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Wohnen im Alter: Wie weiter, wenn es nicht mehr geht wie bisher?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 25. Januar 2019

Für die einen kommt sie früher, für andere gnädig spät: die Lebensphase, in der man sich darüber Gedanken macht (oder machen muss), wie man im Alter eigentlich wohnen und leben will. Die grundlegende Frage dabei: Welche Lebens- und Wohnform passt wohl am besten zu mir, wenn ich einmal alt bin? Die individuelle Persönlichkeit spielt eine ganz grundlegende Rolle: Bin ich eher ein Eigenbrötler, der gerne seine Ruhe hat, oder eher ein „Hansdampf in allen Gassen“? Was macht mir in Bezug aufs Alter am meisten Angst: die zunehmende Gebrechlichkeit, die Einsamkeit – oder eher die Vorstellung, den vertrauten Lebensraum verlassen zu müssen und ständig fremde Menschen um sich zu haben, die einen betreuen und pflegen sollen?

 

Wie gut, dass es heute die unterschiedlichsten Möglichkeiten gibt, das Leben und Wohnen im Alter so individuell und zufriedenstellend wie möglich zu gestalten – natürlich immer vorausgesetzt, der geistige und körperliche Gesundheitszustand lässt eine freie Wahl noch zu. Wer schwer erkrankt, wer z.B. durch einen Unfall plötzlich zum Pflegefall wird oder durch eine Demenz das reale Leben nicht mehr gestalten kann, ist meist auf die Entscheidungen anderer angewiesen. Manche Menschen haben das Glück, liebevoll bei den erwachsenen Kindern aufgenommen zu werden oder seit jeher in einer funktionierenden Großfamilie zu leben, in der Oma und Opa ganz selbstverständlich ihren Platz behalten und nötigenfalls gepflegt werden, bis sie im Kreise ihrer Lieben sterben. Doch diese Fälle sind heute eher die Ausnahme.

 

Wie also leben im Alter? So lange wie möglich im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung bleiben zu können, das ist wohl für die meisten die schönste Vorstellung. Falls das nicht geht, könnte betreutes Wohnen – zuhause, in einer Wohneinrichtung oder im Seniorenheim – das Richtige sein. Wer dagegen noch körperlich und geistig fit ist und gleichaltrige Gesinnungsgenossen hat, gründet vielleicht kurzerhand eine Senioren-WG. Jung und Alt kommen in sogenannten Mehrgenerationen-Wohnprojekten unter einem Dach zusammen – wer bis ins Alter aufgeschlossen für Neues bleibt und gerade mit Jüngeren in Kontakt sein will, wird sich möglicherweise für diese Lebensform erwärmen.

 

Möglichst lange in den eigenen vier Wänden bleiben

 

Viele Menschen jenseits der 60 oder 70 leben seit langer Zeit in immer demselben Haus oder derselben Wohnung. Ganz nach dem Motto „My home is my castle“ fühlen sie sich dort zuhause und sicher, jeder Winkel ist vertraut – nicht nur innerhalb der eigenen vier Wände, sondern auch außerhalb, im Stadtteil. Doch seit einiger Zeit wird es schwierig, die Treppe hoch zu kommen, in die Badewanne zu steigen oder die Hausarbeit zu bewältigen. Vielleicht reicht auch die Rente nicht aus, um die Miete oder die Kosten für ein großes Haus weiterhin bezahlen zu können. Aber die Vorstellung, ausziehen zu müssen, ist unerträglich. Das Zuhause altersgerecht, also barrierefrei umzubauen, kann in solchen Fällen die Rettung sein, vorausgesetzt, alle individuellen Faktoren sprechen dafür. Da bekommt beispielsweise das Bad eine Schiebetür, die Dusche wird eben in den Boden eingebaut und mit Sitz, Haltegriffen, rutschfesten Fliesen u.Ä. ausgestattet. Die Treppe nimmt man nun mit einem Treppenlift, und selbst mit einem Rollstuhl werden Arbeitsflächen, Waschbecken usw. mühelos erreicht. Die Lebensqualität kann dadurch wieder enorm steigen und die  Selbstbestimmung bis ins hohe Alter erhalten bleiben.

