Gefahr durch Zecken: Der beste Schutz vor FSME und Borreliose
Sie sind kaum so groß wie ein Stecknadelkopf und doch hochgefährliche Krankheitsüberträger: Zecken. Die größte Infektionsgefahr besteht im Frühling, Sommer und Herbst, aber auch in milden Wintern. Ab einer Temperatur von etwa 6 °C endet die Kältestarre der Spinnentiere und sie verlassen ihr geschütztes Winterquartier. Auf Gräsern oder in Büschen lauern die Parasiten auf ihren Wirt, ernähren sich von dessen Blut und können dabei schwerwiegende Infektionskrankheiten übertragen.
Zecken gehören zur Gattung der Spinnentiere und zur Unterfamilie der Milben. Sie durchlaufen nach dem Schlüpfen aus dem Ei drei Entwicklungsstadien:
von der Larve (mit sechs Beinen)
zur Nymphe (mit acht Beinen)
bis hin zu den Adulten (erwachsene Männchen und Weibchen).
Dieser Prozess erstreckt sich über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren.
Besonders die Zeckenart Ixodes ricinus (gemeiner Holzbock) ist in Deutschland weit verbreitet und ein potentieller Krankheitsüberträger. Seit 2007 findet man allerdings auch hierzulande tropische Zeckenarten, die üblicherweise in Teilen Asiens und Afrikas sowie in einigen Regionen Südosteuropas beheimatet sind. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie mit Zugvögeln nach Deutschland gelangen.
Inhaltsverzeichnis
Zecken als Krankheitsüberträger
Korrektes Entfernen festgestochener Zecken - In 4 Schritten
Zeckenbiss oder Zeckenstich?
Umgangssprachlich wird häufig der Begriff „Zeckenbiss“ verwendet. Wissenschaftlich korrekt ist allerdings die Bezeichnung „Zeckenstich“, da die Zecke eher durch einen Stechmechanismus an das Blut ihres Wirtes gelangt.
Die Spinnentiere besitzen einen Stechrüssel und verfügen über ein scherenartiges Mundwerkzeug. Sobald sie eine geeignete Einstichstelle gefunden haben, ritzen sie mit dem Schneidewerkzeug die Haut auf und graben mit ihrem Stechrüssel eine kleine Grube in das Gewebe. Das sich darin sammelnde Blut wird immer wieder abgesaugt. Vor Beginn der Nahrungsaufnahme sondert die Zecke ein Speichelsekret ab, das eine Vielzahl wichtiger Bestandteile enthält. Ein Betäubungsmittel sorgt dafür, dass der Einstich vom Wirt nicht bemerkt wird und die Zecke ungestört saugen kann. Ein Gerinnungshemmer verhindert einen Verschluss des Stechrüssels und fördert den Blutfluss hin zur Einstichstelle. Ein enthaltener Klebstoff verankert die Mundwerkzeuge fest in der Haut und entzündungshemmende Wirkstoffe verhindern eine Aktivierung der Immunabwehr des Wirtsorganismus.
Das gesaugte Blut wandert direkt in den dehnbaren Darm der Zecke, der mit der Zeit immer größer wird. Im Extremfall hängt sie bis zu 15 Tage an ihrem Wirt und kann in dieser Zeit ihr Gewicht bis auf das 200-fache steigern. Sobald die Zecke vollgesogen ist, lässt sie sich von ihrem Wirt fallen.
Zecken als Krankheitsüberträger
Zu den bedeutendsten Infektionskrankheiten aufgrund von Zeckenstichen in Deutschland gehören Borreliose und FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis):
Borreliose
Borreliose wird auch Lyme-Borreliose oder Lyme-Krankheit genannt. Neben Menschen können auch alle anderen Säugetiere sowie Vögel betroffen sein.
Auslöser
Auslöser ist das Bakterium Borrelia burgdorferi. Damit infizierte Zecken findet man in Nordamerika, Europa und Asien.
Übertragungsweg
Das Bakterium befindet sich im nüchternen Zustand im Verdauungstrakt der infizierten Zecke. Während des Saugvorgangs wandern die Borrelien in die Speicheldrüsen. Von dort werden sie im Speichel der Zecke an den Gestochenen übertragen. Da dieser Weg vom Darm bis in den Speichel und letztlich in den Wirt mehrere Stunden dauern kann, setzt die Übertragung eine mehrstündige Saugdauer voraus. Eine frühzeitige Entfernung der Zecke kann eine Infektion verhindern.
Symptome
Viele Borellieninfektionen verlaufen völlig symptomlos und daher unbemerkt. Falls sich aus der Infektion eine Erkrankung entwickelt, kann diese verschiedenste Organe betreffen und sehr unterschiedlich verlaufen. In den meisten Fällen macht ich sich die Infektion an der Haut bemerkbar („Wanderröte“), es können aber auch das Nervensystem und Gelenke sowie in seltenen Fällen das Herz betroffen sein. Die verschiedenen Beschwerdebilder können einzeln, zeitgleich oder aufeinanderfolgend auftreten.
