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Blutegeltherapie – große Wirkung durch kleine Tierchen

Kommentar schreiben Aktualisiert am 13. September 2019

Blutegel, die sich festbeißen und vollsaugen, hört sich erst mal gruselig an. Aber die kleinen Tierchen haben es in sich – von ihrer Wirkung als sanfter Aderlass und vor allem von den Substanzen her, die sie ins Blut des Patienten abgeben: Sie hemmen Entzündungen, entwässern, entstauen, regen die Durchblutung und den Lymphstrom an und lindern Schmerzen. Bewährt haben sich Blutegel bei Arthrosen, Schmerzen des Bewegungsapparats, venösen Erkrankungen, eitrigen Infektionskrankheiten, Bluthochdruck, Hämorrhoiden und Augenkrankheiten. Erfahren Sie hier, wie eine Blutegeltherapie abläuft, wann sie erfolgreich eingesetzt werden kann, wer sie durchführt und was sie kostet.

 

Was für ein Tier ist der Blutegel?

 

Der Blutegel zählt zu den Ringelwürmern und ist im Süßwasser zuhause. Er wird bis zu 15 cm lang und besitzt am vorderen und hinteren Ende einen Saugnapf. Mithilfe der Saugnäpfe kann er sich außerhalb des Wassers fortbewegen.1 Blutegel besitzen drei sternförmig angeordnete Sägeleisten mit ungefähr 80 Kalkzähnchen, die einen dreistrahligen Stern als Biss hinterlassen. Therapeutisch werden der Medizinische Blutegel (Hirudo medicinalis) und der ungarische Blutegel (Hirudo verbana) eingesetzt, die speziell dafür gezüchtet werden. In Deutschland sind Blutegel zulassungspflichtige Fertigarzneimittel, die strengen Hygiene- und Qualitätsstandards unterliegen. Ein Blutegel wird nur ein Mal benutzt, um Infektionen zu verhindern.2

 

Wie wirkt eine Blutegeltherapie?

 

Blutegel werden schon seit Jahrtausenden als sanfter, langsamer Aderlass eingesetzt. In den letzten Jahrhunderten wurden diese Methoden übertrieben oft angewendet, so dass sie in Verruf gerieten und von der Bildfläche verschwanden.3 Heute feiert der Blutegel seine Renaissance und wird in der Naturheilkunde und plastischen Chirurgie angewendet. Mit seinem Speichel sondert der Blutegel mindestens 30 unterschiedliche Substanzen in das Blut und Gewebe ab, die er in seinen Halsdrüsen produziert: Hirudin hemmt die Blutgerinnung und wirkt entwässernd, antibiotisch, antithrombotisch und gefäßkrampflösend. Außerdem beschleunigt es den Lymphstrom.2 Hementin und Orgelase haben eine durchblutungsfördernde Wirkung.

 

Eine betäubende Substanz verringert den Schmerz. Andere Wirkstoffe blockieren die enzymatischen Vorgänge, die Entzündungen, Traumata und Schmerzen hervorrufen. Der kleine Aderlass bringt pro Tier 10 ml Blutverlust und beim Nachbluten nochmal 20-40 ml Blut mit sich. Der damit verbundene Eiweißverlust führt zur lokalen Entstauung. Der Blutverlust in den Gefäßen wird durch Flüssigkeit ersetzt, was das Blut verdünnt und seine Fließeigenschaften verbessert.3 Calin bewirkt eine bis zu 24 Stunden dauerndes Nachbluten zur Reinigung der Wunde und Verstärkung des Aderlasses. Der Aderlass wirkt beruhigend, erleichternd, blutreinigend, entgiftend, krampflösend und hemmt die Entzündung. Neben den Substanzen und dem leichten Blutverlust sollen auch der Bissreiz und die Nachblutung eine therapeutische Wirkung besitzen.2

 

Worauf muss der Patient vor der Therapie achten?

 

Der Blutegel reagiert empfindlich auf Duftstoffe, Hautgeruch und Ausdünstungen von Alkohol, Nikotin und Medikamenten, z.B. Antibiotika.1 Deshalb sollte sich der Patient insbesondere an den Stellen, die behandelt werden soll, nur mit Wasser und einer geruchlosen Seife reinigen. Er muss einige Stunden Zeit mitbringen, wenig trinken und seine Blase entleert haben.3

 

Wie läuft eine Blutegeltherapie ab?

 

Es werden 2 bis 12 Egel angesetzt. Die geplante Bissstelle kann etwas angeritzt werden, um den Ringelwurm gleich an den richtigen Ort zu locken. Der 5-10 cm große Blutegel wird mit einer Pinzette an die kleine Wunde gelegt. Die Blutegel benötigen Halbdunkel und Ruhe. Nach getaner Arbeit und vollem Bauch fallen die Egel nach 10-40 Minuten von selbst ab. Sie dürfen nicht abgerissen oder mit Salz, bestenfalls mit Alkohol entfernt werden. Der abgefallene Egel kommt zurück in den verschließbaren Behälter, wo er mit Essigsäure getötet wird. Manche Patienten nehmen die Blutegel mit und setzen sie an feuchten Stellen im Wald aus. Die Blutegel-Firma Zaug nimmt die gebrauchten Egel gegen einen Aufpreis zurück und beschert ihnen einen Lebensabend im Rentnerbecken.3
 

Wie wird die Nachblutung behandelt?

