Das HELLP-Syndrom: Eine Form der Schwangerschaftsvergiftung
Das HELLP-Syndrom ist eine besonders schwerwiegende Erkrankung während der Schwangerschaft und tritt bei etwa fünf bis zehn Prozent der Schwangerschaften, meist im letzten Drittel einer Schwangerschaft auf. Welche Krankheitszeichen sind beim HELLP-Syndrom zu beobachten? Wie gefährlich ist es für Mutter und Kind? Welche Behandlung ist nötig? Wissenswerte Informationen rund um das Thema „HELLP-Syndrom“ im folgenden Beitrag.
Was ist das HELLP-Syndrom?
Das HELLP-Syndrom ist eine schwere, lebensbedrohliche Erkrankung während der Schwangerschaft und eine spezielle und komplizierte Verlaufsform der Präklampsie (Schwangerschaftsvergiftung). Den Begriff prägte der britische Arzt Dr. Louis Weinstein im Jahr 1982. Beim HELLP-Syndrom ist die Leberfunktion gestört und Störungen der Blutgerinnung liegen vor; die Buchstaben HELLP stehen für folgende englische Begriffe und namensgebenden Symptome der Erkrankung:
- H für Hämolysis = Auflösung der roten Blutkörperchen und Blutzerfall
- EL für elevated Liver Enzymes = erhöhte Leberwerte
- LP für low Platelet Count = die Zahl der Blutplättchen (Thrombozyten) ist niedrig, was eine nachlassende Blutgerinnung zu Folge hat
Nach der klassischen Definition wird eine Präklampsie diagnostiziert, wenn nach vollendeter 20. Schwangerschaftswoche folgende Krankheitszeichen vorliegen:
- Bluthochdruck (Hypertonie): Blutdruck ≥ 140/90 mmHg
- erhöhte Eiweißausscheidung im Harn (Proteinurie): ≥ 300 mg innerhalb von 24 Stunden
Die schwere Verlaufsform der Präklampsie ist die Eklampsie mit tonisch konischen Krämpfen bis hin zum Koma und/oder das HELLP-Syndrom, welches nachfolgend näher erläutert wird.
Symptome beim HELLP-Syndrom
Neben den Symptomen der Präklampsie (Bluthochdruck und Eiweißausscheidung im Harn sowie Ödembildung) können folgende Symptome beim HELLP-Syndrom auftreten:
- heftige Schmerzen im rechten Oberbauch (durch die Spannung der Leberkapsel), die in den Rücken ausstrahlen können und zu Übelkeit und Erbrechen und Durchfall führen; jede Berührung am rechten Oberbauch nimmt die Schwangere als sehr schmerzhaft wahr
- allgemeine, recht schnelle Verschlechterung des Allgemeinzustandes; Entwicklung eines zunehmenden Krankheitsgefühls
- plötzliche starke Schwellungen an Armen und Beinen und im Gesicht
- Sehstörungen
- gelbe Hautfärbung (Warnsignal !)
Da viele Frauen über Übelkeit und Erbrechen sowie Schwellungen an Armen und Beinen während der Schwangerschaft klagen und beim HELLP-Syndrom einige Symptome auch nur leicht ausgeprägt oder ganz fehlen können, ist es schwierig, dieses eindeutig zu erkennen: Die genaue Sicherheit, ob ein HELLP-Syndrom vorliegt können nur die Ergebnisse von Laboruntersuchungen geben. Das HELLP-Syndrom kann sich innerhalb weniger Stunden entwickeln und zu einem lebensbedrohlichen Zustand für Mutter und Kind führen. Im Regelfall vergiftet sich der Körper der Schwangeren in kürzester Zeit – innerhalb von 24 Stunden – selbst. Mütterliche Komplikationen wie Leberruptur, Niereninsuffizienz, Lungenödem, Hirnblutung und Schlaganfall sowie Früh- und Totgeburten sind möglich. Die mütterliche Sterberate lag weltweit bei zwischen 3 und 3,5 Prozent, die mütterlichen Komplikationen betrugen weltweit 12,5 bis 65 Prozent und die Sterberate des ungeborenen Kindes betrug 22,6 bis 24,2 Prozent.