Therapie
Je nach Stadium und Verlauf wird eine Borreliose mit Antibiotika in oraler oder intravenöser Darreichungsform behandelt. Betroffene, die früh mit geeigneten Antibiotika behandelt werden, erholen sich in der Regel schnell und ohne bleibende Schäden. Durch eine zeitnahe und passgenaue Behandlung können schwere Krankheitsverläufe und bleibende Beeinträchtigungen verhindert werden.
Impfung
Bisher gibt es noch keine Impfung gegen Borrelien. Es gibt allerdings zwei Impstoffansätze, die vielversprechend scheinen: zum einen ein m-RNA Impfstoff, der das Immunsystem aktiviert und bewirkt, dass Geimpfte sofort auf einen Zeckenstich reagieren. Der Juckreiz fällt bei ihnen stärker aus und die Zecke wird schneller entdeckt. Im Idealfall kann sie so noch rechtzeitig entfernt werden, bevor sie Borreliose-Bakterien überträgt. Zum anderen ein Proteinimpfstoff, der gegen ein bestimmtes Oberflächenprotein des Borrelioseerregers gerichtet ist. Die Blockade des Proteins durch Antikörper verhindert den Übergang des Bakteriums von der Zecke auf den Menschen.
FSME
Bei einer Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) handelt es sich um eine durch Viren ausgelöste Erkrankung im zentralen Nervensystem. Im Jahr 2020 erreichte die Zahl der gemeldeten FSME-Neuinfektionen ein Rekordhoch. Eine Entwicklung, die sich auf verschiedene Ursachen zurückführen lässt: zum einem gingen mehr Menschen aufgrund der empfohlenen Corona-Maßnahmen Freizeitaktivitäten in der Natur nach; zum anderen wurde in diesem Jahr eine ungewöhnlich hohe Zahl an Adulten (erwachsenen Zecken) beobachtet.
Auslöser
Das FSME-Virus gehört zur Gruppe der Flaviviren, die in unterschiedliche Subtypen unterteilt werden. Der zentraleuropäische FSME-Subtyp ist in Deutschland regional begrenzt – man spricht von sogenannten FSME-Risikogebieten. Hierzu zählen Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen, das südöstliche Thüringen, Sachsen sowie vereinzelte Landkreise in anderen Bundesländern.
Optimale Bedingungen wie eine ausreichend hohe Luftfeuchtigkeit oder die Bodentemperatur sorgen dafür, dass dort vermehrt Wirtstiere wie beispielsweise kleine Nagetiere und Zecken vorkommen. In diesen Regionen tragen 0,1-5% der Zecken den FSME-Erreger in sich.
Übertragungsweg
FSME-Viren werden überwiegend von infizierten Zecken übertragen. Stechen diese zu, können die Erreger mit dem Speichel der Zecke in den Blutkreislauf des Wirts gelangen. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) existieren bisher keine belastbaren Studien, die eine Übertragung von FSME-Viren durch andere Wirtstiere wie etwa Mücken belegen würden.
Ein weiterer Übertragungsweg liegt im Verzehr von Rohmilch oder aus Rohmilch gewonnenen Produkten wie Käse, insbesondere von Ziegen aus FSME-Risikogebieten. Durch die Verwendung von pasteurisierter Milch kann dieser Infektionsweg vermieden werden. Eine Übertragung der FSME-Viren von Mensch zu Mensch findet nicht statt.
Symptome
Eine FSME-Erkrankung verläuft charakteristischerweise in zwei Phasen. Nach eher unspezifischen, grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen folgt meist ein beschwerdefreies Intervall von bis zu sieben Tagen. Danach machen sich typische neurologische Beschwerdebilder wie eine Entzündung der Gehirn- und Rückenmarkshäute, des Gehirns oder des Rückenmarks bemerkbar.
Je nach Schwere des Krankheitsverlaufs leiden Betroffene oft noch Monate später unter starken Nacken- und Kopfschmerzen, Krampfanfällen, Bewusstseinsstörungen oder Lähmungen. Schwere Krankheitsverläufe können bei Erwachsenen häufiger beobachtet werden als bei Kindern. Bei ca. 1% der Betroffenen verläuft die Erkrankung tödlich. Bei einem Großteil (ca. 70 bis 95%) verläuft die Infektion jedoch völlig beschwerdefrei oder die zweite Phase der Erkrankung bleibt aus.
Therapie
Da keine spezielle antivirale Therapie gegen FSME existiert, können Betroffene nur symptomatisch wie beispielsweise mit Schmerzmitteln behandelt werden.
Impfung
Seit 1976 gibt es einen Impfstoff gegen das FSME-Virus. Anfangs wurden damit nur Forstarbeiter geimpft; im Jahr 1981 wurde das Vakzin in Deutschland zugelassen.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut empfiehlt die FSME-Impfung allen Personen, die sich in FSME-Risikogebieten aufhalten – also sowohl Bewohnern, als auch Besuchern. Die Grundimmunisierung erfolgt mit drei Impfstoffdosen; Auffrischimpfungen sind in Abständen zwischen 3 und 5 Jahren notwendig, je nach Alter und verwendetem Impfstoff.
