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Granatapfel - die Wirkungen der heilende Liebesfrucht

Kommentar schreiben Aktualisiert am 05. November 2018

Schon sein Anblick lässt viele ins Schwärmen geraten: prall, rund, knallrot, eine wahre Pracht! Wahrscheinlich liegt es auch an diesen optischen Vorzügen, dass schon Urvölker vor Tausenden von Jahren und mehrere Weltreligionen im Granatapfel ein Symbol für Fruchtbarkeit, Liebe und Erotik, für Macht und sogar für Unsterblichkeit gesehen, ihn entsprechend verehrt und vielfach als „Frucht des Paradieses“ gerühmt haben. Doch sind es vor allem seine glänzend roten Kerne und sein Saft, seine „inneren Werte“ sozusagen, die die exotische Frucht in den Olymp der „Superfoods“ gehoben haben. Die Samen des Granatapfels verleihen nicht nur unterschiedlichsten Gerichten eine ganz eigene geschmackliche Note und ein effektvolles „Obendrauf“, sondern sind ohne Zweifel auch noch besonders gesund – ebenso wie der Saft. Naturheilkundler und Alternativmediziner schreiben dem Granatapfel sogar kraftvolle Heilwirkungen selbst gegen schwere Erkrankungen zu. Wie gesund ist der Granatapfel – der eigentlich gar kein Apfel, sondern eine besonders große Beere ist – aber nun wirklich?

 

Wollen wir ihn zunächst einmal näher kennenlernen: Der Granatapfel war, wie historische Zeugnisse aus zahlreichen Regionen der Welt belegen, schon vor mehreren tausend Jahren bekannt. Sein Ursprung lässt sich heute nur noch schwer bestimmen, wahrscheinlich liegt er jedoch in Asien, von wo aus er zunächst in den Nahen Osten und schließlich nach Europa gelangte. Heute wächst der Granatapfelbaum vor allem in Indien, China, den südlichen US-Staaten und Mittelamerika, in Nahost sowie in Nordafrika und Südeuropa. In Mitteleuropa wird er nur vereinzelt in beheizten Glashäusern kultiviert.

 

Der Punica granatum, wie der Granatapfelbaum botanisch heißt, ist ein sommergrüner, kleiner Baum, der meist etwa fünf Meter hoch wird und oft ein geradezu biblisches Alter von mehreren hundert Jahren erreicht. Die frischen Früchte des Baums, also die Granat-„Äpfel“, sind im deutschsprachigen Raum zwischen Juni und Dezember zu haben; zunächst kommen sie meist aus Nordafrika oder Israel, später dann aus Spanien und Italien. Die Schale der reifen Früchte ist meistens von gelblich-roter bis tiefroter Farbe. Ein Zeichen von Reife kann es auch sein, dass es ein metallisches Geräusch klingt, wenn man auf die Frucht klopft. In jedem Fall sollte man darauf achten, dass ein Granatapfel ausreichend gereift ist, andernfalls wird er kaum schmecken. Allerdings sind nicht alle Früchte wunderbar rot; je nach Herkunft können sie auch mal blasser, manchmal auch grün-gelblich sein – das bedeutet dann nicht, dass sie nicht reif sind.

 

Das wertvolle Fruchtinnere des Granatapfels ist von einer weißlichen Schale umgeben, darunter befindet sich das ziemlich harte Fruchtfleisch, das wiederum die genießbaren blutroten Kerne umschließt, die in einzelnen Fruchthöhlen gelagert sind.

 

Nicht leicht zu handhaben, doch vielseitig verwendbar

 

Zwar sind es hauptsächlich die fruchtig-aromatischen Kerne des Granatapfels, die verzehrt, zu wertvollem Granatapfelkernöl verarbeitet und vielseitig in der Küche verwendet werden können. Daneben wird aber auch die Schale genutzt, etwa in der Naturheilkunde, wo sie – neben Granatapfelkernöl – u.a. in Kosmetika, Tees sowie Nahrungsergänzungs- und Arzneimitteln ihre Wirkung entfaltet.

Wer sich an einen frischen Granatapfel heranwagt und seine Kerne herauslösen will, braucht ein wenig Geschick – ansonsten kann es leicht passieren, dass auf den Küchenflächen, der Haut und der Kleidung hartnäckige blutrote Flecken verbleiben (Vorsicht, aus der Kleidung lassen sich Granatapfelflecke nur schwer wieder herauswaschen!). Nur Anfänger gehen unbekümmert vor und öffnen die Frucht irgendwie, um die Kerne dann durch mühsames Herausklauben mit einem Löffel oder Messer oder durch Herausklopfen zu erwischen. Profis empfehlen folgendes Vorgehen: zunächst Boden und Spitze der Frucht abschneiden und die Schale an mehreren Stellen einritzen. Dann eine ausreichend große Schüssel mit Wasser bereitstellen, die angeritzten Teile der Frucht auseinanderbrechen und in die Schüssel legen. Im Wasser lassen sich die Kerne leicht und ohne Fleckenrisiko herauslösen. Anschließend sollte man aus der Wasserschüssel sämtliche Schalen und die Kerne, die an der Oberfläche schwimmen (diese sind nämlich nicht essbar!) entfernen und schließlich die Granatapfelkerne durchsieben und in eine trockene Schüssel geben. Wer diese etwas aufwändige Arbeit scheut, kann auf bereits abgepackte Granatapfelkerne aus dem Supermarkt oder dem Naturkostladen zurückgreifen – jedoch haben diese durch die längere Lagerung außerhalb der Frucht oft schon einen guten Teil ihrer gesunden Wirkstoffe verloren, und die zusätzliche Kunststoffverpackung, die dabei wieder anfällt, ist auch nicht jedermanns Sache.

