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Nein sagen und Grenzen ziehen - bleib dir selbst treu!

Kommentar schreiben Aktualisiert am 10. Dezember 2019

Das ganze Leben besteht aus Entscheidungen. Dies betrifft genauso das „Nein sagen“. Wenn wir es nicht schaffen, zu etwas nein zu sagen, obwohl wir das nicht wollen, dann stehen wir nicht für uns ein. Es kann uns im privaten genauso wie im beruflichen Bereich betreffen. Wir ärgern uns vielleicht, sehen aber keine andere Option. Oder wir getrauen uns einfach nicht, weil wir uns danach schlecht fühlen. Wenn wir jedoch nicht zu uns selbst stehen und für unsere eigenen Interessen einstehen, dann werden wir unser Leben nicht so leben können wie wir uns das wünschen. Deshalb gilt es sich klar darüber zu werden, was wir wollen und wie wir deutlich unsere Grenzen setzen.

 

Warum fällt es uns so schwer, Nein zu sagen?

 

Die ersten Neins kamen von unseren Eltern oder Bezugspersonen. Weil sie nicht wollten, dass wir etwas Bestimmtes tun oder um uns zu schützen, verboten sie uns das eine oder andere. Danach kam die Trotzphase. Hier erfuhren wir selbst, wie die Umwelt mit unserem Nein umging. Wenn die Reaktion der Eltern häufig Ablehnung, Kritik oder Zurückweisung beinhaltet hat, dann wurden wir konditioniert, lieber ein gehorsames Kind zu sein. Vielleicht haben unsere Eltern uns auch vorgelebt, sich anzupassen und nicht negativ aufzufallen. Dadurch haben wir uns wahrscheinlich ihr angepasstes Verhalten abgeschaut und reagieren heute genauso.

 

Wir Menschen sind soziale Wesen. Unsere Angst vor dem verlassen werden oder nicht dazuzugehören kann uns dazu bringen, dass wir Angst vor negativen Konsequenzen haben. Lieber sagen wir dann ja, als abgelehnt zu werden.1

Gibt uns unser Körper Zeichen, wenn wir eigentlich Nein sagen wollen? Wenn ja, welche?

 

Meistens fühlen wir intuitiv, was für uns richtig ist. Wir haben dann ein komisches Gefühl in der Bauchgegend, wenn wir ja sagen. Genauso kann es sein, dass wir eine Anspannung im Körper fühlen. Die Körperhaltung, die Körperspannung und auch die Atmung kann sich verändern.

 

Vielleicht treten wir auch unbewusst einen Schritt zurück. Wir fühlen uns dann oft nicht wohl, wenn wir nicht für unsere eigenen Bedürfnisse eingestanden sind. Vielleicht ärgern wir uns auch und fühlen uns schlecht.


Warum „schadet“ es uns, wenn wir zu wenig Nein sagen?
 

Viele Menschen wissen nicht, wie sie ehrlich und authentisch „Nein“ sagen können. Schon in der Schule lernen die meisten, sich anzupassen und lieber auf die eigenen Bedürfnisse zu verzichten, als andere eventuell vor den Kopf zu stoßen und dadurch abgelehnt zu werden. Sie werden dazu angehalten, die innere Stimme zu überhören und brav das zu tun, was von ihnen verlangt wird, statt auf ihre wertvollen inneren Impulse zu hören und sich selbst zu vertrauen. Dadurch können sie sich nicht frei entfalten und ihren eigenen Weg gehen.2


Wie können wir profitieren, wenn wir öfter Grenzen ziehen?
 

Wenn wir immer mehr für unsere Interessen und für uns selbst einstehen, entsteht Selbstbewusstsein. Man traut sich viel im Leben zu. Ebenso wird man immer authentischer und steht für sich selbst und seine Bedürfnisse ein.

 

Mit der Zeit werden wir merken, dass wir uns persönlich verändern. Dadurch, dass wir selbst ja zu uns sagen und nein zu anderen, wird unser Selbstvertrauen steigen. Wir akzeptieren nicht mehr alles, was uns vorgesetzt wird, sondern gehen unseren eigenen Weg.

Wie können wir lernen, öfter Nein zu sagen?

 

Wir können zum Beispiel Seminare besuchen, wo konkrete Übungen oder Rollenspiele trainiert werden. Alternativ können wir uns zum Beispiel das Ziel setzen, den ganzen Tag zu Fragen nur nein zu sagen. Oder wir suchen uns eine bestimmte Situation aus und üben diese dann bewusst selbst oder mit jemand anderem ein. 

 

Es gibt natürlich auch verschiedene Möglichkeiten, wie man ein Nein formulieren kann.

 

  1. Einen alternativen Vorschlag machen: „Heute gehe ich nicht mit dir ins Kino, da ich Kopfschmerzen habe. Jedoch werde ich gerne mit dir nächste Woche diesen Film ansehen“. Dies zeigt dem anderen, dass er oder sie mir wichtig ist.
     
