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Bandscheibenvorfall - Wann ist eine OP sinnvoll?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 10. März 2016

In Deutschland erleiden jährlich mehr als 180.000 Menschen einen Bandscheibenvorfall. Wie kommt es zu einem Bandscheibenvorfall und wie macht sich dieser bemerkbar? Wann ist eine sofortige Operation notwendig? Ist eine konservative Behandlung möglich und langfristig erfolgsbringend? Hintergründe und Basisinformationen zum Thema „Bandscheibenvorfall“ im folgenden Beitrag.

Hier die Funktion unserer Bandscheiben

Unsere Bandscheiben werden kontinuierlich als sogenannte Stoßdämpfer gefordert: zwischen jeweils zwei Wirbelkörper befindet sich eine Bandscheibe, die etwa 4mm dick ist und die Funktion eines „Gelkissens“ übernimmt, nämlich Erschütterungen und Stöße abzufedern und für eine gleichmäßige Druckverteilung auf die Wirbelkörper aufzukommen. Jede Bandscheibe verfügt über einen Gallertkern, der zähflüssig ist und von einem Faserring, bestehend aus Faserknorpel und Bindegewebe, umgeben ist.

Was ist ein Bandscheibenvorfall? Wie wird ein Bandscheibenvorfall verursacht?

Nicht immer bleiben Bandscheiben an den ihnen vorgesehenen Platz zwischen den Wirbelkörpern: Bei einer Bandscheibendegeneration kann sich das weiche Gewebe des Bandscheibenkerns durch Risse im Faserring der Bandscheibe über das hintere Längsband nach außen wölben (Bandscheibenvorwölbung – Protusion) oder sogar nach außen treten. Das Szenario des Austretens von Bandscheibengewebe bezeichnet man als Bandscheibenvorfall.

Die Lokalisation eines Bandscheibenvorfalls kann hierbei variieren: am häufigsten tritt der Bandscheibenvorfall an den beiden untersten Bandscheiben der Lendenwirbelsäule auf; die Rede ist dann von einem lumbalen Bandscheibenvorfall. Wesentlich seltener - aber möglich - ist der Bandscheibenvorfall im Bereich der unteren Halswirbelsäule anzutreffen; man spricht dann von einem cervilaken Bandscheibenvorfall. Den Bandscheibenvorfall im Bereich der Brustwirbelsäule bezeichnet man als thorakalen Bandscheibenvorfall.

Die Verwölbung oder das Austreten der Bandscheibe allein verursachen allerdings noch keine Schmerzen: Auf die in unmittelbarer Nähe liegenden Nervenwurzeln kann durch die Verwölbung bzw. das Austreten des Bandscheibengewebes Druck ausgeübt werden; der Nerv wird zusammen gepresst, das heißt es kommt zu einer Nervenwurzelkompression: Der durch Druck gereizte Nerv reagiert dann mit Schmerz. In dieser Hinsicht kann ein Bandscheibenvorfall auch unbemerkt und schmerzfrei verlaufen, sofern die unmittelbarer Nähe liegenden Nervenwurzeln nicht betroffen werden.

Unsere Bandscheiben unterliegen einem natürlichen Abnutzungsprozess, der durch folgende Risikofaktoren begünstigt werden kann und einen Bandscheibenvorfall verursachen kann:

  • Alter
  • Bewegungsmangel
  • Übergewicht
  • Fehlhaltung beim Sitzen
  • Schweres Tragen oder Heben

Das Risiko einen Bandscheibenvorfall zu erleiden kann besonders bei einer schwach ausgebildeten Bauch- und Rückenmuskulatur erhöht sein.

