Wetterumschwünge – Wie wir uns am besten vor Erkältungen schützen
Wetterumschwünge kennen wir im Grunde zu allen Jahreszeiten, vor allem aber während der Übergänge vom Sommer zum Herbst/Winter und vom Winter zum Frühling. Mal ist es erst kalt, dann plötzlich frühlingsmild, mal schwankt das Wetter zwischen drückend heiß und herbstlich kühl, dann wieder überraschen uns heftige Regenschauer und kalte Windböen. Viele kennen es: Körper und oft auch die Seele leiden unter solchen Wetter-Kapriolen, auch wenn diese in unseren Breiten durchaus normal und für Natur und Landwirtschaft auch wichtig sind. Manche Wetterfühlige haben es mit Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Kreislaufbeschwerden zu tun, andere wieder mit starken Stimmungsschwankungen. Dazu kommt, dass mit dem Auf und Ab der Temperaturen auch immer wieder das Risiko steigt, sich eine Erkältung einzufangen. Oder? Stimmt das wirklich – sind wir bei Wetterumschwüngen tatsächlich anfälliger für Infektionen?
Ja, sind wir – allerdings ist das Wetter bei weitem nicht der einzige Risikofaktor für eine steigende Zahl an Infektionskrankheiten, wissen Experten. Das Temperaturschwankungen den menschlichen Organismus herausfordern, ist unbestritten. Ist es draußen kalt (und gehen wir bei plötzlichen Kälteeinbrüchen, mit denen wir nicht gerechnet haben, vielleicht auch noch zu leicht bekleidet nach draußen), reagiert der Körper mit entsprechenden Regulierungen: Um einen hohen Wärme- und Energieverlust zu verhindern und die zentrale Körpertemperatur bei ca. 37 Grad Celsius zu halten, wird die Durchblutung schwerpunktmäßig ins Körperinnere verlagert und somit kalte Füße, Hände und Nasen produziert. Auch die Durchblutung der Schleimhäute reduziert sich, sodass dort weniger Abwehrzellen bereit stehen und eindringende Erkältungsviren leichtes Spiel haben, in den Körper einzudringen und dort ihre Wirkung zu entfalten.
Wird es dann abrupt wieder wärmer, muss der Organismus erneut schnell umschalten und gegenhalten: Er lenkt das Blut zurück in die äußeren Körperregionen, mit der Folge, dass der Blutdruck absinkt und man insgesamt „abschlafft“. Durch diese Schwerstarbeit, die der Körper bei rasch wechselnden Umgebungstemperaturen leisten muss, erklärt es sich leicht, dass man sich bei Wetterumschwüngen – egal zu welcher Jahreszeit – oft mal schlapp, abgeschlagen, niedergeschlagen und antriebslos fühlt.
Kühl und feucht – so mögen Viren es am liebsten
Wenn es vor allem bei Wetterumschwüngen „nach oben“ nicht nur abrupt wärmer, sondern die Umgebungsluft zugleich auch feuchter wird, steigt ebenfalls das Erkältungsrisiko, denn in feuchter Umgebung finden Krankheitserreger ein ideales Klima, um sich zu vermehren. Und weil der Körper zugleich durch die vorher herrschende kältere Witterung noch vorbelastet ist, die Schleimhäute strapaziert und oft ausgetrocknet – und somit recht wehrlos – sind, kann unser Organismus sich auch nicht so gut gegen das Vordringen von Viren und Bakterien behaupten. In der kalten Jahreszeit kommt dann auch noch der schnelle Wechsel zwischen dem Aufenthalt in trockener (Heizungs-)Luft in Räumen und feuchtkalter Luft draußen hinzu – eine echte Strapaze für die körpereigenen Abwehrkräfte, die diese oft dann ganz einfach überfordert.
„Erkältung kommt von Kälte“ – diese weit verbreitete Meinung teilen viele Mediziner allerdings nicht. Die vorherrschende Ansicht der Experten ist, dass immer mehrere Faktoren für eine Infektion mit Erkältungsviren verantwortlich sind – allen voran ein zu schlappes Immunsystem, das durch zahlreiche Ursachen geschwächt werden kann. Durchaus kann Kälte eine dieser Ursachen sein: Eine kalte Umgebung ist eine Belastung für den Körper, sie schwächt den Kreislauf und eben auch das Immunsystem und kann somit eine Erkältung begünstigen. In jüngsten Forschungen zum menschlichen Immunsystem haben amerikanische Biologen nun sogar herausgefunden, dass Kälte vielleicht doch ein sehr bestimmender Faktor ist, wenn es um das Auftauchen eines grippalen Infekts geht. Die Vermutung der Forscher: Wenn die Nase kälter wird, können sich dort Erkältungsviren besonders gut vermehren. Zum einen aus einem schon bekannten Grund: Viren fühlen sich grundsätzlich bei kühleren Temperaturen wohl. Zum anderen, und das ist neu, weil sich offenbar die Zellen in der Nase bei größerer Kälte schlechter gegen eindringende Krankheitserreger verteidigen können.