 

Wo gute Beratungen zur Verfügung stehen

 

Wer finanziell nicht gerade hervorragend gestellt ist, wird sich schnell die bange Frage nach den hohen Kosten für einen solchen Umbau stellen. Diese werden allerdings in vielen Fällen zu einem nicht unbeträchtlichen Teil übernommen – von Bund, Land oder Stadt bzw. Kommune oder auch von der Krankenkasse. Die entsprechenden Förderanträge wollen natürlich gestellt werden und sind mitunter viele Seiten lang und kompliziert. Doch nur Mut: Es gibt in jedem größeren Ort Beratungsstellen, die einen hierbei unterstützen. Die Berater dort helfen nicht nur beim Ausfüllen der Anträge, sondern wissen auch, was unter welchen Umständen aus welchen „Fördertöpfen“ gezahlt wird, was bei den Umbauten zu beachten ist und welche Firmen auf solche Baumaßnahmen spezialisiert sind. Viele Berater kommen ins Haus und machen sich so ein eigenes Bild davon, welche Maßnahmen nötig wären. Auf der Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung e.V. sind Wohnberatungsstellen in Deutschland aufgeführt: www.bag-wohnungsanpassung.de. Eine informative Broschüre „Daheim wohnen bleiben!“ hat der Verein Stadtteilarbeit aufgelegt; sie kann unter www.verein-stadtteilarbeit.de/downloads abgerufen werden.

 

Zuhause bleiben: Was zweifellos eine der besten Lösungen fürs Wohnen im Alter ist, kommt allerdings nicht für jeden in Frage. Vielleicht bleiben doch noch zu viele Faktoren übrig, die das Wohnen im bisherigen Zuhause erschweren. Die Kosten sind unter Umständen doch zu hoch, in anderen Fällen verweigern die Eigentümer der Mietwohnung die Zustimmung zu den nötigen Umbaumaßnahmen. Eine umfassende Beratung zu diesem Thema kann die Unwägbarkeiten und offenen Fragen dazu sicherlich klären.

 

Wieso keine WG gründen? Nicht nur für junge Leute attraktiv 

 

Wer hat nicht schon einmal einen lustigen und anrührenden Film gesehen über mehrere „in die Jahre gekommene“ Menschen, die noch unternehmungslustig sind und keine Lust haben, sich im Altersheim zu langweilen? Tatsächlich: Wer fit ist und einen netten Freundeskreis von Gleichgesinnten um sich herum hat, der sollte ernsthaft erwägen, eine Senioren-WG zu gründen. Manche haben auch – etwa durch den Auszug der Kinder oder nach dem Tod des Ehepartners – Platz im Haus oder in der Wohnung und vermieten Zimmer an jüngere oder auch ältere Menschen. Ein solches Miteinander kann gut funktionieren, es kann jung halten, vor Einsamkeit bewahren, Lebenshaltungskosten deutlich senken und auch für ein erhöhtes Sicherheitsgefühl sorgen, denn im Notfall ist jemand gleich nebenan. Wenn es gelingt, die (im Alter nicht unbedingt kleiner werdenden) Eigenheiten und „Schrullen“ gegenseitig zu akzeptieren und die Kompromisse zu machen, die jedes Zusammenleben nun mal fordert, dann kann diese Lebensform äußerst beglückend und belebend sein.

 

Wie kann man sich im Stadtteil vernetzen?

 

In vielen Stadtteilen haben sich Nachbarschafts-Netzwerke entwickelt, die gerade Älteren ermöglichen, lange in ihrem vertrauten Viertel wohnen zu bleiben. Da organisieren sich z.B. Haushaltshilfen und ambulante Pflegedienste mit Hausnotrufen innerhalb des Stadtteils, Essen wird gebracht oder gemeinsam gekocht, der Gang zum Amt oder zur Apotheke wird übernommen oder begleitet. Wer wissen will, ob im eigenen Stadtteil so etwas möglich ist, kann sich an das örtliche Seniorenbüro, die Wohnberatungsstelle oder, sofern vorhanden, den Quartiermanager wenden. Den umfassendsten Überblick bietet auch hier das Internet, nämlich die Seite des bundesweiten Netzwerks Nachbarschaft: www.netzwerk-nachbarschaft.net. Hier könnte man auch ein bisher unbekanntes Viertel in der eigenen Stadt finden, dessen Infrastruktur womöglich besser zu den Bedürfnissen des Alters passt. Um das herauszufinden, sollte man einfach mal mit offenem Blick durch dieses Viertel gehen, mit möglichst vielen Menschen sprechen und registrieren, welche Angebote gerade für Ältere es dort gibt. Ein Umzug dorthin könnte auch eine Option sein!

