Lippenherpes: lokale Behandlungsmöglichkeiten im Vergleich
Es beginnt meist mit einem charakteristischen Kribbeln und endet mit juckenden, nässenden, schmerzenden Bläschen: Lippenherpes. Besonders in der Adventszeit, wenn sich die Menschen auf den Weihnachtsmärkten tummeln, ist Herpes ein unerwünschtes Mitbringsel. Für eine Ansteckung reicht meist schon eine nicht richtig gespülte Glühweintasse.
Inhaltsverzeichnis
Was versteht man unter Herpes?
Was sind die Ursachen von Herpes?
Wie äußert sich eine Herpesinfektion?
Was versteht man unter Herpes?
Insgesamt gibt es acht Typen von Herpesviren, die zu Infektionen beim Menschen führen.
Als „Herpes“ bezeichnet man verschiedene, durch Herpes-simplex-Viren hervorgerufene Virusinfektionen. Die Viren der Gattung Herpes simplex untergliedert man in Typ 1 (HSV1) und Typ 2 (HSV2).
HSV1 ist hauptverantwortlich für Lippenherpes, HSV2 ist dagegen vorwiegend der Verursacher von Genitalherpes. Letztlich können aber beide Virustypen an beiden Körperstellen die charakteristische Virusinfektion hervorrufen. Andere Herpesviren verursachen Erkrankungen wie beispielsweise Windpocken und Gürtelrose, Pfeiffersches Drüsenfieber oder Dreitagefieber.
Einmal mit Herpesviren infiziert, verbleiben diese ein Leben lang im Körper und können jederzeit wieder aktiv werden. Etwa 90 Prozent der erwachsenen Deutschen tragen Herpesviren in sich.
Viele haben keine Symptome, können die Viren aber trotzdem übertragen. Nur bei etwa 20 bis 40 Prozent der Virusträger bricht die Infektion im Laufe des Lebens aus.
Was sind die Ursachen von Herpes?
Herpes ist sehr leicht übertragbar – besonders bei direktem Kontakt mit den Bläschen. Die Gefahr einer Ansteckung ist deutlich reduziert, wenn die Geschwulste bereits verkrustet sind und keine neuen mehr auftreten. Allerdings können auch nach Verschwinden des Schorfs noch Viren in geringer Menge ausgeschieden werden. Herpes kann außerdem durch Tröpfchen- und Schmierinfektion weitergegeben werden, wie beispielsweise durch Husten, Niesen oder das gemeinsame Verwenden eines Trinkgefäßes.
Wer sich einmal infiziert hat, bleibt lebenslang Träger des Virus. Nach der erstmaligen Ansteckung (Primärinfektion) gelingt es dem Immunsystem nicht, alle Viren restlos zu zerstören. Dadurch sind diese in der Lage, sich in die Nervenzellen des Rückenmarks einzunisten. Sie befinden sich in einem Ruhezustand, der keine Symptome auslöst.
Unter bestimmten Umständen können die Viren allerdings jederzeit wieder reaktiviert werden. Auslöser für eine solche Reaktivierung können beispielsweise Fieber, Stress und emotionale Belastungen sein. Aber auch eine geschwächte Immunabwehr im Zuge einer Erkältung, starke Sonneneinstrahlung sowie körperliche Trauma, wie beispielsweise nach einem zahnmedizinischen Eingriff können einen Herpesausbruch begünstigen.
Häufig berichten Betroffene, dass selbst Ekelgefühle das Entstehen der störenden und schmerzenden Bläschen fördern kann. Auch hierbei wird der Körper unter Stress gesetzt, der in Folge das Immunsystem schwächen kann.
Wie äußert sich eine Herpesinfektion?
Die Primärinfektion mit Herpesviren verläuft in vielen Fällen bereits im Kleinkindalter ohne eine ausgeprägte Symptomatik. Die typischen kleinen Bläschen treten an den Lippen oder anderen Stellen am Körper auf. Zusätzlich sind allgemeine Krankheitszeichen wie Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen möglich. Die Erstinfektion kann aber auch völlig unbemerkt ablaufen.
