Wie bringt uns der Lagerungsschwindel aus dem Gleichgewicht?
Der benigne paroxysmale Lagerungsschwindel (BPLS) ist eine bestimmte Form des Schwindels (lat.: Vertigo). Er zeichnet sich durch sein anfallartiges Auftreten aus und hält überwiegend nur wenige Sekunden an. Besonders betroffen sind ältere Menschen ab einem Alter von etwa 40 Jahren. Betroffene Patienten können durch bestimmte Übungen, welche als Manöver bezeichnet werden, gut von ihrem Leiden befreit werden. Wenngleich die Symptome wiederholt auftreten können, gilt der benigne paroxysmale Lagerungsschwindel als harmlos.
Inhaltsverzeichnis
Der Lagerungsschwindel bringt uns aus dem Gleichgewicht
Wie häufig kommt es zu einem Lagerungsschwindel?
Ein Labyrinth sorgt für unser Gleichgewicht
Was sind die Ursachen für Lagerungsschwindel?
Wie äußert sich ein Lagerungsschwindel?
Stress als Ursache für Lagerungsschwindel
Lagerungsschwindel und Hörsturz – gibt es einen Zusammenhang?
Schwindel ist nicht gleich Schwindel
Mir ist schwindelig. Was erwartet mich beim Arzt?
Der Lagerungsschwindel kann leicht behandelt werden
Mit einem Manöver gegen den Schwindel
Die Operation – das letzte Mittel gegen den Lagerungsschwindel
Der Lagerungsschwindel bringt uns aus dem Gleichgewicht
Die betroffenen Patienten leiden bei einem BPLS unter einer Störung der räumlichen Orientierung oder nehmen fälschlicherweise eine nicht vorhandene Bewegung des eigenen Körpers wahr. Schwindel kann als Drehschwindel, Benommenheitsschwindel oder Schwankschwindel wahrgenommen werden. Beim Lagerungsschwindel handelt es sich um einen Dreh- oder Schwankschwindel, welcher durch die Veränderung der Körperlage zustande kommt. In der medizinischen Fachsprache wird die Erkrankung als benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel bezeichnet.
Benigne bedeutet, dass es sich um eine gutartige, für den Patienten überwiegend ungefährliche Erkrankung handelt. Die Bezeichnung paroxysmal umschreibt das schlagartige Einsetzen des Schwindels bei einer Änderung der Körperlagerung. Hundert Jahre nachdem Robert Bárány im Jahr 1921 das Krankheitsbild erstmals beschrieben hat, lässt sich durch bestimmte Manöver ein Lagerungsschwindel von anderen Schwindeltypen gut unterscheiden.
Wie häufig kommt es zu einem Lagerungsschwindel?
In Deutschland liegt der benigne paroxysmale Lagerungsschwindel an erster Stelle aller, durch das Gleichgewichtsorgan verursachten Schwindelerkrankungen. Über eine Million Neuerkrankungen werden jährlich, vielfach in speziellen Schwindelpraxen diagnostiziert. Frauen besitzen ein deutlich höheres Risiko für die Erkrankung als Männer.
Kinder und Jugendliche sind dagegen eher selten betroffen. Die typischen Symptome treten vorwiegend ab dem 40sten Lebensjahr auf, wobei die Inzidenz mit zunehmendem Alter steigt. In 50 bis 70 Prozent aller Fälle kann keine Ursache für die Krankheit festgestellt werden (= idiopathische BPLS). Bei den anderen Patienten liegen Störungen, wie ein Schädeltrauma, virale Infektionen des Innenohrs (Labyrinthitis, Neuronitis vestibularis) oder ein Morbus Ménière zugrunde.
