Cleidocraniale Dysplasie - Anomalie der Knochenentwicklung
Die Cleidocraniale Dysplasie ist eine sehr seltene erblich bedingte Krankheit, welche mit einer Häufigkeit von ca. 1 zu einer Million auftritt. Es handelt sich um eine Anomalie der Knochenentwicklung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass vor allem das Becken, die Schlüsselbeine und der Schädel Veränderungen aufweisen. Wie wird das seltene Krankheitsbild behandelt? Inwiefern ist die Lebensqualität eingeschränkt? Mehr zum Thema Cleidocraniale Dysplasie im folgenden Beitrag.
Inhaltsverzeichnis:
- Krankheitsverlauf Cleidocraniale Dysplasie
- Diagnose Cleidocraniale Dysplasie
- Studien zur Cleidocraniale Dysplasie
- Pränataldiagnostik und Genetische Beratung
- Was muss und kann therapiert werden?
Krankheitsdefinition Cleidocraniale Dysplasie
Unter der Cleidocranialen Dysplasie oder cleidocranialen Dysostose, abgekürzt CCD, versteht man eine seltene erbliche Skeletterkrankung, die zu Störungen in der Knochenentwicklung vor allem an Schlüsselbein und Schädel führt. Betroffene Personen zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen die Schlüsselbeine („cleido“) entweder fehlen oder diese zu klein ausgebildet sind und zudem Defekte bei der Verknöcherung des Schädels („creino“) vorliegen, charakterisiert durch persistierende und weit offene Fontanellen und Schädelnähte. Auch können vielfache Zahnanomalien wie überzählige Zähne beobachtet werden. Das klinische und radiologische Bild ist bei dem Krankheitsbild so charakteristisch, dass eine Diagnose leicht zu stellen ist. Bei der Cleidocranialen Dysplasie handelt es sich um eine autosomal-dominante Erkrankung, die mit einer Häufigkeit von ca. 1 zu einer Million auftritt und durch Mutationen im CBFA1/RUNX2 hervorgerufen wird. Bei jedem dritten betroffenen Patienten liegt eine spontane neu aufgetretene Mutation vor. RUNX2 ist ein Transkriptionsfaktor, der für die Differenzierung von Vorläuferzellen in Osteoblasten verantwortlich ist sowie die Differenzierung der Chondrozyten im Zusammenhang mit der enchondralen Knochenbildung regelt. Ist das Gen Runx2/CBFA1 von einer Mutation betroffen, führt dies zu einer verminderten enchondralen und desmalen Knochenbildung.
Diagnose Cleidocraniale Dysplasie
Klinisch lässt sich eine Vielzahl von Haupt- sowie Nebenbefunden erheben, sodass in der Regel eine schnelle und sichere klinische Diagnose gestellt werden kann, wenn sie in Kombination auftreten.
Bei atypischen klinischen und röntgenologischen Befunden kann die Diagnose durch Mutationsanalyse bestätigt werden und wird durch den Nachweis von einer Mutation im CBFA1-Gen gestellt. Die Merkmale der Cleidocranialen Dysplasie sind:
- verzögerter Fontanellenschluss
- eine im Kleinkindesalter insgesamt stark vergrößerte Fontanelle (bis zum 4./5. Lebensjahr offen oder sogar manchmal zeitlebens nicht verschlossen)
- vorgewölbte Stirn mit zentraler Eindellung aufgrund der nicht verschlossenen Sutura metopica
- ein Hypertelorismus, eine mangelnde Entwicklung des Mittelgesichts sowie eine steil gestellte Nasenachse
- die Nasennebenhöhlen und Stirnhöhlen sind unterentwickelt oder fehlen
- kurzer und breiter Kopf, auch als Brachycephalie bezeichnet
- großer Hirnschädel und verkleinerter Gesichtsschädel
- spitzes Kinn
- der Abstand zwischen den Augen ist vergrößert
- Aplasie bzw. Hypoplasie der Schlüsselbeine: in der Mehrzahl der Fälle nur eine Hypoplasie der Clavicula mit Fehlen der lateralen Enden oder mit einer Pseudofraktur in der Mitte
- enger Thorax, der über eine glockenartige Form verfügt
- Aplasie in der Symphyse, die zu einem engen Becken führt
- Deformationen des Schenkelhalses mit einer einseitigen oder beidseitigen Coxa vara (= Verbiegung des Oberschenkelhalses deutlich kleiner als 120 Grad) oder Coxa valga (= Steilstellung des Oberschenkelhalses liegt größer als 140 Grad vor)
- das Vorhandensein von überzähligen chaotisch stehenden Zähnen (Hyperdontie), die die Lage und den Durchbruch der normalen Zähne beeinträchtigen und zu schweren Fehlbildungen mit funktionellen Auswirkungen führen können
In seltenen Fällen:
- eine nach der Geburt in seinem oberen Anteil völlig unossifizierte (= nicht verknöchert) Schädeldecke
- betroffene Patienten können aufgrund der partiellen oder totalen, ein- oder doppelseitigen Aplasie der Schlüsselbeine ihre Schultern verstärkt einander annähern können, so dass sich diese in Einzelfällen sogar berühren
- in Einzelfällen ist von bis zu 30 zusätzlichen Zähnen berichtet worden oder bis zu 63 nicht durchgebrochenen Zähnen
Insgesamt ist das Wachstum bei einer Cleidocranialen Dysplasie verlangsamt, sodass die Endgröße des Betroffenen unterhalb der Norm liegt: weibliche Patienten sind durchschnittlich 1,49 Meter groß und die männlichen Patienten im Durchschnitt 1,70 Meter.