Später macht sich eine Reaktivierung des Virus zunächst durch ein Spannungsgefühl der Haut, Jucken, Kribbeln und Brennen bemerkbar. In Folge bilden sich innerhalb von Stunden bis Tagen schmerzhafte, mit klarer Flüssigkeit gefüllte Bläschen. Die Flüssigkeit der Geschwüre enthält Herpesviren und ist somit infektiös. Innerhalb weniger Tage bis zu zwei Wochen heilen die Bläschen ab. Es kommt zum Austrocknen und zur Bildung einer Kruste, die am Ende des Heilungsprozesses abfällt.
Wie lässt sich eine Herpesinfektion vermeiden?
Da Herpesviren auch über Tröpfchen in der Luft übertragen werden, ist ein genereller Schutz vor einer Infektion schwierig. Prinzipiell sollte man Körperkontakt mit infizierten Personen – besonders mit einem sichtbaren Herpesausbruch – meiden. Regelmäßiges Händewaschen und keine gemeinsame Nutzung von Gegenständen mit Mundkontakt wie z. B. Trinkgläsern kann ebenfalls helfen. Für den Besuch auf dem anstehenden Weihnachtsmarkt empfiehlt sich die Verwendung eines Strohhalms oder einer eigenen Tasse. Für unterwegs sind außerdem geeignete Händedesinfektionsmittel praktisch.
Während sich die Vorbeugung einer Infektion eher schwierig gestaltet, kann ein Herpesausbruch verhindert werden. Durch eine ausgewogene und vollwertige Ernährung, ausreichend Schlaf- und Ruhephasen sowie regelmäßige Bewegung und moderate Sporteinheiten kann das eigene Immunsystem gestärkt und so einer Virusreaktivierung vorgebeugt werden.
Wechselbäder oder -duschen und Saunagänge wirken zusätzlich aktivierend auf die Immunabwehr. Da UV-Strahlung bei vielen Betroffenen als Trigger-Faktor gilt, sollte die Haut stets mit einem hohen Lichtschutzfaktor geschützt werden.
Eine geschwächte Hautbarriere lässt Krankheitserreger leichter von außen eindringen und begünstigt einen Herpesausbruch. Spezielle Pflegeprodukte können dazu beitragen, die natürliche Schutzfunktion der Haut zu stärken.
Sollte bereits der Gedanke an schlecht gespülte Glühweintassen Ekel hervorrufen, empfiehlt sich auch hier die vorsorgliche Verwendung eines Strohhalms oder eines eigenen Trinkgefäßes.
Wie wird Herpes behandelt?
Die vollständige Heilung einer Herpesvirusinfektion ist nicht möglich. Dennoch sollten Betroffene bereits bei den ersten Anzeichen wie Juckreiz und einem Spannungsgefühl reagieren. Je nach Herpesstadium stehen in der Selbstmedikation verschiedene Präparate zur lokalen Anwendung zur Verfügung. Bei halbfesten Zubereitungen zum Auftragen auf die Haut ist die Verwendung von Wattestäbchen dem Aufbringen mit den Fingern vorzuziehen. Sollte sich dies nicht vermeiden lassen, ist es ratsam, die Hände im Vor- und Nachgang einer intensiven Reinigung zu unterziehen, um die geschädigte Hautpartie vor weiteren Infektionen zu schützen und einer Verschleppung der Viren vorzubeugen.
1. Pflegende oder austrocknende Präparate
Ist der Herpesbefall lokal eingegrenzt, kann die Stelle mit pflegenden oder austrocknenden Präparaten z. B. mit Zinksulfat behandelt werden. Es handelt sich hierbei um ein sogenanntes Adstringens, das die Virusvermehrung hemmt, sowie austrocknend und dadurch schmerzlindernd wirkt. Bei frühzeitiger Anwendung kann es die Bildung schmerzhafter Bläschen verhindern, daher ist die Verwendung bei den ersten Anzeichen einer Herpesinfektion ratsam. Hierzu wird drei- bis sechsmal täglich eine kleine Menge dünn auf die betroffenen Stellen aufgetragen.
Des Weiteren können zinkhaltige Zubereitungen auch in der Abheilungsphase hilfreich sein. Neben wundheilungsfördernden Eigenschaften besitzen sie eine antiseptische Wirkung gegen das Entstehen begleitender bakterieller Superinfektionen.
