Die Dritte im Bunde: Menstruationstassen als Alternative zu Tampon und Binde
Tampon oder Binde – bei der Monatshygiene schien es über Jahrzehnte nur diese beiden Möglichkeiten zu geben. In der letzten Zeit findet allerdings eine dritte Alternative immer mehr Anhängerinnen: die Menstruationstasse, die auch Menstruationsbecher oder Menstruationskappe genannt wird.
Viele wiederum haben vielleicht noch nie von einer solchen Menstruationstasse gehört. Es handelt sich dabei um eine Art Kelch aus weichem, flexiblen Material, meist aus medizinischem Silikon. Weil jede Frau anders gebaut ist, gibt es diese Tassen in unterschiedlichen Größen, für die individuellen ästhetischen Vorlieben sind sie in verschiedenen, teils fröhlich-bunten Farben erhältlich. Genau wie ein Tampon, wird auch die Menstruationstasse in die Scheide eingeführt und fängt dort, unterhalb des Muttermundes platziert, die Regelblutung auf. Anders aber als beim Tampon wird die Tasse nach dem Herausnehmen nicht entsorgt. Vielmehr wird sie entleert, ausgewaschen und kann dann viele Male wiederverwendet werden – bei richtiger Anwendung bis zu 15 Jahre lang. Dabei sind Menstruationstassen in der Anschaffung recht günstig: Sie kosten – je nach Modell und Anbieter – zwischen zehn und etwa 25 Euro.
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Die Menstruationstasse: ein neuer alter Trend
Eigentlich ist diese Art der Monatshygiene alles andere als neu. Die ersten Versionen gab es bereits in den 1860er-Jahren in den USA, allerdings waren diese noch extrem unhandlich und kompliziert und konnten sich daher nicht durchsetzen. Erst rund 70 Jahre später tauchte das vereinfachte Modell – entwickelt wiederum von einer Amerikanerin – auf dem Markt auf, das bis heute als Prototyp für Weiterentwicklungen verwendet wird. In der jüngsten Zeit ist eine Art „Revival“ zu beobachten: Vor allem im Internet, in Blogs und sozialen Netzwerken (z.B. bei Facebook und bei YouTube) tauschen sich Frauen über die Menstruationstasse und ihre Erfahrungen damit aus. Vertrieben wurden die Tassen bis vor kurzer Zeit fast ausschließlich im Internet – erst seit einer Weile gibt es sie auch in Apotheken zu kaufen.
Wer sich für diese Art der Monatshygiene interessiert, hat die Qual der Wahl. Inzwischen gibt es zahlreiche Modelle, teils mit sozialem Anspruch wie z.B. bei „RubyCup“: Hier geht für jedes verkaufte Modell eine weitere Menstruationstasse an junge Mädchen aus Kenia, die sich weder Binden noch Tampons leisten können. Aus Deutschland stammt die Marke „MeLuna“, die mit einer besonders großen Auswahl an Größen, Ausführungen, Materialien und Farben aufwartet.
Hier nur ein Beispiel für die zahlreichen Anwendungstipps und Hinweise zu Menstruationstassen im Internet:
Für wen ist die Menstruationstasse besonders geeignet?
Grundsätzlich können Mädchen und Frauen in jedem Alter die Menstruationstasse anwenden. Für junge Frauen passt meist eine kleinere Größe, ältere Frauen, vor allem diejenigen, die bereits Kinder geboren haben, werden zumeist ein Modell mit größerem Fassungsvermögen bevorzugen. Experten raten nur Mädchen, die noch keinen Sex hatten, von der Benutzung einer solchen Tasse ab. Es könnte hier durchaus sein, dass beim Einsetzen das Jungfernhäutchen verletzt wird.
Erfahrungsgemäß wenden hauptsächlich Frauen, die ein sehr gutes Körperbewusstsein haben, ihren Körper und ihren Monatszyklus gut kennen und unbefangen mit ihrem Körper umgehen, die Menstruationskappe an.