 

Was ist die Zukunft? Jung und Alt im Mehrgenerationenhaus

 

Wer von der guten alten Großfamilie träumt, ist vielleicht in einem Mehrgenerationenhaus richtig. Hier schließen sich sozusagen „Wahlfamilien“ zusammen – junge Paare mit Kindern, Singles im mittleren Alter, Senioren – vom Baby bis zum Hochbetagten kann hier jeder seinen Platz finden. In immer mehr Städten gibt es mittlerweile – privat oder städtisch bzw. vom Land initiierte und geförderte – Wohnprojekte, in denen mehrere Generationen unter einem Dach leben. In den meisten sind Gemeinschaftsbereiche ein wichtiger Teil des Zusammenlebens. Dort können die Bewohner zwanglos zusammenkommen, miteinander kochen und essen oder etwas gemeinsam unternehmen. Für Eigenbrötler ist so ein Mehrgenerationen-Leben sicher nichts, denn in den meisten Projekten sind alle aufgefordert, sich im Rahmen eines bestimmten Konzepts mit den eigenen Möglichkeiten und Neigungen in die Gemeinschaft einzubringen. So basiert das Zusammenleben nicht nur auf Kontakt und Erfahrungsaustausch zwischen den Generationen, sondern die Bewohner profitieren auch im Alltag ganz konkret von der gegenseitigen Unterstützung und Arbeitsteilung. Da hüten z.B. ältere Menschen die Babys der jungen Berufstätigen oder helfen Schulkindern bei den Hausaufgaben, während die Jüngeren den Älteren bei Bedarf zur Hand gehen und ihnen mühevolle Arbeiten abnehmen. Das Gemeinschaftsleben geht oft noch viel weiter: Die Bewohner organisieren vielfach Freizeitaktivitäten wie Sport, gemeinsame Wanderungen oder Feste. Sie teilen Freud und Leid, sitzen beim Mittagessen, bei Kaffee und Kuchen und guten Gesprächen zusammen und werden nicht selten zu engen Freunden fürs Leben. 

 

In so eine Wohn- und Lebensform stolpert man allerdings nicht mal eben kurzfristig hinein – die meisten, die heute in so einem Projekt leben, haben sich schon vor vielen Jahren einer Gruppe angeschlossen, die das solidarische gemeinschaftliche Wohnen von Grund auf geplant und angestrebt hat. Vielfach gehört auch ein gewisses Eigenkapital dazu, das jeder aufbringen muss. Zudem kommen viele zu spät, wenn sie sich erst in höherem Alter nach einer solchen Wohnform umsehen – denn viele Projekte haben bereits ausreichend ältere Mitstreiter und suchen gezielt nach jüngeren Bewohnern, da sie ja kein Seniorenheim gründen wollen. Einen guten Überblick über geplante und bestehende Mehrgenerationen-Projekte bietet die Bundesvereinigung Forum Gemeinschaftliches Wohnen e.V im Internet unter www.fgw-ev.de sowie das Portal www-wohnprojekt-portal.de und eine Broschüre des Bundesfamilienministeriums, abrufbar auf www.bmfsj.de.

 

Das Rundum-Sorglos-Paket im Seniorenheim

 

Manchmal sprechen gute (meist medizinische, aber auch soziale und psychologische) Gründe für einen Umzug in ein Heim. Selbst das von vielen so gefürchtete „Altersheim“ ist in vielen Fällen heute nicht mehr eine reine „Verwahrstation“ für alte Menschen. Stattdessen wird in vielen Einrichtungen sehr darauf geachtet, den Bewohnern so viel Selbstbestimmung und Individualität wie möglich zuzugestehen. Im Vordergrund steht hier natürlich die umfassende medizinische Betreuung und (oft sehr zugewandtes und liebevolles) Personal, das im Notfall, aber auch bei kleineren Problemen sofort zur Verfügung steht.

