Ab März 2020: Das Wiederholungsrezept kommt mit dem Frühjahrsputz
Das Gesetz zum Wiederholungsrezept tritt bereits am 01.03.2020 in Kraft. Bislang stehen genaue Vereinbarungen zur Abrechnung und zur Ausgestaltung des Rezepts aus: „Das Bundesgesundheitsministerium geht davon aus, dass die gesetzlichen Krankenkassen und die zuständigen Apothekenverbände in ihren Rahmenverträgen (§129 SGB V) Vereinbarungen zur Abrechnung der Wiederholungsrezepte treffen.“1 Fest steht bislang: Der Arzt kann zukünftig Wiederholungsrezepte ausstellen, mit denen ein Medikament innerhalb eines Jahres bis zu viermal bezogen werden kann.
Inhaltsverzeichnis:
- Das Gesetz ist beschlossen
- ABDA begrüßt Wiederholungsrezepte
- Bundesärztekammer sieht ärztliche Aufgaben gefährdet
- Ärzteschaft ist sich einig: Wiederholungsrezept gesundheitsgefährdent
- ABDA und Zur Rose: Durchaus offene Haltung
Das Gesetz ist beschlossen
Am 14. November 2019 hat der Deutsche Bundestag in 2. und 3. Lesung folgenden Gesetzespassus im Sozialgesetzbuch V, §31 Abs. 1b, beschlossen: „Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.“2 Der Zustimmung des Bundesrats bedarf das Gesetz nicht mehr, teilte das Bundesgesundheitsministerium im November mit. Das Gesetz ist Teil des Masernschutzgesetzes und wurde zügiger auf den Weg gebracht, als im geplanten Rahmen des Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken realisierbar war.3
ABDA begrüßt Wiederholungsrezept
Eine Anhörung im Bundestag zum Gesetz fand bereits am 23. Oktober vergangenen Jahres im Gesundheitsausschuss des Bundestags statt. Dr. Christiane Eckardt-Lill, die den Geschäftsbereich Pharmazie der ABDA leitet, verteidigte dem Ausschuss gegenüber, dass es zum Wiederholungsrezept kommen solle.4 Schließlich obliege dem Arzt weiterhin die Hoheit darüber, ob er ein Wiederholungsrezept ausstellen wolle: „Der Arzt entscheidet, wie oft das Arzneimittel in der Apotheke abgeholt werden soll.“4
Eckardt-Lill bekräftigte laut der DAZ.online, dass ein Wiederholungsinstrument ein Instrument zur Entlastung von Arztpraxen sei: „Weil der Patient während der Gültigkeit des Wiederholungsrezeptes nur in Akutfällen den Arzt aufsuchen muss.“4 In der Zwischenzeit habe der Patient mit dem Apotheker einen Ansprechpartner, der ihn im Zweifel direkt an einen Arzt verweise, so die Apothekerin der ABDA-Pharmazieleitung demnach.
Bundesärztekammer sieht ärztliche Aufgaben gefährdet
Auf heftigen Widerstand stieß das Wiederholungsrezept hingegen auf Seiten der Ärzteschaft. Die Vertreterin der Bundesärztekammer (BÄK) bezeichnete Wiederholungsrezepte im Oktober als „sehr kritisch“, gibt die DAZ.online Einwände bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss wieder. Von Entlastung der Ärzte könne keine Rede sein: Wiederholungsrezepte könnten zu „mehr und neuen Medikationsfehlern“ führen. Der Patient, der über längere Zeiträume nicht zum Arzt gehe, benötige möglicherweise eine geänderte Medikation – außerdem führe die Selbstmedikation häufig zu „potenziellen Interaktionen, die nicht auffallen“, so die BÄK-Vertreterin.4
Ärzteschaft ist sich einig: Wiederholungsrezept gesundheitsgefährdend
In einer gemeinsamen Stellungnahme der Bundesärztekammer (BÄK) und der Arzneimittelkommission der Ärzteschaft (AkdÄ) im Mai 2019 hatte die Ärzteschaft ihre Bedenken bezüglich Wiederholungsverschreibungen präzise offengelegt. Solche Verschreibungen generierten entgegen der Annahme des Bundesgesundheitsministeriums „einen deutlich höheren Aufwand“ und „evidente Risiken für Medikationsfehler“ und damit letztlich eine Verschlechterung der Patientenversorgung in Deutschland.5
Als konkrete Gesundheitsbedenken nannte die Stellungnahme die Medikation chronisch Kranker, die in der Regal an kritischen und überwachungsintensiven Erkrankungen litten: „Ein Wiederholungsrezept würde bedeuten, dass ein Patient mit beispielsweise einer Blutdruckdauermedikation bis zu einem Jahr nicht mehr in der Praxis vorstellig wird.“5 Damit entfielen in der Praxis essentielle Hinweise auf vergessene Kontrolltermine, Rückmeldungen zum klinischen Verlauf und etwaige Laborkontrollen mit Anpassungen der Medikation. Bei jeder Neueinlösung eines Wiederholungsrezepts müsse stattdessen von nicht indikations-geschulten Apothekern eine „Anamnese erhoben werden und geklärt werden, ob zwischenzeitlich etwas geschehen ist, dass das Wiederholungsrezept obsolet macht.“5
ABDA und Zur Rose: Durchaus offene Haltung
Die ABDA konterte dagegen in einer Pressemitteilung vom 20. Dezember, dass das Wiederholungsrezept insbesondere für Chroniker gedacht sei: Insbesondere chronisch kranke Patienten, die gut auf ein Arzneimittel eingestellt sind, können dadurch Zeit und Aufwand sparen“, so die offizielle Haltung der ABDA. Mit einer in seinem Halbjahresbericht 2019 getätigten Aussage betont das Schweizer Zur Rose-Unternehmen, Mutterkonzern von DocMorris, dass dieses sich positiv auf den Versandhandel auswirke: "Weitere Elemente des Apothekenstärkungsgesetzes, wie das Wiederholungsrezept, wirken sich positiv auf das Versandgeschäft aus."6 Insbesondere die Versorgung von Chronikern würde diese Entwicklung aus Sicht des Schweizer Konzerns erleichtern.
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Frau Maria Köpf ist seit 2018 als freie Autorin für apomio tätig. Sie ist ausgebildete Pharmazeutisch-technische Assistentin und absolvierte ein Germanistik- und Judaistik-Studium an der FU Berlin. Inzwischen arbeitet Maria Köpf seit mehreren Jahren als freie Journalistin in den Bereichen Gesundheit, Medizin, Naturheilkunde und Ernährung. Mehr von ihr zu lesen: www.mariakoepf.com.