Vitaminpräparate & Co. - Auf die Dosis kommt es an!
Der Umsatz an Nahrungsergänzungsmitteln ist in den vergangenen fünf Jahren jährlich um sechs Prozent gestiegen. Anwendungsbereiche für Nahrungsergänzungsmitteln sind insbesondere Mineralstoffe und Vitamine, aber auch die Darmgesundheit scheint zunehmend in den Fokus gerückt zu sein. Was sind Nahrungsergänzungsmittel? Können diese problemlos eingenommen werden? Sind unerwünschte Wechselwirkungen mit Arzneimitteln möglich? Was sollte man bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln beachten? Mehr dazu im folgenden Beitrag.
Nahrungsergänzungsmittel können keine Mahlzeit ersetzen!
Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel.
Die genaue Definition von Nahrungsergänzungsmitteln ist in der nationalen Nahrungsmittelverordnung, abgekürzt NemV, hinterlegt und lautet im Folgenden:
„Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel,
1. die dazu bestimmt sind, die allgemeine Ernährung zu ergänzen,
2. aus Nährstoffen (Vitaminen oder Mineralstoffen) oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in konzentrierter Form vorliegen und
3. in dosierter Form zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen in den Verkehr gebracht werden.“1
Insbesondere der erste Punkt ist von Bedeutung, denn Nahrungsergänzungsmittel sollten nicht in dem Sinne missbraucht werden, eine Ernährung zu ersetzen oder man sollte nicht der Annahme sein, mittels Nahrungsergänzungsmitteln sei man „gesund“ aufgestellt, sondern Nahrungsergänzungsmittel, wie der Name schon sagt, sind eine Erweiterung der Ernährung, die gesund und ausgewogen sein sollte, ballaststoffreich und zuckerreduziert.
Der Bedarf an Nahrungsergänzungsmitteln für den einzelnen Verbraucher ist nicht einheitlich, sondern richtet sich nach den „individuellen Lebensumständen, Ernährungsgewohnheiten und Bedürfnissen“.2
Die Frage stellt sich, ob überhaupt eine Notwendigkeit besteht, Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, wenn man sich gesund ernährt.
Die Richtlinie 2002/45/EG gibt Antwort darauf, in der es heißt, „dass eine geeignete, abwechslungsreiche Ernährung in der Regel alle für eine normale Entwicklung und die Erhaltung einer guten Gesundheit erforderlichen Nährstoffe in den Mengen bieten sollte, dieser Idealfall aber nicht auf alle Nährstoffe und alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen zutrifft.“ 3
Der jährliche Umsatz mit Nahrungsergänzungsmittel - Goldgrube Vitamine
Pro Jahr geben Verbraucher mehr als eine Milliarde Euro für den Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln aus, so ein Bericht der Verbraucherzentrale zum Thema „Endlich Klartext bei Nahrungsergänzungsmitteln“ aus dem Jahr 2017.4
Der Umsatz an Nahrungsergänzungsmitteln ist in den vergangenen fünf Jahren jährlich um sechs Prozent gestiegen. Das geht aus einem Beitrag des Ärzteblattes zum Thema „Nahrungsergänzungsmittel“ hervor und macht deutlich, welchen Stellenwert die Gesundheit innerhalb der Gesellschaft derweilen angenommen hat und wie sehr Mineralstoffe, Vitamine, Probiotika und Co. an Bedeutung gewinnen.5
Zur größten Umsatzgruppe auf dem Markt, die die Hälfte des Umsatzes macht, zählen aktuell „Mineralstoffe und Vitamine“: Magnesiumpräparate mit knapp 202 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2018 nehmen hier den ersten Platz ein, gefolgt von Vitamine A und D mit etwa 94 Millionen Euro, Eisenpräparaten mit 88,5 Millionen Euro und Calciumpräparaten mit 82 Millionen Euro.6
Auch die Darmgesundheit scheint den Verbrauchern wichtig zu sein, denn die finanziellen Einnahmen für Probiotika stiegen um durchschnittlich 15 Prozent an und ergaben einen Umsatz von 152 Millionen Euro.7 Weitere Nahrungsergänzungsmittel, die gerne gekauft werden sind unter anderem Präparate für Herz-und Kreislauf, für Muskeln und Gelenke.8
Endlich Klartext - Können Nahrungsergänzungsmittel sogar schädlich sein?
