Die Diagnose Divertikulitis - entzündete Darmdivertikel
Divertikel sind Ausstülpungen, die vor allem in der Darmschleimhaut des Dickdarms vorkommen können, medizinisch als Divertikulose bezeichnet. Führt es zu einer Entzündung dieser Ausstülpungen spricht man von einer Divertikulitis. Welche Ursachen und Risiken beinhaltet eine Divertikulitis? Welche Komplikationen können auftreten? Und welche Therapiemöglichkeiten gibt es? Mehr dazu im folgenden Beitrag.
Was sind Divertikel?
Divertikulose ist die Bezeichnung für das Vorhandensein von multiplen pilz-, birnen- oder sackförmigen Ausstülpungen, Divertikeln, die insbesondere die Darmschleimhaut des Dickdarms, Colons, betreffen. Aber auch in anderen Hohlorganen können Divertikel auftreten: etwa in der Harnblase oder in der Speiseröhre. Die Divertikulose im Colon zählt zur Zivilisationskrankheit, die durch eine ballaststoffarme Ernährung gefördert wird. Studien haben erwiesen, dass vor allem die Ernährung einen sehr großen Einfluss auf den Darm hat. Auch prädisponierende Faktoren, die im Folgenden aufgelistet werden, können zur Entstehung einer Divertikulose beitragen:
- hohes Alter
- Obstipation (Verstopfung)
- zunehmender Muskeltonus
- zunehmende Bindegewebsschwäche im höheren Alter
- Veränderungen in der Muskelstruktur
Im Allgemeinen können Ausstülpungen der Darmschleimhaut in allen Abschnitten des Dickdarms auftreten, bevorzugt betroffen ist allerdings der im Becken gelegene Teil des Dickdarms, das Colon sigmoideum, kurz Sigmoid genannt. Der Verlauf des etwa 40cm langen Colon sigmoideums entspricht einer s-förmigen Schleife, die diesem Darmabschnitt die Bezeichnung verliehen hat. Divertikel im Darm bereiten in der Regel keine Beschwerden, weshalb diese auch oft unbemerkt bleiben oder nur durch einen Zufallsbefund, beispielsweise bei einer Vorsorge-Darmspiegelung, entdeckt werden, sodass es im Normalfall keinerlei Behandlung bedarf; in etwa 80 Prozent der Fälle liegt also eine asymptomatische Divertikulose vor.
Kommt es allerdings zu einer Entzündung der Divertikel, im medizinischen Sprachgebrauch als Divertikulitis bezeichnet, welche etwa ein bis zwei Prozent der Betroffenen mit Darmdivertikeln betreffen, treten Symptome auf, sodass eine Behandlung erforderlich wird.
Echte und unechte Divertikel
Man unterscheidet „echte“ und „unechte“ Divertikel: Echte Divertikel sind Ausstülpungen aller (!) Darmwandanteile. Diese sind in der Regel angeboren und sind nur vereinzelnd vorkommend; ein Beispiel hierfür wäre das sogenannte Meckel-Divertikel des Dünndarms. Bei „unechten“ Divertikeln sind nicht alle Darmwandanteile betroffen, sondern es liegen nur Ausstülpungen der innersten Schichten der Darmwand, nämlich der Schleimhaut (Mukosa) und der darunter liegenden Schicht (Submukosa) vor. „Unechte“ Divertikel werden auch als „falsche“ Divertikel oder sogenannte Pseudodivertikel bezeichnet. Sie sind nicht angeboren, sondern entwickeln sich im Laufe des Lebens, das heißt sie sind erworben. Die meisten Divertikel im Dickdarm sind Pseudodivertikel.
Symptome bei einer Divertikulitis
Der Verdacht auf Divertikulitis bzw. die Diagnose ergibt sich häufig aus den von dem Betroffenen geschilderten körperlichen Beschwerden sowie der durchgeführten ärztlichen körperlichen Untersuchung: mit einem Stethoskop erfolgt die Auskultation des Bauches, sprich das Abhorchen von Darmgeräuschen und der darauf folgenden Palpation, das Abtasten des Bauches. Darüber hinaus werden Körpertemperatur gemessen und eine Blutprobe entnommen. Eine starke Erhöhung der weißen Blutkörperchen, auch Leukozytose genannt, sowie eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins (CRP), einem unspezifischen Marker von Entzündungen, können meist nachgewiesen werden. Weitere Diagnostik erfolgt mittels Sonographie (Ultraschalluntersuchung), bei der die Suche nach wandverdickten Kolonabschnitten und freier Flüssigkeit erfolgt, sowie der Computertomographie des Abdomens. Im akuten Krankheitsstadium ist von einer Darmspiegelung abzuraten, da die Darmwand durch eine Entzündung bereits stark beansprucht und geschädigt sein kann und die Gefahr einer Verletzung und im schlimmsten Fall Perforation des Darms durch das Endoskop möglich sein kann.
