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Corona - Panikmache oder berechtigte Sorge?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 04. Februar 2020

Es war nur eine Frage der Zeit. Spätestens jedoch seit den ersten bestätigten Krankheitsfällen ist das Coronavirus 2019-nCoV auch in Deutschland angekommen. Die weltweiten Krankheitsfälle beherrschen nicht nur die Schlagzeilen der Medien, sondern beschäftigen vor allem Gesundheitsexperten und Wissenschaftler aus vielen Ländern.

 

Inhaltsverzeichnis

 

Was ist ein Coronavirus? 

Betrachtet man einen Coronavirus unter dem Elektronenmikroskop, ähnelt seine Struktur einer Krone. Die vielen Fortsätze benötigt das Virus, um sich tief in die Schleimhaut der Lunge zu verankern. Viren benötigen zum Überleben und für ihre Fortpflanzung einen fremden Wirtsorganismus.  Coronaviren sind als Krankheitserreger bei Menschen keine Seltenheit. Ihr Infektionspotential erstreckt sich von harmlosen Erkältungen bis hin zu schweren, mitunter tödlichen Verläufen einer Lungenentzündung. Genau wie die Infektionskrankheiten SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome) und MERS (Middle East Respiratory Syndrome), befällt das neue Coronavirus aus China vorwiegend die unteren Atemwege beim Menschen.

Handelt es sich um einen neuen Virus und woher stammt er? 

Die bis dato in Deutschland unbedeutende Millionenstadt Wuhan in China wurde über Nacht durch ihren Fischmarkt auf der ganzen Welt bekannt. Der Großhandelsmarkt der Stadt gilt weiterhin als der Ursprungsort der Infektionswelle des neuen Coronavirus 2019-nCoV.1 Doch wie konnten sich Menschen mit dem bisher unbekannten Virus anstecken?

Coronaviren treten als sogenannte Zoonosen weltweit in Erscheinung. Sie verursachen verschiedene Krankheitsbilder bei den unterschiedlichsten Säugetieren, Vögeln und weiteren Spezies. In seltenen Fällen können Viren indes die Artenbarriere überwinden und suchen sich ein anderes Lebewesen als Wirt aus. Bei früheren Erkrankungen mit Coronaviren konnten Fledermäuse als primärer Wirt ermittelt werden. Tiere, welche Träger von Viren sind, müssen nicht zwangsläufig erkrankt sein.  So scheint es sich auch im Fall des Virus aus Wuhan zu verhalten. Wie man weiß, springt das Virus von Spezies zu Spezies, bis es wie beim Erreger des SARS über einen sogenannten Zwischenwirt beim Menschen ankommt.

Wie kommen Wissenschaftler einer neuen Krankheit auf die Spur? 

Bei der Beurteilung stützen sich die Forscher nicht nur auf die Aussagen der erkrankten Patienten. Vielmehr haben sie mit der Molekularbiologie ein Werkzeug an der Hand, mit dem sie die Coronaviren miteinander vergleichen können. Sie untersuchen das Erbgut der Viren, welches im Menschen isoliert wurde, mit den genetischen Daten, welche die Viren beispielsweise von Fledermäusen aufweisen. Auf diesem Weg konnten die Forscher belegen, dass es sich bei dem neuen Coronavirus sehr wahrscheinlich um abgeänderte Viren (Mutationen) aus Fledermäusen handelt. Über mehrere, bislang unbekannte Zwischenwirte fand der Virus schließlich seinen Weg zum Menschen.2,3

Als Zwischenwirte kommen verschiedene Säuger und Geflügel, ebenso wie Fische4 und Schlangen in Betracht.5 Eine große Nähe zum genetischen Fingerabdruck des 2019-nCoV fiel bei Giftnattern auf. Warum sich das Erbgut von Viren plötzlich ändert, ist nicht abschließend geklärt. Entscheidend ist, dass das Virus an der Lungenschleimhaut des Menschen andocken konnte und imstande ist, diese drastisch zu schädigen. Wie der genaue Übertragungsweg letztlich ausgesehen hat, müssen weitere Forschungsergebnisse zeigen.

Von China nach Deutschland 

Eine entscheidende Wende nahm die Gefahr einer weltweiten Ansteckung, als feststand, dass die Übertragung auch von Mensch zu Mensch gegeben ist.6 Von nun ab war der Mensch selbst das eigentliche Risiko der Verbreitung des Virus. Gerade die zehn bisher bekannten Krankheitsfälle in Deutschland belegen auf eindringliche Weise, wie der internationale Reiseverkehr bei der Ausbreitung von Krankheiten eine Rolle spielt.

Welche Länder sind betroffen? 