Besonders im letzten Drittel einer Schwangerschaft sollte umgehend eine Klinik aufgesucht werden, um diagnostische sowie therapeutische Maßnahmen einzuleiten.
Ursache und Risikofaktoren für eine Schwangerschaftsvergiftung
Warum das HELLP-Syndrom während der Schwangerschaft entsteht, ist bisher leider nicht bekannt. Es wird allerdings vermutet, dass das HELLP-Syndrom im Zusammenhang mit anderen bestehenden Erkrankungen steht. Risikofaktoren für eine Schwangerschaftsvergiftung sind zum Beispiel bei
- chronischem Bluthochdruck
- Hepatitis-Erkrankung
- Störungen im Immunsystem
- genetische Einflüsse
- Neigung zu Thrombosen
- hormonelles Ungleichgewicht
Diagnostik beim Hellp-Syndrom
Neben der anamnestischen Untersuchung (Befragung der Krankengeschichte der Schwangeren) werden Laboruntersuchungen durchgeführt und die Leberwerte und Gerinnungsparameter untersucht. Die Schwangere bleibt im Krankenhaus stationär und in relativ kurzen Zeitabständen sind folgende Diagnosemethoden nötig:
- Blutdruckmessung (die Messwerte werden über 24 Stunden aufgezeichnet)
- Urinuntersuchungen (Eiweiß im 24 Stunden-Sammelurin und Kreatinbestimmung) für die Auskunft über die Nierenfunktion
- Laboruntersuchungen (ein bis zweimal täglich)
- Überwachung der Herztätigkeit des ungeborenen Kindes mittels CTG (Cardiotokogramm) dreimal täglich und Überwachung der Wehentätigkeit
Die Therapie des HELLP-Syndroms
Die Behandlung des HELLP-Syndroms richtet sich danach wie weit die Schwangerschaft fortgeschritten ist, sprich sofern die 34. Schwangerschaftswoche vollendet ist, wird eine Entbindung eingeleitet. Die Geburt kann, abhängig vom Allgemeinzustand der Mutter, entweder auf natürlichem Wege oder per Kaiserschnitt erfolgen.
Ist die 32. Schwangerschaftswoche noch nicht angebrochen, wird eine Geburt – wenn möglich – so lange wie möglich hinausgezögert, damit die Möglichkeit, die Lungenfunktion des Kindes im Mutterleib ausreifen zu lassen, gegeben ist und die Überlebenschancen des Kindes steigen können. Mit Hilfe von Medikamenten wird gleichzeitig versucht den Blutdruck der werdenden Mutter sowie die Blutgerinnung zu normalisieren. Auch bei einer nur leichten Ausprägung des HELLP-Syndroms und Laborwerten, welche sich noch im vertretbaren Bereich befinden, wird mit der Geburt – unter intensiver Überwachung im Krankenhaus – gewartet, da eine medikamentöse Gabe die Laborwerte und den Anstieg des Blutdruck stabilisieren kann. Die Überwachung der mütterlichen Blutwerte und ihres Blutdrucks muss allerdings engmaschig erfolgen, da sich das HELLP-Syndrom schnell in einen lebensbedrohlichen Zustand entwickeln kann.
Das HELLP-Syndrom rechtzeitig erkennen
Fazit: HELLP needs help! Die möglichen Anzeichen eines HELLP-Syndroms sollten sowohl von der werdenden Mutter als auch vom werdenden Vater gekannt werden, weshalb es so wichtig ist, sich über die schwerwiegende Erkrankung, die nur in der Schwangerschaft auftritt, vom behandelnden Gynäkologen aufklären zu lassen und Termine der Vorsorgeuntersuchungen nicht zu versäumen, auch wenn die werdende Mutter sich aktuell gut fühlt. Denn das HELLP-Syndrom kann sich in kürzester Zeit voll ausprägen und schnell für Mutter und Kind bedrohlich werden.
Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.