Geboren im falschen Körper - Transgender
Unter Transgender versteht man Menschen, die ihre zugewiesene Geschlechterrolle ablehnen bzw. nicht glücklich damit sind. Hier besteht ein innerer Konflikt mit der Annahme des eigenen Körpers und des Fühlens. Transgender meinen sich nicht im richtigen Körper zu befinden und sich damit nicht oder nur teilweise identifizieren zu können. Inzwischen wird Transgender auch als Oberbegriff für sämtliche Personen verwendet, die sich einer eindeutigen Geschlechtszuordnung entziehen.
Inhaltsverzeichnis
- Es ist ein Junge … oder Mädchen?
- Nur eine Phase?
- Folgen des Lebens mit dem „falschen“ Geschlecht
- Das wichtigste: ein offenes Ohr
- Der Weg zum „richtigen“ Geschlecht
- Voraussetzungen für geschlechtsangleichende Operationen
- Die Grenzen und Möglichkeiten der Medizin
- Übernahme der Kosten
Es ist ein Junge … oder Mädchen?
Teilweise ist es bereits Kindern im Alter von 2 Jahren bewusst, dass sie sich eher zum anderen Geschlecht zugehörig fühlen. Manchmal kommt die Klarheit erst durch die Pubertät zutage. Laut einer Studie fühlen sich Transgender-Kinder also in gleichem Maß eindeutig als Junge oder Mädchen wie ihre Altersgenossen, deren Geschlechtsidentität schon immer feststeht.
Mehrere Anzeichen für Transgender-Kinder müssen nicht unbedingt etwas bedeuten und haben noch keine Aussage. Zum Beispiel, wenn ein Kind Spielzeuge, Kleidung oder Frisuren bevorzugt, die eigentlich dem anderen Geschlecht zugeordnet werden. Manche Mädchen möchten die Haare kurz tragen und mit Autos spielen, manche Jungen möchten Prinzessinnenkleider anziehen und mit Barbies spielen. Da Kinder im Kleinkindalter gerne Rollenspiele durchführen, kommt das nicht selten vor und hängt oft mit Geschwistern oder Freunden zusammen.1
Nur eine Phase?
Viele Kinder experimentieren vorübergehend mit der Rolle des anderen Geschlechts. Eine solche Phase dient der Entwicklung der Persönlichkeit. Auch wenn es für einen selbst ungewohnt erscheinen mag, ist es gut, dass das Kind diese Erfahrung machen darf. Jedoch sollte das Verhalten des Kindes im weiteren Verlauf beobachtet werden. Meistens ist es nur eine kurze Zeit und danach ist das Kind wieder in seiner ursprünglichen Geschlechterrolle.
Weil die Tochter mit Autos spielt oder Jungenkleider tragen möchte, muss noch keine Transidentität vorliegen. Eine Transidentität hingegen hat mit der Geschlechtsidentität zu tun, also letztendlich wie sich das Kind fühlt. Man erkennt es daran, wenn das Kind sich mit dieser Rolle einen längeren Zeitraum beschäftigt und mit voller Überzeugung so sein möchte.2
Folgen des Lebens mit dem „falschen“ Geschlecht
Durch den gesellschaftlichen Druck sind die Jugendlichen oft gezwungen, ihre Identität zu unterdrücken und ein Doppelleben zu führen. Dies kann zu Depressionen und sogar zum Suizid führen. Wenn die entsprechende Geschlechtsidentität nicht ausgelebt werden kann, entwickelt sich meistens ein gestörtes Sozialverhalten. Das kann sogar zur völligen Isolation von der Außenwelt führen.
Wenn die eigentliche Geschlechtsidentität von der Familie oder dem Umfeld nicht akzeptiert wird, kann es zu schweren psychischen Schäden kommen. Deshalb ist es für das Kind bzw. den Jugendlichen nicht nur wichtig, von seiner Umwelt Verständnis zu erfahren, sondern dass es auch Beratungsangebote in Anspruch nimmt.3
Das wichtigste: ein offenes Ohr
Leider ist die Gesellschaft bei Thema Trans* noch nicht durchgängig aufgeklärt und steht dem Thema noch oft skeptisch gegenüber. Angehörige sollten sich gut informieren und auch von einer spezialisierten Fachperson beraten lassen, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Es gibt Kontaktadressen, um auch mit anderen Familien von Trans-Menschen zu sprechen. Sich einer Person im Familien- oder Freundeskreis anzuvertrauen ist sinnvoll, da man sich als Eltern vielleicht Vorwürfe macht, etwas falsch gemacht zu haben, was jedoch nicht der Fall ist. Transidentität ist weder ein Fehler noch eine psychische Störung, sondern eine Variante.
Schenken Sie dem Transgender, ob als Kind oder als Partner immer ein offenes Ohr und schenken ihm weiterhin Liebe und ein Gefühl der Zugehörigkeit. Das Selbstvertrauen zu stärken, indem Freiheiten gelassen werden, damit der eigene Weg gefunden wird, ist eine große Hilfe.
