Wechselwirkungen zwischen Lebensmitteln und Medikamenten
Die Arzneimittelanwendung oder Pharmakotherapie ist eines der wichtigsten Instrumente ärztlichen Handelns. In hohem Maß ist die Arzneimittelwirkung von der Arznei-oder Darreichungsform und der Art und der Anwendung abhängig. Nicht selten können Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Lebensmitteln auftreten, die die Wirkung des Arzneimittels negativ beeinflussen können. Was sind Wechselwirkungen? Wie können sich diese äußern? Mehr zum Thema Wechselwirkungen verschiedener Arzneimittel und weshalb man unbedingt die Packungsbeilage beachten sollte im folgenden Beitrag.
Die Wirkungsweise der Arzneimittel
Bei der Wirkung eines Arzneimittels werden drei Phasen unterschieden: Die Pharmakokinetik, die Pharmakodynamik und die Ausscheidung. Die Pharmakokinetik beschreibt den Einfluss des Körpers auf den Arzneistoff. Der wirksame Aufenthalt des Arzneistoffs im Organismus wird unterteilt in die Aufnahme (Resorbtion), die Verteilung (Stofftransport durch die Blutbahn in die Gewebe) und die Ausscheidung (Elimination). Die Pharmakodynamik beschreibt die klinische Wirkung, also den Einfluss des Arzneimittels auf den Körper, also auch den Nebenwirkungen, die ein Arzneimittel haben kann. Die Arzneimittelwirkung ist in hohem Maß von der Arznei- oder Darreichungsform der Art und dem Ort der Anwendung, der Applikation, abhängig. Tabletten, Dragees, Kapseln, Zäpfchen, Tropfen usw. – so vielfältig wie die Wirkstoffe sind, so vielfältig sind auch die Darreichungsformen der verschiedenen Arzneimittel. Beispiele zur Anwendung von Arzneimitteln sind unter anderem: Anwendungsort auf Haut/ Schleimhäute
- Auf Haut: epikutane Anwendungsart und Salben, Pflaster, Emulsionen als Arzneiform
- Auf die Magen- und Darmschleimhaut: enterale Anwendungsart und Tabletten, Dragees, Kapseln, Lösungen als Arzneiform
- Auf die Mastdarmschleimhaut: rektale Anwendungsart und Zäpfchen und Salben als Arzneiform
- Auf die Nasenschleimhaut: nasale Anwendungsart und Tropfen, Sprays, Salben als Arzneiform
- Auf die Schleimhäute der Genitalorgane und Harnwege: intravaginale und intraurethrale Anwendungsart und Vaginalkugeln, Salben, Gele als Arzneiform
Anwendungsort in das Körperinnere (parenteral)
- In die Haut: intrakutane Anwendungsart und die Injektionslösung als Arzneiform
- Unter die Haut: subkutane Anwendungsart und die Injektionslösung als Arzneiform
- In den Muskel: intramuskuläre Anwendungsart und die Injektionslösung als Arzneiform
- In eine Vene: intravenöse Anwendungsart und die Injektionslösung und Infusionslösung als Arzneiform
- In eine Arterie: intraarterielle Anwendungsart und die Injektionslösung und Infusionslösung als Arzneiform
Die Ausscheidung eines Arzneimittels bzw. dessen Abbauprodukte, auch Metaboliten genannt, erfolgt mit dem Urin (renal), über die Gallenflüssigkeit (biliär), mit dem Stuhl (intestinal) oder mit der Ausatmungsluft (pulmonal). Die Ausscheidung über die Haut, (dermal), spielt nur eine unbedeutende Rolle, im Gegensatz zu der Ausscheidung über die Muttermilch bei einer stillenden Frau, die sogar zu Vergiftungen bei Säuglingen führen kann. Nach den Halbwertszeiten werden Arzneimittel in kurz-, mittellang- und langwirksame Arzneimittel unterteilt: Die Halbwertszeit ist nämlich die Grundlage für die Berechnung einer Einnahme bei Langzeittherapie. Ein Beispiel: Wenn ein Arzneimittel vorwiegend renal ausgeschieden wird, sinkt die Ausscheidungsgeschwindigkeit, wenn bei dem Patienten eine Nierenfunktionsstörung vorliegt. Die Dosierung des Arzneimittels muss dann an die Nierenfunktion angepasst werden, damit diese die therapeutische Breite erzielt und nicht unterdosiert oder sogar überdosiert wird und toxisch wirkt.
