Verhütung Spezial: Die Pille danach – jetzt ohne Rezept
Besteht der Verdacht auf eine Befruchtung nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr oder angenommenem Versagen anderweitig genutzter Verhütungsmethoden, ist es möglich, nach dem Ereignis durch die Einnahme der „Pille danach“ die Einnistung eines befruchteten Eis zu einem sehr hohen Prozentsatz zu verhindern. Wie ist die Wirkungsweise der „Pille danach“? Und was sollte beachtet werden?
Die „Pille danach“ – rezeptfrei erhältlich
Die Zeit, in der für die Beschaffung der „Pille danach“ ein Arzt aufgesucht werden musste, liegt nun hinter uns. Seit dem 16. März 2015 ist in Deutschland die „Pille danach“ in allen deutschen öffentlichen Apotheken rezeptfrei erhältlich. Von dem Verkauf der Notfallverhütung ausgeschlossen sind Online-Apotheken, so die Entscheidung des Bundesrats. Die Begründung: Die relativ zeitnahe Einnahme des Präparats sei über den Versandhandel nicht gewährleistet; ebenfalls fehle die Beratung von Angesicht zu Angesicht, die als notwendig betrachtet wird.
13 Prozent der Frauen haben schon die „Pille danach“ eingenommen
Kondom gerissen? Antibabypille vergessen? Sich der Unvernunft bekennen und ungeschützten Geschlechtsverkehr riskieren? Durch Verhütungspannen in der fruchtbaren Phase einer Frau kann eine ungewünschte Schwangerschaft stattfinden. Laut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist von 13 Prozent der befragten Teilnehmerinnen angegeben worden, dass sie schon einmal in ihrem Leben die „Pille danach“ genommen haben. Bisher war die Beschaffung des Präparats aufwendig: der Besuch beim Arzt ohne Termin, die eventuell lange Wartezeit, das für einige Frauen als unangenehm empfundene Führen eines Gesprächs über die Verhütungspanne, das Warten auf die Ausfertigung des Rezepts und der Weg zur Apotheke – Durch das Entlassen der Rezeptpflicht sind die Hürden nun deutlich gesenkt und gehören nun der Vergangenheit an.
Die „Pille danach“ – zwei verschiedene Präparate
Nach einer Verhütungspanne kann man zwischen zwei Präparaten wählen: ellaOne und PiDaNa. Die Präparate unterscheiden sich in ihrem Wirkstoff und in ihrer Wirksamkeit.
Das Präparat PiDaNa enthält den Wirkstoff Levonorgestrel und kann maximal 72 Stunden (3 Tage) nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Das Präparat ellaOne, welches seit 2009 auf dem Markt in Europa zugelassen ist, enthält den Wirkstoff Ulipristalacetat und kann bis zu 120 Stunden (5 Tage) nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr angewandt werden.
Die Gemeinsamkeit beider Präparate liegt darin, dass sie den Eisprung hemmen bzw. nach hinten verschieben, womit auf diese Weise mit hoher Wahrscheinlichkeit eine ungewünschte Schwangerschaft verhindert werden kann. Trifft ein Spermium, dessen Überlebensdauer bis zu 5 Tage betragen kann, auf eine Eizelle, wird diese befruchtet. Aus diesem Grund kann durch ungeschützten Geschlechtsverkehr, der bereits einige Tage vor dem Eisprung stattgefunden hat, eine Schwangerschaft möglich sein, da Spermien noch Tage nach dem Verkehr im weiblichen Körper verweilen. Mit der „Pille danach“ wird der Eisprung durch Hormone verschoben, um die Überlebensdauer der Spermien zu überbrücken, sodass Spermium und Eizelle nicht aufeinander treffen können.
In Anbetracht dessen ist festzuhalten, dass es sich bei den Präparaten der „Pille danach“ um keine sogenannte „Abbruchpille“ handelt, mit der sie des Öfteren verwechselt wird: Die „Pille danach“ wirkt nicht mehr, sobald ein Eisprung stattgefunden hat und die Eizelle befruchtet worden ist und/oder sich in der Gebärmutter eingenistet hat.
