© Katarzyna Białasiewicz

Entscheidende Sekunden - wenn die Müdigkeit am Steuer übernimmt!

Kommentar schreiben Aktualisiert am 15. April 2019

Jeder vierte Autofahrer sei schon einmal am Steuer eingenickt – so das Ergebnis einer Befragung des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR). Müdigkeit am Steuer ist kein Einzelfall. Und die Auswirkungen immens: So verursache Sekundenschlaf mehr tödliche Autounfälle als Alkohol.

Wodurch wird der gefährlich Sekundenschlaf verursacht? Wie lassen sich Müdigkeitsanfälle vermeiden? Welche Kompensationsstrategien gibt es? Mehr zum Thema „Sekundenschlaf am Steuer“ im folgenden Beitrag.

 

Wie sieht Müdigkeit am Steuer aus?

„Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass auf deutschen Straßen mehr als doppelt so viele Menschen infolge Sekundenschlafs als infolge Alkohols am Steuer sterben“ – ein Hinweis der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), der schon im Jahr 2017 in einem Auszug aus dem Ärzteblatt zu lesen gewesen ist.1

Folgende Faktoren können dazu beitragen, den gefährlichen Sekundenschlaf zu verursachen:

 

  • durchwachte Nächte, die zu Schlafmangel führen
  • Schlafstörungen, die zu Schlafmangel führen
  • frühe Morgenstunden
  • die Wegstrecke: monotone Situationen, wie zum Beispiel auf der Autobahn
  • körperliche Erkrankungen
  • Medikamenteneinwirkungen: Medikamente können oft müde machen; die Einnahme von Arzneimitteln, insbesondere Psychopharmaka sind nicht zu unterschätzen
  • Schichtarbeit
  • Termindruck
  • Stress
  • klimatische Verhältnisse
  • Ausstattung des Fahrzeuges2

 

Darüber hinaus sei zu erwähnen, dass nicht nur Alkohol am Steuer gefährliche Folgen haben kann, sondern diese auch unter dem Einfluss von Schlafmangel drohen: Schläfrigkeit beim Autofahren hat nämlich eine ähnliche Wirkung wie Alkohol, da das Reaktionsvermögen beeinträchtigt ist.

So entsprechen 17 Stunden ohne Schlaf im Hinblick auf das beeinträchtigte Reaktionsvermögen wie 0,5 Promille Alkohol im Blut, bei 22 Stunden ohne Schlaf wie 1,0 Promille Alkohol im Blut. 3

Eine Sensibilisierung für das Problem „Müdigkeit am Steuer“ sei wichtig, ebenso die Bewältigung der Müdigkeit, die mittels Lösungs- und Kompensationsstrategien in den Griff bekommen werden soll. 4

 

Was genau versteht man unter Sekundenschlaf?

 

Im Schlaflexikon wird der Begriff Sekundenschlaf im Folgenden erklärt:

„Umgangssprachliche Bezeichnung für sehr kurze Schlafepisoden, die meistens tagsüber stattfinden. Der Sekundenschlaf tritt oft in unpassenden Momenten und vor allem ungewollt auf.“ 5

Ein plötzliches unbemerktes Einnicken für nur wenige Sekunden, das tödlich sein kann.

Die Schlafmedizinerin Maritta Orth erklärt den Begriff „Sekundenschlaf“ folgendermaßen:

„Ab einem bestimmten Punkt der Übermüdung kann man da nichts mehr gegen machen. Das ist, als ob ein Vorhang runterfällt.6

 

Viele Verkehrsteilnehmer/innen seien der Ansicht, man könne Müdigkeitsanfälle vermeiden und sich beispielsweise mit viel Kaffee, lauter Musik oder frischer Luft wachhalten. Dem ist aber nicht so.7 Und die Gefahr, die folglich zu schweren Unfällen führen kann, ist die, der Selbstüberschätzung.8

