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Schau mir in die Augen, Kleines! – Heterochromie und Ihre Bedeutung

Kommentar schreiben Aktualisiert am 26. November 2019

Ein tiefer Blick in die Augen kann Besonderes offenbaren: Zwei Augen, das eine braun, das andere blau. Was dem einen wie ein Makel erscheint, ist für andere ein Markenzeichen. David Bowie und Kate Bosworth sind nur zwei von vielen Berühmtheiten, deren Augen unterschiedliche Farben aufweisen. Doch wie entsteht eine solche Auffälligkeit? Ist die Heterochromie angeboren oder handelt es sich um ein ernsthaftes gesundheitliches Problem?

 

Wie entsteht die Augenfarbe eines Menschen?

 

Um zu verstehen, wie eine Heterochromie entsteht, ist es sinnvoll zu wissen, welche Faktoren die Farbe unserer Augen beeinflussen. Die meisten Neugeborenen in unseren Breiten besitzen blaue Augen. Doch wie wir wissen, bleibt das nicht so. Aber wenn die Augenfarbe vererbt wird, warum verändert sie sich dann im Laufe der Zeit? Der Grund hierfür ist das Farbpigment Melanin, welches sich hinter der Regenbogenhaut im Auge befindet. Je nach genetischer Veranlagung sind unterschiedlich viele dieser Pigmente vorhanden. Viel Melanin färbt die Augen von grün bis hin zu braun. Ist die Konzentration des Melanins dagegen gering, bleibt die Augenfarbe im Laufe des Lebens blau.

 

Ab dem sechsten Lebensmonat beginnen die Pigmentzellen die Farbe der Augen zu verändern. Diese Farbbildung kann schnell vollzogen sein, dauert bisweilen jedoch bis in das sechste Lebensjahr hinein. Berichten zufolge kann die Farbänderung einzelner Augen in einzelnen Fällen ein Leben lang vorkommen.1

 

Und in der Natur geschieht nichts ohne einen Sinn. Melanin schützt die Augen vor einer zu hohen Dosis an Sonnenstrahlen. So ist in Ländern mit einer erhöhten UV-Belastung durch das Sonnenlicht die Augenfarbe dunkler. In Nord- und Mitteleuropa finden sich dagegen auffällig viele Menschen mit blauen Augen.

 

Was ist Heterochromie?

 

Die Entstehung der Augenfarbe ist damit geklärt. Doch welche Laune der Natur ist für zwei unterschiedliche Augenfarben verantwortlich? Die Heterochromie wird in der Medizin anhand ihrer Merkmale oder der Ursachen des Entstehens unterteilt. Das sichtbare Zeichen ist die Verschiedenfarbigkeit der Augenfarbe, welche gleichzeitig das wichtigste Unterscheidungskriterium darstellt.

 

  • Zentrale Heterochromie: Auffällig bei der zentralen Heterochromie ist ein von der Mitte des Auges (Iris) ausgehendes mehrfarbiges Muster. Diese Erscheinung wird auch Katzenauge genannt.

 

  • Sektorale Heterochromie: Ist nur ein Teil (Sektor) der Iris andersfarbig spricht man von einer sektoralen Heterochromie. Dies stellt sich meist als Keil dar, der wie ein Tortenstück von der Pupille zum Rand des Auges reicht.

 

  • Vollständige Heterochromie: Besonders markant ist die vollständige Heterochromie. Zwei vollkommen andersfarbige Augen! Das ist vor allem dann verblüffend, wenn das eine Auge braun und das andere blau ist.

 

Wie entsteht die Heterochromie?

 

Heterochromie darf nicht generell als eine Krankheit begriffen werden. Wenn von einer Heterochromie simplex die Rede ist, so meint dies eine willkürliche, angeborene Anomalität. Ein krankhaftes Risiko geht von dieser Form nicht aus. Heterochromie kann aber in anderen Fällen Ausdruck einer ernsthaften Erkrankung sein. Deshalb sollte eine augenärztliche Untersuchung durchgeführt werden.

 

Erworbene Heterochromie

Die Veränderung der Farbe eines einzelnen Auges ist aufgrund einer Vielzahl unterschiedlicher äußerer Einflüsse möglich. 

