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Blutgerinnungsstörung: Was ist das Von-Willebrand-Syndrom?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 11. Juni 2016

Patienten, die unter dem sogenannten Von-Willebrand-Syndrom leiden, haben eine angeborene Störung der Blutstillung – schon bei den kleinsten Verletzungen neigen die Betroffenen dazu, viel mehr und auch länger als Gesunde zu bluten, was schlimmstenfalls einen tödlichen Ausgang annehmen kann. Im folgenden Beitrag wird das Krankheitsbild „Von-Willebrand-Syndrom“ näher beschrieben und die Abgrenzung zur Hämophilie, umgangssprachlich auch Bluterkrankheit genannt, erklärt.

Was ist das Von-Willebrand-Syndrom?

Beim Von-Willebrand-Syndrom liegt ein quantitativer oder qualitativer Mangel des Von-Willebrand-Faktors (vWF) vor: der von-Willebrand-Faktor ist das größte Eiweiß (Protein) im menschlichen Körper und für eine normale Blutgerinnung unverzichtbar. Wird der Von-Willebrand-Faktor nicht ausreichend vom Körper hergestellt oder ist fehlerhaft, erschwert das die normalen Blutgerinnungsprozesse. Die Folge: Es dauert länger, bis eine Wunde zu bluten aufhört. Kurz nach einer Verletzung leitet der von-Willebrand-Faktor nämlich den ersten Schritt der Blutstillung (primäre Blutstillung) ein und funktioniert wie eine Art Brückenbauer, indem er eine Brücke zwischen dem Ort der Verletzung und den Blutplättchen bildet; die Blutplättchen werden an die verletzte Gefäßwand angelagert, wodurch die Bildung eines Blutgerinnsels (Verklumpung der Blutplättchen) gefördert wird, das die Blutung dann stoppt.

Für den dauerhaften Wundverschluss sind dann weitere Schritte erforderlich (sekundäre Blutgerinnung): Den Prozess der Blutgerinnung treiben dann die Gerinnungsfaktoren an. Gerinnungsfaktoren sind bestimmte Eiweiße, welche in der Leber gebildet und ins Blut abgegeben werden. Die einzelnen Gerinnungsfaktoren werden mit römischen Zahlen versehen. Der von-Willebrand-Faktor stabilisiert den Gerinnungsfaktor VIII und schützt diesen vor vorzeitigem Abbau. Die Gerinnungsfaktoren VIII bzw. IX sind besonders wichtig und sofern diese fehlen, besteht eine Hämophilie A bzw. B, eine genetisch bedingte verminderte Gerinnungsfähigkeit des Blutes, die umgangssprachlich auch Bluterkrankheit genannt wird; Betroffene werden häufig auch als „Bluter“ bezeichnet. Der nachfolgende Text unter der Überschrift „Abgrenzung zur Hämophilie“ gibt Informationen, inwiefern sich diese Erbkrankheit vom Krankheitsbild „Von-Willebrand-Syndrom“ unterscheidet.

Geschichte zum Von-Willebrand-Syndrom

Der Name „von-Willebrand-Syndrom“ ist auf Erik von Willebrand, einem finnischen Arzt für Innere Medizin zurückzuführen, welcher erstmals im Jahre 1926 dieses Syndrom beschrieben hatte: Er untersuchte eine Familie mit ungewöhnlich starker Blutungsneigung, in welcher vier Mädchen im frühen Kindheitsalter verbluteten und das fünfte Mädchen im Alter von 14 Jahren an ihrer vierten Regelblutung verstarb. Erik von Willebrand erkannte, dass es sich um ein eigenständiges Krankheitsbild handelte, das sich von der bekannten Hämophilie unterscheidet und verglichen mit dieser auch das weibliche Geschlecht betrifft.

Klassifikation des Von-Willebrand-Syndroms

Beim Von-Willebrand-Syndrom liegt entweder ein Mangel an Von-Willebrand-Faktor vor (quantitativer Defekt) oder der Von-Willebrand-Faktor ist in seiner Funktionstüchtigkeit eingeschränkt (qualitativer Defekt).

