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Warum Ärgern wir uns so häufig - was passiert im Körper?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 07. November 2018

Jeder sieht mal rot. Ärger gehört zu unseren Basis-Gefühlen. Seine Funktion ist es, unser Überleben zu sichern. Werden wir gereizt, steigt der Adrenalin-Pegel, um den Feind bekämpfen zu können. Ärger wecken ungeahnte Kräfte. Wir können sie konstruktiv oder zerstörerisch einsetzen, gegen den der uns ärgert, oder gegen uns selbst. Ärger kann uns toben lassen oder den Impuls für eine Veränderung setzen. Andere schlucken ihn hinunter, um Konfrontationen aus dem Weg zu gehen. Ärger kann mobilisieren oder krank machen. Erfahren Sie hier, wie Ärger entsteht, was bei Ärger im Körper passiert, wie er auf die Gesundheit schlägt und wie man ihn auch konstruktiv nutzen kann.

 

Wie entsteht Ärger? 

 

Ärger entsteht, wenn sich uns etwas als Feind oder Hindernis in den Weg stellt. Der Körper geht sofort in den Überlebensmodus: Bei Angst flieht er oder stellt sich tot. Wenn Ärger im Vordergrund steht, bleibt nur der Kampf. Das heißt, Ärger zu empfinden und die Folgereaktionen im Körper sind darauf ausgerichtet, den Feind zu bekämpfen und Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Ziel dabei ist, das Überleben zu sichern. Das erklärt, warum wie bei allen Stress-Situationen der analytische, vernünftige Teil des Gehirns ausgeschaltet wird. Er würde mit seinen Pro- und Kontra-Argumenten und Anstandsregeln das Überleben erheblich stören. Aktiv ist dagegen bevorzugt das Reptiliengehirn für’s „Grobe“ wie Atmung, Herzschlag usw.

 

Was passiert bei Ärger im Körper?

 

Der Mensch ist in höchster Alarmbereitschaft. Es werden die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet. Sie bewirken einen Anstieg von Blutdruck, Atem- und Pulsfrequenz. Die kleinen Bronchialäste erweitern sich und optimieren die Aufnahme von Sauerstoff. Die Gefäße in den Muskeln werden erweitert, um die Durchblutung zu verbessern. Dafür werden die kleinen Gefäße in Haut und Nieren eng gestellt, um das Blutvolumen im Körperinneren zu erhöhen.
Glykogen wird zu dem schnell verfügbaren Energieträger Glukose (Traubenzucker) und Fett zu Fettsäuren abgebaut. Der Körper ist mit jeder Faser bereit, das Hindernis zu beseitigen bzw. dem Feind an die Gurgel zu springen. Das geht zu Lasten von allem, was nicht für das Überleben notwendig ist und entsprechend heruntergefahren wird: das spezifische Immunsystem, die Verdauung, die Sexualorgane (Potenz und Fruchtbarkeit) und klares Denken.

 

Wie schlägt Ärger auf die Gesundheit? 

 

Ärger wirkt negativ auf die Gesundheit von Herz und Kreislauf. Untersuchungen zeigen, dass ständiger Ärger genauso ungesund für das Herz ist wie Bluthochdruck und Nikotin. Dazu kommt, dass Ärger den Blutdruck hochtreibt und Arteriosklerose begünstigt. Wer sich oft ärgert, hat ein dreimal höheres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, als gelassene Menschen. Hat man einen Herzinfarkt überwunden, verdoppelt sich die Gefahr, einen weiteren zu bekommen, wenn der Wut-Level im Leben hoch ist. Chronischer Ärger begünstigt die Entstehung der koronaren Herzkrankheit. Er schlägt auf die Magenschleimhaut, die sich entzünden (Gastritis) und langfristig Magengeschwüre bilden kann. Auch Muskelverspannungen, besonders im Kiefer, Nacken und Rücken, sowie Zahnprobleme sind typische Folgen eines hohen Ärger-Niveaus. Dauerhaft unterdrückter Ärger ist Wegbereiter für chronische Infektionen und Autoimmunerkrankungen.

 

Was macht uns ärgerlich?