Mechanische Belastungen aufgrund einer Verletzung, einer Operation oder eines Tumors sind eher selten, können aber vorkommen. Ebenso stehen Medikamente, welche primär zur Behandlung des Glaukoms verwendet werden (Latanoprost) im Verdacht, die Pigmentierung einseitig zu stören.

Latisse soll die Wimpern ohne Mascara wachsen lassen und wird außerdem mit der Entstehung einer Heterochromie in Verbindung gebracht. 

 

Infektionskrankheiten

Die häufigste erworbene Ursache sind entzündliche Krankheitsgeschehen. Meist ist davon die Regenbogenhaut (Iris) betroffen, was zu einer Schädigung des Pigmentepithels führen kann. Ist lediglich ein Auge betroffen, spricht man von einer Iris-Heterochromie.

 

Fuchs-Uveitis-Syndrom

Auslöser können Autoimmunerkrankungen ebenso wie Keime, beispielsweise Borrelien oder Herpesviren, ebenso sein. Offensichtlich ist die Fuchs-Uveitis mit einem gehäuften Auftreten des Grauen Stars verbunden, was die Entstehung des Grünen Stars nach sich ziehen kann. Differenzialdiagnostisch wichtig ist die Tatsache, dass bei dieser Form der Heterochromie das betroffene Auge heller erscheint.

 

Erkrankungen des Nervus sympathicus

Auch eine Störung des vegetativen (unwillkürlichen) Nervensystems kann eine einseitige Farbänderung der Regenbogenhaut hervorrufen, da es unter anderem eine wichtige Funktion bei der Pigmentierung der Iris besitzt. 

 

Erblich bedingt

Die einseitige Depigmentierung findet ihre Ursache bisweilen in einer erblichen Veranlagung. In diesem Zusammenhang wird das Waardenburg-Syndrom am häufigsten benannt. 

Verantwortlich für die veranlagte Heterochromie sind unterschiedliche Orte auf den Erbinformationen (Genen).

 

Veränderungen an diesen Genen führen zu unterschiedlichen Ausprägungen des Waardenburg-Syndroms. Im Wesentlichen lässt sich diese Krankheit durch die Heterochromie, einer Gesichtsmissbildung und einer Schwerhörigkeit charakterisieren.2

 

Beim sogenannten Waardenburg-Shah-Syndrom liegt eine Kombination des Waardenburg-Syndroms mit dem Morbus Hirschsprung zugrunde. Leitsymptom sind hier eine Heterochromie sowie eine chronische Verstopfung, welche vorwiegend im Kindesalter auftritt.3

Eine veranlagte Variante der Heterochromie stellt der Piebaldismus dar. Symptomatisch hierfür sind weiße Flecken im Gesicht und am Hals und Oberkörper, sowie eine weiße Stirnlocke.4

 

Wie viele Menschen haben Heterochromie?

 

Bei genauem Hinsehen kann man relativ häufig eine sektorale oder zentrale Iris-Heterochromie entdecken. Sehr selten dagegen wird man einer kompletten Heterochromie begegnen. Nur in vier von einer Million Fällen kommt es zu dieser unkomplizierten angeborenen Auffälligkeit.

Wenn auch selten, so werden dennoch jährlich über 170 Kinder mit einer Form des Waardenburg-Syndroms geboren.

Die infektionsbedingte Fuchs-Uveitis hat allenfalls eine statistische Bedeutung (1/1.000.000).5

 

Grundsätzlich sind Menschen mit einer geringeren Konzentration von Irispigmenten eher gefährdet, Störungen am Auge zu entwickeln. Menschen in Ländern mit einer stärkeren Intensivität an UV-Strahlen und mehr Sonnenstunden sind von der Natur mit einer höheren Anzahl an Pigmentzellen ausgestattet. Sie sind somit vor Schädigungen besser geschützt, als Personen weit nördlich oder südlich des Äquators.

Hinsichtlich der Verteilung von Heterochromie lässt sich sagen, dass statistisch gesehen Frauen häufiger betroffen sind. Über eine unterschiedliche Verteilung der Heterochromie aus geografischer Sicht gibt es aber keine Berichte.

 

Kann Heterochromie die Gesundheit beeinträchtigen?

 

Handelt es sich um eine Heterochromia simplex ist davon auszugehen, dass keine weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Da es sich bei einer Ungleichheit der Augenfarbe immer um ein Symptom handelt, muss die Ursache durch einen Facharzt abgeklärt werden. Dies wird insbesondere dann dringend, wenn sich erste Sehstörungen eingestellt haben.