 

Wer einen frischen Granatapfelsaft möchte, kann das Fruchtfleisch – mit etwas Mühe – auspressen; aus einer Frucht lässt sich etwa ein halbes Glas Saft gewinnen. Auch hier gilt natürlich: Flecken vermeiden, am besten mit Einmalhandschuhen und einer Küchenschürze.

 

Das „i-Tüpfelchen“ für viele Gerichte

 

Granatapfelkerne und -saft schmecken fruchtig-sauer und sehr aromatisch, sie eignen sich als Basis, Zutat oder als effektvolle essbare Dekoration für viele ausgefallene Salate, Vorspeisen, Hauptgerichte und Desserts, für Soßen sowie Smoothies und natürlich Cocktails mit Grenadinesirup. Wer die orientalische Küche liebt, hat die Kerne oder den Saft sicherlich schon als Beilage zu Fleisch oder als Hauptbestandteil in einer leckeren Granatapfelsoße genossen.

 

Die Schale des Granatapfels einfach wegzuwerfen, ist übrigens schade, denn man kann sie, gemeinsam mit den Kernen, gut zur Herstellung eines Tees oder einer Tinktur nutzen. Die Inhaltsstoffe der Schale sind für ihre antioxidative und antimikrobielle Wirkung bekannt, das heißt, dass sie gegen Zellschäden und bei entzündlichen Prozessen helfen können. Kenner nutzen sie deshalb, um z.B. eine Spülung gegen Zahnfleischentzündungen oder einen Tee zur unterstützenden Behandlung von entzündlichen Darmerkrankungen zu bereiten.  

 

Mehr als eine Frucht – gar ein „Wunder-Heilmittel“?

 

Was die medizinische Bedeutung des Granatapfels angeht, überschlagen sich seine Fans geradezu. Als wahres „Wundermittel“ zur allgemeinen Gesunderhaltung und gegen verschiedenste, leichte bis schwere Krankheiten wird die Frucht angepriesen. So sollen die Inhaltsstoffe des Granatapfels nicht nur den Blutdruck senken, die Gefäße schützen und Entzündungen hemmen, sondern auch bei Wechseljahresbeschwerden helfen, die Haut pflegen und Hautalterung abmildern und sogar zur Vorbeugung und unterstützenden Behandlung einiger Krebserkrankungen geeignet sein. Kein Wunder also, dass in Apotheken, Bioläden, Reformhäusern und Drogeriemärkten nicht nur reiner Granatapfelsaft, sondern auch unzählige Granatapfel-Präparate (Kapseln, Tees, Ampullen etc.) erhältlich sind und massenhaft gekauft werden. Vor allem in höheren Konzentrationen, wie sie in Arznei- und Nahrungsergänzungsmitteln oder auch Kosmetika zu finden sind, sollen die Wirkstoffe des „Superfoods“ ihre heilsame Wirkung entfalten.

 

Manches mag wohl dran sein an dieser vielgepriesenen Wirksamkeit, denn der Granatapfel ist nicht nur reich an Vitaminen und Mineralstoffen, sondern enthält vor allem eine besonders hohe Zahl an den sekundären Pflanzenstoffen Polyphenole und Flavonoide. Das sind bioaktive Substanzen, die für den ganzen Körper und insbesondere das Immunsystem enorm bedeutsam sind. Im frischen Saft eines Granatapfels stecken allein bis zu 20 verschiedene Polyphenole – so viele wie in keinem anderen Lebensmittel! Diese Stoffe sind deshalb so wertvoll, weil sie als Antioxidantien wirken und damit alle Körperzellen vor schädlichen Einflüssen durch sogenannte freie Radikale schützen können. Freie Radikale sind vom Körper gebildete aggressive Sauerstoffmoleküle, denen ein Elektron und damit die Stabilität fehlt. Um diese wiederzugewinnen, rauben sie den nächstbesten Molekülen jeweils ein Elektron, sodass immer mehr freie Radikale entstehen – ein Vorgang, der mit dem Begriff Oxidation bezeichnet wird und der die Körperzellen extrem schädigen kann. Oxidation ist relativ harmlos, wenn sie durch nur wenige freie Radikale erfolgt. Wächst die Anzahl dieser Aggressoren jedoch deutlich an, z.B. durch schädigende Faktoren wie Alkohol- und Nikotinkonsum, Luftverschmutzung, vermehrte UV-Strahlung und Stress, können die freien Radikalen zum Teil irreparable Zell- und Gewebeschäden verursachen. Man spricht dann vom sogenannten „oxidativen Stress“, der, wenn er länger anhält, Alterungsprozesse beschleunigen und sogar lebensbedrohliche Krankheiten wie Krebs auslösen oder verschlimmern kann. Antioxidantien wie die Polyphenole aus dem Granatapfel wirken diesen Vorgängen entgegen, indem sie die freien Radikalen unschädlich machen: Sie geben ihnen jeweils ein Elektron ab und beenden auf diese Weise die zellschädigenden Aktivitäten. Nicht zuletzt deshalb gelten Antioxidantien als begehrtes Anti-aging-Mittel!

