Das passiert bei der Beschneidung (Zirkumzision)
Eine Beschneidung kann bei medizinischen Beschwerden notwendig werden und ist zudem fester Bestandteil des Judentums und des Islams. Dabei wird die Vorhaut des Penis operativ entfernt. Erfahren Sie im folgenden Beitrag, was bei der Beschneidung des Mannes passiert, wann sie notwendig ist und warum sie als traditionelles Ritual umstritten ist. Die Vorhaut (Präputium) ist ein Hautlappen, der die Eichel des Penis umschließt und in gesundem Zustand bei einer Erektion zurückgeschoben ist. Die Vorhaut verhindert, dass die empfindliche Eichel großer Reibung, Schmutz oder Keimen ausgesetzt ist. Beim Geschlechtsverkehr dient sie als natürliches Gleitmittel und verringert den Widerstand und damit Schmerzen beim Akt. Bei einer Beschneidung (Zirkumzision) wird ebendieser Hautlappen operativ entfernt.
Medizinische Gründe für eine Beschneidung
Bei verschiedenen Krankheitsbildern kann eine Beschneidung als Therapiemaßnahme erfolgen. Dazu gehören:
- wiederkehrende Entzündungen von Vorhaut und Eichel
- wiederkehrende Harnwegsinfekte
- eine Vorhautverengung (Phimose)
- Beschwerden beim Wasserlassen
- Harnverhalt
- Schmerzen bei der Erektion des Penis
Zwischen der Eichel und der Vorhaut bildet sich das sogenannte Smegma. Das sind abgestorbene Zellen, Gewebereste und Körperflüssigkeiten. Smegma bietet Keimen einen idealen Lebensraum und gilt daher als potenzielles Risiko für Infektionen des männlichen Intimbereichs. Kommt es also immer wieder zu einer Entzündung der Harnwege oder ist die Eichel mehrfach entzündet, kann eine Beschneidung als Maßnahme erwogen werden. Ist die Vorhaut entfernt, gibt es keinen Raum mehr, in dem sich das Smegma sammeln und die Bakterien sich vermehren können. Bei vielen Jungen im Kleinkindalter kommt es zu einer Phimose (Vorhautverengung). Die Vorhaut lässt sich nur teilweise oder gar nicht hinter die Eichel zurückschieben. Das ist zunächst nicht schlimm, bei einer Großzahl der Betroffenen verwächst sich die Phimose mit der Zeit. Doch wenn die verengte Vorhaut Schmerzen verursacht oder sie vor der Pubertät und den ersten sexuellen Erfahrungen immer noch besteht, sollte ein operativer Eingriff erfolgen.
Das passiert bei der Beschneidung
Die Beschneidung erfolgt bei Kindern unter Vollnarkose, bei Erwachsenen kann eine örtliche Betäubung ausreichen. Es handelt sich um einen etwa 30-minütigen Eingriff, der Ambulant erfolgen kann. Der operierende Chirurg oder Urologe wird die Vorhaut mit einem Schnitt kürzen oder ganz entfernen. Im Anschluss vernäht er das Gewebe mit sich selbst auflösenden Fäden. Der Eingriff birgt – wie jede Operation – das Risiko von Blutungen, Infektionen und Komplikationen mit der Narkose. Allerdings handelt es sich um einen Routineeingriff, der als sehr komplikationsarm gilt. Nach der OP kann es zu leichten Schmerzen kommen, die gegebenenfalls mit Schmerzmitteln oder bei Kindern einem Zäpfchen gestillt werden können. Nach der Operation sollte der Betroffene auf das Baden erst einmal verzichten, damit sich die Nähte nicht frühzeitig auflösen. Nach etwa zwei bis drei Wochen ist die Naht unterhalb der Eichel in der Regel verheilt und Geschlechtsverkehr ist wieder möglich. Zunächst sollte der Patient allerdings Vorsicht walten lassen.
Veränderungen am Penis ohne Vorhaut
Durch die fehlende Vorhaut gestaltet sich die Intimhygiene für den Mann einfacher: Er muss die Haut nicht mehr zurückschieben, um sich gründlich zu pflegen. Allerdings fehlt der empfindlichen Eichel auch der Schutz vor der Umwelt. Deshalb verändert sich mit der Zeit nach einer Beschneidung das Gewebe an der Penisspitze. Es wird härter und unempfindlicher. Kritiker der Beschneidung sagen, es gingen die empfindlichsten Zonen des Penis verloren. Beim Geschlechtsverkehr kann es ohne Vorhaut zu leichten Beschwerden kommen. Durch den fehlenden Schutz wird die Reibung nicht gemindert und es kann zu Schmerzen kommen. Das kann durch die Verwendung eines Gleitmittels kompensiert werden. Ob eine Beschneidung Auswirkungen auf die Länge des Verkehrs und die Intensität des Orgasmus hat ist umstritten.
