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Vom Tunnelblick bis hin zur kompletten Dunkelheit: So führt Retinopathia pigmentosa zum Sehverlust

Kommentar schreiben Aktualisiert am 23. September 2017

Wenn die Sehzellen zugrunde gehen: Bei der erblichen Augenkrankheit Retinopathia pigmentosa sterben Sinneszellen auf der Netzhaut nach und nach ab und das Sehen verändert sich. Das erste Symptom ist häufig die Nachtblindheit. Im späteren Stadium bleibt nur ein Fleck in der Mitte des Gesichtsfeldes erhalten, auch Blindheit ist möglich. Eine Heilung gibt es bislang noch nicht.  Die Retinopathia pigmentosa (RP) ist eine erbliche bedingte Augenerkrankung. In Deutschland leben etwa 40.000 Betroffene, weltweit soll es rund drei Millionen Fälle geben. Damit handelt es sich um die häufigste Ursache für Erblindung. Die Ursache für RP ist genetisch: Sind bestimmte Gene verändert, kann es zum Ausbruch der Krankheit kommen. Dabei wird das Gen rezessiv vererbt. Das bedeutet, dass beide Eltern jeweils mindestens ein degeneriertes Gen tragen, damit die Krankheit beim Kind ausbricht. Dabei müssen die Eltern nicht zwingend erkrankt sein, sie können "nur" Überträger sein. Auch eine spontane Mutation der Gene kann zu RP führen.

Retinopathia pigmentose: Stäbchen sterben ab

Bei der Retinopathia pigmentosa werden Sinneszellen im Auge nach und nach zerstört. Dabei gehen die Stäbchen zuerst zu Grunde. Sie befinden sich vor allem an den Randbereichen der Netzhaut und sind für die Wahrnehmung von Helligkeit und Kontrast verantwortlich. Ein erstes bemerkbares Symptom kann daher eine schlechtere Wahrnehmung in der Nacht sein. Auch Lichtempfindlichkeit kommt vor. Betroffene brauch deutlich länger um sich auf neue Belichtungssituationen einzustellen. Da die Fähigkeit Farben wahrzunehmen durch die Funktion der Zapfen im Mittelpunkt der Netzhaut begründet ist, gibt es hier zunächst keine Einschränkungen. Nach und nach gehen immer mehr Sinneszellen im Auge zugrunde. Doch das muss der Betroffene nicht sofort merken. Denn das Gehirn vervollständigt die fehlenden Informationen aus Erinnerungen und es entsteht so ein intaktes Bild. Gegenstände am Rand des Gesichtsfeldes werden immer weniger wahrgenommen, es kommt zu häufigem Stolpern oder Anecken an Gegenständen. Der Mittelpunkt des Gesichtsfeldes ist nicht beeinträchtigt, sodass Gesichter erkannt werden und auch das Lesen der Zeitung ist für viele Patienten kein Problem.

Typisches Symptom: Der Tunnelblick

In einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium erkennt der Patient nur noch den mittleren Bereich des Gesichtsfeldes. Was er sieht, lässt sich mit dem Blick durch ein schmales Rohr vergleichen. So kann es sein, dass für die Orientierung im Raum bereits ein Blindenstock nötig ist, das Lesen eines Magazins aber noch einwandfrei funktioniert. Bei manchen Patienten ist die Sehschärfe auch betroffen, sie sehen dann mit fortschreitender Erkrankung immer unschärfer. Die Einschränkung der Sehkraft kann aber auch aus der Mitte heraus erfolgen. Man spricht dann von einer inversen Retinopathia pigmentosa. Bei einigen Patienten ist die Trübung der Augenlinse (Katarakt) ein Symptom der RP. Die Krankheit schreitet Schritt für Schritt fort. Viele Patienten erblinden im Verlauf ihres Lebens vollständig. Eine Möglichkeit die Krankheit zu heilen gibt es bislang nicht. Forscher arbeiten derzeit an einem Chip, der in die Netzhaut transplantiert wird und die optische Wahrnehmung wieder herstellt oder zumindest verbessern soll.

Diagnose Retinopathia pigmentosa

Sollte eine sich verschlechternde Nachtblindheit auftreten und Dinge am Rand des Gesichtsfeldes immer wieder übersehen werden, muss ein Augenarzt aufgesucht werden. Ein gewöhnlicher Sehtest gibt keinen Hinweis auf die Erkrankung, da er auf die Sehschärfe abzielt. Aussagekräftiger ist die Gesichtsfelduntersuchung. Hier lässt sich bei RP eine ringartige Zone feststellen, in der die Sehkraft stark beeinträchtigt ist. Auch ein Test auf Nachtblindheit kann einen ersten Hinweis auf RP liefern. Wird dann der Augenhintergrund genauer betrachtet, wird der Arzt die typische Degeneration der Sehzellen feststellen. Mit einer anschließenden DANN-Analyse kann ermittelt werden, auf welchem Gen der Defekt liegt und ob gegebenenfalls mit weiteren genetisch bedingten Krankheiten zu rechnen ist. Die Retinopathia pigmentosa ähnelt einer Makuladegeneration. Die Diagnose ist daher genau abzugrenzen um den Patienten angemessen behandeln zu können. Bei der sogenannten Pseudo Reginitis pigmentosa kommt es zu den Symptomen einer RP, es liegt allerdings kein Gendefekt vor. Entzündungen, Verletzungen, Tumore oder die Nebenwirkungen von Medikamenten können dafür verantwortlich sein.

Therapie der Sehstörung: Hilfsmittel erleichtern Alltag

Eine Heilung ist zwar noch nicht möglich, doch mit Hilfsmitteln können die Patienten ihren Alltag ein Stück weit normal gestalten. Ein Blindenstock dient der Orientierung im Raum, ein Ultraschallgerät kann Gegenstände in der näheren Umgebung ermitteln. Speziell getönte Brillen schützen die Augen vor UV-Strahlen und einer weiteren Schädigung. Durch die Einnahme von Vitamin A kann das Fortschreiten der Krankheit in manchen Fällen verlangsamt werden. Wird bereits bei einem Kind RP diagnostiziert ist es wichtig, den Betroffenen auf ein Leben mit dem beeinträchtigten Sehen vorzubereiten. Durch die Erkrankung kann es zu einer verlängerten Schulzeit kommen. Bei der Berufswahl muss das Leiden berücksichtigt werden – der Job sollte möglichst auch mit einer verminderten Sehkraft noch ausgeübt werden können. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann dabei helfen, den Umgang mit der RP zu meistern und den Verlust der Sehkraft zu verarbeiten. Der Verein Pro Retina berät Betroffene und deren Angehörige zu allen Themen rund um die Erkrankung.

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Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

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