Insbesondere Ein- und Durchschlafstörungen, von denen zehn Prozent der Bevölkerung, unabhängig vom Lebensalter betroffen sind, führen zur Müdigkeit am Steuer, die nicht verharmlost werden dürfe.9

Die Schlafmedizinerin Orth fordert bezugnehmend darauf auf, bei Führerscheinprüfungen in Zukunft Fragen zum persönlichen Schlafverhalten, zu Müdigkeit und Schläfrigkeit am Tag, zu stellen.10

Darüber hinaus kann die Situation einer Nachtfahrt, gerade bei einer Uhrzeit zwischen 2 und 5 Uhr morgens, besonders gefährlich werden - der Grund: Unsere innere Uhr. Der Organismus sei biorhythmisch darauf eingestellt zu schlafen, weshalb die Wahrscheinlichkeit für das plötzliche ungewollte Einnicken zunimmt. 11

Beim Autofahren sind im Rahmen des Sekundenschlafes Zeiträume von 0,2 bis 5 Sekunden gemessen worden, beim Zugführen sind 30 Sekunden bekannt, bei Airlineflügen sogar bis zu zwei Minuten. 12

 

 

Welche Anzeichen treten bei Müdigkeit auf?

Es gibt Anzeichen, die Müdigkeit ankündigen und von Betroffenen ernst genommen werden sollten. Zu diesen Müdigkeitsanzeichen gehören unter anderem:

 

  • häufiges Gähnen
  • brennende Augen
  • vermehrtes Blinzeln
  • schwere Augenlider
  • verengtes Blickfeld (Tunnelblick)
  • Schwierigkeiten beim Halten der Spur
  • mangelnde Erinnerung an die letzten zurückgelegten Kilometer
  • dichtes Auffahren zum vorausgehenden Fahrzeug 13

 

Sofern diese Anzeichen in Erscheinung treten, wird empfohlen eine Pause einzulegen.

Bei akuter Müdigkeit ist ein Kurzschlaf von 30 Minuten zu empfehlen, um erholt weiter zu fahren. Die 30 Minuten Kurzschlaf sollten allerdings nicht überschritten werden, bei 45 Minuten Schlaf trete der Tiefschlaf ein, der dazu führt, dass das Aufwachen schwerer falle. 14 Vor dem Kurzschlaf könne ein Kaffee getrunken werden, die Wirkung des Koffeins trete erst nach 30 Minuten ein, weshalb das Einschlafen nicht beeinträchtigt werde, aber auch das Aufwachen nicht schwer fallen würde. 15

 

Auch Bewegung kann dazu beitragen, den Kreislauf wieder zu aktivieren und durch Dehnübungen einige Minuten an der frischen Luft sich für kurze Zeit wieder wacher zu fühlen. 16

Was allerdings nicht zur Wachheit beiträgt, sind unter anderem folgende Wachmacher-Mythen:

 

  • sich kneifen
  • Fenster öffnen
  • Kaugummi kauen
  • laute Musik hören
  • Kaffee und EnergyDrinks trinken 17

 

Welche Maßnahmen gegen die Müdigkeit gibt es?

„Vorsicht Sekundenschlaf! Die Aktion gegen Müdigkeit am Steuer.“ – eine Kampagne des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR), in der aufmerksam gemacht wird, dass die Gefahr von Müdigkeit am Steuer unterschätzt und die eigenen Fähigkeiten überschätzt werden:

45 Prozent der Verkehrsteilnehmer/innen glauben, Müdigkeit durch Erfahrung ausgleichen zu können

43 Prozent der Verkehrsteilnehmer/innen fahren zu Uhrzeiten, in denen man für gewöhnlich schläft

54 Prozent der Verkehrsteilnehmer/innen legen erst nach drei bis vier Stunden Autofahrt oder noch später die erste Pause ein

17 Prozent der Verkehrsteilnehmer/innen fahren weiter, obwohl sie gemerkt haben, müde zu sein 18

 

Die bittere Erkenntnis: Das plötzliche Einnicken kann man nicht bewusst verhindern.

