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Apnoe-Tauchen mehr als ein Trendsport?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 05. September 2018

Abtauchen ohne Sauerstoffgerät. Das sogenannte Apnoe-Tauchen gewinnt immer mehr an Beliebtheit. Aber es birgt auch potenzielle gesundheitliche Risiken, welche insbesondere Freizeit-Taucher und Anfänger unterschätzen und sich nur selten bewusst werden. Mehr zum Trendsport Apnoe-Tauchen im folgenden Beitrag.

 

Was ist Apnoe-Tauchen?

 

Das Wort „Apnoe“ kommt aus dem griechischen Sprachgebrauch und bedeutet übersetzt „Nicht-Atmung“ oder auch „Atemstillstand“.  Apnoe-Tauchen ist das Abtauchen ohne Sauerstoffgerät – für den Tauchgang nutzt der Taucher den letzten tiefen Atemzug, um dann ohne Luft zu tauchen; der Zeitpunkt des Luftanhaltens wird hier als Apnoe bezeichnet. Der letzte Atemzug wird somit zum Luftvorrat für den Tauchgang benutzt. Trainierte Sportler können in den Tiefen von sogar mehr als 200 Meter tauchen und sogar Tauchgänge von sieben bis acht Minuten ohne Luft sind ohne Hilfsmittel bei den sogenannten Freitauchern möglich. Was an ein Wunder grenzt und nicht vorstellbar scheint, ist dennoch trotz allem möglich und doch medizinisch nicht zu erklären. Extremsportler, das heißt hochtrainierte Ausnahmeathleten, gelingt es, das Unmögliche möglich zu machen. Der aktuelle Rekordhalter im Freitauchen ist Herbert Nitsch, der auch „Tiefster Mann der Welt“ genannt wird, weil er es geschafft hat, 214 Meter ohne Sauerstoff tief zu tauchen. Aber Vorsicht ist geboten! Zwischen Weltrekord und Überlebensrisiko ist ein schmaler Grat. Bei seinem Versuch den 214 Meter tiefen Tauchgang zu überbieten, erlitt der Apnoetaucher Nitsch eine schwere Dekompressionskrankheit aufgrund der Einwirkung von Überdruck bzw. zu schneller Druckentlastung beim Auftauchen. Ganz ohne Equipment zu tauchen kann zwar verlockend sein und begeistern, beim Freediving die ungestörte Stille der Unterwasserwelt kennen zu lernen, aber das Tauchen mit der eigenen Atemluft will gelernt sein! Gerade als Anfänger sollte man den Einstieg ins Apnoetauchen nicht unterschätzen und bewusst lernen, denn kleine Fehler und das Nichtwissen, diese begehen zu können, können im schlimmsten Fall tödlich enden.

 

Apnoe-Tauchen: Techniktraining unter Beobachtung

 

Wer das Apnoe-Tauchen für sich entdecken möchte, muss zuerst die bewusste Atmung und den Umgang mit dem eigenen Atemreiz erlernen. Unter Beobachtung eines Trainingspartners – ganz wichtig nämlich: Niemals alleine trainieren! – werden die Anzeichen eines beginnenden Sauerstoffmangels erlernt und in einem speziellen Techniktraining das Schwimmen unter Wasser ausgeübt. Von besonderer Wichtigkeit ist Ruhe zu bewahren, zu erfahren und zu erkennen, denn der Sauerstoffverbrauch der Herzmuskulatur nimmt zu, wenn man sich aufregt, sodass Entspannungstechniken Bestandteil des Apnoetrainings sind und nötig sind, um den Körper auf Sparflamme mit so wenig Sauerstoff wie möglich, aber noch so viel Sauerstoff wie nötig zu versorgen. 20 Prozent der Körperenergie und 15 Prozent des Sauerstoffs verbraucht das Gehirn. Beim Freitauchen ist es also von Vorteil, wenn man vor dem Abtauchen entspannt ist. Auch sollte man als Anfänger nicht in Versuchung kommen, zu hyperventilieren: Kurze, schnelle Atemzüge vor dem Abtauchen können zwar den physiologischen und überlebensnotwendigen Atemreflex nach hinten verzögern, weil durch die Hyperventilation der Kohlendioxidgehalt im Blut abgesenkt wird und eine darauf im Folgenden Verschiebung des pH-Wertes des Blutes für einen verzögerten Atemreiz verantwortlich ist, aber die Leistungsfähigkeit nimmt dadurch nicht zu. Vielmehr kann es dadurch passieren, dass eine Ohnmacht droht. Denn besonders als Anfänger läuft man Gefahr, von der meist plötzlichen und ohne Vorwarnung eintretenden Ohnmacht überfallen zu werden. Lange und entspannte Atemzüge vor dem Tauchgang sind mehr zu empfehlen; das Ausatmen solle am besten doppelt so lange dauern wie das Einatmen.

