Für immer dein – oder doch vergänglich? Wie man Tattoos wieder los wird
Der Name der oder des Liebsten, flammende Herzen, mystische Schriftzeichen auf dem Arm, brustgroße Drachenmotive oder kleine Röschen an eher unauffälligen Stellen – Tattoos sind längst nicht mehr nur bei Matrosen oder Mitgliedern von Gangs und Motorradclubs beliebt. Promis wie Fußballstar David Beckham, Schauspieler Jürgen Vogel und sogar die Ex-First Lady Bettina Wulff tragen den Langfrist-Schmuck auf bzw. unter der Haut.
Was aber, wenn das Tattoo ausgedient hat, nicht mehr gefällt, sogar peinlich ist und entfernt werden soll? Die meisten lassen sich ihre erste Tätowierung im jugendlichen Alter zwischen 16 und 20 Jahren stechen – da ist es nachvollziehbar, dass viele ihr Tattoo einige Jahre später als „Jugendsünde“ sehen. So wie sich die gesamte Persönlichkeit im Lauf des Lebens verändert, wandeln sich auch Moden, Leidenschaften, Einstellungen und Lebensbedingungen: War man mit 16 überzeugt, dass man auf das eindrucksvolle Bizeps-Bild ein Leben lang stolz sein würde, zieht man heute lieber ein langärmeliges T-Shirt drüber. Das so genannte „Arschgeweih“, eine vor Jahren schwer angesagte Steißbein-Verzierung, ist heute ein modisches „No-go“. Auch der Name des oder der Ex, vielleicht sogar noch mit romantischen Girlanden und dem Zusatz „forever“ in die Haut geritzt, dürfte die neue Liebe wenig erfreuen. Und der neue Wunsch-Arbeitgeber ist vielleicht eher konservativ und lehnt Bewerber mit sichtbaren Tattoos ab.
Geschätzt wird, dass von den etwa zehn Millionen Tätowierten in Deutschland rund fünf Prozent – also immerhin gut eine halbe Million Menschen – ihr Tattoo wieder loswerden wollen. Sie rückstandslos entfernen zu lassen, ist allerdings gar nicht so einfach, häufig sogar unmöglich – und immer auch mit gewissen Risiken verbunden. Daher ist es umso wichtiger, sich mit dem Wunsch nach einer Entfernung an gut ausgebildete Fachpersonal zu wenden, das medizinisch anerkannte Verfahren anwendet.
Tattoo-Entfernung – ein Fall für Spezialisten
Wer sich zunächst einmal gründlich über die Methoden und möglichen Risiken der Tattoo-Entfernung aufklären lassen möchte, muss unter Umständen länger suchen. Denn unabhängige Beratungsstellen – etwa die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD), Verbraucherzentralen, Krankenkassen und andere Institute – haben sich häufig noch gar nicht oder nur wenig mit dem Phänomen Tattoo-Entfernung beschäftigt. Häufig sind es Betreiber von Tattoo-Studios oder nur unzureichend geschulte Kosmetikerinnen, die die Entfernung von Tattoos anbieten. Doch rät z.B. das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) dringend dazu, sich mit einem solchen Anliegen ausschließlich an spezialisierte Fachärzte für Dermatologie (Hautärzte) zu wenden. Denn die Farbpigmente der Tattoos sitzen in einer Tiefe von bis zu vier Millimetern unter der Hautoberfläche und müssen dort fachgerecht behandelt werden. Gut ausgebildete Dermatologen sind in der Lage, ihre Patienten bereits vor einem Eingriff – denn die Entfernung eines Tattoos ist durchaus eine kleine Operation – umfassend zu informieren, über Risiken aufzuklären und bereits vorliegende Risikofaktoren abzuklären und ggf. auszuschließen. Hilfreich kann eine Anfrage bei der Deutschen Dermatologischen Lasergesellschaft (DDL) oder der Deutschen Gesellschaft für Lasermedizin (DGLM) sein. Diese Fachgesellschaften können sachkundige Dermatologen empfehlen und darüber hinaus grundlegende Informationen liefern.
Welche Methoden zur Tattoo-Entfernung gibt es?
Derzeit gibt es mehrere Verfahren der Tattoo-Entfernung. Neben der häufigsten Methode, dem Lasern, werden als weitere Methoden die Hautabschleifung, die operative Entfernung sowie die Entfernung mittels konzentrierter Milchsäure angeboten. Besonders von letzterer raten Experten wegen ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung jedoch dringend ab.