Beschneidung als ritueller Akt umstritten
Im Judentum und dem Islam ist die Beschneidung ein traditionelles Ritual und wird bei den männlichen Säuglingen vorgenommen. Sie findet meist nur wenige Tage nach der Entbindung statt. Das sehen viele Menschen kritisch. Obwohl es sich um einen kleinen Eingriff handelt ist es ein Einschnitt in die körperliche Unversehrtheit der Kinder und fällt daher unter Körperverletzung. Mit einer Einwilligung der Eltern wird die Straftat nicht verfolgt. Dennoch handelt es sich um eine Bevormundung der Kinder. Ein Gesetz legt in Deutschland fest, dass die Beschneidung aus religiösen Gründen nur noch ohne vermeidbare Schmerzen und unter klinischen Bedingungen stattfinden darf. Damit müssen seit Gesetzesbeschluss alle Säuglinge zur Beschneidung zu einem Arzt oder in eine Klinik. Bei einer Zirkumzision aus religiösen Hintergründen zahlt die Krankenkasse die Kosten nicht. Lediglich wenn eine medizinische Indikation gegeben ist übernehmen sie die anfallenden circa 200 bis 700 Euro (je nach Eingriff, Chirurg und Krankenhaus/Arztpraxis sind Abweichungen möglich).
Beschneidung aus hygienischen Gründen?
In den USA wurden seit den 1950er Jahren fast alle männlichen Säuglinge beschnitten. Mehr als jeder zweite Erwachsene (58 Prozent) hat eine Zirkumzision hinter sich. Das geschah vor allem aus dem Wunsch heraus, die Jungen vor dem Masturbieren abzuhalten – also aus sittlichen Gründen. Auch heute ist die Rate der Beschneidungen in den Vereinigten Staaten noch sehr hoch. Heutzutage werden Jungen aus hygienischen Gründen beschnitten. Doch durch eine gute Intimhygiene kann Mann dieselben Resultate erzielen wie durch eine Beschneidung. Wer beim täglichen Waschen des Penis die Vorhaut komplett zurückzieht und die Eichel mit klarem Wasser wäscht, braucht keine Infektionen zu fürchten. So kann auch das Risiko für Harnwegsinfekte oder Pilzinfektionen gesenkt werden. Einige Mediziner behaupten, durch eine Beschneidung sinke das Risiko sich mit sexuell übertragbaren Krankheiten zu infizieren. Durch gute Intimhygiene und konsequente Verhütung durch Kondome entsteht ein besserer Schutz als durch die Entfernung der Vorhaut.
Fazit: Vor- und Nachteile
Eine Beschneidung aus medizinischer Sicht ist eine gängige Therapie, sollte aber nicht zu früh durchgeführt werden. Bei vielen Jungen verwächst sich eine Phimose unter Umständen mit der Zeit. Aus hygienischer Sicht ist eine Beschneidung nur bedingt sinnvoll – konsequente und richtige Intimpflege sind ebenso geeignet, ganz ohne operativen Eingriff. Wird die Beschneidung aus religiösen Gründen vollzogen sollte ein geeigneter Arzt den Eingriff durchführen, um Komplikationen und Schmerzen zu vermeiden. Die Beschneidung von Kindern bleibt weiterhin ein umstrittenes Thema, da es sich um einen Akt der Bevormundung handelt und die Folgen nicht umkehrbar sind. Bei einigen Jungen kann es nach dem Eingriff zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung oder Kastrationsängsten kommen. Die Beschneidung sollte wenn möglich nicht im Teenageralter durchgeführt werden, da dies Auswirkungen auf die Sexualität des jungen Mannes haben kann.
Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.
Lieber apomio-Leser,
vielen Dank für Ihr Feedback zu unserem Artikel. Wir schätzen Ihr Interesse und Ihre Anregungen zur Verbesserung des Inhalts.
Es ist wichtig, die Debatte und die verschiedenen Standpunkte zum Thema Beschneidung zu berücksichtigen. Wir stimmen Ihnen zu, dass die Vermeidung einer Beschneidung im Pubertätsalter nicht bedeuten sollte, dass man sie präventiv einfach vorher durchführt. Die Entscheidung für oder gegen eine Beschneidung sollte sorgfältig und individuell getroffen werden, nach Abwägen aller relevanten Faktoren und in Absprache mit qualifizierten medizinischen Fachkräften.
Es ist bedauerlich, dass diverse klinische Studien darauf hinweisen, dass zwischen 90 und 95% der an Jungen durchgeführten Beschneidungen unnötig gewesen wären, wenn man nicht "voreilig" gehandelt und stattdessen abgewartet oder konservative Behandlungsmöglichkeiten ausprobiert hätte. Diese Erkenntnisse verdeutlichen die Bedeutung einer gründlichen Diagnose und einer evidenzbasierten Herangehensweise, um unnötige Eingriffe zu vermeiden.
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