Kalte Nasen vermeiden!
Die Biologen hatten den Atemwegen von Labormäusen Zellen entnommen und diese mit Rhinoviren, also Erkältungsviren, infiziert. Anschließend veränderten sie die Temperaturen um die infizierten Zellen herum. Die Erkenntnis: Bei 33 Grad zeigten die Mäusezellen weitaus weniger Wehrhaftigkeit gegen die Viren als bei 37 Grad, also der optimalen Körpertemperatur des Menschen. Bei dieser Temperatur beobachteten die Forscher eine „beeindruckende“ Verteidigungsleistung gegen die Erreger. Vermutet wird nun, dass sich diese Vorgänge auch auf den menschlichen Körper übertragen lassen. Daher wird geraten, bei kalter Witterung besonders die Nase immer gut warm zu halten.
Kälte spielt also vielleicht tatsächlich eine größere Rolle für die Entstehung einer Erkältung als bisher angenommen. Dennoch gelten – egal wie kalt es ist und wie stark die Temperaturen schwanken – funktionierende Abwehrkräfte und eine insgesamt gesunde Lebensweise nach wie vor als die besten Waffen gegen Husten, Schnupfen und Heiserkeit. Wenn das Immunsystem darniederliegt, aus welchem Grund auch immer, dann steigt in jedem Fall das Infektionsrisiko. Und wenn sich dann noch im Herbst und Winter unzählige Menschen dicht an dicht in Kaufhäusern oder überfüllten Straßen- und U-Bahnen drängen und ihre Schleimhäute immer mehr strapazieren, haben die Viren es gleichzeitig besonders leicht, von einem zum anderen zu springen.
Hygiene macht Erkältungsviren den Garaus
Wenn nun aber das Wetter einer Berg- und Talfahrt gleicht und wir uns dadurch unwohl fühlen – was tun? Wie können wir gerade dann eine Infektion mit Erkältungsviren am besten vermeiden? Grundlegend ist zunächst einmal wichtig, dass man sich eines klarmacht: Viren lauern praktisch immer und überall: auf Treppengeländern und Türgriffen, in öffentlichen Toiletten, im Zug und im Hotel, auf den Geräten im Fitnessstudio – und nicht zuletzt auf den Händen anderer Menschen, die wir gerne zur Begrüßung und zum Abschied drücken. Von unseren Fingern haben es die Erreger nicht weit zu den Schleimhäuten – man braucht sich nur einmal an die Nase zu fassen oder sich die Augen zu reiben, schon hat man die ungebetenen Gäste im Körper. Das bedeutet: Hygiene ist schon mal die halbe Miete. Das gilt natürlich grundsätzlich immer, aber ganz besonders bei Wetterumschwüngen und zu den typischen Erkältungszeiten.
Die wichtigsten Maßnahmen: Händewaschen, sobald man von draußen nach Hause kommt. Händeschütteln nach Möglichkeit ebenso meiden wie Menschenansammlungen. Viel trinken und die Räume regelmäßig lüften, um eine Austrocknung der Schleimhäute zu vermeiden. Eine ausgewogene und vitaminreiche Ernährung, regelmäßige Bewegung (z.B. leichte Ausdauersportarten oder sanftes Yoga) und ausreichend Schlaf, um die Abwehrkräfte fit zu halten. Dazu können sogenannte „wechselwarme Aktivitäten“ den Körper trainieren und durch die Gewöhnung an wechselnde Temperaturreize abhärten: Saunabesuche, Kneipp-Anwendungen, Wechselduschen und Winterspaziergänge halten fit; sie tragen in hohem Maß dazu bei, den Blutdruck in Balance zu halten und den Erkältungsviren das Leben zusätzlich schwer machen. Die genannten Aktivitäten sollten also vor allem bei erhöhtem Erkältungsrisiko regelmäßig auf der „To-do-Liste“ stehen.
Auch die jeweils passende Kleidung spielt gerade bei unstetem Wetter eine große Rolle. Wird’s auf einmal kalt, ist es gut, etwas zum schnellen Überziehen dabei zu haben. Umgekehrt ist das „Zwiebelschalen-Prinzip“ (also mehrere Schichten übereinander zu tragen) wertvoll, wenn es abrupt wärmer wird, weil man sich bei steigender Temperatur schnell etwas ausziehen kann und eine Überhitzung des Körpers dadurch vermeidet. Auch der Regenschutz – egal ob wasserdichte Outdoor-Jacke oder Schirm – ist wichtig. Wenn einen ein Regenschauer kalt erwischt und man eine Weile mit nasser Kleidung herumlaufen muss, verliert man schnell viel Wärme, da die Nässe unmittelbar auf der Haut verdunstet. Das kann selbst bei Hitze einen schnellen Temperatursturz im Körper herbeiführen – mit den schon beschriebenen Folgen!