Darüber hinaus sollte die Einnahme der „Pille danach“ - sei es PiDaNa mit dem Wirkstoff Levonorgestrel oder ellaOne mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat so zeitnah wie möglich erfolgen. Je früher die Einnahme, desto besser die Wirkung! Die Wirkungsstabilität beider Präparate ist nämlich nicht gleichbleibend und nimmt ab, je mehr Stunden zwischen ungeschütztem Geschlechtsverkehr und der Einnahme vergangen sind.
Welche Pille letztendlich empfohlen wird, wird im Einzelfall und durch Beratung entschieden.
Reduzierte Wirksamkeit bei übergewichtigen Frauen
Aktuell wird kontrovers über die reduzierte Wirksamkeit der „Pille danach“ bei übergewichtigen Frauen diskutiert, denn es existieren Veröffentlichungen, die darauf hindeuten, dass bei einem Körpergewicht von 70 kg die Effektivität des Wirkstoffs Levonogestrel abnimmt. Bei einem Körpergewicht von 95 kg sei die Wirksamkeit von Ulipristalacetat reduziert.
Kosten der „Pille danach“
Die „Pille danach“ ist zwar nicht mehr rezeptpflichtig, die Kosten für das Präparat sind allerdings weiterhin von der Anwenderin zu tragen: Die rezeptfreie PiDaNa ist für 18,31 Euro in den Apotheken erhältlich; die ellaOne kostet hingegen 29,96 Euro. Die Preise sind unverbindliche Empfehlungen und können von Apotheke zu Apotheke selbst festgelegt werden und somit ein wenig variieren. Bis zu einem Lebensalter von 20 Jahren bekommt die Frau die Kosten von der Krankenkasse erstattet.
Informationen zur Anwendung
Die „Pille danach“ ist eine einzelne Tablette und unabhängig von der Tageszeit oder von den Mahlzeiten einzunehmen und sollte so schnell wie möglich, am besten direkt vor Ort in der Apotheke mit einem Glas Wasser eingenommen werden.
Nach der Anwendung der „Pille danach“ sollte mindestens ein Monat lang konsequent verhütet werden: die Einnahme der Antibabypille sollte weitergeführt und nicht aus Rücksicht vor der „Pille danach“ unterbrochen werden, um Zyklusstörungen und Blutungen zu verhindern. Zusätzlich sollte mit einem Kondom verhütet werden.
Nebenwirkungen der Pille danach
Nach der „Pille danach“ können Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen, Schwindel, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen oder Müdigkeit auftreten, die nach maximal zwei Tagen wieder abklingen. Sofern das Präparat drei Stunden nach dessen Einnahme erbrochen wird, ist eine zweite Einnahme erforderlich; eine Apotheke sollte erneut aufgesucht werden und der Sachverhalt erläutert werden. Auch bei Durchfall innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme ist in Betracht zu ziehen, eine erneute Pilleneinnahme durchzuführen.
Die Pille danach: Eine Notfallsituation
In der Verfahrensweise der „Pille danach“ ist lediglich eine Notmaßnahme zu sehen, die sich nicht zur regelmäßigen Anwendung eignet. Die „Pille danach“ ist nur in Ausnahmefällen einzunehmen und schützt nicht dauerhaft wie zum Beispiel die herkömmliche Antibabypillen. Daher gilt sie auch nicht als sporadische Verhütungsmethode für Frauen, die nur gelegentlich Geschlechtsverkehr haben.
Besonders im Hinblick auf die Rezeptfreiheit für die „Pille danach“ befürchtet ein Großteil, dass diese neue Regelung ausgenutzt wird und dazu verführt, häufiger Gebrauch von der Notfallverhütung zu machen. Erfahrungen aus Norwegen zeigen, dass diese Befürchtung berechtigt ist: 1997 haben schätzungsweise weniger als 5000 Frauen die „Pille danach“ eingenommen, im Jahr 2001 – ein Jahr nach dessen Rezeptfreiheit – waren es 70.000 Frauen, sechs Jahre später griffen sogar 150.000 Frauen zur Pille.
Bislang bleibt abzuwarten, welche Zahlen in Deutschland anzunehmen sind.
Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.