 

Viele Studien, vielversprechende Hinweise – doch keine Beweise

 

Vor allem wegen des besonderen Reichtums an sekundären Pflanzenstoffen und des daraus folgenden therapeutischen Potenzials interessiert sich seit einigen Jahrzehnten die Forschung ganz besonders für Granatäpfel. Mittlerweile gibt es Hunderte von Studien zur Wirkung der exotischen Frucht. Zahlreiche dieser Studien ermittelten u.a. Hinweise darauf, dass die Inhaltsstoffe des Granatapfels den Blutdruck senken, die Herzmuskeldurchblutung erhöhen und Ablagerungen an der Halsschlagader vermindern können. Neben diesen ermutigenden Erkenntnissen in Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen ermittelten weitere Forscher, dass Granatapfelsaft möglicherweise das Wachstum von Brustkrebszellen hemmen kann. Auch zu einer vermuteten vorbeugenden und therapeutischen Wirkung von Granatapfelsaft auf Prostatakrebs gibt es viele Untersuchungen – die Ergebnisse geben allerdings wenig Anlass zur Euphorie. Deshalb raten Experten von der dauerhaften Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln auf Basis von Granatapfel zum Schutz vor Prostatakrebs eher ab. Mit ebenso wenig eindeutigen Ergebnissen wurde untersucht, ob die Frucht gegen entzündliche Erkrankungen unterschiedlichster Art sowie gegen Arteriosklerose, Alzheimer und andere degenerative Erkrankungen helfen kann.

 

Vielleicht kein „Superfood“ – doch supergesund!

 

Zu einem vorerst zusammenfassenden Schluss kam zuletzt eine Meta-Studie aus dem Jahr 2014, die mehr als 70 Granatapfel-Studien ausgewertet hat. Ihr Ergebnis: Die Inhaltsstoffe des Granatapfels könnten möglicherweise gegen verschiedene Erkrankungen tatsächlich wirken, jedoch ist dies noch vorsichtig zu bewerten. Denn die bisherigen Studien wurden zum überwiegenden Teil unter Laborbedingungen an Tieren oder Zellkulturen durchgeführt; ob sich die Ergebnisse auf Menschen übertragen lassen, ist nicht geklärt. Zwar gab es auch Studien mit menschlichen Probanden, jedoch waren diese zu wenig repräsentativ oder dauerten nicht lange genug. Zudem arbeitete man mit sehr viel höher konzentrierten Präparaten als man sie bislang erhalten kann. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die wissenschaftlichen Belege zur Wirksamkeit noch fehlen.

 

Doch auch wenn der Granatapfel wohl keine medizinischen Wunder vollbringen kann, bedeutet das keinesfalls, dass sein Genuss der Gesundheit nicht zuträglich ist. Im Gegenteil: die schöne Frucht und ihre Kerne liefern jede Menge Vitamine und Mineralstoffe. So enthält der Granatapfel reichlich Vitamin B1, B2 und B6 sowie Folsäure, Vitamin E, Beta-Carotin und Vitamin C – letzteres allerdings bei weitem nicht in so hoher Konzentration wie viele glauben. Will man vor allem natürliches Vitamin C aufnehmen, sollte man eher zu Früchten wie der Orange greifen, die etwa sechs Mal so viel davon enthält wie ein Granatapfel. Bei den Mineralstoffen punkten die Granatäpfel dann wieder mit viel Kalium, Kalzium, Magnesium, Phosphor, Eisen und Zink. Somit dürfte feststehen, dass die Inhaltsstoffe des Granatapfels das Immunsystem stärken und viele allgemeine Körperfunktionen unterstützen können – eine besonders wertvolle Frucht ist die königliche Riesenbeere also allemal!

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Helga Boschitz
Autor: Helga Boschitz

Helga Boschitz, Jahrgang 1966, ist freie Journalistin und Texterin, lebt in Nürnberg und gehört seit Januar 2016 zum apomio.de-Team. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie seit Anfang der 1990er-Jahre als Magazinredakteurin und Moderatorin in Hörfunk- und Fernsehredaktionen u.a. beim Südwestrundfunk, Hessischen Rundfunk und Westdeutschen Rundfunk. Medizin- und Verbraucherthemen sind ihr aus ihrer Arbeit für das Magazin „Schrot und Korn“ sowie aus verschiedenen Tätigkeiten als Texterin vertraut.

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