Wie man die Tasse richtig benutzt
Das A und O für jede Nutzerin ist natürlich zunächst einmal, das Modell zu finden, das optimal sitzt und angenehm in der Handhabung ist. Manchmal muss frau sich da erst herantasten und vielleicht ein, zweimal wechseln, bis sich ein richtig gutes Gefühl dabei einstellt. Zum anderen ist es ganz wichtig, immer sehr achtsam bei der Anwendung zu sein. Hier spielt vor allem Hygiene eine große Rolle, damit es nicht zu einer Infektion im Inneren des Körpers kommt. So sollte die Menstruationstasse vor der ersten Anwendung und nach jedem Zyklus sterilisiert werden. Dafür genügt es, die Tasse für zehn Minuten in einem Topf mit heißem Wasser auszukochen. Beim regelmäßigen Gebrauch gilt: Vor jedem Einführen und nach jedem Herausnehmen der Tasse gründlich Hände waschen! Nach dem Herausnehmen und vor dem nächsten Einsetzen sollte die Tasse unter fließendem lauwarmem Wasser mit einer milden Seife gereinigt werden.
Die Menstruationstasse einzusetzen ist zwar im Prinzip sehr einfach, erfordert aber zu Beginn ein wenig Übung und Fingerspitzengefühl. Vor dem Einsetzen wird die Tasse gefaltet, wobei es mehrere Faltvarianten gibt. Das Einführen selbst läuft dann richtig ab, wenn es zu keinem Zeitpunkt wehtut oder sich unangenehm anfühlt. Die Tasse muss immer gut gereinigt sein, damit die Löcher am oberen Rand nicht verstopfen. Sind diese Löcher nicht frei, stimmen die Druckverhältnisse im Inneren des Körpers nicht mehr und verhindern den optimalen Sitz. Eine richtig eingesetzte Menstruationstasse spürt man nicht, sie wird in der Regel auch nicht auslaufen. Bei optimalem Sitz kann man mit ihr auch problemlos schwimmen und andere Sportarten machen.
Zum Herausnehmen wird der an der Tasse befestigte Stiel, der nach innen in die Scheide hineinragt, gefasst, dann durch leichten Druck gegen die Tassenwand der Unterdruck gelöst und die Tasse herausgezogen. Der Inhalt wird dann einfach in die Toilette entleert, der Becher ausgewaschen und wieder eingesetzt.
Je nach Stärke der Periode sollte die Tasse alle 8 – 12 Stunden entleert werden. Ist die Menstruation vorbei, wird die Tasse in einem sauberen, atmungsaktiven Behälter bis zum nächsten Zyklus aufbewahrt.
Zu jedem Modell gibt es eine ausführliche Anleitung, zudem finden sich im Internet zahlreiche Video-Anleitungen. Hier zum Beispiel von Lynette:
Die Vorteile der Menstruationstasse gegenüber Tampons und Binden
Nicht wenige Experten gehen davon aus, dass die Menstruationstasse vor allem gegenüber Tampons einige hygienische und gesundheitliche Vorteile bietet. So wird angenommen, dass die Tasse weniger Rückstände in der Scheide hinterlässt, dass sie die Schleimhäute in der Vagina weniger reizt und austrocknet und die gesamte Scheidenflora weniger verändert, sodass letztendlich eine Menstruationstasse das Risiko von Irritationen und vaginalen Infektionen verringert.
Zudem gilt als sicher, dass in Menstruationstassen, anders als in Tampons und Binden, keine allergieauslösenden Stoffe vorhanden sind. Praktisch alle Modelle bestehen aus reinem medizinischem Silikon und lassen sich dadurch hundertprozentig hygienisch reinigen. Auch das sogenannte „Toxic Shock Syndrome“ (TSS), das bei Anwenderinnen von Tampons bisweilen auftritt, scheint durch Menstruationstassen nicht ausgelöst zu werden. Bisher ist weltweit nur ein einziger Fall bekannt, bei dem TSS nach der Anwendung einer Menstruationstasse auftrat. Ärzte vermuten hier allerdings, dass die betroffene Frau beim Einführen eine kleine Verletzung in der Vagina verursacht hat, sodass Bakterien ins Innere gelangten. Auszuschließen ist allerdings nicht, dass dieses nur einmalige Auftreten daran liegt, dass die Menstruationstassen im Vergleich zu Tampons nur in sehr geringer Zahl verwendet werden. Wie auch immer - in jedem Fall tragen ein regelmäßiges Auswechseln der Tasse und die entsprechenden gründlichen Hygienemaßnahmen zu einer Verringerung des Risikos bei.
