Bundesgesundheitsministerium: Grünes Licht für den Botendienst
Apothekenkunden sind heute häufig gestresster, kränker und älter als früher. So zumindest könnte man jene Tendenz auslegen, dass Kunden verstärkt einen Botendienst für ihr Medikament wünschen. Mit dem jüngst verabschiedeten Entwurf zum Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken klärt das Bundesgesundheitsministerium endlich eine längst fällige Versorgungsfrage.
Botendienste für Apotheken bald regelhaft zulässig
Wie der Entwurf zum Apothekenstärkungsgesetz verdeutlicht, soll der Botendienst zukünftig grundsätzlich auf Kundenwunsch für Apotheken regelhaft – über den Einzelfall hinaus – zulässig sein.
Mit dem für 2020 geplanten „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ (VOASG) wird der Botendienst für Apotheken aus der bisherigen Grauzone geholt. Wollen Apotheken zukünftig verschreibungspflichtige Medikamente zustellen, müssen sie zwingend pharmazeutisches Personal einsetzen. Das gilt, wenn zuvor keine Beratung in der Apotheke stattgefunden hat oder wenn zuvor keine Verschreibung vorlag. Wortwörtlich heißt es: „Die Verschreibung muss dann spätestens bei der Aushändigung der Arzneimittel übergeben werden und die Beratung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Aushändigung erfolgen“. Das pharmazeutische Personal muss das Rezept unmittelbar überprüfen und gegenzeichnen. Die Beratung darf abweichend zur mündlichen Information in der Apotheke auch telefonisch aus der Standortapotheke erfolgen. Bei temperaturempfindlichen Arzneimitteln muss ähnlich der Qualitätskriterien für Versandapotheken „durch mitgeführte Temperaturkontrollen“ die Kühlkette nachgewiesen werden. Das soll verhindern, dass Impfstoffe oder empfindliche Insuline witterungsbedingt verderben.
Bereits im Mai hatte das Bundesgesundheitsminister im Referentenentwurf für ein neues Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken den Botendienst regulär vorgesehen. Vom Bundeskabinett wurde der Entwurf, der Apothekenparagraphen in 8 relevanten Punkten regelt, durchgewunken. Am 20. September soll der Entwurf im Bundesrat angehört werden, am 17. Oktober im Bundestag. Damit kann das Gesetz vermutlich spätestens im Sommer 2020 in Kraft treten.
Die problematischen Buchstaben des Gesetzes
Seit 2011 erwog das Bundesgesundheitsministerium mehrfach, den in Apotheken rege ausgeübten Botendienst endlich auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen.
Rechtsgrundlage für den Botendienst ist die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Hier regelt §17, dass die erlaubnisfreie Zustellung von Arzneimitteln an Kunden örtlicher Apotheken nur „im Einzelfall“ erlaubt ist. Außerdem regelt § 20, wie ein Medikament im Einzelnen an den Patienten auszuhändigen ist: „Der Apothekenleiter muss […] sicherstellen, dass Patienten […] hinreichend über Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte informiert und beraten werden. Die Verpflichtung […] kann durch andere Angehörige des pharmazeutischen Personals der Apotheke übernommen werden.“ Dies verpflichtete Apothekenleiter bislang per Gesetzesgriff, der Beratungspflicht auch bei der Zustellung von Arzneimitteln nachzukommen und in Abgrenzung zum Arzneimittelversandhandel keine Lieferungen über den Einzelfall hinaus durchzuführen.
Das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken plant nun, den Botendienst gesetzlich als Regelleistung von Standortapotheken festzuschreiben. Ursache für die geplante Gesetzesänderung war ein Problem, dass sich im Alltag vieler Standortapotheken in Deutschland zeigte. Viele Kunden erwarteten offenbar, ein nicht sofort verfügbares Medikament nach Hause „nachgeliefert“ zu bekommen. Für die gesteigerte Erwartungshaltung mögen mithin die Zunahme an e-Commerce-Angeboten weltweit als auch die zunehmende Alterung der Gesellschaft verantwortlich gewesen sein.
Wie wurde der Botendienst bisher praktiziert?
Apothekenleiter, die auf diese Patientenerfordernisse eingingen, bewegten sich jedoch in einer gesetzlichen Grauzone: Viele Apotheken in Deutschland boten ihren Kunden einen Botendienst an, um die benötigten Medikamente und Medizinprodukt zeitnah nach Hause zu liefern – fraglich blieben jedoch einige damit zusammenhängende Fragen. Etwa, wie die Apotheke im Einzelnen sicherstellen solle, dass die sachgemäße Anwendung und Unbedenklichkeit des Medikaments zuvor durch einen pharmazeutischen Mitarbeiter vermittelt wurde. Zudem war fraglich, ob der Beratungsparagraph auch dann greift, wenn das Medikament zwar zuvor beraten wurde, nicht jedoch von pharmazeutischem Personal, sondern mittels eines Lieferanten ausgehändigt wird.
Zuletzt stellten sich Fragen rund um Qualitätsvorkehrungen beim Arzneimittelversand. Laut §11 im Apothekengesetzes (ApoG) wird von Versandhandelsapotheken gefordert, ein spezielles Qualitätsmanagementsystems einzurichten. Dieses sichert unter anderem die Sendungsverfolgung, Transportversicherung und den Zustellungszeitpunkt ab.
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Frau Maria Köpf ist seit 2018 als freie Autorin für apomio tätig. Sie ist ausgebildete Pharmazeutisch-technische Assistentin und absolvierte ein Germanistik- und Judaistik-Studium an der FU Berlin. Inzwischen arbeitet Maria Köpf seit mehreren Jahren als freie Journalistin in den Bereichen Gesundheit, Medizin, Naturheilkunde und Ernährung. Mehr von ihr zu lesen: www.mariakoepf.com.