Der Forsa-Umfrage zufolge, nimmt in Deutschland jede dritte Person Nahrungsergänzungsmittel, zum Teil auch vorsorglich, von Werbungen geblendet, diese würden zu einem gesünderen Leben verhelfen. Dabei mangelt es häufig an verlässlichen Informationen der Produkte und nicht selten werden sie unterschätzt und können mögliche gesundheitliche Risiken bergen, anstatt Nutzen zu bringen.9
Ein Angebot der Verbraucherzentrale „Klartext Nahrungsergänzung“ bietet wichtige Informationen und kann helfen, den Verbrauchern die Verunsicherung zu nehmen: https://www.klartext-nahrungsergaenzung.de
Im Hinblick darauf, ein Nahrungsergänzungsmittel zu kaufen oder nicht, kann es helfen eine Checkliste zu befolgen:10
- Rücksprache mit dem Arzt halten: Nicht immer ist die Indikation für die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln gegeben. Zunächst einmal sollte überprüft werden, ob überhaupt eine Unterversorgung mit Nährstoffen vorliegt oder nicht. Die Rücksprache mit einem Arzt ist wichtig, dieser kennt nämlich, wenn vorhanden, bestehende Vorerkrankungen, die Medikamenteneinnahme (wenn man Medikamente nimmt) und die möglichen Wechselwirkungen, die sich ergeben können, wenn Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden. Die „Selbstmedikation“ mit Nahrungsergänzungsmitteln birgt nämlich die Gefahr in sich, nicht sachgerecht mit dem Präparat umzugehen.11
- Informationen bei unabhängigen Stellen: Unabhängige Stellen, die nicht darauf zielen, für Produkte zu werben und Gewinn zu machen, sind das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.12
- Ernährungsumstellung anstatt Kapseln: Nicht immer muss es der Griff zum Kapselblister sein, denn darüber nachzudenken, nach Möglichkeit seine Ernährung umzustellen und auf natürliche Weise die Nährstoffe in Form von Lebensmitteln einzunehmen, kann auch helfen.13
- Empfohlene Tagesdosis beachten und eine Überdosis meiden: Viel hilft nicht immer viel. Es ist wichtig darauf zu achten, die maximale Tagesdosis nicht zu überschreiten, um unerwünschte Wirkungen zu vermeiden. Ein Beispiel: eine überdosierte Einnahme von Vitamin D kann für Kopfschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit verantwortlich sein und Ursache für die Entstehung von Nierenverkalkung und Nierensteinen sein.14
- Bestellungen aus dem Ausland: Die Definition eines Nahrungsergänzungsmittel ist nicht immer länderübergreifend einheitlich, sprich was für andere Länder Nahrungsergänzungsmittel ist, kann in Deutschland schon Arzneimittel sein. Das gilt insbesondere für Schlankheitspillen, Potenzmittel und Präparate für Sportler. Vorsicht ist geboten.15
Zu Risiken und Nebenwirkungen: Eine persönliche Beratung ist unverzichtbar!
Die persönliche Beratung ist eine wichtige Hilfe, nicht nur für den Umgang mit Arzneimitteln, sondern auch wenn es um Nahrungsergänzungsmitteln geht. Eine Vielzahl von Nahrungsergänzungsmittel sind nämlich nicht nur in Drogeriemärkten ohne Rezeptpflicht frei verkäuflich, sondern auch in Apotheken erhältlich.
Der Vorteil einer Apotheke: eine geschulte Ansprechpartnerin/ ein geschulter Ansprechpartner. In einer Apotheke erhält man nicht nur Informationen über die Wirkungen und mögliche unerwünschte Wirkungen, sondern auch Hinweise zur sachgerechten Anwendung des Präparats.
Eine Selbstmedikation, unabhängig davon, ob es sich um ein Arzneimittel handelt oder „nur“ ein Nahrungsergänzungsmittel darstellt, kann und darf den Arzt nicht ersetzen. Denn es gibt Erkrankungen, die bereits in der Entstehung erkannt werden könnten, wirksam behandelt und ausgeheilt werden könnten, wenn eine Selbstmedikation nicht stattfinden würde.
Ein Beispiel: Klinische Beschwerden einer Schilddrüsenüberfunktion können unter anderem innere Unruhe, Reizbarkeit, Herzrasen, Haarausfall sein.
Nicht immer kann ein Nichtmediziner, ein Laie, auf eine Erkrankung schließen und ist der Annahme, ihm fehle es einfach nur nach einigen Nährstoffen und greift nach Nahrungsergänzungsmitteln, wie zum Beispiel Biotin, Selen und Zink für die Haare oder gegen die innere Unruhe und Nervosität zu Vitamin D, im Glauben, es könnte womöglich ein Vitamin-D-Mangel vorliegen.
Eine Blutuntersuchung beim Arzt würde sofort Gewissheit und Klarheit schaffen und eine sichere Diagnosestellung geben.
Warnhinweise von Biotin sind, dass die Einnahme von Biotin in hoher Dosierung Labortests auf Herzinfarkt, weibliche Hormone, Schilddrüsenwerte und Parathormon verfälschen kann. 16
Prinzipiell sollte gelten: vor einer Selbstmedikation sollte stets eine Sicherstellung der Diagnose stehen und Beschwerden, die länger als zwei Wochen anhalten, sollten ohnehin Anlass zu einem Arztbesuch sein.
Rückblickend auf das erwähnte Beispiel könnte der behandelnde Arzt ausgehend aus dem Anamnesegespräch und den von dem Patienten geschilderten Symptomen Vermutungen haben, es bestehe eine Schilddrüsenüberfunktion. Die Laborergebnisse aus der Blutuntersuchung würden diese Vermutung allerdings nicht bestätigen können, die Schilddrüsenwerte würden im Referenzbereich liegen, weil Biotin zur Verfälschung der Schilddrüsennwerte geführt hat.
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass der behandelnde Arzt über jede Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln informiert wird, egal, wie unbedeutend man es selbst finden mag.
Quellen:
1 https://www.bll.de/de/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/nem-gesetzliche-regelungen#nem-2
2 https://www.bll.de/de/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/nem-gesetzliche-regelungen#nem-2
3 https://www.bll.de/de/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/nem-gesetzliche-regelungen#nem-2
4 vgl.https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/Nahrungserg%E4nzungsmittel?nid=102188
5 vgl.https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/Nahrungserg%E4nzungsmittel?nid=102188
6 vgl.https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/Nahrungserg%E4nzungsmittel?nid=102188
7 vgl.https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/Nahrungserg%E4nzungsmittel?nid=102188
8 vgl.https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/Nahrungserg%E4nzungsmittel?nid=102188
16 https://www.onmeda.de/Wirkstoffe/Biotin/warnhinweise-medikament-10.html
Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.