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Im Test: Leitungswasser vs. Mineralwasser

Kommentar schreiben Aktualisiert am 08. Oktober 2016

Rein, natürlich und gesund – Mineralwasser ist der Durstlöscher Nr. 1 in Deutschland. Doch was unterscheidet das abgepackte Nass vom Leitungswasser? Warum drehen wir nicht einfach den Hahn auf, statt unter den 500 Mineralwassersorten mühsam das vermeintlich beste auszuwählen und Kisten zu schleppen? Meist ist es die verbreitete Vorstellung, dass unser Leitungswasser schon unzählige Male durch die Abwasserkanäle geflossen und immer wieder zum Verzehr "zurechtdesinfiziert" wurde. Das ist aber nicht so. Leitungswasser wird genauso aus der Natur gewonnen wie sein Konkurrent aus der Plastik- oder Glasflasche. Es gehört zu den am strengsten kontrollierten Lebensmitteln in Deutschland, kontrollierter und mit höheren Auflagen als jedes Mineralwasser. Erfahren Sie hier, ob der abgefüllte Durstlöscher tatsächlich besser ist.

Woher kommt unser Trinkwasser?

Trinkwasser wird zu 64 % aus dem Grundwasser, 27 % oberirdisch aus Seen und Talsperren und zu 9 % aus Quellwasser gewonnen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Grundwasser, da die Gefahr der Verunreinigung im Vergleich zu oberirdischen Quellen geringer ist. Wenn das Wasser aus Niederschlägen und Schmelzwasser durch die Erde nach unten sickert, wird es durch das Gestein gefiltert und gereinigt. Nach ca. zwei Monaten hat es Trinkwasserqualität. Oft ist es Jahre oder Jahrzehnte unterwegs. Es gewinnt dadurch noch mehr an mikrobiologischer Qualität und Gehalt an Mineralstoffen. In vielen Fällen entspricht das gewonnene Wasser direkt den Auflagen für Trinkwasser und kann ohne weitere Aufbereitung verwendet werden. Falls nicht, wird es gereinigt.

Welche Auflagen und Kontrollen gibt es?

Laut Bundesumweltamt ist unser Trinkwasser das am besten kontrollierte Lebensmittel in Deutschland. Die Auflagen werden in der Trinkwasserverordnung festgehalten. Zur Prüfung sind 53 mikrobiologische, chemische und physikalische Parameter definiert. Die deutsche Verordnung leitet sich von den europäischen Vorgaben ab, die auf den Richtlinien der WHO basieren. Die Qualitätsanforderungen werden zu über 99 % eingehalten, sagt das Bundesumweltamt. Fakt ist, dass die Messlatte bei den Auflagen höher ist als bei Mineralwasser. Es wird häufiger und auf mehr schädliche Substanzen geprüft und die Grenzwerte sind strenger. Und es kann bei Bedarf aufbereitet werden, was bei einem Mineralwasser nicht erlaubt ist.

Was kann der Verbraucher für die Qualität seines Trinkwassers tun?

Die hohe Qualität kann nur beim Verbraucher ankommen, wenn sein Rohrsystem das Wasser nicht mit Schadstoffen belastet und wenn er kein Stagnationswasser zu sich nimmt. Das heißt: Wird der Hahn 4 Stunden oder länger nicht benutzt, das Wasser so lange laufen lassen, bis es kühl ist, und dann für Essen und Trinken verwenden. Bei längerer Abwesenheit das Wasser 5 Minuten laufen lassen, bis man es zum Verzehr verwendet.

Ist hartes Trinkwasser ungesund?

Die Wasserhärte hängt von der Menge der gelösten Ionen (= geladene Teilchen) der Erdalkalimetalle ab. Den größten Anteil macht Calcium aus, einen geringeren Teil Magnesium und einen minimalen Barium und Strontium. Hartes Wasser entsteht in Regionen mit Sand- und Kalkgesteinen. Dort lösen sich leicht und viele Calcium- und Magnesium-Teilchen aus dem Gestein, während das Wasser durchsickert. Für unseren Körper und seine Gesundheit ist das gut. Beides sind essentielle Mikronährstoffe. Für Waschmaschine, Bügeleisen und den Geschmack von Tee weniger: Man braucht mehr Waschmittel und muss die Haushaltsgeräte regelmäßig mit Essig reinigen. Das Problem hat man mit weichem Wasser aus Regionen mit Granit, Gneis und Basaltgesteinen, wie die deutschen Mittelgebirge, der Schwarz- und Bayrische Wald nicht. Dafür schäumt die Waschmaschine über und das Wasser ist weniger mineralstoffreich. Wasserfilter zur Entkalkung werden übrigens nicht empfohlen, da sie verkeimen.

