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„Hilfe, ich habe Ischias“ – Wenn der Ischiasnerv Beschwerden macht

Kommentar schreiben Aktualisiert am 15. September 2016

Ein dumpf bohrender Schmerz ausgehend vom Gesäß und ausstrahlend bis in den Fuß?! Oft klagen Betroffene mit den Worten „Hilfe, ich habe Ischias!“ Doch in der Medizin ist der sogenannte Ischias keine Erkrankung, sondern ein anatomischer Begriff. In dem folgenden Beitrag erfahren Sie Wissenswertes über den Ischiasnerv, den längsten Nerv unseres Körpers und wie sich Ischiasschmerzen behandeln lassen können.

Nervus ischiadicus

„Ischias“ wird gerne als Kurzbeschreibung für Ischiasschmerzen, im medizinischen Fachjargon Ischialgie genannt, verwendet. Der Ischiasnerv, lateinisch Nervus ischiadicus, ist der längste Nerv des menschlichen Körpers und entspringt aus dem Rückenmark, etwa auf Höhe der Hüfte und ist dort so dick wie der kleine Finger. Der Nervus ischiadicus hat die Aufgabe Signale des Gehirns über das Rückenmark an die Beine weiterzuleiten und andersherum; der Ischiasnerv ermöglicht Gefühlswahrnehmungen in den Beinen.

Wie äußern sich Ischiasschmerzen?

Ischiasbeschwerden werden auch als Ischialgie bezeichnet. Typische Merkmale sind: Aus der rechten oder linken Gesäßregion abwärtsziehender Schmerz, mitunter bis in die Waden, bis in den Fußbereich ausstrahlend. Kennzeichnend sind Schmerzen auch beim Husten, beim Bücken oder im Liegen sowie beim Heben des betroffenen Beines über einen bestimmten Winkel hinaus. Auch Taubheitsgefühl und Missempfindungen der Hautoberfläche im Bereich des Ischiasverlaufs sind möglich. Im Extremfall kommt es sogar zu Lähmungen. Meist sind die Beschwerden allerdings harmlos und vergehen nach einigen Wochen, auch wenn diese anfangs als höllisch empfunden worden sind. In Untersuchungen ist gezeigt worden, dass bei 90 Prozent der Patienten mit Beschwerden vom Ischiasnerv ausgehend innerhalb von drei Monaten schmerzfrei sind.

Wie entstehen Ischiasschmerzen?

Ursachen sind meistens eine Reizung des Ischiasnervs oder entzündliche Prozesse, oft aber auch mechanische Deformationen, zum Beispiel Wirbelsäulenfehlhaltungen oder plötzlich eingetretene Fehlstellungen im unteren Wirbelsäulenbereich. Dadurch wird Druck auf die Nervenaustrittswurzel am Rückenmark ausgeübt. Eine Ischialgie bzw. ischiasartige Rückenschmerzen können auch entstehen, wenn Nervenwurzeln im Wirbelkanal zusammen gedrückt werden, etwa durch einen Bandscheibenvorfall. Für einen eingeklemmten Ischiasnerv ist typisch, dass die Schmerzen ausgelöst werden, sobald man versucht das gestreckte Bein, anzuheben.

Ischialgie während der Schwangerschaft

Auch bei einer Schwangerschaft kann eine Ischialgie eintreten. Grund hierfür ist die figurliche Veränderung in der Schwangerschaft bzw. die Verlagerung des Körperschwerpunkts und die zusätzliche Belastung der Gesäßmuskulatur, die zu vorübergehende Rückenschmerzen führen kann und für die Ischiasschmerzen verantwortlich sind. Das Gewicht des Ungeborenen im Mutterleib drückt auf das Becken und kann eine Reizung des Ischiasnervs hervorrufen. Auch wenn es Schwangeren dann schwer fällt, sich zu bewegen, sollten sie keinesfalls die Bewegung meiden. Denn eine eingeschränkte Bewegung und anhaltende Bettruhe können bewirken, dass sich die Verspannung verstärkt und die Schmerzen zunehmend werden. Leichte Massage und schonende Bewegungsabläufe in der Wassergymnastik können zum Beispiel Linderung schaffen. Ein warmes Bad, eine Wärmflasche oder ein erwärmtes Kirschkernkissen können ebenfalls für eine Entspannung der Rücken- und Gesäßmuskulatur sorgen. Eine Wärmezufuhr ist allerdings bei Schwangeren mit frühzeitigen Wehen nicht zu empfehlen, da Wärme eine wehenanregende Wirkung hat.