In jungen Jahren ist der Lagerungsschwindel häufig mit einer Migräne vergesellschaftet. Ähnlich wie beim Morbus Ménière wird eine erbliche Vorbelastung diskutiert.1 Patienten welche einmal an einem benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel erkrankt waren, besitzen ein hohes Risiko für ein Wiederauftreten. So muss mit einer Rezidivrate von 27 Prozent und höher innerhalb der ersten vier Jahre gerechnet werden.2 Bei einer Spontanheilung kommt es deutlich häufiger zu einem wiederholten Auftreten, als dies nach einer erfolgreichen Behandlung durch ein sogenanntes Befreiungsmanöver der Fall ist.3
Ein Labyrinth sorgt für unser Gleichgewicht
Der aufrechte Gang kennzeichnet uns Menschen und unterscheidet uns in der Fortbewegung von anderen Primaten. Neben dem Körperbau ist das Gleichgewichtsorgan maßgeblich für unsere Körperhaltung und Orientierung zuständig. Hierfür vermag es die Lage des Kopfes im Raum zu erfassen und leitet diese Informationen an das Gleichgewichtszentrum im Hirnstamm weiter.4 Das Vestibularsystem, wie dieses Sinnesorgan ebenfalls genannt wird, ist paarig im Innenohr angelegt
Gemeinsam mit dem Hörorgan zählt das Gleichgewichtsorgan zum sogenannten häutigen Labyrinth. Die eigentliche Aufgabe des Gleichgewichtsorgans in jedem Ohr von zwei Makula-Organen und drei Bogengängen erfüllt. Die Bogengänge erfassen Drehbewegungen des Kopfes in allen drei Ebenen.5 Die Makula-Organe oder auch Vorhofsäckchen sind für die Wahrnehmung der Beschleunigung verantwortlich. Somit können wir zwischen vertikaler Beschleunigung, wie etwa beim Fahrstuhlfahren und einer horizontalen Beschleunigung, beispielsweise dem Bremsen und Anfahren unterscheiden.6
Kleine Steinchen im Ohr
Die Oberfläche der Vorhofsäckchen ist mit kleinen Steinchen besetzt, welche nur wenige Tausendstel Millimeter groß sind und aus Calciumcarbonat bestehen. Diese Steinchen werden als Otolithen oder Statolithen bezeichnet. Die Vorhofsäckchen werden durch diese Otolithen beschwert und können sich daher bei einem Beschleunigungsvorgang verschieben. Diese Verschiebung wird an das Gehirn als Information weitergeleitet und von uns als vorwärts, rückwärts, auf- oder abwärts gerichtete Bewegung wahrgenommen.
Was sind die Ursachen für Lagerungsschwindel?
Einen ersten Erklärungsansatz für das Zustandekommen des Lagerungsschwindels lieferte der Arzt HF Schuhknecht mit seiner Cupulolithiasis-Theorie. Dabei sollen sich die Kristalle an der Cupula der Bogengänge anheften und die Bogengänge dadurch in ihrer Funktion ändern. Die Sensoren der Bogengänge melden daher neben Drehbewegungen auch Beschleunigungsvorgänge an das Gehirn.7
Die Partikel konnten unter dem Elektronenmikroskop tatsächlich als Otokonien identifiziert werden. Neuesten Erkenntnissen zufolge geht man allerdings davon aus, dass die Otokonien in den Bogengang gelangen und sich dort an der tiefsten Stelle absetzen. Befindet sich der Kopf in aufrechter Position, verursachen die Steinchen keine Beschwerden. Bewegt sich der Kopf jedoch in eine bestimmte Lage, können diese frei beweglichen Partikel in andere Regionen des Bogenganges wandern. Dem Gehirn wird dadurch eine Bewegung vorgetäuscht, welche mit den anderen Sinneswahrnehmungen (Sehen, Fühlen) nicht übereinstimmt.8 Führen Otokonien auf diesem Weg zum Krankheitsbild des Lagerungsschwindels, wird dies als Canalolithiasis bezeichnet.
Wie äußert sich ein Lagerungsschwindel?
Allein das Auftreten von Schwindel lässt keine Aussage hinsichtlich der Ursachen zu. Für die genaue Zuordnung und einer damit verbundenen möglichen Therapie bedarf es vieler Befunde und vor allem einer ausführlichen Hinterfragung der Krankheitsgeschichte (Anamnese). Somit kommt der Beobachtung der Krankheitszeichen durch den Patienten eine entscheidende Bedeutung zu. Die Einordnung der Symptome kann für den medizinischen Laien indes nicht immer leicht sein. Dies zumal, insbesondere beim erstmaligen Auftreten, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Auslöser und Schwindel nicht unbedingt erkennbar sein muss. Das Krankheitsbild des benignen paroxysmalen Lagerungsschwindels ist durch drei wesentliche Merkmale charakterisiert.
