Wenn das Ohr schmerzt: Ursachen, Warnsignale und Hilfe bei Ohrenschmerzen
Ohrenschmerzen können plötzlich auftreten und den Alltag erheblich beeinträchtigen. Oft ist unklar, ob eine harmlose Ursache dahintersteckt oder ein ernsthafter Auslöser für die Beschwerden verantwortlich ist. In Folgenden werden die häufigsten Ursachen für Ohrenschmerzen erläutert, wann ein Arztbesuch ratsam ist, und welche Maßnahmen bei der Beschwerdelinderung helfen können.
Inhaltsverzeichnis
Was versteht man unter Ohrenschmerzen?
5 mögliche Ursachen von Ohrenschmerzen
Was versteht man unter Ohrenschmerzen?
Ohrenschmerzen, medizinisch auch Otalgien genannt, können Menschen aller Altersgruppen betreffen. Schätzungen zufolge leiden etwa 70 Prozent der Kinder bis zu ihrem dritten Lebensjahr mindestens einmal unter Ohrenschmerzen – oft aufgrund von Mittelohrentzündungen.
Ohrenschmerzen können plötzlich auftreten und reichen von leichtem Unwohlsein bis zu starken, stechenden Schmerzen. Die Ursachen sind vielfältig, in vielen Fällen sind die Beschwerden aber nur von vorübergehender Natur. Manchmal erfordern sie jedoch eine ärztliche Abklärung, um Komplikationen zu vermeiden.
Das menschliche Ohr ist ein faszinierendes Sinnesorgan, das eine zentrale Rolle in unserem Alltag spielt. Es besteht aus drei Hauptbereichen: dem Außenohr, dem Mittel- und dem Innenohr. Jeder dieser Bereiche hat eine präzise Aufgabe – das Außenohr fängt Schallwellen ein, das Mittelohr verstärkt sie, und das Innenohr wandelt sie in elektrische Signale um, die das Gehirn verarbeitet. Gleichzeitig steuert das Innenohr unser Gleichgewicht, was das Ohr zu einem unverzichtbaren Organ für Hören und Balance macht.
5 mögliche Ursachen von Ohrenschmerzen
Erkältungen und Virusinfektionen
Häufig sind Ohrenschmerzen die Folge eines Infekts im Nasen-Rachenraum, der sich über die Ohrtrompete bis ins Mittelohr ausbreitet. Bei einer unzureichenden Belüftung entsteht Druck und Schmerz im Ohr. Besonders bei Kindern tritt dies häufig auf, da ihr Verbindungsgang zwischen Nasen-Rachenraum und Mittelohr kürzer und waagerechter verläuft. Keime können so leichter ins Mittelohr gelangen. Eine Mittelohrentzündung (Otitis media) ist die häufigste Ohrenkrankheit bei Kindern bis etwa zum sechsten Lebensjahr.
Auch Rachenmandelentzündungen oder Krankheiten wie Mumps und Masern können oft mit Ohrenschmerzen einhergehen.
Bei älteren Menschen kann eine Herpesinfektion im Bereich der Ohrmuschel und des äußeren Gehörgangs nicht nur Ohrenschmerzen, sondern auch Gesichtsschmerzen oder sogar Lähmungen verursachen.
Fremdkörper und Verletzungen im Ohr
Kleine Gegenstände wie Spielzeug bei Kindern oder auch Ohrenstöpsel und Insekten können sich im Gehörgang verfangen. Wenn ein Fremdkörper ins Ohr gelangt und dort verbleibt, kann er eine Entzündung hervorrufen. Scharfe oder spitze Gegenstände bergen zudem die Gefahr von Verletzungen, insbesondere bei dem Versuch, sie eigenhändig zu entfernen.
Allergien
Allergische Reaktionen, etwa auf Zusätze in Haarpflegeprodukten oder Ohrschmuck, können ebenfalls Ohrenschmerzen verursachen. Auch Pollenallergien, Hausstaubmilben oder Tierhaare führen manchmal zu entsprechenden Beschwerden. Diese Allergien führen häufig dazu, dass die Nase und Nebenhöhlen verstopfen. In Folge kommt es zu einem erhöhten Druck oder Flüssigkeitsansammlungen im Ohr.
