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Das Gesundheitssystem in Deutschland - Was wird uns erwarten?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 13. Februar 2019

Schon seit Jahrzehnten warnen die Gesundheitsökonomen vor einer „Kostenexplosion“ durch das Phänomen der „alternden Gesellschaft“: Die Menschen in Deutschland werden immer älter, die Krankheitskosten in der Altersgruppe zwischen 65 und 84 Jahren sind fünfmal so hoch wie die durchschnittlichen Gesundheitskosten aller Einwohner in Deutschland. Die Folge: Die Gesundheitsausgaben steigen unausweichlich. Aber nicht nur das gibt Grund zur Sorge: Das Gesundheitssystem in Deutschland sei teuer und doch nur Mittelmaß?! Wie ist der Blick in die Zukunft? Wird das Gesundheitssystem unbezahlbar? Mehr dazu im folgenden Beitrag.

 

Das Gesundheitssystem in Deutschland

 

Das Auftreten von Krankheiten hat zur Folge, dass bestimmte gesellschaftliche Funktionen, wie das Ausüben der beruflichen Tätigkeit, nicht mehr übernommen werden können. In diesem Fall kommt das Gesundheitssystem ins Spiel: Bei Krankheit sichert das Gesundheitssystem die Weiterversorgung ab.

Das von 1883 von Otto von Bismarck eingeführte Sozialversicherungssystem, auch Bismarck-Modell genannt, ist das in Deutschland geltende System, nach dem die gesetzliche Krankenversicherung die Gesundheitsleistungen finanziert.

Für das Erbringen der Gesundheitsleistungen sind öffentliche und private Anbieter (Krankenhäuser, Ärzte) zuständig.

In Deutschland herrscht die Versicherungspflicht, das bedeutet, dass alle Bürger verpflichtet sind, sich in eine gesetzliche Krankenkasse (GVK) zu versichern, wenn der Brutto-Verdienst die Versicherungspflichtgrenze nicht überschreitet. Sofern man brutto mehr verdient als ein angegebener bestimmter Betrag, hat man die Möglichkeit sich in eine private Krankenversicherung (PVK) zu versichern.

90 % aller Versicherten sind in gesetzlichen krankenversichert; seit dem 01.01.1996 besteht das Prinzip der freien Kassenwahl, welches den gesetzlich Versicherten ermöglicht, aus weitgehend allen Krankenkassen frei wählen zu können.

Nach dem Solidaritätsprinzip haben alle gesetzlich Krankenversicherte, unabhängig von den gezahlten Beiträgen, die von Krankenkasse zu Krankenkasse variieren können, den gleichen Anspruch auf Gesundheitsleistungen! Zu beobachten ist, dass die Kosten für die gesetzlichen Versicherten im Verlauf der Jahre stetig gestiegen sind.

 

Machen immer mehr alte Menschen das Gesundheitssystem wirklich unbezahlbar?

 

Es herrscht ein demographischer Wandel und nicht selten fällt dann folgende Aussage: „Weil es immer mehr alte Menschen gibt, wird die Gesundheitsversorgung unbezahlbar!“

Tatsächlich handelt es sich um einen Trugschuss, ja, einen Denkfehler.

Das Landesbezirk Baden-Württemberg ver.di (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft) deckt im Hinblick auf die Legende der altersbedingten Krankheitslawine auf: Man vermutet fälschlicherweise, dass je höher die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen, desto häufiger und anhaltender seien chronische Erkrankungen, unter denen die Menschen leiden.

Die gestiegene Lebenserwartung impliziert aber eher, dass die chronischen Krankheiten zurückgedrängt werden konnten, sprich die dauern nicht länger an, sondern treten nur entsprechend später erst in Erscheinung.

 

Folgende Erkrankungen treten heute entsprechend später auf:

 

  • die Sterblichkeit an Herzinfarkt hat sich in die älteren Jahrgangsgruppen verlagert und ist aus der Gruppe des mittleren Lebensalters zurück gegangen
  • das Durchschnittalter für Lungenkrebserkrankungen ist angestiegen von 65 Jahre auf 71 Jahre
  • das Durchschnittsalter für Herzkreislauferkrankungen ist von 75 auf 78 Jahre angestiegen

 

Problem: Alter und Krankheit – obere Mittelschicht und Oberschicht vs. Unterschicht und untere Mittelschicht

 

In „Gesundheitspolitik: die 12 dicksten Lügen“ herausgegeben von ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg wird folgende Frage gestellt: „Gesundes Alter für alle?“  Denn in vielen Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Alter und Krankheit ist stets nur die Rede von „den Alten“. Diese lassen sich aber noch differenzieren nach Einkommen, Bildung und sozialem Status, sodass Unterschiede deutlich werden: Nur die älteren Menschen aus der oberen Mittelschicht und Oberschicht können ein gesundes Alter erreichen, unter weniger chronischen Erkrankungen leiden und länger leben während die älteren Menschen der Unterschicht und unteren Mittelschicht relativ früh chronische Erkrankungen erwerben.