Der Schwindel wird als Bewegungsillusion wahrgenommen. Das bedeutet, die Patienten nehmen ein Drehen oder Schwanken wahr, welches in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. Typisch ist zudem das anfallsartige (paroxysmale) Auftreten, wobei die Attacken mit einer Verzögerung von 5 bis 30 Sekunden nach dem auslösenden Moment beginnen.9 Daher ist von einem nicht plötzlichen Beginn die Rede.
Der Schwindel ist bewegungsabhängig beziehungsweise lagerungsabhängig, wird jedoch dadurch bestimmt, auf welcher Seite und in welchem der Bogengänge sich die Otolithen im Ohr bewegen. Aus diesem Grund gibt es keine eindeutig definierten Bewegungsabläufe, welche den Schwindel verursachen. Die Attacken können beim Drehen des Kopfes im Bett ebenso auftreten, wie beim Aufstehen oder Hinlegen. Schwindelanfälle kommen weiterhin durch das Vorbeugen oder das Neigen des Kopfes nach hinten zustande.
Die Angst vor dem Schwindel
Häufig wird der Schwindel durch Scheinbewegungen der Umwelt begleitet. Dieses, Oszillopsie genannte Phänomen wird beim Lagerungsschwindel durch ein Augenzittern (Nystagmus) begleitet. Die Augen geben dabei ein Bild von Auf- und Ab-Bewegungen an das Gehirn weiter, welches sich beispielsweise durch ein scheinbares Hüpfen von Gegenständen kennzeichnet.
Darüber hinaus berichten Patienten über Herzrasen, Übelkeit sowie starkem Schwitzen. Die Dauer der Symptomatik liegt meist bei nur einer Minute. Fällt die Ursache, also die Veränderung der Lage weg, klingen Schwindel und Nystagmus wieder ab. Solange die auslösenden Lageveränderungen des Kopfes ausbleiben wird der Patient beschwerdefrei bleiben. Allerdings klagen Patienten im Anschluss über anhaltende Unsicherheit beim Gehen und Stehen.
Dies kann sich in einem breitbeinigen Laufverhalten und unsicheren Bewegungsabläufen, etwa beim Umdrehen, äußern. Die Angst vor dem Schwindel kann bei manchen Patienten zu einem Vermeidungsverhalten führen, sodass diese, bestimmte Bewegungen nicht mehr durchführen. Lagerungsschwindel gefährdet die Sicherheit im Arbeitsleben. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit von Unfällen und kann eine längere Arbeitsunfähigkeit nach sich ziehen.10
Stress als Ursache für Lagerungsschwindel
Obwohl heute von einer organischen Ursache für den benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel ausgegangen wird, dürfen psychische Störungen bei der Entstehung nicht ausgeschlossen werden. So wird diskutiert, inwieweit Stress zur Aktivierung von Viruserkrankungen führen könnte, die ihrerseits als eine mögliche Ursache für den Lagerungsschwindel gelten.11
Angst und Stress werden von über 30 Prozent aller Patienten wahrgenommen, welche unter einer Schwindelsymptomatik leiden. Umgekehrt kann auch der Schwindel zu einem Angsterleben und auf diesem Weg zu Stress führen. Orientierungsverlust und die Angst zu Fallen können die Folge sein. Nicht selten beschreiben Patienten ihre Symptome beim Lagerungsschwindel, als liefen sie über Watte.12 Bei Schwindel sollten stets psychische und körperliche Ursachen angedacht werden. Liegen nachweislich organische Auslöser vor, gibt es wissenschaftlich erwiesene und in der Praxis erfolgreiche Behandlungsmethoden.
Wenn Zellen Stress haben
Stress bezeichnet eine Belastungssituation, die sich beim Menschen sowohl auf psychischer wie auf körperlicher Ebene auswirkt. Auch die Zellen unseres Organismus können Stress ausgesetzt sein. Eine besondere Bedeutung kommt dem sogenannten oxidativen Stress zu.
