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Süchtig nach dem Kick: Wie Suchtmittel das Belohnungssystem austricksen

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Am Abend ein Bier und in der Mittagspause eine Zigarette: Egal ob Alkohol, Kaffee oder Nikotin, diese Genussmittel sind überall frei verkäuflich. Doch sie haben ein großes Suchtpotenzial und können zu einer körperlichen oder psychischen Abhängigkeit führen. Drogen haben eine noch größere Auswirkung auf den Körper. Wir erklären, was bei einer Abhängigkeit im Körper passiert, wie man eine Suchterkrankung erkennt und den Teufelskreis durchbrechen kann. 

Nicht jeder, der sich zum Essen gerne einen Wein oder zum Kaffee eine Zigarette gönnt, hat gleichzeitig ein Suchtproblem. Solange der Genuss in Maßen gehalten wird ist er nicht krankhaft – einmal die körperlichen Schäden von Alkohol und Nikotin außen vor gelassen. Sucht entsteht in erster Linie durch Belohnung. Aus evolutionärer Sicht hat die Sucht durchaus einen Sinn: Wer früher etwas zum Erhalten der Art beigetragen hat – etwa Fortpflanzung oder das Genießen einer besonders guten Nahrung – der wurde von seinem Körper dafür mit Glückshormonen Serotonin und Dopamin belohnt und war bestrebt dieses Verhalten zu wiederholen.

Der Botenstoff Dopamin

Die Ursache für diesen Vorgang liegt im Mittelhirn. Die Bereiche, die für Motivation, Gedächtnis und Kontrolle zuständig sind, spielen auch bei einer Sucht eine wichtige Rolle. Sie belohnen den Körper nach einem guten physischen Erlebnis (Essen, Sex, Erfolg). Drogen, Alkohol oder auch andere Suchtstoffe setzten diesen Mechanismus auch ohne physikalischen Reiz in Gang. So kommt es zur Ausschüttung von Glückshormonen ohne die positive Handlung. Das Belohnungssystem des Körpers reagiert nach und nach nur noch auf das Suchtmittel – andere Reize wie Freunde, Hobbys oder der Partner geraten mehr und mehr in den Hintergrund.

Dopamin ist ein Hormon, das bestimmte Informationen der Nervenzellen in das Gehirn übermittelt. Im Gehirn gibt es etwa eine Million Dopaminzellen, die den Botenstoff nach bestimmten Reizen ausschütten und in den Körper weiterleiten. Dockt das Hormon an den Rezeptoren im Nucleus accumbens an, wird Freude, Glück und Zufriedenheit empfunden.

Suchtmittel wie Drogen, Alkohol oder Nikotin umgehen diesen Weg. Alle Drogen haben denselben Effekt: Die Dopaminrezeptoren im Gehirn sind stärker und auch länger aktiviert und vermitteln so den andauernden Zustand von Glückseligkeit. Diese Stimulierung des Belohnungszentrums ist sehr intensiv, sodass alle anderen Stimulationen in den Hintergrund geraten. Die Folge: Wir greifen immer öfter zu Alkohol, Zigarette und Co. um diese Belohnung zu erhalten.

Gewöhnung an die Droge

Durch das stetige Zuführen des Genussmittels oder der Droge bekommen die Dopanin-Rezeptoren immer mehr Kapazität, sodass immer mehr von der Droge zugeführt werden muss um den gewünschten „Rausch-Zustand“ zu erlangen. Dadurch erhöhen sich die Dosis und die Frequenz des Konsums des Suchtmittels. Um welches Suchtmittel es sich handelt, spielt dabei keine Rolle. Es kann Alkohol, Nikotin, Heroin oder online Shopping sein. Das Prinzip bleibt gleich.

Hat sich das Gehirn erst einmal auf die Zufuhr der Stoffe eingestellt, kommt es zu chemischen Veränderungen. Alkohol beeinflusst mit seiner entspannenden Wirkung etwa das Verhältnis zwischen beruhigenden und ankurbelnden Hormonen. Wird oft Alkohol getrunken, schüttet das Gehirn vermehrt aktivierende Hormone aus um das auszugleichen. Bleibt die Alkoholzufuhr dann aus, ist ein Überschuss der aktivierenden Hormone vorhanden und man ist unruhig und aufgewühlt. Ohne die Alkohol-Dosis muss sich der Körper erst wieder die normale Regulation „beibringen“. Dieser Vorgang kann Wochen oder Monate dauern.

Wie erkennt man eine Sucht?

Wichtig zu wissen ist, dass eine Abhängigkeit eine Krankheit ist und kein Zeichen für Charakterschwäche. Es kann jeden treffen, wenn genug Faktoren zusammenkommen. Oftmals bekommt die Außenwelt nichts von der Abhängigkeit mit. Suchtmittel kann dabei nahezu alles sein. Ob die tägliche Schokolade, der Kaffee, das Surfen im Internet oder das regelmäßige Schuhe-Kaufen. Sobald ein starker innerer Drang vorliegt das Suchtmittel zu konsumieren und die Kontrolle über den Konsum nach und nach verloren geht, kann eine Sucht vorliegen. Abhängige Personen ziehen sich unter Umständen immer mehr zurück, verstricken sich in Lügen und versuchen alles, um an ihren „Stoff“ zu kommen.

Kommt es durch ein Ausbleiben des Konsums zu Entzugserscheinungen, wird eine abhängige Person wahrscheinlich sein Suchtmittel konsumieren, um die Symptome zu mindern. Wird die benötigte Dosis immer höher, kann eine Abhängigkeit vorliegen. Eine Abhängigkeit kann nur dann effektiv therapiert werden, wenn der Betroffene seine Situation von sich aus ändern möchte und den Willen hat sich in Therapie zu begeben.

Therapie einer Abhängigkeit

Ein wichtiger Faktor für die Entstehung einer Abhängigkeit ist das Bestehen einer psychischen Erkrankung wie einer depressiven Störung, Angststörungen oder chronischer Schmerzen. Die Ausgangserkrankung wird allerdings erst behandelt, wenn die Sucht unter Kontrolle ist.

Wichtig ist, dass sich der Betroffene selbst für eine Abstinenz entscheidet. Dann kann eine Entzugsbehandlung in speziellen Kliniken erfolgen. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten. Jede Sucht benötigt eine andere Therapie, abhängig vom Suchtmittel und dem Patienten.

Zusätzlich zur (Rauschgift-)Entwöhnung wird der Patient ärztlich unterstützt und psychologisch betreut. Auch Bewegungs-, Entspannungs- oder Ergotherapie kann den Erfolg der Therapie unterstützen und Entzugserscheinungen reduzieren. Nach ein bis zwei Wochen sollten die körperlichen Symptome verschwunden sein. Die psychische Heilung dagegen dauert wesentlich länger. Der Patient muss ein Leben ohne Rauschmittel regelrecht lernen und sich von alten Gewohnheiten lossagen.

Rückfall jederzeit möglich

Wer einmal Abhängig von einem Suchtmittel war, kann jederzeit wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Ist das Gehirn einmal an die kontinuierliche Zufuhr berauschender Mittel gewöhnt, springt es schneller wieder auf den Stoff an, wenn er erneut zugeführt wird. Deshalb ist eine konsequente Entsagung der Droge wichtig. Mit ärztlicher Unterstützung und dem Rückhalt von vertrauten Personen steht nach der überwundenen Abhängigkeit einem normalen Leben nichts im Weg. Selbsthilfegruppen können den Alltag erleichtern und Kontakt zu anderen Betroffenen herstellen.

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Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

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