Innerhalb Chinas kann eine Abnahme der registrierten Erkrankungen je nach Entfernung vom Ausgangspunkt Wuhan beobachtet werden. Über den Globus verteilt finden sich Schwerpunkte vor allem in den asiatischen Ländern Japan, Singapur, Malaysia und Thailand. Im Vergleich mit China handelt es sich aktuell nur um einen Bruchteil der mittlerweile fast 15.000 infizierten Menschen. Die Datenlage verändert sich jedoch beinahe stündlich. Informationen und wichtige Hinweise wie Reisewarnungen oder Vorsichtsmaßnahmen können auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums und des Robert-Koch-Institutes nachgelesen werden. Es ist gerade einen Monat her, seitdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstmals über das Auftreten der Infektionswelle informiert wurde. Am 30.Januar 2020 hat sich die WHO entschlossen die „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ auszurufen.7 Dies soll die Koordination von Maßnahmen insbesondere in Ländern mit einem schwächer ausgebauten Gesundheitssystem unterstützen. Gerade hier liegt nach Meinung der WHO das Hauptrisiko einer unkontrollierten Ausbreitung.

Epidemiologische Aspekte 

Epidemiologie ist eine statistische Möglichkeit, den Ausbruch einer Krankheit und deren Merkmale festzulegen. Schon bei den ersten Fällen von an 2019-nCoV Erkrankten stand die Frage im Raum, ob sich eine Epidemie entwickeln könnte. Die Frage konnte innerhalb weniger Tage mit Ja beantwortet werden. Vielmehr kann mittlerweile von einer pandemischen Verbreitung ausgegangen werden. Im Gegensatz zu einer Epidemie, bei der die Verbreitung des Erregers örtlich begrenzt auftritt, hat bei der Pandemie eine länderübergreifende Übertragung stattgefunden. Im Laufe der jetzigen Infektionswelle mit dem Coronavirus 2019-nCoV sind innerhalb kurzer Zeit Krankheitsfälle in bisher 23 Ländern aufgetreten.

Ein weiterer Aspekt einer Pandemie ist die Verteilung der Erkrankung in der Bevölkerung. Bei den ersten Patienten in China handelte es sich vor allem um gesunde Menschen im mittleren Alter.8 Ein tödlicher Verlauf wird indes vorwiegend bei älteren Menschen beobachtet, welche bereits durch eine andere schwere Erkrankung vorbelastet sind.9

Warum haben wir Angst vor Krankheiten? 

Epidemien sind seit alters her mit Ängsten verbunden. Angst vor dem Unbekannten und Angst vor einer hohen Sterblichkeitsrate, die mit dem Virus verbunden sein könnte. Doch dies erscheint angesichts der vielen Todesfälle, welche die saisonale Grippewelle verursacht, eher unbegründet. Unsere Ängste werden zudem durch eine nicht ernsthaft betriebene Berichterstattung vor allem in den sozialen Medien mit verursacht. Panikmache ist in keinem Fall eine hilfreiche Strategie, mit welcher einer Ausbreitung entgegengewirkt werden könnte.

Dennoch stehen selbst Wissenschaftler mit ihren Erkenntnissen noch am Anfang. Obgleich die komplette Gensequenz bereits wenige Tage nach dem Bekanntwerden der ersten Fälle entschlüsselt werden konnte10, gibt es bisher keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten.

Wichtig für die Ausbreitung der Krankheit ist die Fähigkeit der Viren, sich an den Menschen als neuen Wirt anzupassen. Geschieht dies, ist eine Infektion von Mensch zu Mensch sehr wahrscheinlich. Coronaviren werden vorwiegend durch eine Tröpfcheninfektion übertragen. Niesen und Husten dürften damit das hauptsächliche Ansteckungsrisiko bergen. Dazu bedarf es eines engen Kontaktes mit einer infizierten Person. Eine Infektion kann allerdings auch durch eine Kontamination von Gegenständen (Telefon, Türklinke) geschehen. Wie die Fälle aus Deutschland zeigen, muss ein mit dem Coronavirus infizierter Patient noch keine Symptome zeigen, um seine Mitmenschen anstecken zu können.11 Diese Tatsache dürfte hinsichtlich der vermuteten Dunkelziffer von 10.000 bis 100.000 infizierten jedoch symptomloser Patienten ein besonderes Risikopotential für die Eindämmung darstellen.12

Ob, und wie lange der neue Coronastamm auf Gegenständen des täglichen Gebrauchs überlebensfähig ist, ist nach aktuellem Wissenstand nicht eindeutig geklärt. Eine Übertragung durch Lebensmittel wird indes als unwahrscheinlich erachtet.13

Auf welche Symptome muss ich achten? 

Die ersten Anzeichen einer Erkrankung mit dem 2019-nCoV sind einer schweren Erkältung recht ähnlich. Dazu gehören Fieber, Muskelschmerzen, insbesondere im Rücken sowie ein charakteristischer trockener Husten. Seltener wird bislang eine Beteiligung der oberen Atemwege (Schnupfen) beobachtet. Das Allgemeinbefinden der Patienten ist stark beeinträchtigt. Im weiteren Verlauf hat sich bei einem großen Teil der Erkrankten eine schwere Lungenentzündung hinzugesellt.