Unter ungünstigen Umständen ist unser Körper nicht mehr in der Lage freie Sauerstoffradikale zu neutralisieren. Die Zellen verlieren dadurch ihre Fähigkeit sich selbst zu reparieren. Es existiert eine Vielzahl von Krankheiten, welche mit oxidativem Stress in Verbindung gebracht werden. In Blutproben von Patienten mit Symptomen eines Lagerungsschwindels konnten Werte gemessen werden, welche typischerweise bei oxidativem Stress erhöht sind.13
Lagerungsschwindel und Hörsturz – gibt es einen Zusammenhang?
Das Ohr nimmt nicht nur Schallwellen wahr und ermöglicht uns somit das Hören. Im Inneren des Ohres befindet sich zudem unser Gleichgewichtssinn. Beide Sinnessysteme liegen unmittelbar nebeneinander und werden über dieselbe Arterie mit Blut versorgt. Die Weiterleitung der beiden Sinneswahrnehmungen erfolgt anfänglich getrennt. Im späteren Verlauf werden sie jedoch im Hörnerv vereint und an das Gehirn übertragen. Krankhafte Veränderungen des inneren Ohres können gleichermaßen den Hör- wie den Gleichgewichtssinn beeinträchtigen.
Beide Anteile des Ohres besitzen ein gemeinsames Flüssigkeitssystem, welches für die Weiterleitung der Reize (Schallwellen, Lageveränderung des Kopfes) verantwortlich ist.14 Verändert sich die Zusammensetzung dieser Lymphflüssigkeit, entstehen Schwindel, Ohrgeräusche (Tinnitus) bis hin zur Schwerhörigkeit.15 Bei einem Hörsturz handelt es sich um eine unvermittelt einsetzende, einseitige Minderung oder den Verlust des Hörvermögens.
Im Gegensatz zum Lagerungsschwindel ist beim Hörsturz meist keine erkennbare Ursache vorhanden. Patienten mit einem Hörsturz berichten häufig über ein gleichzeitiges Schwindelgefühl. In vielen Fällen werden ein Tinnitus und Druckgefühl als Vorbote wahrgenommen. Klagt der Patient über Schwindel, sollte daher mittels einer ausführlichen Hördiagnostik das Hör- und gleichermaßen das Gleichgewichtsorgan getestet werden.
Schwindel ist nicht gleich Schwindel
Die oben beschriebenen Krankheitszeichen sollten in jedem Fall ernst genommen werden. Dies gilt auch, wenn der Schwindel lediglich von sehr kurzer Dauer ist und rasch wieder verschwindet. Wichtig ist, den Lagerungsschwindel von anderen Schwindelarten abzugrenzen, was in der Regel nur von einem Arzt durchgeführt werden kann. Schwindel kann seine Ursachen sowohl in organischen als auch psychischen Störungen besitzen.
Ebenso gibt es eine Reihe von Krankheiten, welche Schwindel verursachen können. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie hoher Blutdruck oder ein Schlaganfall können Schwindelsymptome hervorrufen. Erkrankungen der Augen, Stoffwechselstörungen, wie Diabetes Mellitus oder ein Mangel an Vitamin B12 zählen ebenso zu den Auslösern, wie Morbus Alzheimer, Epilepsie oder Migräne.16
Mir ist schwindelig. Was erwartet mich beim Arzt?
Ein ausführliches Gespräch (Anamnese) sowie das Vorliegen typischer Symptome bringen den Arzt meist rasch zur Diagnose eines Lagerungsschwindels. Die Wahl der richtigen Behandlungsmethode setzt das genaue Wissen über den Ausgangspunkt des Schwindels voraus. Im günstigsten Fall kann der Patient selbst beschreiben bei welcher Lageänderung sein Schwindel auftritt. Leitsymptom für die Diagnostik sind 10 bis 30 Sekunden andauernde Drehschwindelattacken. Gleichzeitig kommt es zum charakteristischen Augenzittern (Nystagmus).