Neben Monopräparaten ist auch ein Kombinationspräparat mit Heparin im Handel zu finden. Heparin hemmt normalerweise die Blutgerinnung, soll aber in diesem Fall die virustatische Wirkung noch verstärken und verhindern, dass sich Wasseransammlungen und Blasen bilden.
2. Melissenblätterextrakt
Melisse (Melissa officinalis) gehört zur Familie der Lippenblütler und ist in Europa beheimatet. Der krautig wachsenden Pflanze mit dem aromatischen Geruch nach Zitronen werden beruhigende, krampflösende, verdauungsfördernde und antivirale Eigenschaften zugeschrieben.
Sie enthält unter anderem ätherische Öle, Flavonoide, Bitterstoffe und Rosmarinsäure.
Die virushemmende Wirkung scheint vor allem von der in den Blättern enthaltenen Rosmarinsäure auszugehen. Bei Lippenherpes wandern die Viren entlang der Nervenbahnen Richtung Oberhaut. Sie lagern sich an die Eintrittsstellen (Rezeptoren) der Hautzellen an und belangen über diese in das Zellinnere. Rosmarinsäure blockiert diese Rezeptoren und verhindert dadurch ein Eindringen der Viren in die Zellen.
In Form von Cremes und Gelen findet hochkonzentrierter Melissenextrakt daher Einsatz bei Lippenherpes. Die entsprechenden Zubereitungen werden zwei- bis viermal täglich auf die betroffenen Stellen aufgetragen. Besonders bei frühzeitiger Anwendung kann bei Patienten mit wiederholten Lippenherpes-Ausbrüchen eine Linderung der Beschwerden erreicht werden.
3. Virusstatikahaltige Cremes
Virusstatikahaltige Cremes mit Aciclovir oder Penciclovir können ebenfalls den Verlauf mildern und die Dauer des Ausbruchs verkürzen. Es handelt sich hierbei um antivirale Wirkstoffe aus der Gruppe der Nukleosid-Analoga. Sie weisen virustatische, also virenhemmende Eigenschaften auf.
Bei beiden Arzneistoffen handelt es sich um sogenannte Prodrugs, die nicht direkt wirksam sind sondern zuerst durch einen enzymatischen Umwandlungsschritt im Körper in die virustatischen Substanzen Aciclovirtriphosphat und Penciclovirtriphosphat überführt werden müssen. Diese Umwandlung erfolgt ausschließlich in infizierten Zellen mithilfe eines speziellen viralen Enzyms. Der aktive Wirkstoff wird dann fälschlicherweise in die neue Virus-DNA eingebaut, wodurch die weitere Vermehrung der Viren gestoppt wird.
Die Cremes werden tagsüber idealerweise alle zwei bzw. vier Stunden auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen. Die Behandlungsdauer sollte auch bei vorheriger Besserung mindestens vier bis fünf Tage betragen.
Neben Monopräparaten ist der Wirkstoff Aciclovir auch in einem Kombinationspräparat mit dem entzündungshemmenden Wirkstoff Hydrocortison zu finden. Laut Hersteller wird durch die Kombination der beiden Arzneistoffe die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Lippenherpes das Bläschenstadium nicht erreicht.
Die Behandlung mit Virustatika ist nur bis zum Erreichen der Verkrustungsphase sinnvoll – dann kann nur noch die Abheilung mit geeigneten Mitteln wie Zinksulfat oder Zinkoxid unterstützt werden.
4. Herpespflaster
Bereits in den 60er Jahren wurden Wundauflagen entwickelt, die ein möglichst physiologisches und für die Heilung optimales Wundmilieu gewährleisten. Heute gilt diese feuchte Wundheilung als Standard zur Behandlung chronischer Wunden wie beispielsweise offener Beine oder Hautschäden durch Wundliegen. Hydrokolloid-Pflaster eignen sich allerdings auch für die Behandlung von Lippenherpes.
Die Pflaster bestehen aus drei Schichten:
- Außenseite: Eine Folie oder eine halbdurchlässige, atmungsaktive Membran an der Außenseite verhindert, dass Wasser und Keime zur Wunde vordringen können.
