© pixabay.com

Tierhaarallergie - was nun?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 21. April 2020

Der Wunsch nach einem tierischen Begleiter findet sich in jeder Generation und durch alle Bevölkerungsschichten. Aktuellen Zahlen zufolge gehört zu fast der Hälfte aller Haushalte in Deutschland ein Haustier.1 Doch nicht in jedem Fall funktioniert das Zusammenleben nur harmonisch. Bei den allergischen Erkrankungen zählen Tiere zum dritthäufigsten Auslöser.2

Wurde eine Allergie auf ein Haustier nachgewiesen, ist das weitere Halten mit einem hohen Risiko für das Entstehen von Asthma verbunden.3

Inhaltsverzeichnis

 

Was versteht man unter einer Tierhaarallergie?

Meist spricht man landläufig von einer Tierhaarallergie. Doch als ursächlich sind verschiedene Bestandteile beispielsweise im Fell, auf der Haut, im Speichel oder anderen Sekreten anzusehen. 

Plötzlich erkennt das eigene Immunsystem fremde Substanzen als gefährlich, welche bisher als harmlos galten. Das Abwehrsystem schaltet um und will diese Allergene durch die Bildung von Antikörpern bekämpfen. Meist handelt es sich dabei um sogenannte IgE-Antikörper. Tritt der Kontakt mit dem Allergen ein zweites Mal auf, kommt es zur Ausschüttung von Histamin und damit den allergietypischen Symptomen.

Welche Symptome treten auf?

Die Tierhaarallergie gehört zu den inhalativen Allergien, das heißt die allergieauslösenden Substanzen werden durch Mund und Nase eingeatmet. Zu den ersten Anzeichen zählt folglich in den meisten Fällen ein häufiges Niesen. Die Nase läuft ohne Unterlass oder ist verstopft. Oft gesellen sich noch Hals- und Kopfschmerz hinzu. Unbehandelt kann sich daraus ein allergisches Asthma oder eine Neurodermitis entwickeln.

Wie stellt der Arzt eine Allergie fest?

Eine Frau liegt im Bett und schnäuzt ihre Nase.Die Diagnose wird anhand der klinischen Symptome und der Durchführung eines Prick-Haut-Testes gestellt. Kann keine eindeutige Substanz als Auslöser der Allergie gefunden werden, wird der Arzt eine serologische Untersuchung im Labor anordnen. Im Blut wird dann nach spezifischen IgE-Antikörpern gesucht. Eine noch genauere Aussage erlaubt die molekulare Allergiediagnostik, bei der sogar einzelne Komponenten eines Allergens nachgewiesen werden können.4

Was macht mich krank?

Der häufig verwendete Begriff Tierhaarallergie bedeutet lediglich, dass eine Allergie gegen Haustiere mit Fell vorliegt. Die auslösenden Substanzen unterscheiden sich hingegen je nach Tierart.

Erst 1991 konnten Forscher erklären, worauf Menschen bei ihren Haustieren allergisch reagieren. Das erste entschlüsselte Allergen war gleichzeitig der bei Tierhaarallergikern häufigste Auslöser von klinischen Symptomen.5 Hinter der medizinischen Bezeichnung Fel d1 verbirgt sich ein Allergen, welches in den Speicheldrüsen und der Haut von Hauskatzen (Feles, lateinisch: Katze) vorkommt.6,7 Nicht unbedeutend dürften auch Allergene sein, welche von Drüsen im Analbereich ausgeschieden werden.15

Beim Hund konnten ebenfalls Allergene an der Zunge, den Speicheldrüsen sowie zusätzlich im Urin nachgewiesen werden.8

Ein ähnliches Spektrum umfasst die Liste der Auslöser bei den Nagern. Ob bei Ratten und Mäuse oder Meerschweinchen, bei allen sind die Speicheldrüsen und der Urin als Ursprungsort der Allergene bekannt.9

Heute können in der Routinediagnostik über 50 verschiedene Tierallergene nachgewiesen werden.