 

Menschen, die noch weitgehend gut alleine klarkommen, entscheiden sich vielfach für das betreute Wohnen im Heim. Das sind Menschen, denen es leichter fällt als anderen, das gewohnte Leben loszulassen, das alte Zuhause zu „entrümpeln“ und sich, was den Wohnraum angeht, teils extrem zu verkleinern. Doch nicht immer lebt man im Heim oder Stift in einem kleinen möblierten Zimmerchen, in das allenfalls noch die eigene Kleidung, ein paar Bilder und andere Erinnerungsstücke passen. Viele Einrichtungen bieten großzügige barrierefreie Apartments, die man sich ganz individuell mit den eigenen Möbeln und Accessoires einrichtet. Dort ist ein weitestgehend autarkes Leben möglich, man kann sich aber auch das Leben mit vielerlei Service-Angeboten erleichtern, etwa durch tägliche warme Mahlzeiten im Gemeinschaftsraum oder Haushaltshilfen. Dazu kommen vielfach organisierte Freizeitaktivitäten. Viele fühlen sich in dieser Wohnform besonders sicher, denn ein Notfallknopf findet sich in jeder Wohnung, und auch wenn mal kurzfristig medizinische Hilfe nötig wird, steht jemand zur Verfügung, etwa bei einer akuten Erkrankung oder nach einer OP. Viele Einrichtungen machen es auch möglich, dass Bewohner, sollten sie im Lauf der Jahre pflegebedürftig werden, in den entsprechenden Bereich umziehen können.   

 

Natürlich gibt es von Heim zu Heim, von Einrichtung zu Einrichtung große Unterschiede in Qualität, Ausstattung und Angebot, was sich natürlich dann auch preislich bemerkbar macht. Doch auch wenn immer wieder Fälle von menschenunwürdigen Bedingungen in „preiswerten“ Heimen bekannt werden, lässt der Preis längst nicht immer auf die Pflege- und Betreuungsqualität der Einrichtung schließen!

 

Wer sich für ein Seniorendomizil interessiert, sollte sich in Frage kommende Häuser auf jeden Fall vorher gut anschauen – solche Informationsbesuche sind überall möglich, vielfach sogar ein Probewohnen. Alle Fragen können vor Ort geklärt werden, und nur so kann man einen Eindruck gewinnen, ob man sich dort wohl fühlen könnte. Wer sich schon vorab über die Auswahl an Heimen informieren möchte, kann bei örtlichen Wohlfahrtsverbänden wie Caritas, Rotes Kreuz oder AWO nachfragen oder sich an die Wohnberatungsstelle bzw. das Seniorenbüro wenden.  

 

Frühzeitig informieren – gezielt vorbereiten – Entscheidungen rechtzeitig fällen

 

Wer gerade anfängt, sich Gedanken zu machen, findet unter diesen Adressen im Internet erst einmal einen sehr guten allgemeinen Überblick: www-wohnen-im-alter.de und www.senioren-ratgeber.de. In jedem Fall sollte man nicht erst mit dem Überlegen beginnen, wenn bereits eine Entscheidung ansteht, wenn die zunehmende Gebrechlichkeit oder eine Krankheit das gewohnte Leben bereits unmöglich machen oder zumindest erheblich beeinträchtigen. Deshalb empfehlen Berater und Experten, sich spätestens mit Eintritt ins Rentenalter ernsthaft mit dem Thema Wohnen im Alter zu beschäftigen. Bei vielen gehört dazu auch, sich erst einmal ein Netzwerk schaffen zu müssen, also Menschen zu suchen und kennenzulernen, die die gewünschte Wohnform im Alter mit einem teilen oder zumindest Hilfestellung leisten könnten. Je älter man wird, desto schwieriger wird so etwas, weil Kraft, Mut und Aufgeschlossenheit meist immer mehr abnehmen. Und wer bereits von einer chronischen Krankheit oder absehbar zunehmenden Gebrechlichkeit weiß, die vielleicht noch in den Anfängen stecken, tut erstrecht gut daran, das Thema nicht zu verdrängen. Je später im Leben ein Umzug ansteht, der nicht mehr freiwillig und unausweichlich ist, desto schmerzlicher wird es für den Betroffenen.

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Helga Boschitz
Autor: Helga Boschitz

Helga Boschitz, Jahrgang 1966, ist freie Journalistin und Texterin, lebt in Nürnberg und gehört seit Januar 2016 zum apomio.de-Team. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie seit Anfang der 1990er-Jahre als Magazinredakteurin und Moderatorin in Hörfunk- und Fernsehredaktionen u.a. beim Südwestrundfunk, Hessischen Rundfunk und Westdeutschen Rundfunk. Medizin- und Verbraucherthemen sind ihr aus ihrer Arbeit für das Magazin „Schrot und Korn“ sowie aus verschiedenen Tätigkeiten als Texterin vertraut.

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