Wechselwirkungen als unerwünschte Wirkung von Arzneimitteln
Eine wesentliche Aufgabe der Arzneimittelforschung ist es, unerwünschte Nebenwirkungen der Medikamente so gut wie möglich zurück zu drängen. Unter Nebenwirkungen eines Arzneimittels versteht man fast immer unerwünschte Wirkungen. Während toxische Nebenwirkungen dosisabhängig und arzneistoffspezifisch sind, sodass diese bei entsprechend hoher Dosierung bei jedem Menschen in Erscheinung treten können, sind unerwünschte Wirkungen, wie allergische Reaktionen, dosisunabhängig. Bei einer gegenseitigen Beeinflussung von mehreren gleichzeitig eingenommenen Medikamenten spricht man von Wechselwirkungen, die während aller Phasen der Arzneimittelwirkung - Pharmakokinetik, Pharmakodynamik und Ausscheidung – im Organismus möglich sind. Auch zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln sind Wechelwirkungen möglich, deren Beachtung für die Wirkung ausschlaggebend sein kann.
Arzneistoffmetabolismus durch Cytochrom P450 Enzyme
Die Metabolisierung von Arzneistoffen lässt sich in Phase-1-Reaktionen und Phase-2-Reaktionen unterteilen: Für einen großen Teil der Phase-1-Reaktion sind Hämproteine, sogenannte Cytochrom-P450-Enzyme (CYP) verantwortlich. Beim Menschen wurden bisher fast 40 Gene für Cytochrom-P450-Proteine identifiziert; die Proteinfamilien CYP1, CYP2, CYP3 sind für den Metabolismus von Arzneistoffen von großer Bedeutung. Die größte Menge an CYP-Enzymen ist in der Leber lokalisiert, aber auch in der Darmwand enthalten. Das erklärt, weshalb in diesen Organen der Hauptteil des Arzneistoffmetabolismus stattfindet. Eine Induktion oder Inhibitation der CYP-Enzyme nimmt Einfluss auf einen beschleunigten oder verlangsamten Abbau eines Medikaments. Zu den CYP-Induktoren zählt zum Beispiel Johanniskraut: Durch Johanniskraut wird die Expression von CYP-Enzymen gesteigert, mehr CYP-Enzyme stehen dann zur Verfügung, sodass auch die Metabolisierung eines Arzneistoffs gesteigert ist und er schneller als normal eliminiert wird. Aus diesem Grund sollte keine Einnahme oraler Kontrazeptiva (Pille zur Verhütung) und eine Einnahme mit Johanniskraut erfolgen, da das Verhütungsmittel zu schnell in der Leber metabolisiert wird und unter Umständen keine Wirkung hat – eine ungewollte Schwangerschaft kann die Folge sein. Häufig wird bei depressiven Verstimmungen Johanniskraut, als natürlicher Stimmungsaufheller, eingenommen. Im Hinblick auf die Verhütungsmethode sollte darauf geachtet werden, dass Johanniskraut die Wirkung von Medikamenten, wie auch der Pille, beeinflussen kann. CYP-Inhibitoren sind Substrate, die eine hohe Affinität zum Cytochrom-Enzym haben und sich daran binden. Dadurch kann der Abbau anderer Substrate, die auch über die Cytochrom-Enzyme metabolisiert werden, behindert werden und sehr langsam bis gar nicht abgebaut werden, sodass das Arzneimittel länger als normal im Organismus bleibt. Es kommt zu einer Kumulation und den damit einhergehenden Nebenwirkungen bis hin zu einer möglichen Intoxikation. Grapfruitsaft hemmt das Cytochrom-Isoenzym CYP3A4 im Gastrointestinaltrakt, insbesondere in der Darmschleimhaut, wodurch die Bioverfügbarkeit von oral verabreichten Arzneistoffen beeinflusst wird. Während einer Medikation ist es daher wichtig, keinen Grapefruitsaft oder Grapefruithaltige Produkte zu konsumieren.