Es ist ebenso hilfreich, einen spezialisierten Psychologen schon im Kindesalter zur Beratung aufzusuchen. Hier können Kinder bereits früh lernen, mit schwierigen Situationen umzugehen.2
Der Weg zum „richtigen“ Geschlecht
Die Pubertät belastet transsexuelle Kinder stark: Sie entwickeln Merkmale des anderen Geschlechts und bewegen sich so mit großen Schritten weiter in eine Richtung, die sich komplett falsch anfühlt. Die meisten Spezialisten raten dazu, mit Medikamenten die Entwicklung von Geschlechtshormonen zunächst zu unterdrücken. Die Hormontherapie wird oft ab dem 14. Lebensjahr begonnen. Als Gutachter ist der Psychologe gefragt.
Die Geschlechtsangleichung kann mit einem entsprechenden Gutachten bereits vor dem 18. Lebensjahr durchgeführt werden. Falls der Wunsch besteht, sollte dies in Gesprächen mit dem Psychologen herausgefunden werden.1
Voraussetzungen für geschlechtsangleichende Operationen
Es ist ein langer Prozess, bis es zu einer geschlechtsangleichenden Operation kommt. Oft vergehen viele Jahre des Leidens und der Identitätskrisen. Eine Geschlechtsumwandlung ist ein komplexer Ablauf, bei welchem nicht nur die physischen, sondern auch psychische und soziale Veränderungen stattfinden. Diese Situation ist für den Betroffenen selbst und ebenso für sein Umfeld eine Herausforderung.
Eine Hormontherapie oder eine geschlechtsangleichende Operation wird in der Regel erst durchgeführt, wenn die Einwilligungsfähigkeit des Kindes oder des Jugendlichen dies altersmäßig möglich macht. Geschlechtsangleichende Operationen werden in Deutschland nach Vorliegen der bestehenden Voraussetzungen bereits bei Menschen im Alter unter 18 Jahren durchgeführt.
Es gibt in Deutschland keine Gesetze oder Verordnungen, die ein Mindestalter für die hormonelle oder operative Behandlung von Transsexualität vorschreiben. Die Verantwortung liegt stets bei den Sorgeberechtigten, den behandelnden Ärzten und Psychologen sowie beim Transgender selbst.3
Die Grenzen und Möglichkeiten der Medizin
Durch einen chirurgischen Eingriff kann eine Geschlechtsangleichung erfolgen. Hierfür entscheiden sich ca. 50 % der transidenten Personen. Dieser Schritt kann nicht mehr rückgängig gemacht werden, wodurch er gut überlegt werden sollte. Wenn dieser Schritt vollzogen ist, können sie in der Regel auf biologischem Weg keine Eltern mehr werden. Entsprechend sollte die Entscheidung für die Geschlechtsangleichung wohl durchdacht sein.4
Wenn jedoch keine geschlechtsangleichende Operation durchgeführt wurde und die Gebärmutter in Ordnung ist, ist es möglich Kinder zu bekommen. Bis vor 2011 war es gesetzlich vorgeschrieben, dass sich Transsexuelle umoperieren lassen mussten, um das andere Geschlecht anerkennen zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Vorgaben im Jahr 2011 gekippt. Männer, die einst mit weiblichen Körpern geboren und nicht operiert wurden, können daher noch Kinder bekommen.5
Auch eine Brustvergrößerung oder eine Operation im Bereich der Stimme kann erfolgen. Bei der Stimme kann auch die Logopädie unterstützen. Falls der Kehlkopf auffällig groß ist, kann auch hier ein Eingriff erfolgen.6
Übernahme der Kosten
Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für eine begleitende Psychotherapie, für Hormonbehandlungen und auch für Operationen, wenn zwei verschiedene unabhängige Gutachten vorliegen und die Transsexualität medizinisch bestätigt wurde. Zu den geschlechtsangleichenden Operationen zählen Entfernungen des Uterus (Hysterektomie), des Scheidengewebes (Kolpektomie), der Eierstöcke (Ovarektomie) und der Brüste (Mastektomie), sowie der plastische operative Aufbau von äußeren Geschlechtsmerkmalen wie Penis und Hoden (Penoidrekonstruktion, Phalloplastik oder Klitorispenoid).
Die Kosten für eine geschlechtsangleichende Operation belaufen sich auf 5.000 bis mehr als 15.000 Euro.7
Quellen anzeigen
Christine Riemer-Mathies ist Psychologische Beraterin, Coach für Persönlichkeitsentwicklung, Zielerreichung und Beziehungsthemen sowie Ernährungsberaterin. Seit über 10 Jahren hält Sie Vorträge und Seminare zur Verbesserung der Lebensqualität und schreibt für diverse Blogs. Als Methoden setzt sie im Life-Coaching Gespräche und Beratung, Systemische Aufstellung, Klopfakupressur sowie die BILDERN-Methode ein. Außerdem bietet sie Online Seminare auf der Plattform edudip an. Weitere Informationen: www.lebensfreudefinden.de