Traumata
Barotrauma: Ohrenschmerzen können auch beim Fliegen oder Tauchen durch den Druckunterschied entstehen. Normalerweise reguliert die Ohrtrompete den Druck auf beiden Seiten des Trommelfells. Ist die Funktion der Ohrtrompete jedoch durch eine Erkältung, Allergie oder Entzündung beeinträchtigt, kann ein Barotrauma auftreten. Neben Schmerzen kann dies auch zu einer Schädigung des Trommelfells führen, die ärztliche Behandlung erfordert.
Knalltrauma: Ein plötzlicher lauter Knall, wie bei Schüssen oder Feuerwerk, kann das Ohr stark belasten. Die Druckwelle kann das Innenohr beschädigen und ernste Folgen nach sich ziehen.
Zahn- und Kieferprobleme
Da Kiefer und Ohr anatomisch nah beieinander liegen, können Probleme im Kiefer oft auch Schmerzen im Ohr auslösen. Eine Fehlstellung des Gebisses kann Druck auf das Mittelohr ausüben und den Gleichgewichtssinn beeinträchtigen. Auch Zahnprobleme, insbesondere im Bereich der Weisheitszähne, können zu Schmerzen im Ohr führen – meist, wenn die Wurzeln der Backenzähne betroffen sind.
Übersicht: Ursache und Begleitsymptome von Ohrenschmerzen
Ursache |
Begleiterscheinung |
Erkältung / Virusinfektionen |
Plötzlich auftretende, heftige Schmerzen im betroffenen Ohr, häufig mit Fieber, Hörproblemen, Abgeschlagenheit, Reizbarkeit, mitunter auch Schwindel, Tinnitus. |
Fremdkörper im Ohr und Verletzungen |
Schmerzen, Schwerhörigkeit, Juckreiz, Druckgefühl und in manchen Fällen zu Husten. Kleine Kinder fassen sich häufig ans Ohr und sind unruhig und quengelig. Verletzungen des Trommelfells äußern sich durch stechende Ohrenschmerzen und eine plötzliche Schwerhörigkeit. |
Allergien |
|
Barotrauma |
Heftige Schmerzen im Ohr, meist in Kombination mit Schwindel und Ohrgeräuschen |
Knalltrauma |
Kurzer, stechender Ohrenschmerz, verbunden mit dem Gefühl, eine Verstopfung im Ohr zu haben, Ohrgeräusche, Schwerhörigkeit und Tinnitus. Bei einem Trommelfellriss ist eine Blutung aus dem Ohr möglich. |
Zahn- und Kieferprobleme |
Schmerzen an den Kiefergelenken und/oder im Bereich der Backenzähne vor, die bis in die Ohren ausstrahlen können. |
Arzneimittel bei Ohrenschmerzen
Die Therapie von Ohrenschmerzen erfolgt überwiegend nach Ursache und Schweregrad. Auslösende Erkrankungen wie Infekte, Allergien oder Probleme des Kiefers sollten gezielt behandelt werden.
Schmerzmittel
Schmerzlindernde Arzneistoffe wie Paracetamol, Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure (nicht für Kinder geeignet!) können in Form von Tabletten, Säften oder Zäpfchen bei starken Ohrenschmerzen zum Einsatz kommen.
Das Schmerzmittel Phenazon wird zusammen mit einem lokal betäubenden Wirkstoff in Ohrentropfen verwendet. Der Effekt dieser Tropfen ist jedoch begrenzt, da sie das Trommelfell nicht durchdringen und somit nicht das dahinterliegende Mittelohr erreichen.
Ohrentropfen richtig anwenden
Um Ohrentropfen korrekt anzuwenden, sind folgende Schritte zu beachten:
Vorbereitung: Die Tropfen sollten Körpertemperatur haben, um Schwindel oder Unwohlsein zu vermeiden. Hierfür wird die Flasche für einige Minuten in den Händen oder in der Hosentasche angewärmt. Im Anschluss leicht schütteln, falls dies in der Packungsbeilage empfohlen wird.
Positionierung: Seitlich hinlegen, sodass das betroffene Ohr nach oben zeigt. Alternativ kann auch der Kopf zur Seite geneigt werden, während man sitzt oder steht.