Je nachdem welche Seite und welcher der Bogengänge betroffen ist, stellt sich ein typisches Reaktionsmuster der Augen ein. Innerhalb weniger Minuten kann der Arzt durch die Lagerungsprobe nach Dix und Hallpike den Lagerungsschwindel diagnostizieren. Der Patient sitzt dabei auf der Untersuchungsliege. Der Arzt positioniert sich vor ihm und kann somit einen entstehenden Nystagmus gut beobachten. Vor Beginn des Dix-Hallpike-Manövers klärt der Arzt den Patienten über das bevorstehende Vorgehen auf. Insbesondere bittet er diesen, die Augen während der Untersuchung offenzuhalten.
Zunächst wird der Kopf nach hinten überstreckt und zur Seite gedreht. Im Anschluss lagert der Arzt seinen Patienten rasch in eine liegende Position.17 Treten innerhalb weniger Sekunden ein Drehschwindel sowie ein Nystagmus auf, wird dies als eindeutiges Zeichen für einen Lagerungsschwindel gewertet. Eine Erleichterung bei der Beurteilung der Augenbewegungen bietet dabei die Frenzel-Brille.
Darüber hinaus ist eine apparative Diagnostik nur in wenigen Fällen notwendig. Die Magnetresonanztomografie (MRT) erbringt indes selten den Nachweis auf Veränderungen in der Struktur des Gleichgewichtsorgans. Eine weitere Möglichkeit den Lagerungsschwindel näher zu beschreiben, besteht mit dem Bow-and-Lean-Test.18
Der Lagerungsschwindel kann leicht behandelt werden
Der benigne paroxysmale Lagerungsschwindel vergeht beim Großteil der Patienten von allein. Ein spontanes Nachlassen der Beschwerden (Remission) kann je nach Lage der Otolithen variieren. Liegt die Ursache im horizontalen oder hinteren Bogengang, kann dies zwischen 16 und 39 Tagen dauern.19 Allerdings ist bei einer spontanen Remission mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Wiederauftreten zu rechnen. Daher ist es ratsam einen Arzt aufzusuchen, um eine Therapie einzuleiten. Zu Beginn der 80er Jahre wurde erstmals eine physikalische Behandlungsmethode erfolgreich angewendet. Davor konnte der Lagerungsschwindel nur durch operative Eingriffe geheilt werden. Heute werden diese Verfahren nur im äußersten Notfall durchgeführt.
Mit einem Manöver gegen den Schwindel
Ziel der Behandlung des benignen paroxysmalen Lagerungsschwindels ist es, die Otokonien-Partikel durch entsprechende Manöver aus dem betroffenen Bogengang zu entfernen. Schwindel an sich ist nicht gefährlich. Dennoch wird Schwindel als unangenehm empfunden und kann das Alltagsleben erheblich beeinträchtigen. Die Betroffenen werden daher eine rasche Therapie anstreben. Tatsächlich können 75 Prozent aller Patienten nach nur einer Behandlung von ihrem Lagerungsschwindel befreit werden.
Drei solcher Manöver führen bei fast 100 Prozent der Betroffenen zum Heilungserfolg.1 Je nachdem welcher der Bogengänge betroffen ist (Canalithiasis) oder ob sich um eine Cupulolithiasis handelt kommen unterschiedliche Manöver zur Anwendung. Der Arzt oder Physiotherapeut muss zudem die Seite berücksichtigen, auf welcher der Schwindel ausgelöst wird. (siehe Dix-Hallpike-Test, Bow-and-Lean-Test)
Bei 90 Prozent aller Patienten ist der hintere Bogengang betroffen. In diesem Fall werden vor allem das Epley oder das Semont-Manöver durchgeführt. Beide gelten unter Fachleuten als erfolgversprechend, wobei das Epley-Manöver von manchen als effektiver angesehen wird. Die Behandlung sollte in die Hände von hierfür ausgebildeten Personen gelegt werden. Meist erfolgt die Therapie bereits unmittelbar im Anschluss an die Diagnostik. Eine Eigenbehandlung ist nur nach Rücksprache und der Einweisung durch den Arzt sinnvoll.