Die Hautabschleifung (Dermabrasion) ist ein mechanisches Verfahren, bei der die oberste Hautschicht – und damit das Tattoo – unter Betäubung mit einem speziellen Schleifinstrument abgetragen wird. Diese Methode ist nur für oberflächliche, eher kleine Tattoos geeignet und kann auf dünner Haut (z.B. im Bereich der Augen oder Fußknöchel) nicht angewendet werden. Es entsteht eine Wunde, die ein hohes Infektionsrisiko birgt. Zudem kommt es dabei nicht selten zu Narbenbildung.
Die meisten Tattoos werden mit Laser entfernt
Lasern ist heute die gängigste Methode. Sie sollte ausschließlich bei einem qualifizierten Facharzt durchgeführt werden. Der Arzt „beschießt“ das Tattoo aus kurzer Entfernung. Der nur Bruchteile von Sekunden andauernde Laserimpuls ist eine Art Lichtblitz, der zwar unsichtbar ist, jedoch so intensiv, dass Behandler und Behandelter eine Schutzbrille tragen müssen. Das Laserlicht dringt einige Millimeter tief in die Haut ein, die Kristalle aus den Farbpigmenten, die mit der Nadel in die Haut eingebracht wurden, absorbieren das Licht. Durch die aufgenommene Energie zerplatzen die Pigmente. Die verbliebenen kleinen Bruchstücke wird der Körper los wie viele andere Fremdkörper auch: er transportiert sie zunächst über Lymphe oder Blutbahn ab und scheidet sie dann über die Niere oder den Darm aus.
Die Behandlung tut weh – etwa so, als würde mit einem Gummi auf die Haut „geschnalzt“ werden. Daher wird der Schmerz durch kalte Luft, eventuell auch mit einer Betäubungscreme gelindert. Hautschäden verursacht die Laserbehandlung nur selten. In der Regel rötet sich die behandelte Stelle zunächst leicht und beruhigt sich nach ein paar Tagen wieder. Sie muss gut desinfiziert und bis zur vollständigen Heilung vor Licht geschützt werden. Auch Schwimmen oder intensiver Sport ist nach der Laserbehandlung zunächst tabu.
Auch Lasern ist nicht ungefährlich
Die Laserbehandlung klingt zunächst nach einem gründlichen und ungefährlichen Weg. Tattoos zu entfernen. Jedoch bringt auch diese Behandlung gewisse Risiken mit sich, über die man sich vor dem Eingriff im Klaren sein sollte. So bleiben auch nach dem Lasern immer Reste von Farbpigmente im Körper hängen und richten dort unter Umständen Schaden an. Probleme können auch durch allergische Reaktionen auf das Pigment oder seine Abbauprodukte entstehen, denn die Zerstörung der Zellen durch den Laser und die folgende Freisetzung der Pigmente und ihrer Abbauprodukte ruft das Immunsystem auf den Plan. Im schlimmsten Fall kann es zu einem anaphylaktischen Schock kommen. Ärzte empfehlen, zur Vorbeugung spezielle Medikamente zu verabreichen, z.B. Kortikosteroide und Antihistamine.
Nicht zuletzt gibt es einen weiteren möglichen unerwünschten Effekt der Laser-Behandlung: Es kann dabei zu einer Zerstörung von Melanozyten, den pigmentbildenden Zellen der Haut, kommen. Dadurch entsteht möglicherweise eine so genannte Hypopigmentierung, bei der die betroffenen Hautstellen extrem hell und lichtempfindlich werden.
Auf die Farben kommt es an
Nicht alle Tattoo-Farben und verwendeten Farbpigmente sprechen gleich gut auf die Laserimpulse an. Je nachdem, welche Art von Laser zur Entfernung eingesetzt wird, wird Licht unterschiedlicher Wellenlänge emittiert, und je nach Wellenlänge können nur bestimmte Farbstoffe zerstört werden. Am besten reagieren schwarze, dunkelblaue und grüne Pigmente auf die Laserimpulse. Bei roten Pigmenten ist die chemische Struktur der Farbe ausschlaggebend für den Erfolg. Am schlechtesten wird der Laser mit weißen, gelben und orangefarbenen sowie pink- und fleischfarbenen Pigmenten fertig. Auch übertätowierte oder in Hautfarben nachgearbeitete Tattoos lassen sich nur schwer entfernen.
