Mehr als nur Unkraut: Die Brennnessel
Jeder kennt sie und jeder hat schon schmerzhafte Erfahrungen mit ihr gesammelt: die Brennnessel (Urtica dioica). Sie wächst fast überall und trotzdem werden ihre heilenden Kräfte kaum noch wahrgenommen und genutzt. Dabei war die Brennnessel bereits im Altertum ein beliebtes Mittel gegen viele verschiedene Leiden. Bei Rheuma oder Gichtbeschwerden ließen etwa die alten Römer mit büscheln der Pflanze ihre Gelenke auspeitschen. Die Durchblutung wurde angekurbelt und die Schmerzen ließen nach. Die Griechen stellten aus den gepflückten Blättern durch die Zugabe von Salz Wundauflagen her. Sie half gegen Entzündungen und eitrige Wunden. Heutzutage wird die Brennnessel behandelt wie ein Unkraut. Dabei ist ihre Wirkung heute deutlich besser erforscht und wissenschaftlich belegt.
Die Pflanze Brennnessel
Die Brennnessel gehört zur Familie der Brennnesselgewächsen (Urticaceae) und wächst fast überall. Sie ist sehr zäh und rund um den Globus in den gemäßigten Klimazonen zu finden. Lediglich in den Tropen und in Regionen mit Permafrostböden kommt sie nicht vor. Sie wächst meist in Gruppen und bevorzugt auf nahrhaften und bearbeiteten Böden. Die Urtica dioica ist ein Gewächs mit einem mehrjährigen Wurzelstock. Sie wird bis zu eineinhalb Meter hoch. Der Pflanzenstängel ist aufrecht und wenig verzweigt. Der Stängel trägt eiförmige Blätter, die einen grob gezackten Rand haben. Es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Die weibliche Brennnessel trägt die kleinen weißen Blüten an ährenartigen Stielen, die nach unten hängen. Die männliche Pflanze trägt abstehende Blüten, die nur kurze Seitenzweige bilden. Die gesamte Pflanze ist mit Brennhaaren überzogen. Sie sorgen nach einer Berührung für das typische, unangenehme Brennen auf der Haut.
Früher wurde die Brennnessel auch zur Herstellung von Faserstoffen verwendet. Ihre Stängel sind widerstandsfähig und robust, sodass sie sich hervorragend als Fasern verwenden lassen.
Die Inhaltsstoffe der Brennnessel
Brennnesselblätter bestehen zu ein bis zwei Prozent aus Flavonoide (sekundäre Pflanzenstoffe; z.B. Blütenfarbstoff) und bis zu vier Prozent Silikate (Bestandteile der Kieselsäure). Außerdem sind Skopoletin und Sitosterin enthalten. Die Wurzel des Gewächses beinhaltet zusätzlich 0,1 % eines spezifischen Lektins, des sogenannten „Urtica dioica Agglutins“. Es regt in den Zellen Stoffwechselvorgänge an. Die Brennhaare der Brennnessel sind mit Histamin, Acetylcholin und Serotonin gefüllt und lösen die typische Hautreaktion aus. Die Pflanze ist reich an Eisen, Vitamin C, Kalium, Mangan, Calcium und Vitamin A.
Die Wirkung der Urtica dioica
Die Brennnesselblätter und das –kraut wirken entzündungshemmend und entwässernd. Dadurch wird die Nierenaktivität angekurbelt und die Harnausscheidung gesteigert. Diese Pflanzenbestandteile wirken daher nachweislich gegen Gicht, rheumatische Beschwerden und zur Vorbeugung gegen Nierengrieß. Die Brennnesselwurzel wirkt in erster Linie gegen Prostatabeschwerden. Die Wurzeln können bei der Therapie einer vergrößerten Prostata unterstützend angewandt werden, da sie die Symptome der Erkrankung erwiesenermaßen deutlich reduzieren können. Außerdem wirkt die Urtica dioica blutreinigend und stoffwechselfördernd. Auch die Kopfhaut profitiert von der Heilpflanze: Die Brennnessel kann gegen Haarausfall und Schuppen eingesetzt werden.
Da die Brennnessel harntreibend wirkt ist die Anwendung während der Schwangerschaft umstritten. Einerseits kann sie helfen Wassereinlagerungen abzutragen, andererseits kann sie dem Körper der Mutter und des Ungeborenen zu viel Flüssigkeit entziehen. Eine Anwendung sollte daher in jedem Fall mit einem Arzt abgesprochen werden.
Die Anwendungsbereiche der Brennnessel
Wegen ihrer harntreibenden Funktion kommt die Brennnessel vor allem in der Behandlung von Prostataleiden zum Einsatz. Bei Gicht und rheumatischen Beschwerden wirken sich die entzündungshemmenden Eigenschaften positiv auf das Wohlbefinden aus. Bei Allergien oder Hautunreinheiten kann Brennnesseltee das Hautbild verbessern.
Darreichungsformen der Brennnessel
Zur innerlichen Anwendung kann mit den frischen oder getrockneten Brennnesselblättern ein Tee aufgebrüht werden. Dazu drei bis vier Teelöffel klein gehackte Brennnessel mit 150 ml kochendem Wasser übergießen und nach zehn Minuten durch ein Sieb geben. Ein Tee kann sowohl aus dem Kraut, als auch aus den Wurzeln der Pflanze gebrüht werden.
Zur äußeren Anwendung kann man sich eine Tinktur aus Brennnessel und hochprozentigem Alkohol (aus der Apotheke) zusammenmischen. Die Tinktur muss einige Tage ziehen. Bereits wenige Tropfen entfalten die Wirkung der Inhaltsstoffe.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Bei der innerlichen Anwendung kann es zu Magen-Darm-Beschwerden kommen. Bei Ödemen durch eingeschränkte Herz- und Nierentätigkeit darf Brennnessel nicht verwendet werden! Während der Schwangerschaft sollte jede Verwendung mit einem Arzt abgesprochen werden.
Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.