Richtig handeln in der Notsituation: Erste-Hilfe-Tipps
Ein Erste-Hilfe-Kurs ist vor der Führerscheinprüfung Pflicht. In Deutschland steht er bei den Schulen häufig auf dem Lehrplan, aber danach bilden sich nur die Wenigsten in Sachen Erste-Hilfe weiter. Bei vielen Erwachsenen ist der Kurs, in dem die im Notfall lebensrettenden Handgriffe gezeigt und selbst geübt werden, bis zu 15 Jahre her. Kein Wunder also, dass in Deutschland die Scheu vor dem Eingreifen in einer Notsituation groß ist. Doch wer ein paar Regeln beachtet, braucht keine Angst davor zu haben etwas falsch zu machen. Denn: Der einzige Fehler ist es, gar nichts zu unternehmen.
Eine Notsituation trifft schneller ein als gedacht: Ob es nun ein Autounfall auf der Landstraße ist oder eine Person im Bus ohnmächtig zusammen klappt. In jeden Fall sind die Betroffenen auf die Hilfe von Anwesenden angewiesen. Jeder, der zu einer Unfallstelle kommt oder einer hilfebedürftigen Person begegnet, ist Ersthelfer und somit auch rechtlich zur Hilfe verpflichtet. Natürlich handelt es sich um eine Ausnahmesituation, die einen vor eine Herausforderung stellt. Deshalb lautet die erste Regel auch Ruhe bewahren.
Für die folgenden Aktionen zur Ersten-Hilfe empfiehlt das Deutsche Rote Kreuz das Vorgehen nach der HELD-Regel. Sie besagt:
H - Hilfe rufen
E - Ermutigen und Trösten
L - Lebenswichtige Funktionen (Herzschlag und Atmung) überprüfen
D - Decke überlegen
Sind Sie an einer Unfallstelle der erste Helfer, müssen Sie sich vor dem Absetzen des Notrufes einen groben Überblick verschaffen. Wenn Sie den Notruf 112 gewählt haben, müssen Sie Fragen wie „Wie viele Personen sind verletzt? Wo ist die Unfallstelle? Gibt es Bewusstlose?“ beantworten. Außerdem ist es wichtig das Telefonat nicht einfach zu beenden, sondern auf Rückfragen der Notrufstelle zu warten. In der Stadt dauert es im Durchschnitt 8 Minuten bis ein Krankenwagen oder ein Notarzt an der Unfallstelle ist, auf dem Land vergehen bis zu 20 Minuten.
Größter Fehler: Nichts tun
In den ersten Minuten entscheidet sich, wie gut die Chancen für den Verletzten stehen. Ist der Betroffene bewusstlos, muss die Atmung überprüft werden. Dazu den Verunfallten flach auf den Rücken legen, den Kopf etwas nach hinten strecken und mit der Wange und dem Ohr so nahe an Mund und Nase gehen, dass Atemgeräusche hörbar wären. Zusätzlich kann man den Brustkorb beobachten: Hebt und senkt er sich rhythmisch, ist er bewusstlos, aber muss nicht reanimiert werden. Dann gilt es, die Person in die stabile Seitenlage zu bringen, damit sie nicht an der eigenen, erschlafften Zunge erstickt oder eventuell Erbrochenes in die Luftröhre bekommt.
Atmet der Verunglückte nicht, muss umgehend mit der Wiederbelebung begonnen werden. Dazu eine Hand flach auf das Brustbein legen, die andere darauf platzieren, die Finger umschließen und mit viel Druck rhythmisch den Brustkorb „massieren“. Dabei handelt es sich weniger um eine Massage, der Brustkorb muss bis zu fünf Zentimeter in Richtung der Wirbelsäule eingedrückt werden. Pro Sekunde sollte zwei Mal Druck ausgeübt werden. Diesen Vorgang 30 Mal wiederholen.
Herzdruckmassage und Beatmung: Verhältnis 30:2
Nach den 30 Wiederholungen muss der Patient beatmet werden. Dazu den Kopf leicht nach hinten drücken, die Nase mit zwei Fingern zudrücken, tief Luft holen und die Lippen auf den Mund der bewusstlosen Person legen. Dann eine Sekunde lang ausatmen. Dieser Vorgang muss zwei Mal wiederholt werden. Bei der Ersten-Hilfe gilt: Kein Helfer muss sich selbst in Gefahr bringen. Ist die Person im Gesicht blutverschmiert oder besteht durch die Beatmung ein anderes Risiko für den Helfer, reicht es die Herzdruckmassage durchzuführen bis die Rettungskräfte eintreffen.