Vom Tag der Ansteckung bis zum Ausbruch der ersten Krankheitszeichen vergehen zwischen einem und vierzehn Tagen. Man nimmt heute eine durchschnittliche Inkubationszeit von etwa 10 Tagen an.

Im Labor typisch sind erhöhte Entzündungswerte, wogegen im Blutbild eine Verminderung der weißen Blutkörperchen insbesondere der Lymphozyten auffällt. Die computertomografische Untersuchung zeigt eine für viele Lungenentzündungen kennzeichnende milchglasartige Verschattung.

Das Virus selbst lässt sich mit einer speziellen Methode, der RT-PCR (Realtime-Polymerase Chain Reaction) nachweisen. Diese molekularbiologische Methode kann in Rachenabstrichen und anderen Sekreten der oberen und unteren Atemwegsorgane durchgeführt werden. Die Entwicklung eines Verfahrens zum Nachweis von Antikörpern im Blut ist bisher noch nicht erfolgreich.

Ist eine Behandlung möglich? 

Wie die meisten viralen Erkrankungen wird das Coronavirus 2019-nCoV in erster Linie symptomatisch behandelt. Hier haben sich schmerz- und fiebersenkende Mittel bewährt. In seltenen Fällen kam es begleitend zu Durchfällen, bei welchen vorrangig Elektrolytlösungen verabreicht werden. Die Gabe von Sauerstoff sowie, wenn nötig eine künstliche Beatmung, sollen helfen, den Patienten zu stabilisieren. Antibiotika können bei Viruserkrankungen lediglich gegen eine bakterielle Begleiterkrankung verabreicht werden. Insbesondere bei schweren Verläufen wurden Patienten mit einem Kortisonpräparat versorgt.14 Angedacht sind zudem Medikamente, welche bisher erfolgreich bei schweren Viruserkrankungen, wie HIV, Ebola oder SARS gegeben wurden.

Wie kann ich mich wirksam schützen? 

Da eine Tröpfcheninfektion bislang als die wahrscheinlichste Übertragungsart angesehen wird, ist ein Abstand von etwa einem Meter zum Gegenüber ein wirksamer Schutz vor Ansteckung. Eine gute Händehygiene vor dem Essen und nach Kontakt mit Mitmenschen sollte gerade in Zeiten der Wintergrippe zur Gewohnheit werden. Es ist zudem ratsam, die eigenen Erreger nicht in die Hände zu niesen. Achten Sie auf eine korrekte Hustenetikette, bei der sie den Oberarm oder Ellenbogen benutzen. Atemmasken wirken vor allem spektakulär. Diese sollten jedoch dem medizinischen Personal vorbehalten bleiben. Im häuslichen Umfeld genügen Wasser und Seife. Dagegen müssen sich Ärzte und Krankenhäuser um einen Schutz mit wirkungsvollen Desinfektionsmitteln kümmern.

Die Entwicklung eines geeigneten Impfstoffes ist bereits angelaufen. Bis allerdings ausreichende Mengen hergestellt werden können, wird noch einige Zeit vergehen.15

Als wichtigstes Ziel gilt es zunächst die Infektionskette zu unterbrechen. Die Weltgesundheitsorganisation ist mit Mitarbeitern vor Ort, um China bei der Umsetzung eines Notfallplanes zu unterstützen.

In Deutschland greift hier die Meldepflicht für bedrohliche Krankheiten. Zudem wurde vom Robert-Koch-Institut gemeinsam mit den Gesundheitsministerien ein nationaler Pandemieplan erarbeitet.16

Diese Maßnahmen werden aktuell mit Erfolg eingesetzt. Im Rahmen einer Rückholaktion wurden Personen aus Risikogebieten in China unter Quarantäne (befristete Absonderung) gestellt. Bei der Untersuchung konnte bei bisher zwei Deutschen eine Infektion mit dem neuen Coronavirus festgestellt werden.17

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Jürgen Kressel
Autor: Jürgen Kressel

Sein beruflicher Werdegang hat sich in letzter Zeit mit persönlichen Vorlieben verbunden. Als Medizinisch technischer Assistent haben sich die Erfahrung und Ehrgeiz zu einem ganz ordentlichen Wissen auf einigen Gebieten entwickeln können. Fachlich ist er vor allem im Bereich der Allergologie (insbesondere Nahrungsmittelallergien), Endokrinologie (allgemein und Kinderwunsch) und Gastrologie versiert. Seine letzten Berufsjahre als MTA hat er in einem Notfalllabor eines großen Krankenhauses eingebracht.

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