Demnach unterscheidet man drei Formen:

  Häufigkeit   Defekt Blutungsymptome
Typ 1 80 - 90% VMF vermindert - der von-Willebrand-Faktor liegt im Blut in geringerer Menge als normal vor meist leicht
Typ 2 10 - 20% VMF verändert - der von-Willebrand-Faktor ist im Blut ausreichend vorhanden, aber nicht ausreichend funktionsfähig leicht bis mittelschwer
Typ 3 < 1% VMF fehlt - im Blut ist kein von-Willebrand-Faktor vorhanden schwer

Symptome dieser Erkrankung

Vielen Menschen ist die Veranlagung des Von-Willebrand-Syndroms erst gar nicht bewusst, sodass die Erkrankung - abhängig davon, welcher Typ des Von-Willebrand-Syndroms vorliegt - bereits in der frühen Kindheit oder nur zufällig, zum Beispiel bei einer Routine-Blutuntersuchung oder bei operativen Eingriffen, wie einer Zahnbehandlung, auffällt.

Folgende Krankheitszeichen können Patienten mit dem Von-Willebrand-Syndrom haben:

  • Neigung zu blauen Flecken (Hämatome) auch an ungewöhnlichen Stellen und auch nach nur sehr leichten Stößen
  • häufiges Nasenbluten, welches spontan einsetzt und sehr lange anhält
  • bei Mädchen starke und lange Regelblutungen
  • häufiges und starkes Zahnfleischbluten beim Zähneputzen (Schleimhautblutung)
  • Blutungskomplikationen/Wundheilungsstörungen bei zahnärztlichen Behandlungen oder operativen Eingriffen

Abgrenzung zur Hämophilie

Das Von-Willebrand-Syndrom und die Hämophilie zählen zu den vererbbaren Blutgerinnungsstörungen. Beide Krankheitsbilder erhöhen die Blutungsneigung. Der Unterschied: Bei der Hämophilie besteht ein Mangel an funktionsfähigen Gerinnungsfaktoren: 85 Prozent der betroffenen Männern fehlt der Gerinnungsfaktor VIII (Hämophilie A), 15 Prozent der betroffenen Männern fehlt der Gerinnungsfaktor IX (Hämophilie B), wodurch das Gerinnungssystem und die plasmatische Gerinnung gestört sind. Beim Von-Willebrand-Syndrom besteht dagegen ein Mangel funktionsfähigem Von-Willebrand-Faktor, wodurch es zu einem gesenkten Faktor VIII-Spiegel kommt und daher die thrombozytäre als auch plasmatische Gerinnung beeinträchtigt ist. Ein weiterer Unterschied: Die Hämophilie ist ausschließlich Männersache, während beim Von-Willebrand-Syndrom Männer und Frauen gleichermaßen betroffen sind. Unterschiede gibt es auch im Blutungsmuster: bei der Hämophilie stehen Gelenk-und Muskelblutungen an erster Stelle, die unbehandelt sogar zur Invalidität führen können. Beim Von-Willebrand-Syndrom kommt es vermehrt zu Schleimhautblutungen, nur bei schweren Verlaufsformen, wie dem Typ 3, können Gelenk-und Muskelblutungen auftreten.

Bei Verdacht ist eine medizinische Abklärung erforderlich

Das Von-Willebrand-Syndrom ist die häufigste angeborene Gerinnungsstörung, von der schätzungsweise 800.000 Menschen deutschlandweit betroffen sind. Dieser Artikel enthält nur allgemeine Informationen und ist nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung zu verwenden. Ebenfalls müssen diese Informationen - aus der komplexen Situation heraus – nicht in ihrer Gesamtheit auf jeden Patienten zutreffen, sodass Diagnostik und Therapieempfehlungen im Einzelfall und im Behandlungsteam entschieden werden müssen. Bei einem Verdacht auf das Von-Willebrand-Syndrom sollte immer ein Arzt zur medizinischen Abklärung aufgesucht werden.

J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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