So vermeidest Du Zeckenstiche
Der beste Schutz vor FSME und Borreliose, ist die Vermeidung von Zeckenstichen. Wer sich in der Natur aufhält, kann diesen durch vorausschauendes Verhalten vorbeugen:
- Meiden der typischen Lebensräume der Zecken wie Gebüsche, Unterholz oder hohes Gras
- Tragen von langer Kleidung, festem Schuhwerk und in die Socken gesteckten Hosenbeinen bei Aufenthalt in hohem Gras oder Sträuchern
- Tragen von hellen Kleidungsstücken; hierauf fallen Zecken leichter ins Auge
- Verwendung von Repellents wie beispielsweise Produkte mit dem Wirkstoff Icaridin; diese schützen jedoch nur über eine kurze Zeitspanne (1-3 Stunden) und müssen immer wieder aufgetragen werden
- Verzicht auf Hausmittel wie beispielsweise Kokosöl als alleinige Maßnahme zum Schutz vor Zeckenstichen; sie bieten nur eine schwache Wirkung
- Sorgfältiges Absuchen des Körpers nach Zecken; besonders dünne und warme Hautstellen wie an den Armen, in den Kniekehlen, an Hals und Kopf sowie im Intimbereich sind bevorzugte Angriffsstellen
- Abduschen von Zecken, die noch nicht zugestochen haben; dies kann das Absuchen aber nicht ersetzen, sondern sollte nur ergänzend durchgeführt werden
- Schutz von Haustieren mit einem speziellen Halsband über einen bestimmten Zeitraum
Korrektes Entfernen festgestochener Zecken
Hat sich eine Zecke festgestochen, sollte das ganze Tier sofort und korrekt entfernt werden. Hierzu eignen sich Pinzetten oder spezielle Instrumente, mit der die Parasiten nahe der Hautoberfläche, am Kopf (nicht am Körper!) langsam und gerade herausgezogen werden. Zusätzlich sollte die Zecke möglichst wenig quetscht werden.
Die Einstichstelle sollte anschließend desinfiziert und mit einem wasserfesten Stift markiert werden. So kann auch über einen längeren Zeitraum nachvollzogen werden, ob sich Anzeichen einer Borreliose entwickeln. In diesem Fall ist unverzüglich ein Arzt aufzusuchen.
Gefangene oder entfernte Exemplare können durch Einlegen in hochprozentigem Alkohol oder Desinfektionsmittel unschädlich gemacht werden. Alternativ kann die Zecke auch verbrannt oder in ein Stück Papier gelegt und mit einem harten Gegenstand zerquetscht werden.
FSME-Risikogebiete in Deutschland
Veröffentlicht im Epidemiologischen Bulletin 9/2022 des RKI (Stand: 21.01.2022)
FSME und Borreliose: Zahlen und Fakten
Borreliose | FSME | ||
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Krankheitserreger: | Bakterium Borrelia burgdorferi | Flaviviren | |
Risikogebiete in Deutschland: | Ganz Deutschland |
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Infektionsweg: | Zeckenstich | Zeckenstich (und sehr selten durch den Verzehr virusinfizierter Rohmilch von Ziegen und Schafen; in Ausnahmefällen auch von Kühen) | |
Durchseuchungsrate der Zecken mit dem Erreger (1) : | 5 - 35 % | 0,1 - 5 % in Risikogebieten | |
Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland: | ca. 40.000 - 120.000 Fälle (2) | 706 gemeldete Fälle im Jahr 2020 | |
Mögliches Krankheitsbild: |
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Inkubationszeit (3) : |
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Therapie: |
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Impfung: | nicht möglich | möglich |
(1) Die Durchseuchungsrate gibt an, wie groß der Anteil der Zecken ist, die die Krankheitserreger in sich tragen.
(2) Es gibt unterschiedliche wissenschaftliche Studien zur Schätzung der jährlichen Zahl der Borreliosefälle in Gesamtdeutschland. Die Zahlen schwanken von 40.000 bis 120.000. Eine Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) identifizierte aus Abrechnungsdaten jährlich zwischen 240.000 (2010) und 312.000 (2018) Patienten der Gesetzlichen Krankenversicherung. In dieser Arbeit wurden erhebliche Unterschiede mit einem großen räumlichen Cluster im Südosten Deutschlands sowie einem weiteren Cluster in Ostbayern gefunden (Akmatov et al. 2021. DOI: 10.20364/VA-21.06). Aufgrund von klinischen Fehldiagnosen oder fehlerhafter Kodierung können Analysen von Abrechnungsdaten zu fehlerhaften Schätzungen führen. Das Robert Koch-Institut hat keine eigene Schätzung durchgeführt.
(3) Die Inkubationszeit gibt die Zeitspanne von der Ansteckung bis zum Beginn der Erkrankung an.
Quellen anzeigen
Linda Künzig, Apothekerin mit Weiterbildungen im Bereich Homöopathie und Naturheilverfahren. Neben ihrer Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke unterstützt sie seit Mai 2019 die Apomio-Redaktion als freie Autorin.