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Gotu Kola - Wie wertvoll ist das exotische Heilkraut?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 20. November 2018

Um zunächst einmal allen möglichen Missverständnissen vorzubeugen: Nein, wir sprechen hier nicht über das neueste koffeinhaltige Modegetränk, und aus Amerika stammt Gotu Kola auch nicht: Gotu Kola, das auch den deutschen Namen „Indischer Wassernabel“ trägt, ist vielmehr eine Heilpflanze tropischer Herkunft, die seit etwa zwei Jahrzehnten bei uns in Europa immer bekannter wird und von vielen bereits als (preiswertere) Alternative zur Ginseng-Pflanze gerühmt wird. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und im indischen Ayurveda setzt man Gotu Kola bereits seit mehreren tausend Jahren als Heilmittel gegen vielerlei Beschwerden ein. Die ayurvedische Medizin bezeichnet Gotu Kola als „spirituelles Kraut“, das insbesondere zur Revitalisierung der Nerven- und Gehirnzellen dient; TCM-Kundige glauben, dass Gotu Kola vor allem auf das Energiezentrum oben am Kopf stimulierend einwirkt. Inzwischen wissen auch europäische Naturheilkundler die Heilkräfte der Pflanze zu schätzen; viele sprechen ihr eine positive Wirkung auf das Gedächtnis und Anti-aging-Effekte zu. Und so sind die Wirkstoffe der Pflanze nun auch hierzulande in vielfältigen Darreichungsformen in Apotheken, Reformhäusern und Naturkostläden zu haben.

 

Gotu Kola ist ursprünglich in Afrika, Indien, Westpakistan, China, Japan, den pazifischen Inseln und den tropischen Regionen Amerikas zuhause, wächst aber inzwischen auch an anderen Stellen der Erde, unter anderem sogar in Norwegen. Die Pflanze trägt viele Namen, neben der häufigsten deutschen Bezeichnung „Indischer Wassernabel“ wird sie auch „Tigerkraut“ oder „Tigergras“ genannt. Medizinische Verwendung finden die oberen Teile der Pflanze, insbesondere die krautigen Blätter; diese können sogar roh verzehrt werden.

 

Der Schlüssel zur vielfach gepriesenen großen Heilkraft von Gotu Kola ist wohl ihr Reichtum an Inhaltsstoffen. Die Pflanze enthält zu einem großen Anteil die Pflanzenstoffe Triterpene, vor allem Asiaticosid, das bekanntermaßen gegen Bakterien und Pilze wirkt. Reich ist Gotu Kola auch an den Vitaminen A, C, E und einigen B-Vitaminen, zudem liefert sie viel Magnesium, Kalzium, Eisen, Selen, Arginin sowie die wichtigen Pflanzenstoffe Polyphenole und Flavonoide, die vor allem als zellschützende „Anti-aging-Substanzen“ berühmt geworden sind. Nicht zuletzt können auch wohltuende ätherische Öle aus der Pflanze gewonnen werden.

 

Erkenntnisse zur medizinischen Wirkung liefert bisher „nur“ der Erfahrungsschatz

 

Aufgrund ihres Reichtums an Inhaltsstoffen preisen nicht wenige Experten die Pflanze für ihre antibiotische, antioxidative und nervenschützende Wirkung an. Wissenschaftlich gesichert ist die medizinische Wirksamkeit zwar bisher nicht. Doch zeigt die Erfahrungsheilkunde vielfache positive Ergebnisse, u.a. bei der Behandlung von stressbedingten Magen-Darm-Geschwüren, Entzündungen verschiedener Art, Hautekzemen, Venenleiden, Narben sowie von Verbrennungen und anderen Wunden. Untersuchungen ergaben zudem, dass Gotu Kola zumindest das Potenzial aufweist, bei der Behandlung von Störungen und Erkrankungen wie Akne, Schuppenflechte, Zellulite und Dehnungsstreifen, Arteriosklerose, Gedächtnisprobleme, Nervosität und Stress, Erschöpfung und Schlafstörungen sowie Zahnfleischerkrankungen wie Parodontose unterstützend zu wirken. Es könnte sogar sein, dass Gotu-Kola-Extrakte sogar geeignet sind, als unterstützende Präparate in der Krebstherapie erfolgreich zu sein. Festzuhalten ist jedoch tatsächlich, dass es zu keiner Erkrankung echte Belege für den therapeutischen Effekt von Gotu Kola gibt.