Von bunten Tattoos bleibt also mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas zurück. Im schlimmsten Fall werden einzelne Farben des gesamten Tattoos entfernt, andere dagegen verblassen lediglich oder bleiben ganz stehen – mit dem Effekt, dass das Ergebnis weit schlimmer aussieht als das ursprüngliche Bild, das man eigentlich nicht mehr sehen möchte.
Unschön kann es auch werden, wenn es – wie bei manchen Farbpigmenten möglich – durch die Laserbehandlung nur zu einer unerwünschten Abdunklung kommt, z.B. wenn eisenhaltige Tätowiermittel im Spiel sind. Ist Titandioxid enthalten, kann es sein, dass das Tattoo überhaupt nicht auf die Laserbehandlung anspricht.
Neu entdeckt: Risiken durch Rubinlasern
Häufig werden zur Tattoo-Entfernung so genannte Rubinlaser eingesetzt. Bei der Behandlung von blauen Tattoos mit dieser Art von Laser hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) giftige und krebserregende Stoffe gefunden, unter anderem Blausäure. Diese Stoffe entstehen als Spaltprodukte bei der Bestrahlung des Blau-Pigments Kupferphthalocyanin. Bei Untersuchungen hat sich gezeigt, dass dabei Giftstoffe in Konzentrationen entstehen, die hoch genug sind, um ernsthafte Zellschäden der Haut zu verursachen. Nach Angaben des BfR können die Risiken je nach Tattoo-Größe, Farbpigmentkonzentration, Körperstelle sowie Dosis und verwendeter Wellenlänge des Lasers variieren.
Das BfR hat angekündigt, auf dem Gebiet der Tattoo-Entfernung weiter zu forschen und in Zukunft verstärkt mögliche Spaltprodukte von Farbstoffen bei der Risikobewertung zu berücksichtigen. Bis dahin rät das Institut jedem, der ein Tattoo entfernen lassen will, ein anerkanntes Verfahren in einer entsprechend qualifizierten Einrichtung zu wählen und sich vor der Behandlung genau über die Risiken aufklären zu lassen.
Tattoo-Entfernung kann teuer werden
Die Kosten können stark voneinander abweichen, denn sie hängen vom Aufwand und der Methode ab, die das Tattoo und die betroffene Hautstelle erfordern. Bei der Laserbehandlung können bis zu zwölf Behandlungen im Abstand von jeweils mehreren Wochen nötig sein. Eine einzelne Behandlung kostet zwischen 75 und 300 Euro. Nur in sehr seltenen Ausnahmen übernimmt die Krankenkasse die Rechnung, zum Beispiel bei ehemaligen Strafgefangenen, die resozialisiert werden sollen und wegen ihres auffälligen Tattoos keinen Job bekommen würden.
Fazit: Besser vor dem Tätowieren über die möglichen Folgen nachdenken!
Über die möglichen langfristigen körperlichen Folgen von Tattoos kann bisher niemand erschöpfend Auskunft geben. Man weiß noch nicht genau, was alles in den Tätowier-Farben enthalten ist und was genau aus diesen Farben wird, wenn sie zwecks Entfernung mit dem Laser bestrahlt werden. Außerdem ist noch nicht bekannt, wohin die durch Laser „zersprengten“ Farbstoffe im Körper gelangen und was sie im Organismus anrichten können. Mögliche Nebenwirkungen oder Folgeerkrankungen von Tattoos und ihrer Entfernung liegen also bisher noch zum großen Teil im Dunkeln. Bleibt nur eines: am besten schon vor der Tätowierung sehr genau überlegen, ob man sich den Dauerschmuck unter der Haut wirklich antun sollte!
Helga Boschitz, Jahrgang 1966, ist freie Journalistin und Texterin, lebt in Nürnberg und gehört seit Januar 2016 zum apomio.de-Team. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie seit Anfang der 1990er-Jahre als Magazinredakteurin und Moderatorin in Hörfunk- und Fernsehredaktionen u.a. beim Südwestrundfunk, Hessischen Rundfunk und Westdeutschen Rundfunk. Medizin- und Verbraucherthemen sind ihr aus ihrer Arbeit für das Magazin „Schrot und Korn“ sowie aus verschiedenen Tätigkeiten als Texterin vertraut.