Hüftdysplasie: Hüftfehlstellung mit Folgen
Zwei bis drei von 100 Neugeborenen kommen mit einer Fehlbildung der Hüfte zur Welt. Die Hüftdysplasie wird heutzutage bei den Routineuntersuchungen frühzeitig erkannt. Eine Behandlung ist vor allem bei Kleinkindern mit konservativen Methoden einfach und erfolgreich – bei Erwachsenen hilft meist nur eine Operation. Erfahren Sie hier mehr über die Hüftdysplasie. Bei einer Hüftdysplasie handelt es sich um eine meist angeborene Fehlbildung des Hüftgelenks. Die Gelenkpfanne ist nicht komplett ausgebildet, sodass der Kopf des Oberschenkelknochens (Femur) nicht ausreichend ‚überdacht‘ ist. Als Folge hat der Knochen nicht genügend Halt im Gelenk und es kann zu einer Luxation kommen – der Knochen rutscht aus der Pfanne und ist ausgekugelt. Etwa zwei bis drei von 100 neugeborenen Kindern kommen bereits mit einer Hüftdysplasie zur Welt. Dabei sind Mädchen deutlich häufiger betroffen als Jungen, das Verhältnis liegt etwa bei 5:1. Eine vollständige Hüftluxation ist seltener: 0,2 Prozent der Babys kommen mit einer ausgekugelten Hüfte zur Welt.
Ursache für Hüftdysplasie: Zu wenig Platz im Mutterleib
Zu einer Fehlbildung des Hüftgelenks kommt es vor allem, wenn die Gebärmutter nicht ausreichend Platz für den Fötus bietet. Das kann bei Mehrlingsschwangerschaften, Erstgeberenden und durch eine Steißlage bei der Geburt der Fall sein. Auch das Schwangerschaftshormon Progesterol wirkt sich auf das Ungeborene aus: Es verursacht als Vorbereitung auf die bevorstehende Geburt eine Lockerung des Beckenrings der Mutter. Das Hormon kann auf weiblichen Feten übergehen und dort ebenfalls auf die Muskulatur des Beckens einwirken und so eine Lockerung des Hüftgelenks verursachen. Da Hüftdysplasien familiär gehäuft auftreten kann eine genetische Disposition ebenfalls ein Risikofaktor für die Entstehung der Fehlbildung sein. In einigen Fällen tritt die Dysplasie gemeinsam mit anderen Fehlbildungen des Bewegungsapparates oder neurologischen und muskulären Störungen auf.
Hüftdysplasie: Die Symptome schnell erkennen
Je früher eine Fehlstellung oder Missbildung des Hüftgelenks erkannt wird, desto schneller und problemfreier verläuft die Behandlung. Daher ist es wichtig, dass der Kinderarzt die Symptome bei den ersten Routineuntersuchungen erkennt. Zwischen dem dritten und dem zehnten Lebenstag findet die U2 statt. Hierbei kontrolliert der Mediziner die Symmetrie der Beine und stellt gegebenenfalls Abweichungen fest. Bei einer einseitigen Hüftdysplasie oder –luxation zeigt sich eine Ungleichheit der Hautfalten an den Oberschenkeln und dem Gesäß. Das betroffene Bein erscheint meist kürzer als das andere. Außerdem lässt sich das Bein nicht so weit abspreizen wie gewöhnlich. Liegen diese Symptome vor, wird spätestens bei der U3-Untersuchung eine Ultraschallaufnahme des Beckens gemacht. Dabei erkennt der Kinderarzt eine mögliche Hüftfehlstellung. Eine beidseitige Dysplasie ist schwerer zu erkennen. Erst die Röntgen- oder Ultraschalluntersuchung zeigt die Fehlstellung. Heutzutage werden durch die routinemäßigen Untersuchungen die meisten Hüftdysplasien erkannt. Da die Diagnose mittels Ultraschall früher nicht üblich war und sich Mediziner vor Röntgenaufnahmen bei Kleinkindern scheuten, blieben viele Fälle unentdeckt. Im Erwachsenenalter kommt es dann zunehmend zu Schmerzen. Zunächst schmerzen Hüfte, Bein und Rücken nur nach (sportlicher) Belastung, später treten die Beschwerden auch im Ruhezustand auf. Der Orthopäde stellt dann meist mittels einer Röntgenaufnahme die Diagnose Hüftdysplasie.