 

Wer jedoch das traditionelle Wissen jahrhunderte- und jahrtausendealter ernstnimmt, kommt um den Indischen Wassernabel tatsächlich nicht herum. So setzen TCM- und ayurvedische Ärzte und Heilkundige Gotu Kola-Extrakte nicht nur bei den bereits erwähnten Störungen ein, sondern auch bei Atemwegserkrankungen und Asthma, Muskel- und Gelenkbeschwerden z.B. bei Arthrose und Rheuma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, bestimmten Immun- und Geschlechtskrankheiten u.a. Therapeuten, die Gotu Kola als Heilmittel verordnen, glauben nicht nur an die antioxidativen, entzündungshemmenden und verjüngenden Eigenschaften der Pflanze, sondern sind auch sicher, dass ihre Inhaltsstoffe u.a. entgiftend und entwässernd,  fiebersenkend, immunstimulierend und unterstützend bei der Wundheilung wirken.

 

Straffere Haut, besseres Gedächtnis, längeres Leben?

 

Dass Gotu Kola sogar deutlich lebensverlängernd wirken kann, dafür soll eine geradezu mystisch anmutende, aber angeblich wahre – von der chinesischen Regierung bestätigte! – Geschichte als Beleg dienen: Ein chinesischer Kräuterkundler soll dank des regelmäßigen Kauens von Gotu Kola-Blättern sagenhafte 256 Jahre erreicht haben und damit der älteste jemals lebende Mensch geworden sein. Man glaubt, dass ein bestimmtes, etwas nebulös „Jugendvitamin X“ genanntes Vitamin in Gotu Kola enthalten sei, das wie kein anderer Inhaltsstoff die Vitalisierung des Körpers aufrechterhalten könne.

 

Eher rational veranlagte Menschen legen wahrscheinlich umgehend die Stirn in Falten, wenn sie solche Geschichten lesen. Überzeugender wirken da sicherlich Ergebnisse diverser Studien, die bisher durchgeführt wurden, um die Wirksamkeit des Indischen Wassernabels höchstwissenschaftlich zu untermauern. So zeigte die Einnahme von Gotu Kola bei einer Studie mit 94 Patienten, die unter Veneninsuffizienz litten, eine deutliche Verbesserung der Symptome gegenüber einer Kontrollgruppe, die lediglich Placebos erhielt. In einer anderen Studie, ebenfalls zur medizinischen Wirkung von Gotu Kola bei Venenleiden, wurde festgestellt, dass die Einnahme gegen Schwellungen in den Beinen bei Flugreisen half. Ebenso wurde in weiteren Studien die medizinische Wirkung der Pflanzenstoffe Triterpenoide bestätigt, die bereits für ihre antioxidativen und wundheilenden Effekte bekannt waren und in Gotu Kola reichlich enthalten sind. Die Triterpenoide können weiteren Untersuchungen zufolge anscheinend auch die natürliche Hautbarriere stärken und die Durchblutung der Haut fördern – wohl aus diesem Grund wird Gotu Kola in mehreren Hautpflegecremes und -salben verwendet.

 

Besonders interessant sind auch die Ergebnisse von Untersuchungen, die bereits 1992 bzw. 2002 bei Ratten durchgeführt wurden: Hier wurde ermittelt, dass zumindest bei den Tieren die Gabe von Gotu Kola-Extrakt zu einer eindrucksvollen Verbesserung der Gedächtnisleistungen und der Lernfähigkeit führte – die Ergebnisse der mit dem Extrakt gefütterten Tiere waren in der ersten Studie 60 Mal besser als die der Kontroll-Gruppe, in der die Ratten die Pflanzenextrakte nicht erhielten. Bei Menschen bestätigte sich dieser Eindruck in einer weiteren Studie: Hier konnte der Indische Wassernabel bei älteren Teilnehmern sowohl die Gedächtnis- als auch die kognitiven Funktionen verstärken. Aufgrund dieser Erkenntnisse hofft man, dass die Pflanze in Zukunft bei der natürlichen Behandlung der Alzheimer-Krankheit erfolgreich eingesetzt werden könnte.