Erste-Hilfe: Schwere Blutungen stillen
Kommen Sie an einen Unfallort mit schwer blutenden Personen ist es wichtig, die Blutung schnellstmöglich zu stillen. In jedem Kraftfahrzeug muss sich ein vollständiger Verbandskasten befinden. Mit einem sterilen Tuch können Sie kräftig auf die blutende Wunde drücken. Dabei gilt: Eigenschutz geht vor. Tragen sie Einweghandschuhe um sich nicht mit ansteckenden Krankheiten zu infizieren. Ein Druckverband aus einer sterilen Wundauflage und Mullbinden kann die Blutung der Verletzung stoppen. Färben sich Gliedmaßen oder Körperstellen nach dem Anlegen des Druckverbandes blau, ist er zu fest.
Gebrochene Gliedmaßen müssen bis zum Eintreffen der Rettungsmannschaft ruhiggestellt werden. Dazu können Sie Jacken, Kissen, Decken oder ähnliches verwenden, indem sie diese um den Bruch platzieren und das Bein oder den Arm so leicht schienen. Größere Fremdkörper sollten nicht entfernt werden, da dieser Vorgang die Blutung nur verschlimmern würde. Das übernehmen dann die Einsatzkräfte oder die behandelnden Ärzte im Krankenhaus.
Abgetrennte Körperteile: Kühlen und Wunde versorgen
Wurde bei einem Unfall ganze Körperteile wie Finger oder ein Arm abgetrennt, müssen diese in eine dichte Tüte verpackt und anschließend gekühlt werden. An erster Stelle für den Erst-Helfer steht aber die Versorgung der Wunde am Patienten. Das abgetrennte Teil nicht säubern oder waschen, sondern gekühlt den Spezialisten übergeben.
Schock und Kreislaufversagen: Personen richtig lagern
Auch wenn es augenscheinlich keine größeren Verletzungen gibt, kann die Ausnahmesituation zu einem Kreislaufversagen führen. Zu den Symptomen zählt kalte und blasse Haut, kalter Schweiß, Schwindel, Übelkeit und ein sehr langsamer oder auch sehr schneller Puls. Sind keine schweren Verletzungen vor allem im Brust und Wirbelsäulenbereich festzustellen, sollte der Betroffene auf den Rücken gelegt und die Füße angehoben werden. Dadurch gelangt genügend Blut in das Gehirn, sodass eine Ohnmacht eventuell verhindert werden kann.
Notfall: Herzinfarkt
Eine nicht so drastische Situation und dennoch lebensgefährlich: der Herzinfarkt. Beklagt sich eine Person in ihrem Umfeld über starke Schmerzen in der Brust, sollten sie einen Rettungswagen verständigen. Viele Leute versuchen die Schmerzen herunter zu spielen oder wollen auf eigene Faust ins Krankenhaus fahren. Im Falle eines Herzinfarktes ist das ein Fehler, denn je schneller das verschlossene Blutgefäß wieder eröffnet werden kann, desto besser sind die Chancen des Patienten. In dieser Situation sollten sie lieber einmal zu viel den Rettungswagen rufen als einmal zu wenig.
Wichtig für Ersthelfer: Die eigene Sicherheit geht vor
Egal in welcher Situation Sie sich befinden, Ihre eigene Sicherheit geht vor. Wenn Sie sich durch unvorsichtiges Einschreiten selbst verletzen, können Sie niemandem mehr helfen. An viel befahrenen Straßen und Autobahnen gilt es daher zuerst die Unfallstelle zu sichern. Tragen Sie eine Warnweste und nähern Sie sich dem Unfallort hinter der Leitplanke. Parken Sie ihren Wagen an einer sicheren Stelle, denn: Häufig kommt es zu Folgeunfällen.
Auch wenn der Erste-Hilfe-Kurs mehrere Jahre oder Jahrzehnte zurück liegt: Jeder kann Hilfe rufen und den Betroffenen beistehen. Suchen Sie Körperkontakt, reden Sie beruhigend auf die Betroffenen ein und ganz wichtig, bleiben Sie vor Ort bis die Sanitäter oder der Notarzt eintreffen. Um Unterkühlungen vorzubeugen, können Sie die Verunglückten mit einer Decke oder der Rettungsfolie aus dem Verbandskasten zudecken.
Vor rechtlichen Schwierigkeiten für den Fall, das doch einmal etwas schief geht, brauchen sich Ersthelfer nicht zu Sorgen. Sie sind durch verschiedene Versicherungen geschützt und brauchen keine Konsequenzen zu fürchten.
Wer im Ernstfall richtig handeln und gut vorbereitet sein möchte, sollte alle drei bis fünf Jahre einen eintägigen Erste-Hilfe-Kurs belegen und sein Wissen auffrischen. Denn wer regelmäßig übt, der kann im Notfall eingreifen ohne lange nachzudenken und so Leben retten.
Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.