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Stillen - So regen Sie Ihre Milchbildung an

Kommentar schreiben Aktualisiert am 12. Februar 2020

Stillen ist die natürlichste Sache der Welt und der Wunsch vieler junger Mütter. Doch was, wenn es mit der harmonischen Stillbeziehung einfach nicht klappen will? Viele frischgebackene Mütter sind unsicher, ob ihr Nachwuchs auch wirklich genug Milch bekommt. Dass sich nicht direkt kontrollieren lässt, wie viel das Baby trinkt, mag dazu beitragen.

 

Wie erkennt man nun aber, ob das Baby genug Milch bekommt? Wie kann man gegebenenfalls die Milchbildung anregen? Und was ist für eine gute Stillbeziehung notwendig? Antworten liefert der folgende Artikel.

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

1. Stillen: die natürlichste Sache der Welt

 

Stillen ist das Beste für Babys. Deshalb empfiehlt die WHO nach wie vor, sechs Monate voll zu stillen und auch nach der Beikosteinführung bis zum zweiten Geburtstag weiterzustillen.1

 

Die Vorteile des Stillens sind vielfältig. So enthält Muttermilch perfekt auf die Bedürfnisse des Babys abgestimmte Nährstoffe. Zudem ist sie äußerst verträglich und gut verdaulich. Muttermilch ist keimarm und stets in der richtigen Temperatur verfügbar. Darüber hinaus enthält sie Abwehrstoffe, die das Immunsystem des Säuglings fördern. Da Muttermilch zudem kein Fremdeiweiß beinhaltet, wirkt sie antiallergen. Ein unschlagbarer Vorteil ist natürlich, dass Muttermilch jederzeit verfügbar und zudem kostenlos ist.2

 

In den ersten Tagen nach der Geburt wird Vormilch (Kolostrum) gebildet. Junge Mütter dürfen sich nicht dadurch verunsichern lassen, dass diese nicht massenhaft vorhanden ist. Mag die Vormilch auch spärlich erscheinen, ist sie extrem nahrhaft. Gerade in dieser Zeit sollte das Baby möglichst häufig angelegt werden. So gewöhnen sich Mutter und Kind gleichermaßen an das Stillen. Die richtige Stilltechnik ist nämlich immer auch Übungssache. In den ersten Lebenswochen sollte das Kind im Schnitt etwa acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden angelegt werden.3

 

Leider hält sich das Gerücht, dass Babys nach einem festgelegten Rhythmus trinken müssen, hartnäckig. Dabei sollten junge Mütter viel eher ihrer Intuition vertrauen, als solchen Ratschlägen. Das Kind nach Bedarf trinken zu lassen, ist nämlich wesentlich für eine gute Stillbeziehung. Schließlich regelt die Nachfrage das Angebot. Darüber hinaus dient die Brust dem Säugling nicht nur zur Nahrungsaufnahme. Vor allem kleine Babys befriedigen durch das Stillen ihr Saugbedürfnis, Nähe und Bindung werden so nachhaltig gefördert.

 

2. Tipps und Tricks beim Stillen

 

Mit einer entspannten Herangehensweise kommt der Stillprozess am besten in Gang. Typische Probleme wie wunde Brustwarzen oder zu wenig Milch können mit einfachen Maßnahmen gut abgefangen werden.

 

Wenn möglich, ist es sinnvoll, das Baby unmittelbar nach der Geburt das erste Mal anzulegen. Die richtige Anlegetechnik sollte man sich vom Profi – Hebamme, Kinderkrankenschwester oder Stillberaterin – zeigen lassen. Der Mund des Säuglings muss Brustwarze und den Großteil des Warzenvorhofes fest umschließen. Sobald die Brustwarze Babys Gaumen berührt, löst das beim Kind den Saugreflex aus. Durch technisch entsprechendes Saugen wird wiederum der Milchspendereflex ausgelöst – die Milch fließt.4

 

Sobald das Kind saugt, wird übrigens Prolaktin ausgeschüttet. Dieses regt die Milchbildung an. Zudem werden größere Mengen an Oxytocin frei. Das sogenannte Bindungshormon sorgt dafür, dass die Milch entsprechend weitertransportiert wird.