 

Des Weiteren lieferten diverse Untersuchungen – allerdings bislang ausschließlich an Tieren – Hinweise darauf, dass die in Gotu Kola enthaltenen Substanzen auch angstlösend, beruhigend und harmonisierend auf die Psyche wirken – in der alten Volksmedizin wird die Pflanze ja auch verbreitet gegen Schlafstörungen eingesetzt. Doch sei es hier noch einmal erwähnt: Sämtliche Studien lieferten viel versprechende Hinweise, jedoch keine anerkannten Belege. Deshalb sind Hersteller, die Produkte mit Gotu Kola auf den Markt bringen, in Europa bislang auch verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass es lediglich überlieferte Wirkungen gibt. Konkrete Heilwirkungen der Produkte dürfen nicht versprochen werden.

 

Gotu Kola: die preiswerte Alternative zum Ginseng?

 

Immer wieder tauchen Vergleiche von Gotu Kola mit der Ginseng-Pflanze auf, wonach der Indische Wassernabel eine preiswertere Alternative zu Ginseng darstellen könnte. Die ostasiatische Ginseng-Pflanze hat einen Einfluss auf die Regulierung der menschlichen Körpertemperatur und wird deshalb vielfach bei Erkältung und Grippe eingesetzt, um den Körper dabei zu unterstützen, die Temperatur stabil zu halten. Ebenso wird vermutet, dass Ginseng sich positiv auf Gedächtnisleistung und Konzentration auswirken, den Cholesterinspiegel senken, allgemein die Energie und Vitalität steigern und Infektionen verhindern kann.

 

Es gibt also tatsächlich einige Parallelen zwischen Ginseng und Gotu Kola, was die möglichen medizinischen Effekte betrifft. Jedoch muss eines festgehalten werden: Gotu Kola scheint weniger gut verträglich zu sein und sollte unter bestimmten gesundheitlichen Voraussetzungen ganz gemieden werden. So wird bei Vorliegen von bestimmten Leber- und Hauterkrankungen strikt von der Einnahme abgeraten, denn einigen Erfahrungsberichten zufolge könnte der Verzehr von Gotu Kola-Produkten sogar zu Leberschäden führen. Studien an Tieren sowie Erfahrungen menschlicher Patienten zeigten zudem, dass Gotu Kola allem Anschein nach den Cholesterin- und Blutzuckerspiegel ansteigen lassen kann. Insgesamt wird empfohlen, vor der Einnahme eines Präparates mit Gotu Kola-Extrakten grundsätzlich den Arzt zu konsultieren. Somit lässt sich folgern, dass bei Menschen mit einer eher angegriffenen Gesundheit Ginseng die bessere Wahl ist als Gotu Kola – natürlich auch in Abhängigkeit vom jeweiligen Anwendungsbereich und von der Darreichungsform und Dosierung.

 

Wie Gotu Kola angewendet werden kann

 

Gotu Kola kann eingenommen, aber auch äußerlich angewendet werden. Hierzulande bekommen wir die Pflanze als Tee, in Form von Nahrungsergänzungsmitteln (Tabletten, Kapseln, Pulver), in Tinkturen und Salben sowie als Inhaltsstoff in kosmetischen Cremes. Die getrockneten Blätter eignen sich besonders gut für einen frisch aufgegossenen Tee, der bei etwa 100 Grad Celsius für zehn Minuten gekocht werden sollte, um seine antioxidative Wirkung optimal zu entfalten. Ein Gotu-Kola-Pulver aus gemahlenen Pflanzenblättern kann z.B. in einen Fruchtsaft oder in Joghurt oder Quark gemischt werden. Tinkturen aus Gotu Kola sind alkoholische Kräuterauszüge, die man tropfenweise in Wasser oder Saft gibt oder auch in die Haut einreiben kann. Die Salbe wiederum wird meist aus gemahlenen Gotu-Kola-Blättern, einer aus der Pflanze gewonnenen Tinktur sowie aus Wollwachs und weiteren pflegenden Substanzen hergestellt; sie wird vor allem zur Pflege und Behandlung von Wunden und Narben empfohlen. Kosmetische Cremes mit Gotu-Kola-Extrakten werden vor allem zu Wellness- und Anti-aging-Zwecken angepriesen; sie sollen angeblich der Hautstraffung und Faltenglättung dienen. Auch gibt es Produkte, die zur Reduzierung von Schwangerschafts- bzw. Dehnungsstreifen geeignet sein sollen.