 

Kreuzreaktion – eine Allergie gegen Hund und Katz

Problematisch kann es für den Patienten werden, wenn eine sogenannte Kreuzreaktivität zwischen bestimmten Tieren vorliegt. So besitzen manche Allergene des Hundes eine große Ähnlichkeit mit bestimmten Allergenen von Pferden.10 Auch Hunde und Katzen weisen bei einigen Allergenkomponenten eine entscheidende Übereinstimmung auf.11 Häufig ist zu beobachten, dass Patienten gleichzeitig gegen mehrere Tiere sensibilisiert sind.12

Welche Personen sind betroffen?

Ein wichtiger Faktor bei der Entstehung von Allergien ist die erbliche Veranlagung. Nicht selten treten Tierhaarallergien bei Kindern auf, deren Eltern ebenfalls Allergiker sind. 

Bei einer allergischen Reaktion gegen Haustiere kann immer davon ausgegangen werden, dass eine weitere Allergie bereits vorhanden ist.  Meist handelt es sich dabei um eine bereits erworbene Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben.13

Wenn die Katzenwäsche krank macht

Dass Katzen neben Hunden die Liste mit dem höchsten Risiko für eine allergische Erkrankung anführen, ist nicht verwunderlich.14 So führen sie doch die Liste der beliebtesten Haustiere in Deutschland deutlich vor den Hundebesitzern und Aquarienliebhabern an.16 Darüber hinaus legen Katzen eine hohe Reinlichkeit an den Tag. Ihr Verhalten, das Fell sauber zu halten, birgt indes für den Menschen die Gefahr, dass das wichtigste Allergen aus dem Speichel über das gesamte Fell verteilt wird.

Aquarien rangieren in der Beliebtheitsskala der Deutschen an dritter Stelle. Fische scheiden als Verursacher einer Allergie jedoch im Wesentlichen aus.  Die Gruppe der Nagetiere gehört somit zu den Haustieren mit dem dritthäufigsten Risiko für eine allergische Reaktion. Insbesondere Meerschweinchen werden als hochallergen eingestuft. Bei ihnen geht man heute von einer Sensibilisierungsrate von 60 Prozent aus.17

Neben der Tierart ist auch die Rasse, das Alter und das Geschlecht des Tieres ein entscheidender Faktor für das Zustandekommen einer Tierallergie. So weiß man von Labortieren, dass Männchen in ihrem Urin einen wesentlich höheren Anteil allergener Substanzen ausscheiden.18

Allergien sind bei Wellensittichen und Kanarienvögel seltener zu erwarten, doch sind deren Federn und insbesondere der Kot der Tiere als Auslöser bekannt. Eine Sonderstellung nehmen Tauben ein. Unter Taubenzüchtern ist die sogenannte Vogelhalterlunge (exogen-allergische Alveolitis) gefürchtet.31

Was hilft bei einer Tierhaarallergie?

Die wirksamste Therapie ist kein Haustier. Die Wirksamkeit einer solchen absoluten Karenz stößt jedoch spätestens bei den Kindertränen an seine Grenzen.

Akute Beschwerden können mit Antihistaminika, Glukokortikoiden oder sogenannten Leukotrienrezeptorantagonisten behandelt werden. Eine solche, wahrscheinlich langfristige Therapie stellt hingegen selbst ein gewisses Gesundheitsrisiko dar.

Für eine sichere Immuntherapie stehen noch keine erfolgversprechenden Ergebnisse zur Verfügung. Dies gilt insbesondere für eine Desensibilisierung gegen Hundeallergene.19 Bei der Behandlung von Katzenallergien kann eine Besserung der klinischen Beschwerden erreicht werden.20 Aber auch hier ist Vorsicht angebracht.21 

Muss ich mein Haustier weggeben?