 

Wichtig ist, dass sich die frischgebackene Mutter Zeit und Ruhe gönnt. Unnötiger Stress sollte möglichst vermieden werden. Zwar ist jede Stillbeziehung individuell, das Baby muss aber unbedingt regelmäßig angelegt werden. Nur dadurch wird die Milchbildung gefördert. Neugeborene, die viel schlafen, müssen eventuell für die eine oder andere Stillmahlzeit geweckt werden. Zudem sollten beide Brüste abwechselnd angeboten werden. Wichtig ist auch, dass das Stillen nicht zu kurz dauert, damit die Milchbildung auch wirklich in Gang kommt.

 

Vor allem in den ersten Wochen nach der Geburt ist es wichtig, auf Schnuller und Fläschchen möglichst zu verzichten, um einer Saugverwirrung entgegenzuwirken. Eine solche führt nämlich dazu, dass das Baby nicht mehr richtig an der Brust trinken kann. Das wiederum wirkt sich negativ auf die Milchbildung aus. Ähnlich verhält es sich, wenn zusätzliche Flüssigkeit wie Tee oder Wasser angeboten wird. Vor allem heiße Sommermonate können dazu verleiten. Bei einem vollgestillten Kind, das wach und agil wirkt, ist eine zusätzliche Flüssigkeitsgabe aber in der Regel auch bei hochsommerlichen Temperaturen nicht notwendig.

 

Muss tatsächlich zugefüttert werden, weil das Kind nicht effektiv trinken kann (zum Beispiel bei einer Frühgeburt), gibt es hierzu stillfreundliche Varianten. Bekannt ist etwa das Brusternährungsset, das in nahezu allen Geburtskliniken verfügbar ist.

 

3. Zu wenig Milch beim Stillen?

 

Was aber, wenn man nun das Gefühl hat, es sei zu wenig Milch beim Stillen vorhanden? Vor allem Erstgebärende sind häufig unsicher. Immerhin ist es schwierig zu kontrollieren, wie viel das Baby trinkt. Manche Dinge, die naturgegeben ganz normal sind, können junge Mütter verunsichern. Beispielsweise, wenn das Kind gefühlt ständig an die Brust möchte, unruhig und weinerlich ist oder stundenlang trinkt („clusterfeeding“). Zudem spürt auch nicht jede Frau den Milchspendereflex gleich stark.

 

Hier heißt es zunächst einmal aufatmen. Dass eine Frau tatsächlich dauerhaft zu wenig Milch hat, um ihr Baby zu ernähren, ist eher Ausnahme als Regel. Selten gibt es jedoch physiologische Gründe, die eine harmonische Stillbeziehung verhindern können. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn Plazentareste in der Gebärmutter verbleiben. Das dadurch ausgeschüttete Progesteron verhindert nämlich die Milchproduktion. Auch ein starker Blutverlust während oder nach der Geburt, Erkrankungen an Hypophyse oder Schilddrüse der Mutter oder anatomische Besonderheiten an der Brust können die Milchbildung beeinträchtigen. Darüber hinaus erschweren anatomische Auffälligkeiten beim Kind (Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, verkürztes Lippenbändchen) das Stillen mitunter.5

 

Weitaus wahrscheinlicher ist es, dass Probleme mit der Milchbildung durch den Stillprozess selbst ausgelöst werden. So ist ein häufiger Grund für zu wenig Muttermilch, dass das Baby nicht nach Bedarf angelegt wird. Auch eine falsche Anlegetechnik kann kontraproduktiv sein, da dabei mitunter der Milchspendereflex nicht ausgelöst wird. Darüber hinaus trägt die schon erwähnte Saugverwirrung nicht selten dazu bei, dass die Milchmenge zurückgeht.

 

Merke: Es kommt eher selten vor, dass eine Frau tatsächlich dauerhaft  zu wenig Milch hat. Häufiger verursacht der Stillprozess selbst Probleme mit der Milchbildung.

 

4. Wie erkennt man, ob das Baby genug Muttermilch bekommt?

 

Es gibt einige Anzeichen, die darauf schließen lassen, dass das Baby genügend Milch bekommt:

 

  • Das Baby ist aktiv, wach und interessiert. Außerdem ist sein Teint rosig, die Haut glatt.
  • Es produziert in etwa fünf bis sechs nasse Windeln innerhalb von 24 Stunden.
  • In den ersten sechs bis acht Lebenswochen hat das Baby mehrmals täglich weichen Stuhl. Danach pendelt sich Häufigkeit individuell ein.
  • Das Baby saugt kräftig und es sind deutliche Schluckgeräusche zu hören.6
  • Das Kind erreicht etwa zehn bis vierzehn Tage nach Geburt sein Geburtsgewicht wieder.

