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Die Mingle-Beziehung: Gemeinsam einsam?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 12. August 2016

„Es ist kompliziert“ – So oder so ähnlich würden viele junge Menschen ihren Beziehungsstatus wohl auch außerhalb der sozialen Netzwerke beschreiben. Laut Studien sind immer mehr Personen nicht in der Lage zu definieren, ob sie Single oder vergeben sind. Dating Portale, Psychologen und Beziehungsexperten schließen nun diese undefinierte Zone zwischen Beziehung, Freundschaft und Freunde mit gewissen Vorzügen und geben ihr den Namen Mingle. Doch was bedeutet das und wie sieht so eine Beziehung aus? 

„Nicht so wirklich“, „Ja, aber eigentlich nicht“, „Ich weiß nicht genau“, „Ich denke schon“ – dieses bunte Potpourri sind mögliche antworten auf die Frage: „Seid ihr ein Paar?“. Eine einfache Frage, doch gerade vielen jungen Menschen fällt die Antwort nicht ganz so leicht. Man lernt sich kennen, geht miteinander aus, küsst sich, landet im Bett und verbringt auch nach dem ersten Mal viel Zeit miteinander. Doch eine Beziehung? Undenkbar.

Diesen Lebensstil praktizieren laut einschlägiger online Partnerbörsen vor allem Mitzwanziger und die Anfang-Dreißiger. Seit einiger Zeit gibt es für diesen lange undefinierbaren Bereich zwischen Freundschaft, Single-Leben und Beziehung die Bezeichnung „Mingle“. Das neumodische Wort setzt sich aus den Bestandteilen „mixed“ (deutsch: gemischt) und Single zusammen und beschreibt eben dieses oft gelebte Zwischending.

Mingle: Halb Beziehung halb Single

Das Reizvolle an der Lebenssituation? Man kombiniert die Vorteile des Singlelebens mit den Vorteilen einer festen Partnerschaft. Konkret sieht das so aus: Mann und Frau treffen sich regelmäßig unregelmäßig, haben Spaß zusammen, gehen ins Kino, essen oder feiern gemeinsam, hören dann aber auch einige Tage oder Wochen einmal wieder nichts voneinander. Sexuelle Exklusivität gibt es nicht. Jeder kann sich mit anderen treffen und neue Leute kennenlernen.

Die gemeinsame Zeit genießen die „Partner“ und nach außen sieht es wie eine Beziehung aus, doch es gibt keinerlei Verpflichtungen dem anderen gegenüber. Keine verkrampften Essen bei den Schwiegereltern, kein Vorstellen bei den Arbeitskollegen und keine Diskussionen über die privaten Probleme der beiden – eben ein Zusammensein in guten, aber nicht in schlechten Zeiten.

Mingle-Beziehungen entstehen oft nach und nach

Dass sich zwei Personen von Anfang an auf eine solche Beziehung einigen ist eher selten. Oft ist es einfach passiert und sie gleiten nach und nach in dieses unverbindliche Modell. Daher tun sich viele Mingles auch schwer ihren Status zu definieren: Es wurde schlichtweg nie thematisiert und analysiert.

Und das ist auch gut so. In einer funktionierenden Mingle-Beziehung können beide den Moment leben und die schöne gemeinsame Zeit genießen. Egal ob kuscheln auf der Couch oder feiern mit Freunden – alles ist machbar. Auf der anderen Seite steht die absolute Unverbindlichkeit. Wenn einer der Partner einmal keine Lust auf Gesellschaft hat, ist auch das kein Problem, es bestehen keinerlei Verpflichtungen.

Voraussetzung: Beide müssen ehrlich sein

Dieses Modell funktioniert aber nur so lange gut, solange bei dasselbe von der Halbbeziehung wollen. Ist einer der Partner insgeheim verliebt oder möchte mehr als nur „Gelegenheitspartner“ sein, werden Gefühle verletzt. Dabei ist das nicht ungewöhnlich. Je mehr Zeit man mit einer sympathischen Person auf intime Weise verbringt, desto mehr Gefühle können sich entwickeln. Kommt es so weit, muss derjenige, der nicht so tief in der Beziehung steckt, die Reißleine ziehen.

Damit die unverbindliche Halbbeziehung funktioniert, ist absolute Ehrlichkeit gegenüber dem Mingle-Partner nötig. Auch nach einigen Wochen oder Monaten kann sich die emotionale Situation verändern und darüber muss kommuniziert werden.

Mingle-Beziehung: Konstrukt in einer kurzlebigen Welt?

Psychologen und Beziehungsexperten mutmaßen, dass dieses Modell aufgrund der immer schnelllebigeren und unverbindlicheren Umwelt entstanden sei. Kaum einer kann genau voraussagen, wo er in zwei Jahren leben oder arbeiten wird und wie sich die Zukunft gestaltet. Trotzdem will niemand alleine sein, sondern Spaß haben. Die Unverbindlichkeit einer Mingle-Beziehung kommt da gelegen.

Andere Stimmen sagen, in dieser Form spiegle sich nur die Unfähigkeit zu emotionalen Bindungen wieder. Durch das unkomplizierte Kennenlernen von potenziellen Partnern im Netz und über diverse Dating-Apps, haben viele Singles das Gefühl, den oder die Richtige zu verpassen, wenn man sich zu früh auf einen Partner festlegt. Die wahre Liebe könnte ja nur einen weiteren Klick entfernt sein. Deshalb verbringen sie die Zeit mit einem akzeptablen „Übergangspartner“ und sind weiter auf der Suche nach Traumprinz oder Prinzessin.

Funktionsfähigkeit der Mingle-Beziehung

Ob diese Lebensweise zu einem passt, muss letztendlich jeder für sich selbst entscheiden. Wer auf der Suche nach dem Partner fürs Leben ist und ein Haus mit Kindern und Golden-Retriever vor Augen hat, der wird in einer Mingle-Konstruktion vermutlich nicht auf Dauer glücklich. Doch hier ist Kommunikation das A und O. Die persönlichen Ziele und Lebensvorstellungen sollte mit jedem (egal ob Single, Mingle, oder Partnerschaft) Partner offen und ehrlich besprochen werden.

Wenn eine Mingle-Beziehung in Frage kommt, sollten einige Regeln beachtet werden, damit sie funktioniert. In einer so unverbindlichen und offenen partnerschaftlichen Beziehung ist Eifersucht fehl am Platz. Gerade wegen der großen Flexibilität und der Freiräume lassen sich Mann und Frau auf diese Art der Beziehung ein. Feste Zeiten und Regeln wären da hinderlich.

Auch mit dem (gemeinsamen) Umfeld sollte die Beziehungssituation besprochen werden. Wenn Freunde und Bekannte wissen was Sache ist, kommt es weniger zu unangenehmen Fragen oder Gesprächen, die man eher meiden möchte. Denn oft enden Halbbeziehungen dann, wenn der Beziehungsstatus laut ausgesprochen und thematisiert wird.

Räumliche Trennung und Unkompliziertheit

Partner einer Mingle-Beziehung sollten außerdem nicht in einer Wohnung (WG) leben. Hier wäre das Konstrukt einer „echten“ Beziehung zu ähnlich und Komplikationen, Besitzansprüche und Eifersucht könnten entstehen. Wer sich auf eine unverbindliche Teilzeitbeziehung einlassen möchte, sollte die Modalitäten vorab mit dem Partner klären. Sind sich beide Parteien einig, steht dem unverbindlichen Spaß auf Zeit nichts im Weg.

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Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

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