 

Nach der Behandlung treten aus der Wunde noch ein paar Stunden Blut und Lymphe aus. Ein großer Blutverlust kann mit einem Druckverband gestillt werden. Der Patient sollte noch 1-3 Stunden liegen, bis ein Verband mit saugfähiger Watte angelegt wird.3

 

Tut die Behandlung mit dem Blutegel weh? 

 

Der Blutegel ist in der freien Natur bestrebt, von seinem Opfer nicht bemerkt zu werden. Deshalb gibt er eine betäubende Substanz ab. Er beißt auch nicht direkt, sondern sägt sich mit seinen Zähnchen vorsichtig durch die Haut, bis er an eine Blutquelle gelangt. Dabei wird nur ein geringfügiger Schmerz, ein feines Ziehen und Stechen bemerkt.2

 

Bei welchen Erkrankungen wird die Blutegeltherapie angewendet?

 

Anwendungsbereiche sind Erkrankungen des Bewegungsapparats, z.B. Schmerzen bei Knie- und Sprunggelenkarthrosen sowie venöse Erkrankungen wie akute Thrombosen, Venenentzündungen, Krampfadern und nach einer Thrombose. Augenerkrankungen, z.B. grauer und grüner Star und Netzhautblutungen, Infektionen wie Mittelohrentzündung, Furunkel und eitrige Entzündungen des Bindegewebes, Sehnenscheidenentzündungen und Herpes zoster werden mit der Blutegeltherapie behandelt.

 

Auch bei Wundheilungsstörungen durch einen Lymphstau nach der Operation, entzündete Wunden, Infektionen von Knochen und Knochenmark, Gichtanfälle, Nervenschmerzen und rheumatische Erkrankungen hat sich die Blutegeltherapie bewährt. Blutegel werden bei Bluthochdruck, Hämorrhoiden, Analthrombose und Prostatitis zum Einsatz gebracht.3 Sie vermeiden venöse Stauungen und das Risiko, dass Gewebe abstirbt, wenn Gliedmaßen, Ohren oder Hautlappen wieder angenäht werden.2 Eine Studie4 belegt den signifikanten Rückgang chronischer Schmerzen im unteren Rücken nach der Anwendung der Blutegeltherapie. Eine weitere fasst die schmerzlindernden, antientzündlichen, blutverdünnenden Eigenschaften mit der Anregung der Blut- und Lymphzirkulation zusammen.5 Auch das Ergebnis einer Studie über die Anwendung von Blutegeln bei Tumorschmerzen ist positiv.6

 

Sind Nebenwirkungen möglich?

 

Der Blutegel gibt Histamin in die Wunde ab, das eine allergische Reaktion auslösen kann. In sehr seltenen Fällen ist mit einer bakteriellen Hautentzündung (Erysipel) zu rechnen. Es kann eine kleine Narbe an der Bisswunde entstehen.3

 

Wann darf die Blutegeltherapie nicht angewendet werden?

 

Blutegel dürfen nicht bei Blutern, Hauterkrankungen an der geplanten Stelle, arterieller Verschlusskrankheit und diabetischer Mikroangiopathie (Erkrankung kleiner Blutgefäße) eingesetzt werden.3 Patienten, die blutverdünnende Medikamente einnehmen, dürfen keine Blutegelbehandlung durchführen lassen. Bei akuten Infektionen, Magenblutungen und in der Schwangerschaft ist eine Blutegeltherapie nicht angezeigt.2 

 

Wer führt Blutegeltherapien durch, was kosten sie und werden sie von der Krankenkasse erstattet?

 

Blutegeltherapie wird von Heilpraktikern7, ganzheitlich arbeitenden Ärzten und Kliniken angeboten. Obwohl es schon Studien gibt, die die Wirksamkeit der Blutegeltherapie bestätigen, ist es noch keine Kassenleistung. Die Kosten von 45-100 Euro plus die Kosten für die Blutegel à 5-8 Euro müssen selbst getragen oder von einer Zusatzversicherung übernommen werden.

 

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Beate Helm
Autor: Beate Helm

Beate Helm, Heilpraktikerin, freie Redakteurin und Autorin für Gesundheitsthemen und Persönlichkeitsentwicklung. Selfpublisherin. Weiterbildungen in Ernährungswissenschaft, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, Ayurveda, psychologischer Beratung und systemischer Therapie. Langjährige Erfahrung in Yoga und Meditation. Bei apomio seit 04/2015.

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