Die klassischen Symptom-Trias der Divertikulitis sind:
- Abdominalschmerz: meist im linken Unterbauch (in manchen Fällen kann im linken Unterbauch auch eine schmerzhafte „Walze“ ertastet werden)
- Fieber
- Leukozytose (Erhöhung der weißen Blutkörperchen)
Zusätzliche Beschwerden können unter anderem sein:
- Übelkeit
- Diarrhoe (Durchfall)
- Obstipation (Verstopfung)
Die Einteilung der klinischen Symptomatik nach Schweregrade erfolgt gemäß der Klassifikation nach Hansen und Stock in 3 bzw. 4 Stadien:
- Stadium 0: asymptomatische Divertikulose
- Stadium I: akute unkomplizierte Divertikulitis mit Schmerzen im Unterbauch, gegebenenfalls Fieber
- Stadium II: akute komplizierte Divertikulitis
- Stadium IIa: Peridivertikulitis, phlegmonöse Divertikulitis mit Durchschmerz, lokaler Abwehrspannung, tastbarer Resistenz und Fiebr
- Stadium IIb: abszedierende Divertikulitis, gedeckte Perforation mit klinisch lokalem Peritonismus, Fieber und Darmatonie (Darmlähmung/Tonusverlust der Darmperistaltik)
- Stadium IIc: freie Divertikelperforation mit klinisch akutes Abdomen und Peritonitis (Entzündung des Bauchfells)
- Stadium III: chronisch rezidivierende Divertikulitis mit klinisch rezidivierender Unterbauchschmerz, Obstipation (Verstopfung) und Subileus (klinisch noch nicht voll entwickelter Darmverschluss, das heißt: Vorstufe eines Darmverschlusses)
Ursache von Divertikeln und der Entstehung von Entzündungen
Der genaue Entstehungsmechanismus für die Divertikelbildung im Darm ist bisher noch nicht eindeutig geklärt worden. Ein Zusammenspiel aus hohem Druck im Darminneren und einer Schwäche der Darmwand wird vermutet. Die Muskelschicht der Darmwand weist physiologische Lücken auf, in welchen die versorgenden Blutgefäße verlaufen. Ein Abbau des um die Gefäße befindlichen Bindewebes, welcher altersbedingt erfolgt, macht diese Lücken als Schwachstellen zusätzlich empfindlich. Wenn daraufhin auch noch der Druck im Darminneren infolge von Obstipation (Verstopfung) oder hartem Stuhlgang aufgrund einer ballaststoffarmen Ernährung steigt, kann die Schleimhaut durch die Lücken in der Muskelschicht gepresst werden – Divertikel, genauer Pseudodivertikel, entstehen. Zu einer Entzündung der Ausstülpungen kann es kommen, wenn sich Stuhl darin sammelt. Fieber, starker anfallartiger Schmerz im linken Unterbauch sowie eine unter der Haut schmerzhafte zu ertastende „Walze“ und ein gesamter äußerst druckempfindlicher Bauch können auftreten. Auch können sich Bakterien in den Divertikeln ansammeln, wodurch abgekapselte Eiterherde, als Abszesse bezeichnet, in der Darmwand entstehen können. Rezidivierende Divertikulitiden, das heißt sich wiederholende Entzündungen können zu Vernarbungen in der Darmwand führen, wodurch Stenosen, Engstellen im Darm, entstehen können und schlimmstenfalls ein Ileus, ein Darmverschluss, die Folge sein kann. Eine weitere gefürchtete Komplikation ist ein Darmdivertikel-Durchbruch, wodurch der bakterienhaltige Inhalt in der entzündeten Ausstülpung des Darms in die Bauchhöhle gelangt und eine infektiöse Peritonitis, eine Bauchfellentzündung, auch als kotige Peritonitis bezeichnet, verursacht.
Therapie
Die Behandlung richtet sich nach den Beschwerden, sprich ob körperliche Einschränkungen durch das Auftreten von Divertikeln vorliegen oder ob sich bereits Divertikel entzündet haben und eine Divertikulitis vorherrscht. Keiner Therapie bedarf es zufällig entdeckten asymptomatischen Divertikeln. Aus diesem Grund ist auch ein operativer Eingriff bei einer einfachen Divertikulose in der Regel nicht notwendig. Treten gelegentliche Beschwerden, wie Obstipation (Verstopfung) auf, kann eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung und regelmäßige Bewegung Linderung verschaffen. Ein operativer Eingriff, bei welchem der betroffene Darmabschnitt entfernt wird, kann bei einer Divertikulitis erforderlich werden, wenn mehrere Schübe pro Jahr erfahren werden – in diesem Fall erfolgt die Operation im entzündungsfreien Intervall. Komplikationen, wie zum Beispiel der gefürchtete Divertikel-Durchbruch, der Perforation, sind Notfallindikationen für eine Operation.
Prophylaxe
Eine hundertprozentige Sicherheit Ausstülpungen in der Darmschleimhaut vorzubeugen, gibt es leider nicht. Allerdings haben Studien nachweisen können, dass Darmdivertikel seltener auftreten, wenn auf eine ballaststoffreiche Ernährung geachtet wird. Ein insgesamt niedrigeres Risiko für die Entstehung von Darmdivertikel haben Vegetarier. Positive Einflüsse auf den Darm, um das Risiko der Entstehung von Darmdivertikeln zu minimieren, haben zudem eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, regelmäßige Bewegung sowie das Vermeiden von Übergewicht. Bei einer bereits bestehenden Divertikulose lassen sich Komplikationen durch eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung verhindern. Eine weitere günstige Auswirkung auf den Verlauf einer Divertikulose ist darüber hinaus der Verzicht auf Rauchen.
Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.