 

Was manche nicht vermuten würden: Gotu Kola ist in der asiatischen Küche eine sehr beliebte Zutat in vielen typischen Gerichten. Als (bitteres) Küchenkraut findet die Pflanze u.a. Verwendung in Reis oder als Gewürz in Gurken- oder Weißkohlsalaten.

 

Vorsicht vor unerwünschten Neben- und Wechselwirkungen!

 

Bei der innerlichen Anwendung sollten in jedem Fall strikt die Dosierungsanweisungen in der Packungsbeilage bzw. die Empfehlungen des Arztes oder Apothekers befolgt werden. Denn wenn man Gotu Kola in zu hoher Dosierung anwendet, kann die Pflanze ziemlich unangenehme Nebenwirkungen hervorrufen. Dazu gehören in den meisten Fällen Kopfschmerzen und Schwindel oder auch Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit und Durchfall. Leidet man unter juckender Haut, kann sich dieses Symptom durch zu hohe Dosen von Gotu Kola verschlimmern. Ist die Überdosierung sehr stark, könnte auch extreme Schläfrigkeit bis hin zur Bewusstlosigkeit auftreten.

 

Zwar werden Cremes mit Gotu Kola-Extrakt auch vielfach gegen Schwangerschaftsstreifen angewendet, doch sollten schwangere Frauen mit der innerlichen Anwendung dieser Pflanze sehr zurückhaltend sein und in jedem Fall vor der Einnahme mit ihrem Arzt sprechen.

 

Auch Wechselwirkungen mit bestimmten Medikamenten sind möglich; außerdem sollte spätestens zwei Wochen vor einem operativen Eingriff die Einnahme von Gotu Kola beendet werden, um mögliche Wechselwirkungen mit während einer Operation eingesetzten Präparaten zu vermeiden. Dies liegt daran, dass den Pflanzenextrakten sedierende, also stark beruhigende Eigenschaften nachgesagt werden.

 

Fazit: Die Ergebnisse zahlreicher mit den Extrakten des Indischen Wassernabels durchgeführter Studien sind zweifellos ermutigend und lassen darauf schließen, dass die Pflanze eine sehr gute und vielfältige Heilkraft entwickeln könnte. Dennoch scheinen Produkte mit Inhaltsstoffen aus Gotu Kola nur bedingt für die Selbstmedikation geeignet, da sie unter bestimmten Umständen gefährliche Folgen für die Gesundheit haben könnten. Deshalb sollte Gotu Kola mit Bedacht verwendet und insbesondere vor der innerlichen Anwendung immer ein Fachmann oder eine Fachfrau zu Rate gezogen werden.

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Helga Boschitz
Autor: Helga Boschitz

Helga Boschitz, Jahrgang 1966, ist freie Journalistin und Texterin, lebt in Nürnberg und gehört seit Januar 2016 zum apomio.de-Team. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie seit Anfang der 1990er-Jahre als Magazinredakteurin und Moderatorin in Hörfunk- und Fernsehredaktionen u.a. beim Südwestrundfunk, Hessischen Rundfunk und Westdeutschen Rundfunk. Medizin- und Verbraucherthemen sind ihr aus ihrer Arbeit für das Magazin „Schrot und Korn“ sowie aus verschiedenen Tätigkeiten als Texterin vertraut.

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