Ein weiterer Vorteil gegenüber Binden und Tampons besteht darin, dass die Menstruationstasse – je nach Größe – deutlich mehr Menstruationsblut aufnimmt. Nicht zu unterschätzen ist auch der Kostenfaktor: Bei guter Pflege halten die Becher oft jahrelang und verursachen damit weit weniger Kosten als die Wegwerfartikel. Außerdem wird die Umwelt deutlich weniger mit Müll belastet.
Last, but not least: Frauen, die eine Menstruationstasse benutzen, wissen besser, wie stark ihre Blutung gerade ist, kennen sich daher mit ihrem Zyklus und dem sich im Laufe der Menstruation verändernden Sekret aus. Damit können sie auch besser planen, z.B. wenn sie natürlich verhüten oder schwanger werden wollen.
Ganz klar: Nachteile hat die Tasse auch
Für einige Frauen ist es ungewohnt und unangenehm, mit ihrem Blut so direkt in Kontakt zu kommen. Beim Einsetzen und Herausnehmen der Tasse kann Blut über die Finger laufen, die Tasse muss entleert und vom Blut gereinigt werden. Und auch wenn der Aufwand nicht wirklich groß ist: Ganz so unkompliziert wie der Umgang mit Tampons und Binden ist das Hantieren mit der Tasse nicht. Vor allem auf öffentlichen Toiletten muss darauf geachtet werden, dass alles sauber ist, und wenn sich das Waschbecken nicht im Toilettenraum befindet, wird es mit dem Reinigen schwierig. Die Lösung kann dann sein, eine Ersatz-Menstruationstasse bei sich zu haben, die benutzte Tasse nur mit Toilettenpapier abzuwischen und in einem mitgebrachten Beutel zu verstauen, bis man wieder zu Hause ist.
Fazit: Mal ausprobieren könnte sich lohnen!
Je nach persönlicher Veranlagung kann eine Menstruationstasse eine echte Alternative zu Tampons und Binden darstellen. In jedem Fall ist sie kostengünstiger, schont die Umwelt und gibt zumindest zur Vermutung Anlass, weniger Risiken für Infektionen und Allergien mit sich zu bringen. Sicher ist es auch grundsätzlich gut, den eigenen Körper durch das Hantieren mit der Menstruationstasse besser kennenzulernen und mit ihm unbefangener umzugehen. Doch wird es immer Frauen geben, für die diese Methode einfach nicht die richtige ist.
Vielleicht kann eine kanadische Studie aus dem Jahr 2011 eine Anregung liefern, diese Form der Monatshygiene zumindest mal auszuprobieren. Frauen, die ansonsten ausschließlich Tampons während ihrer Menstruation nutzten, wurden von den Forschern gebeten, eine Zeitlang Menstruationstassen zu verwenden. Das Ergebnis: Die große Mehrheit der Teilnehmerinnen gab an, mit den Tassen genauso zufrieden zu sein wie mit Tampons, die Tasse auch nach Studienende zu nutzen und sie anderen weiterzuempfehlen.
Helga Boschitz, Jahrgang 1966, ist freie Journalistin und Texterin, lebt in Nürnberg und gehört seit Januar 2016 zum apomio.de-Team. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie seit Anfang der 1990er-Jahre als Magazinredakteurin und Moderatorin in Hörfunk- und Fernsehredaktionen u.a. beim Südwestrundfunk, Hessischen Rundfunk und Westdeutschen Rundfunk. Medizin- und Verbraucherthemen sind ihr aus ihrer Arbeit für das Magazin „Schrot und Korn“ sowie aus verschiedenen Tätigkeiten als Texterin vertraut.