Weitere Wechselwirkungen von Medikamenten und Lebensmitteln
Milch Auch Milch kann die Wirkung von Arzneimitteln verändern. Besonders von der Einnahme mit Antibiotika in Kombination mit Milch wird abgeraten: Milch und alle milchhaltigen Produkte, wie Käse, Joghurt, Quark etc. enthalten Calcium, ein Mineralstoff, welcher im Magen mit bestimmten Antibiotika schwerlösliche Verbindungen eingehen kann. Die Folge: Das Antibiotikum wird schlechter vom Körper aufgenommen, sprich enteral schlecht resorbiert, wodurch die Wirksamkeit beeinflusst wird und das Antibiotikum schwächer wirkt. Nicht bei allen Antibiotika besteht ein Milchverbot, weshalb man nicht verallgemeinern kann, dass Antibiotika in Verbindung mit Milch nicht wirken. Vorsicht ist geboten unter anderem bei Wirkstoffen Ciprofloxacin, Norfloxacin und Doxycyclin. Fettreiche Nahrung und Propanolol Wie bereits erwähnt, ist die Leber das wichtigste Organ, welches für den Metabolismus und den Abbau von Arzneistoffen verantwortlich ist. Medikamente mit einem ausgeprägten sogenannten „First-Pass-Effekt“ - die Metabolisierung eines Arzneimittels nach der ersten Leberpassage - werden besser verstoffwechselt als Substanzen, die einen weniger gut ausgeprägten „First-Pass-Effekt“ haben. Auch eine fettreiche Nahrungsaufnahme kann aber Einfluss darauf haben, wie ein Medikament nach der Leberpassage verstoffwechselt wird. Ist die Leber nämlich mit dem Verdauen reichhaltiger, fetter Nahrung beschäftigt, können beispielsweise Herz-Medikamente wie der Betablocker Propranolol womöglich der ersten Leberkontrolle entgehen und deshalb stärker wirken als gewohnt. Koffein und Eisenmangel Bei einem Eisenmagel, einer Störung im Eisenstoffwechsel, benötigt der Körper in der Regel pharmazeutisch aufbereitetes Eisen, um die erschöpften Eisenreserven wieder aufbauen zu können. Häufig werden Eisentabletten verschrieben oder Präparate mit Eisen als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen. Bei Eisentabletten sollte die Wechselwirkung mit Koffein berücksichtigt werden: Die in Kaffee und Co. enthaltenen Gerbstoffe haben eine hohe Affinität zum Eisen und binden die Eisenionen im Magen, sodass das Eisen ausgeschieden wird, anstatt vom Körper aufgenommen zu werden. Lakritz und die Wirkung von harntreibenden Arzneimitteln Wer an einer Herzinsuffizienz, einer Nierenunterfunktion leidet oder gegen Wasseransammlungen, Ödeme, harntreibende Arzneimittel, sogenannte Diuretika, also entwässernde Medikamente, einnehmen muss, sollte auf Lakritz verzichten. Diuretika können zu Kaliumverlust bzw. einer erhöhten Ausscheidung von Kalium mit dem Urin führen – Lakritz verstärkt diese Wirkung. Ein Kaliummangel kann zu Muskelschwäche, Müdigkeit, Verstopfung, Appetitlosigkeit oder Störungen der Herztätigkeit führen und in dem Fall lebensbedrohlich werden. Fazit: Schenken Sie der Packungsbeilage eines Medikaments Beachtung. Häufig wird auch auf die notwendige Einnahme „nach dem Essen“ oder „auf leeren Magen“ hingewiesen. Und bei Bedarf: Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.