 

Von Schwimmbad-Blackout bis Trommelfellruptur

 

Den Atemreiz über einen längeren Zeitraum unterdrücken zu können ist im Normalfall ohne Training und Übung kaum möglich. Auch gesundheitliche Risiken sind beim Apnoe-Tauchen zu berücksichtigen: Sofern es zu einer Bewusstlosigkeit des Tauchers beim Streckentauchen oder dem Tauchgang unter Zeit kommt, spricht man vom sogenannten Schwimmbadblackout. Durch die Strecke, die man beim Tauchen zurück gelegt hat, hat man auch durch die eingesetzte Muskelkraft vermehrt Sauerstoff verbraucht und Kohlendioxid produziert. Ein Atemreiz setzt dann ein, wenn die kritische Schwelle unterschritten wird, das heißt wenn ein Sauerstoffmangel des Gehirn vorliegt – eine zuvor durchgeführte Hyperventilation verlängert den Atemreiz, sodass es dazu führen kann, dass der Taucher relativ schnell und plötzlich das Bewusstsein verliert, wenn es zu einem Sauerstoffmangel kommt. Ein Einatemreflex, der unter Wasser zum Einatmen von Wasser führt, setzt ein und das Ertrinken droht. In Übungen, also beim Apnoe-Training wird der Übende von einem Partner überwacht und darauf geachtet, dass nie hyperventiliert wird. Beim Auftreten eines Schwimmbad-Blackouts ist der Betroffene sofort an den Beckenrand zu holen und bei Atemstillstand mit Wiederbelebung zu beginnen.

Ein weiteres Risiko ist die Flachwasserbewusstlosigkeit, die paradoxerweise beim Tauchen in Tiefen stattfinden kann. Folgendes Prozedere ist beim Abtauchen ohne Sauerstoffgerät zunächst zu erläutern: Brustkorb und Lunge werden beim Abtauchen zusammengedrückt, folglich kommt es zu einer Erhöhung der Teildrücke der Atemgase und einem verstärkten Übertritt von Sauerstoff ins Blut. Wenn schließlich der Atemreiz zum Auftauchen eintritt kommt es zum Abfall der Partialdrücke in der Lunge und einem dramatischen Sauerstoff-Partialdruck Abfall. Kurz vor dem unmittelbaren Erreichen der Oberfläche kann dieser sogar so niedrig sein, dass das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt ist und der Taucher noch vor dem Auftauchen das Bewusstsein verliert und wieder absinken kann.

Gesundheitliche Bedenken beim Apnoe-Tauchen entstehen auch, wenn es hierbei zu einem Dekounfall (einem Dekompressionsunfall) kommt, ein Phänomen, welches auch als Taravana bezeichnet wird: Durch mehrfaches Tieftauchen von mehr als 15 Metern entsteht eine stetige Aufsättigung mit Stickstoff, die zu Überspannungen von Stickstoff in den Geweben führen kann.

Als Freitaucher sollte man sich der Konsequenz mit der Hyperventilation, der Möglichkeit eines Blackouts sowie der Deko-Problematik bewusst sein. Es ist wichtig, niemals ohne „Buddy“ zu tauchen, also immer zu zweit unterwegs zu sein, um derartige Unfälle minimieren zu können. Als Solotaucher werden unnötige Risiken eingegangen, die nicht zustande kommen können, wenn bei Problemen oder einer Bewusstlosigkeit der Partner Hilfeleistung bieten kann.

 

Gesundheitliche Voraussetzungen wie körperliche Fitness, gesunde Ohren, keine kardiovaskulären Vorerkrankungen sowie Erkrankungen der Lunge sind für die Tauchtauglichkeit und die Teilnahme am Training für das Apnoe-Tauchen mitzubringen, um ins Freitauchen einsteigen zu können. Natürlich sollte die Fähigkeit, schwimmen zu können, nicht außer Acht gelassen werden. Tauchen mit angehaltenem Atem kann auch Sport sein!

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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