Geht´s der Seele gut, ist die Erkältungsgefahr geringer
Was viele unterschätzen, aber von den meisten Medizinern als einer der wichtigsten Risikofaktoren für Infektionen genannt wird, sind psychische Belastungen und Stress, vor allem wenn diese Belastungen chronisch, also langanhaltend sind. Wer körperlich gesund bleiben will, sollte also versuchen, auch der Psyche viel Gutes zu tun und sie in Balance zu halten. In diesem Zusammenhang liegt es auch nahe, in Erkältungen immer auch ein Warnsignal des Körpers zu sehen, vor allem, wenn sich die Erkrankungen häufen. Der Ansatz sollte dann darin bestehen, Stressfaktoren zu identifizieren und vielleicht sogar das ganze Leben einer genauen Überprüfung zu unterziehen. Gezielt Stressfaktoren abbauen, Maßnahmen unternehmen, um die körperlich-seelische Balance herzustellen und somit mehr Ruhe und Ausgeglichenheit in sein Leben zu bringen – das sind Empfehlungen, die jeder ganzheitlich orientierte Mediziner geben wird. Worin genau nun diese Maßnahmen bestehen – ob Meditation und Achtsamkeitsübungen, Yoga oder Sport, ein kreatives Hobby, ein Haustier oder auch eine Psychotherapie – ist im Prinzip egal. Wer Dinge tut, die ihm insgesamt gut tun, wird in vielen Fällen feststellen, dass die Häufigkeit der körperlichen Erkrankungen abnimmt – auch und gerade in Zeiten größerer Wetterumschwünge und anderer äußerer Belastungsfaktoren. Denn es gilt heute als erwiesen, dass sich psychische Stabilität positiv auf das Immunsystem auswirkt.
Ganz gefeit ist es man natürlich niemals vor einem Ansturm der Schnupfenviren – und manchmal macht das Immunsystem trotz aller Vorsichtsmaßnahmen schlapp. Wenn es einen erwischt hat, dann sollte man sich auf jeden Fall ausreichend Ruhe und Schonung gönnen – sich mannhaft krank zur Arbeit zu schleppen bringt keinem etwas. Einem selbst nicht, weil man sich dadurch die Chance nimmt, dem Körper die notwendige Erholung zu geben und so bald wie möglich wieder rundum gesund zu sein. Den Kollegen nicht, weil man sie mit seinen Viren oder Bakterien traktiert und womöglich ansteckt. Und dem Arbeitgeber auch nicht, weil man krank nur sehr eingeschränkte Leistung bringen kann.
Die Mattigkeit und Erschöpfung während einer Erkältung werden nicht durch die verursachenden Viren und Bakterien, sondern durch die Entzündungsstoffe ausgelöst, die die weißen Blutkörperchen nach einer Infektion produzieren. Deshalb kann nur die angemessene (Bett-)Ruhe letztlich dafür sorgen, dass der Entzündungsprozess im Körper zurückgehen kann und nicht etwa ganz aus dem Ruder läuft. Medikamente helfen gegen die Symptome einer Erkältung – ausheilen kann diese aber nur durch Ruhe. Wie inzwischen nachgewiesen wurde, wirkt auch Schlafen entzündungshemmend, während einer Krankheit am besten jeweils sieben bis acht Stunden am Stück. Entsprechende Untersuchungen haben gezeigt, dass Versuchspersonen, die ausreichend schliefen, nicht nur schneller gesund wurden, sondern vor einer Ansteckung auch besser geschützt waren.
Also: Schützen Sie sich – und hören Sie, wenn nötig, auf die Signale Ihres Körpers. So kommen Sie mit Sicherheit am besten durchs stürmische Herbstwetter-Auf-und-Ab!
Helga Boschitz, Jahrgang 1966, ist freie Journalistin und Texterin, lebt in Nürnberg und gehört seit Januar 2016 zum apomio.de-Team. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie seit Anfang der 1990er-Jahre als Magazinredakteurin und Moderatorin in Hörfunk- und Fernsehredaktionen u.a. beim Südwestrundfunk, Hessischen Rundfunk und Westdeutschen Rundfunk. Medizin- und Verbraucherthemen sind ihr aus ihrer Arbeit für das Magazin „Schrot und Korn“ sowie aus verschiedenen Tätigkeiten als Texterin vertraut.