weit verbreitet ist. Unterstützen Sie die junge Mutter darin, dass Sie ihr bei der Organisation ihres Alltags beiseite stehen und Sie ihr zum Beispiel im Zubereiten der Mahlzeiten helfen. Gönnen Sie ihr eine Auszeit und sorgen Sie dafür, dass sich die junge Mutter ausreichend ausruht und die Besuche auf ein Minimum beschränkt werden. Wenn der Wöchnerin nach Weinen zumute ist, dann gewähren Sie ihr den Moment des Weinens, anstatt ihr gutmütige Worte zuzusprechen, sie solle aufhören so traurig zu sein. Hören Sie ihr zu und geben Sie ihr das Gefühl, dass sie verstanden wird und ihr die Zeit, die sie für sich benötigt, selbstverständlich zusteht. Zeigen Sie ihr, dass Sie für sie da sind.
Der Selbsttest: Habe ich eine Wochenbettdepression?
Eine Wochenbettdepression ist behandlungsbedürftig. Ein Selbsttest liefert Hinweise bzw. Anhaltspunkte, ob man ebenfalls unter einer Wochenbettdepression leidet. Die Edinburgh-Postnatal-Depression-Scale (EPDS), im Internet vorzufinden, scheint hierbei als wirkungsvolles Diagnoseinstrument geeignet zu sein. Der Standard-Test, ein Fragebogen mit zehn Fragen, dient nur als erste Einschätzung und kann keinesfalls eine ärztliche Diagnose ersetzen, sondern lediglich allgemein andeuten, dass eventuell eine postnatale Depression vorliege. Es ist immer zu empfehlen, sich an einen Arzt zu wenden und von Selbstdiagnose Abstand zu halten.
Eine Anlaufstelle für Mütter in seelischer Not bietet auch die Nummer der Wochenbettdepression-Hotline in Frankfurt/Main. Aus ganz Deutschland können sich Frauen, ebenfalls auch ratsuchende Hebammen und Ärzte über die Hotline ganz unbürokratisch und schnell Kontakt zu Spezialisten und Therapeuten erhalten. Auch der Verein „Schatten und Licht“ listet auf seiner Homepage Experten und Selbsthilfegruppen auf, damit junge Mütter offen mit ihrer Erkrankung umgehen können und zulassen, dass ihnen geholfen wird.
Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.