Neben der genauen Kenntnis der Ursache ist das Einhalten der einzelnen Manöverschritte für den Erfolg ausschlaggebend. Dabei müssen die Bewegungen nicht schnell durchgeführt werden. Vielmehr ist ein längeres Verbleiben in einer Position von Wichtigkeit.20 Mit 5 bis 10 Prozent ist der seitliche Bogengang deutlich seltener betroffen. Sowohl Diagnostik als auch Therapie sind hier eindeutig anspruchsvoller. Zusätzlich zum Aufsetzen verursacht hier das Vorbeugen des Körpers oder das Hochschauen eine Schwindelsymptomatik.19
Als Therapiemaßnahmen stehen das Lempert-Manöver und das Gufoni-Manöver zur Auswahl. Da beide gleichwertige Ergebnisse erzielen, wird empfohlen sie gleichermaßen zur Behandlung heranzuziehen. Zudem muss die Ursache nicht ausschließlich auf die Bogengänge beschränkt sein. Dem Schwindel kann ebenso eine Cupulolithiasis zugrunde liegen. Der sogenannte Supine-Roll-Test kann helfen die beiden Möglichkeiten zu unterscheiden.
Die Operation – das letzte Mittel gegen den Lagerungsschwindel
Ist ein Behandlungserfolg mit physikalischen Manövern nicht erreichbar, kann die Durchtrennung eines Seitenastes des Gleichgewichtsnervs (Nervus ampullaris posterior) die letzte Möglichkeit darstellen den Patienten von seinem Schwindel zu befreien. In ihrer Wirksamkeit gesichert ist zudem der laserchirurgische Verschluss (Okklusion) dieses Nervs.22 Beide Verfahren kommen jedoch nur sporadisch zum Einsatz. Diskutiert wird weiterhin die Entfernung des Makula-Organs, was jedoch mit einem hohen Komplikationsrisiko verbunden ist.22;23
Wie kann man Lagerungsschwindel vorbeugen?
Otolithen gelten in der medizinischen Fachwelt als Auslöser des Lagerungsschwindels. Ebenso sicher wird davon ausgegangen, dass die Steinchen durch eine Veränderung der Lage des Kopfes in die Bogengänge gelangen oder sich an der Cupula im Makula-Organ festsetzen. Weniger gut erforscht ist die Frage, warum sich die Otolithen vom eigentlichen Ort ihrer Funktion lösen. Ein wesentliches Kriterium scheint das Alter der Patienten zu sein. Dieser Umstand ist jedoch unabänderlich.
Als mögliche Ursachen werden ein Flüssigkeitsmangel, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder Stoffwechselstörungen angeführt. Daher ist eine gesunde Ernährung mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr auf jedem Fall ratsam. Die Durchführung der Therapiemanöver ist stets vom jeweiligen Entstehungsort des Lagerungsschwindels abhängig. Der Arzt wird in den meisten Fällen unmittelbar im Anschluss an die Diagnostik entsprechende Manöver durchführen. Sollte der erste Therapieversuch ohne ausreichenden Erfolg bleiben, wird er mit dem Patienten besprechen, ob und wie dieser die Übungen zu Hause selbst weiterführen soll.
Falsche oder fehlerhaft durchgeführte Manöver können dazu führen, dass auch die anderen Bogengänge Komplikationen verursachen. Überdies sind schwerwiegende neurologische Probleme, wie ein Abdrücken der Wirbelarterien und-nerven möglich.24 Häufig führen die Übungen bereits nach der ersten Durchführung beim Arzt zum Erfolg. Inwieweit die Manöver mehrmals wiederholt werden sollen wird von manchen Fachleuten infrage gestellt. Ebenso widerlegt wurde die Vorgabe, den Kopf nach dem Manöver über zwei Tage aufrecht zu halten oder sich beim Schlafen nicht auf die betroffene Seite zu legen.
Quellen anzeigen
Sein beruflicher Werdegang hat sich in letzter Zeit mit persönlichen Vorlieben verbunden. Als Medizinisch technischer Assistent haben sich die Erfahrung und Ehrgeiz zu einem ganz ordentlichen Wissen auf einigen Gebieten entwickeln können. Fachlich ist er vor allem im Bereich der Allergologie (insbesondere Nahrungsmittelallergien), Endokrinologie (allgemein und Kinderwunsch) und Gastrologie versiert. Seine letzten Berufsjahre als MTA hat er in einem Notfalllabor eines großen Krankenhauses eingebracht.