 

5. Milchbildung anregen – so funktioniert‘s

 

Um die Milchbildung bei Bedarf anzuregen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Am sinnvollsten ist eine Kombination aus:

 

  • Maßnahmen in Bezug auf das Stillen selbst
  • Hausmittel und Ernährung
  • Ruhe, Entspannung und Unterstützung

 

6. Milchbildung steigern: praktische Tipps beim Stillen

 

  • Nachdem beim Stillen die Nachfrage das Angebot regelt, ist es wichtig, dass möglichst häufig gestillt wird. Es sollten beide Brüste angeboten werden, auch abwechselnd. Viel Körperkontakt und nach Möglichkeit direkter Hautkontakt sind der Stillbeziehung zuträglich. Das regt die Bildung von Oxytocin an.7
  • Wenn direkt nach der Stillmahlzeit abgepumpt oder ausgestrichen wird, fördert das die Milchbildung zusätzlich.8
  • Feuchtwarme Umschläge oder eine warme Dusche vor dem Stillen regen den Milchfluss an. Massagen der Brust haben dieselbe Wirkung.9
  • Auch Wechselstillen ist geeignet, um die Milchbildung anzuregen. Dabei wird während einer Stillmahlzeit die Brust etwa drei bis vier Mal abgewechselt. Das Baby sollte jeweils für etwa fünf Minuten an einer Brust trinken, bevor zur anderen gewechselt wird.10

 

7. Milchbildung fördern: Hausmittel und Ernährung

 

Grundsätzlich sind eine gesunde, ausgewogene Ernährung und die tägliche Flüssigkeitsaufnahme von etwa zwei bis drei Litern wesentlich für ein erfolgreiches Stillen. Zusätzlich gibt es einige Heilpflanzen, die dafür bekannt sind, den Milchfluss anzuregen. Dazu gehören Bockshornklee, Brennessel, Fenchel, Anis, Eisenkraut, Koriander und Kreuzkümmel. Entsprechende Mischungen werden auch als Stilltee angeboten. Bevor ein solcher eingenommen wird, sollte aber sicherheitshalber Rücksprache mit Arzt, Hebamme oder Stillberaterin gehalten werden.11

 

Von Pfefferminze und Salbei sollten Mütter, die Probleme mit dem Milchfluss haben, Abstand nehmen. Sie hemmen nämlich die Milchbildung.

 

Auch manche Lebensmittel stehen im Verdacht, die Milchbildung anzuregen. Dazu zählen Gries, Malz, Gerste, Hafer und Spargel. Ein tatsächlicher Zusammenhang konnte wissenschaftlich bisher jedoch nicht bestätigt werden.12

 

8. Zu wenig Muttermilch – Ruhe, Entspannung und Unterstützung

 

Stillen ist etwas Intimes, das Ruhe und Entspannung benötigt. Viele frischgebackene Mütter sehen sich bereits unmittelbar nach der Geburt mit den Anforderungen ihrer Umwelt konfrontiert. Verwandtschaft und Freunde möchten das Baby kennenlernen – für Ruhe im Wochenbett bleibt da wenig Raum.

 

Genau das ist aber ganz besonders wichtig, damit die Stillbeziehung gut anläuft. Gerade jetzt gilt es, egoistisch zu sein – sich selbst und dem Baby zuliebe. Die Bedürfnisse anderer und leidige Verpflichtungen wie Haushalt und Co. müssen nun eben warten. Hier ist auch der Partner gefordert, der Mutter und Baby den Rücken freihalten sollte.

 

Stillen ist nicht immer so einfach, wie man glauben mag. Kompetente Beratung durch Hebamme und/oder Stillberaterin ist Gold wert, wenn es darum geht, Stillfehler zu erkennen und zu vermeiden. So steht einer harmonischen Stillbeziehung nichts mehr im Wege.

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Daniela Jarosz
Autor: Daniela Jarosz

Daniela Jarosz ist Sonder- und Heilpädagogin. Während des Studiums hat sie sich intensiv mit Inhalten aus Medizin und Psychologie auseinandergesetzt. Sie arbeitet seit vielen Jahren im psychosozialen Feld und fühlt sich außerdem in der freiberuflichen Tätigkeit als Autorin zuhause. Im redaktionellen Bereich hat sie sich auf die Fachrichtungen Medizin, Gesundheit, Nachhaltigkeit, Work-Life-Balance sowie Kinder und Familie spezialisiert.

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