 

Vieles finden wir ungerecht und fühlen uns den Bedingungen in der Gesellschaft und oft auch am Arbeitsplatz machtlos ausgeliefert. Wenn Bedürfnisse unerfüllt bleiben, werden Partner, Chef und Politiker verantwortlich gemacht und der Ärger auf sie projiziert. In Wirklichkeit ärgern wir uns meist über uns selbst: Weil wir aus Sicherheitsbedürfnissen einer notwendigen Veränderung aus dem Weg gehen, aus Angst keine Gehaltserhöhung verlangen oder aus Bequemlichkeit Beziehungen aufrechterhalten, die lange schon keine mehr sind. Manchmal ärgert uns auch eine Verhaltensweise beim anderen, die wir eigentlich selbst in uns tragen, aber verdrängt haben, da sie sich nicht mit unserem (schönen) Selbstbild vereinbaren lässt. Oder der andere genießt das Leben, was wir uns selbst verkneifen, und es ist der Neid, der den Ärger hervorruft.

 

Welche Gefühle können hinter Ärger stecken?

 

Oft ist es Traurigkeit, die von Ärger überdeckt wird. Ärger ist dynamisch und aktiv. Traurigkeit sieht schwach und leidend aus. Wer seine Wut ausagiert, merkt aber oft genug, dass er danach am liebsten losweinen würde. Traurig sein ist nicht schwach. Weinen öffnet das Herz, macht sensibel und lässt Verzeihen, sich selbst und anderen. Hinter Ärger können auch Einsamkeitsgefühle, eine unerfüllte Sehnsucht nach mehr Liebe, Achtung und Anerkennung, und das Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit stecken.

 

Warum sind manche Menschen schneller verärgert als andere?

 

Besonders schnell macht sich bei gestressten Menschen Ärger breit, da ihr Adrenalinpegel ohnehin schon erhöht ist. Dann gelten 20 Prozent der Bevölkerung als leicht reizbar, chronisch zum Ärger bereit und tendenziell aggressiv, was man als Feindseligkeitssyndrom bezeichnet. Weitere 20 % werden als gelassen eingestuft und der Rest liegt dazwischen. Die Reizbarkeit und vor allem die Reaktion auf den Reiz hängen zudem von der Selbstreflexion und Bewusstheit der Person ab. Wird nach dem ersten Wutanfall die eigene Beteiligung und Verantwortung in dem Geschehen erkannt und die Energie für eine Veränderung eingesetzt, kann sich der Ärger nicht so tief eingraben und festsetzen.

 

Wie geht man am besten um mit dem Ärger?

 

Verdrängen ist am ungesündesten. Je mehr man den Ärger nach unten drückt, umso mehr drückt er zurück und quält mit Unruhe, schlechter Laune, Unausgeglichenheit und körperlicher Erkrankung. Herumtoben und die Reizquelle anschreien oder an die Wand werfen, bringt auch nicht weiter. Am besten ist es, den Ärger wahrzunehmen, zu akzeptieren und ihm zu versprechen, dass er zu gegebener Stunde die volle Aufmerksamkeit bekommt. Ein Versprechen, dass man zuhause in den eigenen vier Wänden bei der Reflexion der Geschehnisse, beim kraftvollen Schrubben des Küchenbodens oder beim abreagierenden Joggen im Grünen auch einhalten muss.
Um den ersten Moment gut zu überstehen, eignet sich folgende Atemübung: Doppelt so lange ausatmen als einatmen, z.B. auf 3 einatmen und auf 6 ausatmen. Wer anfällig für Ärger ist, sollte auf größere Fleischmengen, heiße Speisen und pfeffrige Gewürze verzichten.

 

Wie kann man die Energie Ärger sinnvoll nutzen?

 

Außer die Ursachen des Ärgers zu betrachten, seinen Teil der Verantwortung zu übernehmen und etwas zu ändern, können Sie den Ärger auch als Energie betrachten, die Ihnen gerade zur Verfügung steht und die Sie je nach Bedarf einsetzen können. Beispiele dafür sind Frühjahrputz, Kleiderschrank aussortieren, Wohnung umräumen, körperliche Anstrengungen jeder Art wie Sport und Sex oder eine mutige Aktion in Angriff nehmen.

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Beate Helm
Autor: Beate Helm

Beate Helm, Heilpraktikerin, freie Redakteurin und Autorin für Gesundheitsthemen und Persönlichkeitsentwicklung. Selfpublisherin. Weiterbildungen in Ernährungswissenschaft, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, Ayurveda, psychologischer Beratung und systemischer Therapie. Langjährige Erfahrung in Yoga und Meditation. Bei apomio seit 04/2015.

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