Welche Symptome hat man bei einem Bandscheibenvorfall

In manchen Fällen erfordert ein Bandscheibenvorfall schnelles Handeln, um bleibende Schäden zu verhindern. Aus diesem Grund sollte man die Symptome eines Bandscheibenvorfalls kennen. Diese können sich durch folgende Krankheitszeichen äußern:

  • Ischiasschmerz : ein akuter, vom Rücken über das Gesäß bis zum Fuß ausstrahlender Schmerz, der sich beim Anheben des gestreckten Beines aus der Rückenlage verstärkt (Laséguesches Zeichen)
  • Gefühlsstörungen (Taubheitsgefühl, Kribbeln, „Ameisenlaufen“)
  • Reflexausfälle

Bei sehr starkem Druck auf die Nervenwurzeln sind auch Lähmungserscheinungen im Versorgungsgebiet der betroffenen Nerven möglich, zum Beispiel kann der Fuß nicht mehr aktiv angehoben werden, eine Fußheberschwäche bzw. Fußheberparese liegt vor. Auch kann in seltenen Fällen eine Lähmung der Blase, bei der die Harnentleerung gestört ist, auftreten oder eine Störung der Mastdarmentleerung. In diesen Fällen ist eine Notfall-Operation durchzuführen. Die Diagnose des Bandscheibenvorfalls wird durch spezielle moderne bildgebende Verfahren, wie der Computertomographie und der Magnetresonanztomographie, gesichert.

Die konservative Behandlung eines Bandscheibenvorfalles

Nur wenige Patienten mit Bandscheibenvorfall müssen operiert werden. Eine konservative Therapie äußert sich in

  • der Gabe von schmerzlindernden Medikamenten
  • der Injektion von örtlichen Betäubungsmitteln in die Nähe der Nervenwurzeln
  • der Streckbehandlung der Wirbelsäule kombiniert mit Wärmeanwendung (Rückengymnastik)

Notfallindikation: Operation. Wenn der Vorfall auf den Nerv drückt

Bei einer Muskel- oder Blasen- bzw. Mastdarmlähmung ist eine sofortige Operation notwendig. Dabei wird das auf die Nervenwurzeln drückende Bandscheibengewebe, das die schmerzende Lähmung verursacht, entfernt. Sofern eine Operation verzögert wird, kann es im schlimmsten Fall zu bleibenden Querschnittssymptomen führen.

Studien im Vergleich

Immer wieder wird die Diskussion geführt, dass Bandscheibenvorfälle zu häufig operiert werden und ganzheitlich orientierte Orthopäden warnen davor, dass die Diagnose Bandscheibenvorfall bei zu vielen Patienten in einer Operation mündet.

In Deutschland habe sich die Zahl der Operationen an der Wirbelsäule mehr als verdoppelt. In einer Studie aus dem Jahr 2007 (SCIATICA-Studie) wurden 283 Patienten mit einem schweren lumbalen Bandscheibenvorfall untersucht und in zwei Gruppen unterteilt: eine Gruppe wurde konservativ behandelt, die andere Gruppe ist frühzeitig operiert worden. Das Ergebnis der Wissenschaftler: Nach einem Jahr haben 95 Prozent aller Patienten aus beiden Gruppen vergleichbar gut erholt, dabei war die Gruppe der Operierten schneller fit und früher schmerzfrei. Der Prozess der Genesung verlief bei Operierten schneller ab und auch die körperliche Funktion nahm bei Patienten, die operiert wurden, schneller zu.

Konservative Therapie vs. Operation: Die Operation ist dem konservativem Vorgehen in dieser Hinsicht leicht überlegen, aber letztendlich ist eine Heilung, wenn auch auf lange Sicht, auch durch konservative Behandlungsmaßnahmen – wenn der Vorfall nicht auf den Nerv drückt und neurologische Ausfälle nicht zu befürchten sind – möglich. Langfristig liefern beide Methoden gleich gute Ergebnisse. Aus diesem Grund ist eine ausführliche ärztliche Beratung für den Patienten mit Bandscheibenvorfall sehr wichtig, so die Meinung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC), aus dem Ärzteblatt, September 2014. Laut Fachgesellschaft können nämlich 90 Prozent aller Patienten mit einem Bandscheibenvorfall zwischen einer konservativen Therapie und einer Operation wählen. Der Direktor der Neurochirurgischen Klinik der Technischen Universität München äußert sich darin im Folgenden: „Diese Patienten haben ein Recht darauf, von einem gut informierten Arzt ausführlich über die Behandlungsoptionen beraten zu werden und dann selbst frei zu entscheiden. Die Entscheidung muss für und mit jedem einzelnen Patienten abgewogen werden“. Willen und Lebenssituation des einzelnen Patienten sollten immer berücksichtigt werden.

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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