Ohrläppchen ziehen: Das Ohrläppchen leicht nach oben und hinten ziehen (bei Kindern nach unten und hinten), um den Gehörgang zu öffnen. Durch das „Langziehen“ der Ohren kann Luft besser entweichen und die meist viskose Tropflösung bis auf den Boden des Gehörgangs vordringen.
Tropfen einträufeln: Die Tropfflasche dicht über dem Ohr halten und die empfohlene Anzahl Tropfen in den Gehörgang einträufeln – ohne dass die Tropferspitze das Ohr berührt.
Einwirken lassen: Etwa 5 bis 10 Minuten in dieser Position bleiben, damit die Tropfen tief in den Gehörgang gelangen. Bei Bedarf kann ein Wattebausch leicht ins Ohr gelegt werden, um das Auslaufen zu verhindern. Ein fester Pfropf kann die Ansiedlung von Bakterien oder Pilzen begünstigen, da sich möglicherweise ein feuchtes Milieu bildet.
Nasensprays mit abschwellenden Wirkstoffen
Abschwellende Nasensprays enthalten Wirkstoffe wie Naphazolin, Oxymetazolin, Xylometazolin. Sie entfalten ihre Wirkung sowohl an der Nasenschleimhaut am Übergang von Ohrtrompete und Nasenrachen. Dies erleichtert das Abfließen des Sekrets und verbessert die Belüftung des Mittelohrs.
Sekretolytika z. B. Myrtol oder Acetylcystein
Diese oral eingenommenen Substanzen lösen das festsitzende Sekret und sorgen so für eine verbesserte Belüftung des Mittelohrs.
Antibiotika und Antimykotika
Eine Therapie mit Antibiotika oder Antimykotika in oraler oder lokaler Darreichungsform ist nur bei einer ärztlich diagnostizierten, bakteriellen oder pilzbedingten Infektion angezeigt.
Cortisonpräparate
Lokale Cortisonpräparate in Form von Ohrentropfen können (nach ärztlicher Diagnosestellung) helfen, den Entzündungsprozess einzudämmen.
Die 10 besten Hausmittel bei Ohrenschmerzen
Es gibt eine Vielzahl von Hausmitteln, die bei Ohrenschmerzen Linderung verschaffen können. Dabei sollte allerdings stets bedenken werden, dass diese Maßnahmen keine medizinische Behandlung ersetzen. Bei anhaltenden oder starken Ohrenschmerzen muss ein Arzt konsultiert werden!
- Wärmebehandlung: Rotlichtanwendungen sowie Auflegen eines Kirschkernkissens oder einer Wärmflasche können den Schmerz lindern und die Durchblutung fördern. Bei einer akuten Entzündung und starken Schmerzen sollte Wärme allerdings vermieden werden.
- Kartoffelsäckchen: Deutschlands liebste Knolle ist nicht nur ein bewährtes Hausmittel gegen Halsschmerzen, sondern kann auch bei Ohrenschmerzen helfen. Für die Anwendung benötigt man ein bis zwei gekochte Kartoffeln. Diese werden noch warm mit einer Gabel zerdrückt und in ein Tuch gewickelt. Das Kartoffelsäckchen wird dann auf das betroffene Ohr gelegt. Die Wärme regt die Durchblutung im Ohr an, was die Immunabwehr fördern kann.
- Zwiebelsäckchen: Zwiebelsäckchen können leichte Entzündungen lindern und Schleim lösen. Hierzu wird eine Zwiebel geschält und in feine Würfel geschnitten. Der Zwiebelsaft wird ausgedrückt und die Zwiebelstücke werden in ein Stoffsäckchen oder eine kleine Socke gefüllt. Diese wird auf das schmerzende Ohr gelegt. Dort kann es bis zu einer Stunde belassen und bei Bedarf bis zu dreimal täglich wiederholt werden. Übrigens: Knoblauch ist eine hervorragende Alternative zur Zwiebel – sofern man den Geruch nicht als unangenehm empfindet.
- Wickel mit Senfmehl: Senfmehl hat eine ähnliche Wirkung wie Zwiebeln. Es fördert die Durchblutung, wirkt entzündungshemmend und hat antibakterielle Eigenschaften. Es ist rezeptfrei in Apotheken erhältlich. Am effektivsten sind die fein gemahlenen Senfkörner in Form eines Wickels. Dazu werden sie mit warmem Wasser zu einem Brei verrührt und auf ein Baumwolltuch gestrichen. Der Wickel wird dann für maximal 10 bis 15 Minuten auf das schmerzende Ohr gelegt. Bei Brennen auf der Haut ist es wichtig, den Wickel sofort zu entfernen.