- Innenschicht: Im Inneren des Pflasters befindet sich eine Schicht aus quellfähigen Substanzen (Hydrokolloide).
- Klebematrix: Die Hydrokolloide sind in eine elastische Trägermasse eingebettet. Sie fixiert den Verband auf der Wunde und verhindert ein Verrutschen.
Durch die enthaltenen, quellfähigen Partikel wird das Wundsekret aufgenommen und gebunden. Es bildet sich ein Gel, das die Wunde feucht hält und als Schutzpolster über dem verletzten Gewebe dient. Einer Verunreinigung der Wunde wird dadurch vorgebeugt. Darüber hinaus können in einem feuchten Wundmilieu Immunzellen effektiver arbeiten und so einer Infektion entgegenwirken. Außerdem kann das Risiko einer Narbenbildung verringert werden.
Hydrokolloid-Pflaster sollten so lange auf der Haut belassen werden, bis sie sich von alleine nach etwa zwölf Stunden ablösen. Die nahezu unsichtbaren Pflaster lassen sich überschminken, wodurch der Herpes kaum mehr sichtbar ist.
Grenzen der Selbstmedikation
Für einen gesunden Erwachsenen ist Lippenherpes ungefährlich und in der Selbstmedikation zunächst gut behandelbar. Ein Besuch beim Arzt ist dann angeraten, wenn:
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Lippenherpes häufiger als sechsmal pro Jahr auftritt
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die Infektion länger als zehn Tage anhält
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die Infektion auf andere Körperteile übergreift
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eine Schwangerschaft besteht oder gestillt wird
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Neugeborene, Säuglinge, Babys, Kleinkinder oder älteren Menschen mit zusätzlichen Erkrankungen betroffen sind
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die Herpesvirusinfektionen in Kombination mit Neurodermitis auftreten
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zusätzlich großflächige Ekzeme vorliegen
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die Bläschen von Fieber, Kopfschmerzen oder allgemeinem Unwohlsein begleitet werden
-
Betroffene unter einem geschwächten Immunsystem leiden
Pflegende oder austrocknende Präparate | Pflanzliche Präparate | Virustatika | Hydrokolloid-Pflaster | |||
Wirkstoffe | Zinksulfat | hochkonzentrierter Melissenblätterextrakt | Aciclovir | Penciclovir | Pflaster mit quellfähigem Kern | |
Wirkprinzip | virustatisch (Hemmung der Virusvermehrung) austrocknend schmerzlindernd |
antiviral verhindern das Eindringen der Viren in die Zellen |
virustatisch (Hemmung der Virusvermehrung) | Förderung der Wundheilung Schutz vor Verunreinigungen Dämmt die Weitergabe der Viren ein |
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Kombinpräparate | Zinksulfat + Heparin (soll die virustatische Wirkung noch verstärken) |
- | Aciclovir + Hydrocortison (wirkt zusätzlich entzündungshemmend) |
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Aussehen | durchsichtige Gele | leicht bräunliche Creme | weiße Zubereitungen | weiße Zubereitungen (eine getönte Variante ist aktuell nicht verfügbar) |
durchsichtiges Pflaster; überschminkbar | |
Anwendung | drei bis sechsmal täglich |
zwei bis viermal täglich | fünfmal täglich im Abstand von vier Stunden | mindestens sechsmal täglich im Abstand von zwei Stunden | verbleiben so lange auf der betroffene Stelle bis sie sich selbst ablösen, danach wird ein neues Pflaster aufgeklebt |
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Idealer Beginn der Anwendung | Bei den ersten Anzeichen einer Reinfektion wie Spannungsgefühl, Kribbeln, Schmerzen oder Jucken | |||||
Anwendbar in weiteren Herpesstadien | Bläschenstadium Verkrustungsstadium |
Bläschenstadium | Bläschenstadium | Bläschenstadium | Bläschenstadium Verkrustungsstadium |
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Quellen anzeigen
Linda Künzig, Apothekerin mit Weiterbildungen im Bereich Homöopathie und Naturheilverfahren. Neben ihrer Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke unterstützt sie seit Mai 2019 die Apomio-Redaktion als freie Autorin.