Fazit von ver.di: „Was also die Gesundheitsversorgung in den hochindustrialisierten Ländern teuer macht, ist nicht die Tatsache, dass es zunehmend ältere Menschen gibt, sondern die soziale Ungleichheit und die gesundheitlichen Folgen von Arbeitsbelastung und Armut.“

FF

 

Die Kosten der Gesundheitsbranche

 

Aus einer Studie, von der im März 2018 in der Süddeutschen Zeitung berichtet wurde, geht hervor, dass in Deutschland 11,3 Prozent des Bruttoinlangsproduktes (BIP) in das Gesundheitswesen einfließen und Deutschland damit nach USA, der Schweiz und Schweden den vierten Platz einnimmt. Dagegen steht Deutschland auf dem vorletzten Platz, was die Lebenserwartung der Patienten betrifft.

Der Harvard-Wissenschaftlicher Ashish Jha, beteiligt an der Durchführung der Studie, pflegt in diesem Zusammenhang folgendes zu sagen: „Die enormen Ausgaben führen nicht automatisch dazu, dass die Gesundheit in Deutschland besser wird. Manchmal ist sie trotz hoher Kosten sogar schlechter als in den Ländern, in denen weniger bezahlt wird.“

Das deutsche Gesundheitssystem : extrem teuer und doch nur Mittelmaßist der Titel des Artikels in der Süddeutschen Zeitung, der den Leser zum Weiterlesen auffordert.

In deutschen Krankenhäusern boomen die diagnostischen Untersuchungsmethoden, voller Hightech, besten Geräten und zu häufig durchgeführten Computertomographien sowie Kernspintomographien und letztendlich stellt sich doch die Frage, ob diese ganzen Verfahren immer sinnvoll sind?!

Die Harvard-Wissenschaftler verneinen dies deutlich. Die teuersten Gesundheitssysteme der Welt, zu denen nun einmal auch Deutschland zählt, sind nicht die besten Gesundheitssysteme; Menschen, die dort leben, leben weder länger noch besser.

 

Krankenhausaufenthalt in Deutschland

 

Auch andere Ergebnisse aus der Studie sprechen nicht gerade für das Gesundheitssystem in Deutschland.

Folgende Fakten sind unter anderem zu erwähnen:

 

  • in keinem Land rund um den Globus kommt es so häufig zur Entfernung der Gebärmutter bei Frauen
  • in keinem Land werden so viele Kernspinuntersuchungen durchgeführt wie in Deutschland
  • in keinem Land werden so häufig verengte Herzkranzgefäße aufgedehnt
  • im Hinblick auf die Operationen zum künstlichen Gelenkersatz nimmt Deutschland nach der Schweiz (Hüfte) und den USA (Knie) den dritten Platz ein

 

Die erwähnten Fakten könnten somit die Zahl der Krankenhaushalte, die nirgendwo sonst so hoch sind, erklären und begründen, warum es den Menschen in Deutschland schlechter geht als in anderen Ländern, deren Bevölkerungsstruktur und Krankheitshäufigkeit vergleichbar sind.

Zu viele Operationen? Zu viele Untersuchungen? Davor habe auch schon der im Jahr 2017 verstorbene Gesundheitsökonom Uwe Reinhard gesprochen und vor Ungerechtigkeiten und Auswüchsen des Gesundheitssystems bezüglich „überhöhter Preise, unsinnigen Behandlungen und falschen Anreizen“.

Im Medizinbereich ist eine Preissteigerung höher als die Inflation zu vermerken. Weil die Technologie in der Medizin ständig verbessert werde, immer neue Medikamente und Verfahren auf den Markt komme, kommt es zu höheren Preisen.

Mit Erschrecken ist festzustellen, dass dann nicht mehr auf die Bedürfnisse des Patienten geachtet wird, wie es einst Aufgabe der Medizin gewesen ist, sondern immer mehr den Verlockungen des Marktes Aufmerksamkeit geschenkt werde.

 

Blick in die Zukunft: Der Wunsch nach einem neuen Gesundheitssystem?!

 

Eine Voraussage der Zukunft ist bislang noch niemandem gelungen. Eines steht fest: Die Medizin muss sich zum Wohle der Patientinnen und Patienten revolutionieren, unabhängig von Einkommen, Bildung und sozialem Status. Das Wichtigste immer im Blick haben: nämlich die Gesundheit.

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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