Der Körper kann sich schlecht auf unregelmäßigen Schlafrhythmus einstellen und das Risiko wissentlich sich selbst als auch andere in Gefahr zu bringen, sollte nicht verkannt werden. 19

 

Um dem Sekundenschlaf keine Chance geben zu können, ist es wichtig, ausreichend zu schlafen und auch auszuschlafen, damit Konzentration und Reaktionsvermögen als wichtige Grundlage für eine sichere Fahrt gegeben sind. 20

Darüber hinaus ist es ratsam sich für eine Fahrt genügend Zeit einzuplanen, unter Umständen Zwischenübernachtungen einzulegen und nicht unter Zeitdruck zu fahren.

Regelmäßige Pausen, am besten alle zwei Stunden, sind wichtig, in denen man zur Ruhe kommen kann und sich gegen Müdigkeit an der frischen Luft aktiv bewegen kann. 21

 

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) weist auch darauf hin, dass sogenannte Müdigkeitswarnsignale - im Auto eingebaute Fahrer-Assistenz-Systeme - die zur Unterstützung der Lenkenden beitragen und Unfälle verhindern sollen, existieren und sogenannte „Eye-Tracker“ den Grad der Augenbewegungen und Lidschläge überwachen können oder es Systeme gibt, die erkennen und warnen können, wenn ein Fahrzeug plötzlich die Spur verlässt. 22

Im Autofachhandel könne man nach solchen Müdigkeitswarnsystemen fragen; die Verantwortung für eine Fahrt bleibe aber nach wie vor immer beim Lenkenden und sei nicht Aufgabe der Technik.23

 

Und so sehr man auch auf ein Wach-Wundermittel hoffen mag, wird es keins geben: Die Schlafmedizinerin Orth: „Das einzige Mittel gegen Schläfrigkeit ist Schlaf“.24

 

 

 

 

Quellen

1 vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/80493/Sekundenschlaf-verursacht-mehr-toedliche-Autounfaelle-als-Alkohol

2 vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/80493/Sekundenschlaf-verursacht-mehr-toedliche-Autounfaelle-als-Alkohol; vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/56167/Aerzte-schlagen-gegen-Muedigkeit-am-Steuer-Alarm

3 vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/80493/Sekundenschlaf-verursacht-mehr-toedliche-Autounfaelle-als-Alkohol

4 vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/80493/Sekundenschlaf-verursacht-mehr-toedliche-Autounfaelle-als-Alkohol

5 vgl. https://www.dasschlafmagazin.de/service/schlaflexikon.html?type=0&uid=1299&cHash=5b27a5c50f2c4a4573bf8fc0e08792ba

6 vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/56167/Aerzte-schlagen-gegen-Muedigkeit-am-Steuer-Alarm

7 vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/56167/Aerzte-schlagen-gegen-Muedigkeit-am-Steuer-Alarm

8 vgl.  https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/56167/Aerzte-schlagen-gegen-Muedigkeit-am-Steuer-Alarm

9 vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/56167/Aerzte-schlagen-gegen-Muedigkeit-am-Steuer-Alarm

10 vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/56167/Aerzte-schlagen-gegen-Muedigkeit-am-Steuer-Alarm

11 vgl. https://www.dasschlafmagazin.de/wegezumgesunden-schlaf/archiv/ausgewaehlte-artikel/sekundenschlaf-schlafattacken-die-leben-kosten.html

12 https://www.dasschlafmagazin.de/wegezumgesunden-schlaf/archiv/ausgewaehlte-artikel/sekundenschlaf-schlafattacken-die-leben-kosten.html

13-21 vgl. https://www.dvr.de/download/flyer-vorsicht-sekundenschlaf.pdf

22 http://www.turboschlaf.ch/files/2011-02-17_Muedigkeit_am_Steuer_de.pdf

23 http://www.turboschlaf.ch/files/2011-02-17_Muedigkeit_am_Steuer_de.pdf

24 vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/56167/Aerzte-schlagen-gegen-Muedigkeit-am-Steuer-Alarm

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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