Behandlung einer Hüftfehlstellung: Konservative Therapie erzielt gute Erfolge
Wird eine Hüftfehlstellung nach der Geburt erkannt, gibt es vielversprechende konservative Ansätze, um die Dysplasie zu behandeln. Bei einer leichten Fehlstellung ist eine Therapie nicht zwingend notwendig: Durch die körperliche Entwicklung in den ersten Lebensmonaten kann sich die Anomalie verwachsen. Es ist hilfreich Kinder in einer breiten Beinstellung zu wickeln. Dadurch wird das Gelenk stabilisiert und kann sich normal entwickeln. In schwereren Fällen kommen sogenannte Spreizhosen oder Spreizschienen zum Einsatz. Sie fixieren die Beine in einer abgewinkelten und gespreizten Position, sodass der Kopf des Oberschenkelknochens richtig in der Gelenkpfanne sitzt. Die Pfanne kann so nachreifen und eine gesunde Stellung einnehmen. Ist der Gelenkkopf aus der Pfanne gerutscht, muss er wieder eingerenkt werden. Dies kann manuell unter Narkose des Patienten geschehen oder durch das mehrwöchige Tragen eines speziellen Gipses nach und nach geschehen. Der Gips wird in Sitz-Hock-Position angebracht und übt Druck auf den herausgesprungenen Knochen aus, sodass er in das Gelenk zurückwandert. In beiden Fällen muss nach der Reposition der Knochen im Gelenk gehalten werden (Retention). Bandagen stabilisieren das Ergebnis. Bei jungen Patienten kann sich der Knochen nach der Reposition normal entwickeln und die Beschwerden verschwinden in den meisten Fällen.
Behandlung bei Erwachsenen: Operation verbessert Lebensqualität
Wird die Hüftdysplasie erst später (durch einen auffallenden Gang beim Kleinkind) oder im Erwachsenenalter entdeckt, ist eine konservative Behandlung nicht mehr möglich. Ist das Knochenwachstum abgeschlossen, kann eine Operation die Beschwerden lindern. Dabei gibt es zwei Methoden: Eine Veränderung der Knochenstellung im Gelenk oder der Einsatz eines künstlichen Gelenks. Bei der Dreifach-Beckenosteotomie durchtrennt ein orthopädischer Chirurg den Beckenknochen an drei Stellen und verändert so die Position des Knochens. Schrauben fixieren die neue Stellung. Die Gelenkpfanne umschließt nach der Operation einen größeren Teil des Knochenkopfes und bietet so mehr Stabilität im Gelenk. Nach etwa einem Jahr können die Schrauben wieder entfernt werden. Beim Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks werden Teile des Knochens durch Prothesen ersetzt. Das können der Gelenkkopf und die –pfanne sein. Die Prothesen sind aus Metall oder Keramik und bieten durch gute Reibungseigenschaften mehr Beweglichkeit im Gelenk.
Prognose bei Hüftdysplasie: Arthrose in jungen Jahren
Wird eine Hüftdysplasie nicht erkannt und behandelt, kann es zu Folgeschäden kommen. Durch die Fehlstellung nutzt sich das Gelenk stärker ab als normal und es kommt zu Verschleißerscheinungen. Schmerzen, Gelenkstarre und Hüftarthrose sind die Folge. Dies ist bei älteren Menschen ein normaler Vorgang, bei einer unbehandelten Hüftdysplasie kommen die Symptome allerdings bereits bei jungen Erwachsenen vor und schränken den Alltag deutlich ein. Körperliche Arbeit und Sport können nicht weiter betrieben werden. Nach einem operativen Eingriff verbessert sich die Lebensqualität der meist jungen Patienten erheblich. Der Alltag kann in den meisten Fällen wieder schmerzfrei bewältigt werden. Bei einem Gelenkersatz ist auch sportliche Betätigung zum Teil möglich. Vor allem schonende Sportarten wie Schwimmen, Yoga, Walken und Fahrradfahren kommen für Patienten mit Hüftproblemen in Frage. Sportarten mit abrupten Bewegungen, schneller Beschleunigung und plötzlichen Richtungswechseln sind eher ungeeignet und sollten gemieden werden. Dazu gehören unter anderem Fußball, Tennis, Badminton oder auch Joggen.
Prävention? Kaum möglich.
Einer Hüftfehlstellung lässt sich kaum vorbeugen. Es wird allerdings beobachtet, dass in Kulturen, in denen Kinder auf ein sogenanntes Wickelbrett gebunden werden, deutlich mehr Hüftdysplasien vorkommen als in anderen Kreisen. Das häufige Überstrecken der Beine bei Neugeborenen kann sich negativ auf die Knochenentwicklung auswirken. Um eine Fehlstellung des Hüftgelenks zu verhindern ist es daher ratsam Babys nicht zu häufig auf den Bauch zu legen. Ein Tragetuch eignet sich besonders um die natürliche Knochenentwicklung zu unterstützen. Auch das breite Wickeln kann die Wahrscheinlichkeit einer Dysplasie reduzieren.
Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.