- Dampfinhalation: Inhalieren von warmem Dampf kann helfen, die Nasenschleimhäute zu befeuchten und die Eustachische Röhre zu öffnen. Dies kann den Druck im Ohr verringern.
- Hochlagern des Kopfes: Während des Schlafens kann es hilfreich sein, den Kopf höher zu lagern, um den Druck im Ohr zu verringern.
- Ätherische Öle: Einige ätherische Öle wie Teebaumöl oder Lavendelöl können in einer Trägersubstanz verdünnt und sanft um das Ohr herum aufgetragen werden, um Entzündungen zu lindern. Wichtig: Das Öl darf hierbei nicht in das Ohr gelangen!
- Kohlwickel: Hierbei wird ein Kohlblatt leicht erwärmt und auf das schmerzende Ohr gelegt. Kohl hat entzündungshemmende Eigenschaften und kann Schmerzen lindern.
- Heilwolle: Heilwolle ist ebenfalls ein traditionelles Hausmittel zur Linderung von Ohrenschmerzen. Sie wird leicht erwärmt und auf das betroffene Ohr gelegt, um die Durchblutung zu fördern. Sie besteht aus natürlichen Materialien und kann wiederverwendet werden.
- Nasenballon: Hierbei handelt es sich um ein Röhrchen, an dessen Ende ein herkömmlicher Luftballon angebracht ist. Das abgerundete Ende des Röhrchens wird in ein Nasenloch eingeführt, während das andere Nasenloch zugehalten wird. Anschließend wird der Ballon aufgeblasen. Durch den erhöhten Druck im Naseninneren soll sich die Verbindung zwischen Nase und Ohr öffnen. In Folge wird die Paukenhöhle belüftet, Flüssigkeiten können abfließen und das Hörvermögen wird verbessert. Der Nasenballon wird üblicherweise dreimal täglich eingesetzt.
Umstrittene Hausmittel bei Ohrenschmerzen
Bei Ohrenschmerzen greifen viele Menschen zu Hausmitteln, die oft seit Generationen Anwendung finden. Obwohl einige dieser Methoden Linderung verschaffen können, sind sie in ihrer Wirksamkeit umstritten:
Ohrenkerzen
Laut Befürwortern sollen sie den Druck im Ohr verringern, das Ohr reinigen und Ohrenschmerzen lindern. Es besteht allerdings das Risiko von Verbrennungen, Verletzungen des Gehörgangs oder des Trommelfells sowie einer möglichen Verschlechterung von Ohrenschmerzen. Es ist daher ratsam, auf bewährte medizinische Behandlungen zurückzugreifen und vor der Anwendung von Ohrenkerzen einen Arzt zu konsultieren.
Anwendung von Ölen im Ohr
Ob Olivenöl, warmes Pflanzen- oder Knoblauchöl: Öle sind eher schädlich als hilfreich, wenn sie ins Ohr geträufelt werden. Sie können Infektionen begünstigen oder das Ohr verstopfen. Besonders gefährlich wird es, wenn das Trommelfell beschädigt ist – in solchen Fällen kann das Öl ins Innenohr gelangen und dort zu Entzündungen oder weiteren Komplikationen führen. Auch Reizungen der Haut im Gehörgang sind eine mögliche Folge. Gleiches gilt im Übrigen für warme Ölwickel: Auch hier kann Öl in den Gehörgang gelangen und zu Komplikationen führen.
Alkohol oder Essig
Einige Menschen verwenden eine Mischung aus Alkohol oder Essig im Ohr, um Infektionen zu behandeln. Diese Praxis kann das Ohr aber weiter reizen, vor allem, wenn das Trommelfell beschädigt ist.
Quellen anzeigen
Linda Künzig, Apothekerin mit Weiterbildungen im Bereich Homöopathie und Naturheilverfahren. Neben ihrer Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke unterstützt sie seit Mai 2019 die Apomio-Redaktion als freie Autorin.