Woher weiß man, wie gut und hart das eigene Trinkwasser ist?

Zur Beantwortung dieser Frage stehen der örtliche Wasserversorger und die Stadtverwaltung zur Verfügung. Nicht nur die Wasserhärte, auch der Gehalt an den zu prüfenden Substanzen können an diesen Stellen ermittelt werden.

Woher kommt Mineralwasser?

Es kommt aus derselben Quelle wie Trinkwasser. Es wird sich bis zu einem Wasserreservoir unter der Erde vorgebohrt und das Wasser dort entnommen. Auch Mineralwasser wird streng kontrolliert, wenn auch nicht in dem Maß wie Trinkwasser. Immerhin ist Mineralwasser das einzige Lebensmittel, das in Deutschland amtlich anerkannt werden muss. Die Kriterien für die ca. 200 Einzeluntersuchungen legt die Mineral- und Tafelwasserverordnung fest. Außer Kohlensäure darf nichts zugesetzt, außer Eisen und Schwefelverbindungen nichts entzogen werden. Mineralwasser muss nicht unbedingt viele Mineralstoffe enthalten. Das war bis 1980 anders. Bis dahin waren noch 1000 mg/Liter vorzuweisen. Seit der Vereinheitlichung in der EU ist dieser Wert abgeschafft. Mineralwasser ist Mineralwasser – unabhängig davon, ob es 500 oder 1500 mg Mineralstoffe enthält.

Was hat mehr Mineralien?

Nicht unbedingt das Mineralwasser. So fand es zumindest Stiftung Warentest heraus. Zwei Drittel der 29 geprüften stillen Mineralwasser enthielten nur wenige Mineralstoffe, manche weniger als Leitungswasser. Am besten schnitt Contrex ab. In einem Test mit kohlensäurehaltigem Wasser war das Ergebnis ähnlich und es konnten sich nur Gerolsteiner, Apollinaris und Tip Tiefenfels Quelle als nennenswert mineralstoffreich behaupten. Trinkwasser ist übrigens umso mineralstoffhaltiger, je härter es ist.

Brauchen wir Mineralwasser zur Deckung unseres Bedarfs an Mineralien?

Nein. Wir nehmen Mineralien ausreichend über die Nahrung auf. Zudem sind die Mineralstoffe in beiden Wasser-Arten für den Körper nicht sehr gut verwertbar. Also zur Aufnahme von Mineralien muss nicht extra Wasser getrunken werden, weder das eine noch das andere, auch wenn es uns die Werbung anders suggerieren will.

Welches Wasser für Babys und Kinder?

Sind die Wasserrohre des Haushalts in Ordnung, wird Leitungswasser empfohlen, da es stärker kontrolliert wird. Vor allem in stillen Mineralwässern wurden Keime gefunden. Für Gesunde und Erwachsene kein Problem. Für Babys und Menschen mit schwachem Immunsystem schon. Wenn schon Mineralwasser, dann abkochen oder die zur Zubereitung von Säuglingsnahrung empfohlenen verwenden: Rhönquelle, Vilsa, Tip Tiefenfels Quelle, Medium von Vio, Lidl (Saskia) und Rewe (ja!).

Glas- oder Plastikflaschen?

Plastikflaschen enthalten Weichmacher und Bisphenol A mit östrogenartiger Wirkung. Schnecken, so zeigt ein Forschungsprojekt, vermehren sich in PET-Flaschen doppelt so schnell als in normaler Umgebung. Die Hormonwelt von Mann und Frau wird künstlich verändert. Achtung: Die Lösung chemischer Substanzen verstärkt sich beim Einfluss von Wärme, z.B. Sonne, und je länger das Wasser in der Flasche ist. Glasflaschen sind besser, Leitungswasser, wenn einem das örtliche schmeckt, noch besser, von der Öko-Bilanz her ohnehin. Wozu CO2 auf langen Transportwegen herausschleudern und Verpackungsmüll produzieren, wenn das sicherste Wasser fast kostenlos aus jedem Hahn zu bekommen ist?

 

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Beate Helm
Autor: Beate Helm

Beate Helm, Heilpraktikerin, freie Redakteurin und Autorin für Gesundheitsthemen und Persönlichkeitsentwicklung. Selfpublisherin. Weiterbildungen in Ernährungswissenschaft, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, Ayurveda, psychologischer Beratung und systemischer Therapie. Langjährige Erfahrung in Yoga und Meditation. Bei apomio seit 04/2015.

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