 

In der Folge einer Infektion kann es zu einer Trübung der Linsen kommen. Auch eine unterschiedliche Pupillenweite wird im Verlauf einer einseitigen Pigmentstörung beobachtet. Bei einer infektionsbedingten Heterochromie ist eine ursachenbezogene Behandlung maßgeblich.

 

Begleiterscheinungen bei der Fuchs-Uveitis, wie eine Schrumpfung der Iris oder eine Ausweitung der Infektion auf die Ziliarkörper (dienen der Aufhängung der Linse) sind unbedingt behandlungsbedürftig.

Eine entsprechende antibiotische oder antivirale Therapie führt meist rasch zum Erfolg. Wird eine Behandlung zu spät begonnen, können Sehschwächen mit einer Brille ausgeglichen werden.

 

Erbliche bedingte Pigmentstörungen des Auges sind ursächlich nicht behandelbar. Hier muss eine symptombezogene Behandlung durchgeführt werden, um die Lebensqualität zu verbessern und langfristig zu erhalten.

 

Zwei farblich unterschiedliche Augen mögen beim einen ein besonderes Persönlichkeitsmerkmal sein, andere jedoch empfinden ihre Andersartigkeit als belastend. Gerade Kinder stehen körperlichen Auffälligkeiten bisweilen mit einer Naivität gegenüber, was bei den Betroffenen zu psychischen Problemen bis hin zu Depressionen führen kann.  

Ein offenes Verhältnis zur Unterschiedlichkeit von Menschen kann ein hilfreicher Ansatz zum selbstbewussten Umgang mit der Heterochromie sein.

 

Mit welchen anderen Symptomen kann Heterochromie einhergehen?

 

Wird eine Differenz im Durchmesser der beiden Pupillen festgestellt, handelt es sich vielleicht nur um eine unkomplizierte Begleiterscheinung der Heterochromie, welche behandelbar ist. Diese Anisokorie genannte Erkrankung des Auges kann allerdings auch der Ausdruck schwerwiegender Erkrankungen, wie dem Horner-Syndrom oder einem erhöhtem Hirndruck sein.6,7

Liegt eine Heterochromie vor, muss differenzialdiagnostisch vor allem bei Neugeborenen mit einer chronischen Verstopfung an einen Megakolon gedacht werden. Dieses, auch Morbus Hirschsprung benannte, Syndrom ist auf fehlende Nervenzellen im Darm zurückzuführen. Unbehandelt führt dies innerhalb weniger Tage zum Tod.8

 

Welche weiteren medizinischen Phänomene können zu unterschiedlich gefärbten Körperstellen führen?

Symmetrie und Gleichmäßigkeit sind ein wesentlicher Bestandteil, wenn wir die Attraktivität eines Menschen beurteilen.9

Dies mag ein Grund sein, warum unsymmetrische Veränderungen, wie sie die Iris-Heterochromie verkörpert, besonders ins Auge fallen und gleichermaßen Verblüffung und Unsicherheit hervorrufen. Ebenso können fleckige asymmetrische Hauterscheinungen Beklemmungen und Ängste bei uns Menschen hervorrufen.

 

Pigmentstörungen der Augen und Haut können in ihrer Ausprägung sowohl einer Entfärbung der Haut gleichkommen (Hypopigmentierung), als auch durch eine Überproduktion von Melanin verursacht werden (Hyperpigmentierung).

 

Hyperpigmentierung

Schwangerschaftsmaske

Ein Phänomen, welches in der Schwangerschaft nicht selten zu beobachten ist, nennt sich Melasma oder Chloasma. Ursache dafür ist ein erhöhter Östrogenspiegel. Ebenso kann die Einnahme von hoch dosierten östrogenhaltigen Verhütungsmitteln (Pille) zu dieser Hyperpigmentierung führen. Meist erscheint diese in Form von großflächigen dunklen Flecken im Gesicht. Mit der Entbindung bzw. dem Absetzen der Pille verblasst diese maskenartige Hautverfärbung dann wieder.