Behandlung und Übungen für eine trainierte Rückenmuskulatur

Passive Maßnahmen wie zum Beispiel Massagen, Bäder, Elektrotherapie und Medikamente können chronische Schmerzen nur vorübergehend lindern. Entscheidend ist vielmehr die Vermeidung der verursachenden Schadensfaktoren durch Änderung der Lebensführung. Hier spielt die individuelle Beratung durch den Arzt eine ganz wichtige Rolle. Dazu gehört auch das Heranführen an eine sportliche Betätigung in der Freizeit. Bettruhe ist nämlich der falsche Weg zur Genesung. Krankengymnastik ist beispielsweise auch nur dann sinnvoll, wenn der Patient auch bereit ist, die erlernten Übungen zu Hause weiterzuführen. Die Bekämpfung des Übergewichts, sofern vorhanden, gehört darüber hinaus auch immer mit zur komplexen Therapie bei bestehenden Rückenschmerzen. Nicht alle chronischen Wirbelsäulenschmerzen lassen sich beseitigen. Die Lebensbewältigung mit dauerhaften Schmerzen bedarf einer besonders einfühlsamen psychotherapeutischen Hilfe.

Auch die richtige Körperhaltung spielt eine entscheidende Rolle: Nicht in schlaffer Haltung mit gebeugtem Rücken sitzen. Die Wirbelsäule wird dabei gekrümmt. Die Rückenbelastung wird nämlich vermindert, wenn man gerade sitzt und die Wirbelsäule von der Sitzlehne abstützen lässt. Genauso ist es wichtig, Gegenstände richtig zu heben: Eine Last nie mit gebeugtem Rücken und gestreckten Knien anheben. Die Rückenbelastung wird vermindert, wenn die Knie angewinkelt sind und der Rücken gerade ist. Dabei wird die Belastung nämlich auf die Beine verlagert, anstatt auf die Wirbelsäule.

Im Folgenden werden fünf Übungen geschildert, mit denen die Rückenmuskulatur trainiert werden kann:

Übung 1:

Rückenlage; die Beine werden angewinkelt, in den Kniekehlen werden beide Arme umschlossen und kräftig in Richtung des Bauchnabels bewegt. Der Kopf und die Schultern bleiben dabei fest an den Boden gepresst. Die Übung wird anfangs zehnmal, später bis zu 30 mal wiederholt.

Übung 2:

Rückenlage; beide Beine werden gestreckt zehn bis zwanzig Zentimeter angehoben und abwechselnd angewinkelt bzw. gestreckt („Radfahren“). Kopf und Schultern bleiben dabei fest auf dem Boden. Je nach Kondition wird die Übung anfangs zehnmal und später bis zu 30 mal wiederholt.

Übung 3:

Rückenlage; bei leicht angewinkelten Beinen und aufgesetzten Füßen wird das Becken so angehoben, dass zwischen Gesäß und Unterlage eine Distanz von mindestens einer Handbreite erreicht wird. Der Kopf und die Schultern werden dabei fest an den Boden gepresst. Auch diese Übung wird bis etwa 20 mal wiederholt.

Übung 4:

Erhöhte Unterschenkellagerung. In Rückenlage werden die Unterschenkel auf einen Hocker oder einen umgelegten Stuhl gelegt. In dieser Lage verharrt man nun 15 bis 30 Minuten. Diese Übung entspannt das Kreuz und den Lendenbereich und dehnt schonend die Rückenmuskulatur.

Übung 5:

In Bankstellung das Kreuz mit dem Einatmen zum Katzenbuckel anheben und mit dem Ausatmen wieder senken. Die Arme bleiben dabei gestreckt. Diese Übung entspannt die Kreuz- und Lendenmuskulatur und wirkt ausgleichend bei Hohlkreuz. Die Übung wird anfangs etwa zehnmal, später bis zu 30 mal wiederholt.

Fazit: Nur wer sich aktiv an der Besserung der Ischias-Schmerzen beteiligt, dem kann es gelingen, beschwerdefrei zu werden. Der schnellste Weg zur Besserung? In Bewegung bleiben!

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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