  2. Auf die eigenen Werte und Prinzipien verweisen. So weiß das Gegenüber, dass es grundsätzlich nichts mit ihm oder ihr zu tun hat.
     
  3. Dem anderen Empathie zeigen, um die Absage nicht so hart wirken zu lassen. zum Beispiel: „Ich verstehe dich, dass du gerade mit mir telefonieren möchtest. Ich bin jedoch selbst gerade am Limit. Ein anderes Mal gerne.“
     
  4. Die bessere Idee haben: Dem anderen eine bessere Lösung anbieten. Beispiel: „Ich kenne XY, der dir hier viel besser helfen kann als ich. Ich gebe dir die Telefonnummer.“ 3

 

Wie kann man generell lernen, sein Selbstbewusstsein und sein Durchsetzungsvermögen zu stärken?
 

Es hängt viel mit dem Selbstbewusstsein zusammen, ob wir uns getrauen nein zu sagen und dazu zu stehen. Wenn wir wissen, wie ein Mensch mit Selbstvertrauen auftritt, dann können wir das auch nachahmen.

Wir können andere fragen, ob sie uns als selbstbewusst sehen oder nicht. Oder wir können einen Text aufsprechen und dann unsere eigene Stimme anhören. Ist sie laut und bestimmt oder eher leise und ängstlich? Ein aufrechter Gang und ein fester Händedruck drücken Stärke aus. Dies kann man lernen.

 

Auch wenn wir uns das manchmal vornehmen, anders zu reagieren, ertappen wir uns dabei, dass wir immer wieder in die gleichen Muster fallen. Was können wir also tun?

Letztendlich werden wir das Nein sagen nur beherrschen, wenn wir es im Vorfeld öfters üben. Dann sind wir gewappnet, in bestimmten Situationen so zu reagieren, wie wir uns das wünschen.4

Worauf müssen wir achten, wenn wir Nein sagen, damit wir der Beziehung zu unserem Gegenüber nicht schaden?
 

Wichtig ist erstmal zu wissen, dass wir es nicht allen Menschen Recht machen können. Wenn wir zu oft ja sagen, dann kann das damit zusammenhängen, dass wir von allen geliebt und akzeptiert werden wollen. Sobald wir nun beginnen, öfters Nein zu sagen, ist es möglich, dass andere negativ darauf reagieren. Zum Beispiel können sie sagen: „So kenne ich dich gar nicht.“ „Das finde ich jetzt aber nicht gut.“ Mit dieser Reaktion gilt es umzugehen.

 

Höflichkeit ist immer ein gutes Konzept, um dem anderen die eigene Meinung mitzuteilen. Zum Beispiel könnte man sagen: „Es tut mir leid. Ich habe darüber nachgedacht, jedoch habe ich hierfür keine Zeit. Vielleicht ein anderes Mal.“ Oder: „Ich bitte dich um Verständnis, dass es mir nicht möglich ist, diese Aufgabe zu übernehmen.“
 

Freundschaften und Partnerschaften sollten es aushalten, dass man ehrlich miteinander umgeht. Die Grundlage für die Kommunikation ist sich deutlich und klar auszudrücken, was man möchte und wo die eigenen Grenzen liegen.5  

Wie finden wir heraus, wo unsere eigenen Grenzen liegen?
 

Nicht immer sind uns unsere persönlichen Grenzen bewusst. Vor allem, wenn wir im Stress sind oder uns überfordert fühlen. Meistens spüren wir sie nur dann, wenn sie verletzt wurden.

 

Um herauszufinden wo ihre persönlichen Grenzen liegen, können Sie sich selber folgende Fragen stellen:
 

  • Akzeptiere ich das gerade, was passiert?
  • Durch welche Handlungen oder Worte fühle ich mich von anderen Menschen verletzt?
  • Wann habe ich das Gefühl, mich verteidigen zu müssen?
  • Wann fühle ich mich hinterher schlecht, weil ich etwas getan habe, was ich nicht wollte?

 

Wenn Sie mehr Klarheit für sich wollen, dann überlegen Sie, welche Situationen es in ihrem Leben gibt, wo Sie Ihre Grenzen durch andere überschritten sehen. Dann haben Sie die Möglichkeit, zukünftig anders darauf zu reagieren.
 

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Christine Riemer-Mathies
Autor: Christine Riemer-Mathies

Christine Riemer-Mathies ist Psychologische Beraterin, Coach für Persönlichkeitsentwicklung, Zielerreichung und Beziehungsthemen sowie Ernährungsberaterin. Seit über 10 Jahren hält Sie Vorträge und Seminare zur Verbesserung der Lebensqualität und schreibt für diverse Blogs. Als Methoden setzt sie im Life-Coaching Gespräche und Beratung, Systemische Aufstellung, Klopfakupressur sowie die BILDERN-Methode ein. Außerdem bietet sie Online Seminare auf der Plattform edudip an. Weitere Informationen: www.lebensfreudefinden.de

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