Sommersprossen

Menschen mit wenig Melanin sind hellhäutig mit blondem bisweilen sogar rotem Haar. Normale Melanozyten produzieren bei starker UV-Einstrahlung im Sommer vermehrt Melanin. Dieses tritt, lokal insbesondere an sonnenexponierten Stellen auf der Haut in Form von Sommersprossen zutage. Menschen mit Sommersprossen besitzen aufgrund ihrer Veranlagung weniger Schutz vor Sonne und sollten entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen.

Muttermale

Im Gegensatz zu Sommersprossen sind Muttermale angeboren. Überwiegend der schwarze Hautkrebs (Melanom) hat seinen Ursprung häufig in diesen, Leberfleck genannten Hautmalen. Daher empfiehlt sich eine regelmäßige Überwachung.

Altersflecke

Mit dem Älterwerden zeigen sich auf Hautstellen, welche vielfach der Sonne ausgesetzt waren, sogenannte Altersflecke. Obwohl sie meist harmlos sind, sollten sie, ähnlich wie die Muttermale, unter Beobachtung bleiben.

 

Hypopigmentierung

Ein teilweiser oder vollständiger Verlust der Pigmentierung ist meist ungefährlich. Dennoch sollte diese Hypopigmentierung von einem Arzt begutachtet werden. 

Die Weißfleckenkrankheit - Vitiligo

Augenfällig ist bei diesem Krankheitsbild eine wahllos über den Körper verteilte, vollkommene Entfärbung der Haut. Weltweit leidet etwa ein Prozent an dieser nicht ansteckenden Erkrankung.10

Das Wissen um die Entstehung der Weißfleckenkrankheit ist noch nicht vollständig erforscht. Eine Rolle dürfte zu etwa einem Drittel eine erbliche Veranlagung spielen.11

Ebenso wird die These einer autoimmunen Ursache diskutiert. Verantwortlich für die Schädigung der pigmentbildenden Zellen können dabei Antikörper gegen Bestandteile dieser Melanozyten sein.12

Kleienflechte

Ein Pilz aus der Gattung Malassezia ist für die weit verbreitete Kleienflechte verantwortlich. Der Kleiepilz ist auf der Haut beinahe aller Menschen beheimatet. Stresssituationen, Immunschwäche oder vermehrtes Schwitzen kann das Krankheitsbild mit dem Namen Pityriasis versicolor hervorrufen. Dabei sind regelmäßige ineinanderfließende Flecken von braun-roter bis weißer Farbe (versicolor = unterschiedliche Farbe) charakteristisch. Diese sind jedoch nicht auf eine Pigmentstörung zurückzuführen. Der Pilz selbst bildet ein bräunlich bis rotes Pigment, welches bei Sonneneinstrahlung die eigene Pigmentierung der Haut unterbindet sowie ungebräunte weiße Flecken hinterlässt.

 

Andere Verfärbungen

Gelbsucht

Verfärben sich die Haut und die Skleren (weiße Lederhaut im Auge) gelb, ist dies ein untrüglicher Hinweis auf eine Erkrankung der Galle oder Leber. Da dieser Gelbsucht (Ikterus) durchaus lebensbedrohliche Ursachen zugrunde liegen können, ist der Gang zum Arzt zwingend notwendig.

Pseudozyanose

Wenn sich die Haut grau bis bläulich verfärbt und aber kein verminderter Sauerstoffgehalt im Blut vorliegt, können Ablagerungen unterschiedlicher, körperfremder Pigmente ursächlich sein. Zuständig für solche Pseudozyanosen sind neben Medikamenten und Farbstoffen (Lebensmittel, Textil) vor allem Metalle. Gold, Silber und allen voran Krankheiten, bei denen sich Eisen im Gewebe ablagert (Hämachromatosen) stellen hier den größten Anteil. 13,14

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Jürgen Kressel
Autor: Jürgen Kressel

Sein beruflicher Werdegang hat sich in letzter Zeit mit persönlichen Vorlieben verbunden. Als Medizinisch technischer Assistent haben sich die Erfahrung und Ehrgeiz zu einem ganz ordentlichen Wissen auf einigen Gebieten entwickeln können. Fachlich ist er vor allem im Bereich der Allergologie (insbesondere Nahrungsmittelallergien), Endokrinologie (allgemein und Kinderwunsch) und Gastrologie versiert. Seine letzten Berufsjahre als MTA hat er in einem Notfalllabor eines großen Krankenhauses eingebracht.

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