Studien zur Cleidocranialen Dysplasie
In einer umfangreichen Studie aus dem Jahr 2001 ist die Krankheitsentwicklung der Cleidocranialen Dysplasie analysiert worden. Neben den oben aufgezählten klinischen Merkmalen sind auch weitere Veränderungen beobachtet worden. Zu diesen zählen:
- Hörverlust in 38% der Betroffenen
- rezividierende Ohreninfektionen in 62% der Betroffenen
Vermutet wird, dass die Hypoplasie des Mittelgesichts und die Veränderungen an der Schädelbasis hierfür verantwortlich sind. Aus diesem Grund wird empfohlen einen Hörtest in regelmäßiger HNO-ärztlicher Kontrolle durchführen zu lassen. Die Untersuchung zur Entwicklungen von Kindern ergab, dass insgesamt eine normale Entwicklung zu beobachten ist. Lediglich das Laufenlernen sei etwas verzögert. Die intellektuelle Entwicklung war normal.
Pränataldiagnostik und Genetische Beratung
Sofern die ursächliche Mutation in einer Familie bekannt ist, kann eine vorgeburtliche Diagnostik in Risikoschwangerschaften durchgeführt werden. Der Erbgang der Cleidocranialen Dysplasie ist autosomal-dominant. Allerdings scheint auch der Anteil von Neumutationen hoch zu sein. Den betroffenen Familien soll eine genetische Beratung angeboten werden.
Was muss und kann therapiert werden?
Im Allgemeinen bedarf es für die Skeletterkrankung keiner Therapie: Im Bereich des Schultergürtels sind Patienten, die unter einer Cleidocranialen Dysplasie leiden, nämlich häufig nur wenig bis gar nicht in ihrem Alltag eingeschränkt. Im Bereich des Beckens sind allerdings Hüftdysplasien beschrieben, welche dann entsprechend orthopädisch versorgt werden sollten. Ist der Winkel im Rahmen der Coxa vara deutlich kleiner als 100 Grad, wird eine valgisierende Osteotomie durchgeführt. Häufig führt die Verformung des Beckens zur Notwendigkeit einer Schnittentbindung. Von besonderer Bedeutung ist die Therapie von Zahnanomalien, die klinisch im Vordergrund steht und immer einer intensiven kieferorthopädischen Behandlung bedarf, welche in mehreren Sitzungen durchzuführen ist. Hierfür wird ein spezialisiertes Zentrum empfohlen, in dem retinierte Milchzähne, überzählige und abnorme Dauerzähne entfernt werden. Nicht durchgebrochene Zähne erfordern chirurgische Eingriffe. Im Hinblick auf die Rolle des RUNX2-Gens ist zu empfehlen, die Knochenmineraldichte zu überwachen und eine präventive Osteoporose-Therapie zu erwägen. Die Fehlbildungen, die durch eine Cleidocranialen Dysplasie bedingt sind, verursachen nur selten eine signifikante Behinderung, sodass die Prognose in der Regel günstig ist, wenn die Therapiemaßnahmen in Anspruch genommen werden.
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©Darko Stojanovic, pixabay.com
Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.