Liest man die Liste der Empfehlungen zur Verminderung von Allergien bei der Haustierhaltung, stellt sich die Frage, ob das Verbleiben nicht mit weniger Schwierigkeiten verbunden sein könnte. Dies, zumal der gesundheitliche Nutzen infrage zu stellen ist.22

Vergleichsweise einfach kann man das Tier aus den eigenen Schlafräumen fernhalten. Auch ein regelmäßiges Saugen mit entsprechend dafür ausgerüsteten Staubsaugern ist im Alltag gut durchzuführen. Zusätzlich kann man an die Verwendung von speziellen Bezügen für Kissen oder deren vollständiges Entfernen denken.23 Als Hotspot haben sich vor allem Sofas und die Kleidung erwiesen.30 Wer schon einmal versucht hat seine Katze zu waschen, wird sich vorstellen, dass dies regelmäßig nicht zu leisten ist.24

Ebenfalls haben Studien keine eindeutige Aussage erbracht, inwieweit das Kastrieren einen antiallergenen Effekt haben könnte.25

Bei bis zu 34 Prozent aller Patienten, welche noch nie einen Kontakt zu Katzen hatten, konnte dennoch eine Sensibilisierung gegen Katzenallergene nachgewiesen werden. Allergene gegen häufige Haustiere werden offensichtlich passiv in alle öffentlichen Räume getragen.26,27 Insbesondere Patienten, welche in Räumen wie Schulen oder Kindergärten langfristig den Tierallergenen ausgesetzt sind, dürften somit von den obigen Maßnahmen wenig profitieren.28,29

Allergie und trotzdem mit Tieren leben

Ein LeguanFische besitzen zweifelsfrei kein konkretes Allergierisiko, zumal der direkte Kontakt durch das Wasser praktisch nicht vorhanden ist. Auch exotische Haustiere, wie Reptilien, Leguane, Schlangen oder Schildkröten können eine Alternative darstellen. Wer sich nicht scheut, kann auch an die Haltung von Fröschen oder Spinnen denken.

In jedem Fall müssen die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zum Artenschutz und zur artgerechten Tierhaltung beachtet werden.32,33

Gibt es „allergiearme“ Hunde und Katzen?

Marketing oder gesundheitlicher Nutzen? Die Frage nach einem allergenfreiem Tier lässt sich klar mit Nein beantworten. Hypoallergene (allergenarme) Hunde oder Katzen sind Züchtungen mit weniger oder keinem Fell. Sicher eine Frage des Geschmacks. Übrig bleibt jedoch, dass eine Tierhaarallergie in den meisten Fällen auf anderen Auslösern, wie Speichel oder Urin beruht.34

Tatsächlich werden Haustiere angeboten, welche ein geringeres Allergiepotential haben sollen. Die als Nacktkatzen bekannte Rasse Sphynx oder Kurzhaarkatzen werden als allergikerfreundlich angeboten. Möchte man sich als Allergiker für einen Hund entscheiden, könnte ein Pudel oder Basenji eine mögliche Wahl darstellen. Sie gelten als nicht haarend und sollen weniger Hautschuppen besitzen.35

Aufgepasst: Tierliebe und das Versprechen des Verkäufers sollten indes niemanden davon abhalten, Symptome einer möglichen Allergie aufmerksam zu beobachten. Wenn auch eine Tierhaarallergie selten einen dramatischen Verlauf nimmt, so können Spätfolgen oder ein Allergieschock schwerwiegend sein.

 

Der beste Schutz vor einer Allergie ist der Hund

Das Immunsystem von Kindern wird trainiert, indem es Mikroorganismen als auch möglichen allergenen Substanzen ausgesetzt ist. Einer Amerikanischen Studie zufolge kann dies ein Hund bewirken, der regelmäßig Gassi gehen darf. Nimmt das Kind die Keime und Allergene auf sorgt das Mikrobiom im Darm dafür, dass weniger Allergien entstehen.36 

Beiträge die Sie auch interessieren könnten

Quellen anzeigen

Jürgen Kressel
Autor: Jürgen Kressel

Sein beruflicher Werdegang hat sich in letzter Zeit mit persönlichen Vorlieben verbunden. Als Medizinisch technischer Assistent haben sich die Erfahrung und Ehrgeiz zu einem ganz ordentlichen Wissen auf einigen Gebieten entwickeln können. Fachlich ist er vor allem im Bereich der Allergologie (insbesondere Nahrungsmittelallergien), Endokrinologie (allgemein und Kinderwunsch) und Gastrologie versiert. Seine letzten Berufsjahre als MTA hat er in einem Notfalllabor eines großen Krankenhauses eingebracht.

Schreib einen Kommentar

help
help
help

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Zu unseren Datenschutzbestimmungen.