Coronavirus: Sorge um Lieferengpässe durch Ausfälle in China
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zeigt sich aktuell besorgt, dass es im Zuge der schweren Coronavirus-Ausbrüche seit Dezember 2019 zu Lieferengpässen in China kommen könnte. Möglichkeiten, etwaige Lieferschwierigkeiten frühzeitig abzumildern, werden derzeit intensiv von deutschen und europäischen Gesundheitsakteuren erörtert. Betroffen sind insgesamt 11 Wirkstoffe. Derzeit liegen laut BfArM aber keine Hinweise für „eine Einschränkung oder ein Erliegen der Arzneimittelversorgung“ vor.
Inhaltsverzeichnis
1. Das neuartige Atemwegsvirus
Bei der im Dezember 2019 erstmalig aufgetretenen Atemwegserkrankung „COVID-19“ durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 beziehungsweise 2019-nCoV zeigen sich bei Akutverläufen Atemnot und schwere Lungenentzündungen. Häufig sind anfänglich ein allgemeines, schweres Krankheitsgefühl und Rückenschmerzen erkennbar.1 Auch kann eine Infektion dem Bundesgesundheitsministerium zufolge zu Krankheitszeichen wie Husten, Schnupfen, Halskratzen, Fieber und bei einigen auch zu Durchfall führen.2 Die ersten Patienten wurden offenbar durch Wildtiere auf einem Markt im chinesischen Wuhan in der Region Hubei angesteckt. Das Robert Koch-Institut geht derzeit davon aus, dass die Übertragung wie bei anderen Coronaviren in erster Linie über Sekrete der Atemwegsregionen erfolgt.3 Der Charité-Virologe Christian Drosten sagte kürzlich in einer Vorlesung im Berliner Naturkundemuseum, das Virus werde ähnlich einer normalen Erkältung bereits von Rachen zu Rachen und über Nasalsekret übertragen.4 Auch ist die Übertragung laut chinesischer Gesundheitskommission bereits möglich, wenn zwei Menschen über weniger als 1,8 Meter Abstand Kontakt hatten.5 Das Problematische: Infizierte sind bereits mehrere Tage, bevor sich erste Symptome bemerkbar machen, hochinfektiös. Milde Verläufe, bei denen Infizierte kaum Erkrankungszeichen zeigen, müssen ebenfalls einkalkuliert werden.
2. Welche Auswirkungen hat der Virus auf die europäische Gesundheitsversorgung?
Die Zahl der Infektionen mit Coronavirus SARS-CoV-2 weltweit ist bereits zwei Monate nach vermutetem Ausbruchszeitpunkt beträchtlich. Während in China laut Daten der WHO am 24. Februar 77.234 Infektionen vorlagen, stieg die Zahl bestätigter Todesfälle am 24. Februar auf weltweit 2.618 (Stand: 25.02.2020)6. In Europa nahm die Zahl der Infektionen in den letzten Tagen deutlich zu. Besonders in Italien sorgt man sich um die europaweit höchste Zahl an Infizierten. Laut Tagesspiegelinformationen vom 24. Februar meldete der Zivilschutzchef Angelo Borrelli in Italien 219 Infizierte, davon waren 5 Todesfälle zu betrauern (Stand: 25.02.2020)7. In Deutschland sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt 16 Infektionen bekannt (Stand: 24.02.2020)8. Hierzulande sorgt man sich gegenwärtig sowohl um Übertragungen aus Italien als auch um eine Engpasssituation bei versorgungsrelevanten Arzneimitteln mit Wirkstoffproduktionen in China.
3. Was heißt das für Deutschland?
Zurzeit liegen der Bundesregierung laut BfArM-Angaben keine Hinweise auf konkrete Lieferengpässe für die EU in Zusammenhang mit chinesischen Wirkstoffzulieferern vor. Dennoch zeigt sich das Bundesinstitut einem Pressesprecher zufolge besorgt: „Auswirkungen von Liefer- und Produktionsausfällen von Wirkstoffherstellern in China und Möglichkeiten, diese frühzeitig abzumildern, werden aber derzeit intensiv von allen Akteuren erörtert.“9
In der Nähe der Stadt Wuhan (China) befinden sich nach BfArM-Recherchen derzeit Wirkstoffproduktionsstätten für 19 Arzneimittel. 17 dieser Arzneimittel betreffen einen als versorgungsrelevant eingestuften Wirkstoff. In der Gesamtregion Hubei werden offenbar sogar 153 Arzneimittel teilproduziert, davon enthalten 64 Arzneimittel einen versorgungsrelevanten Wirkstoff. Insgesamt seien 11 versorgungsrelevante Wirkstoffe betroffen, die Teil der BfArM-Liste „versorgungsrelevanter Wirkstoffe ohne Impfstoffe“ sind.
Offenbar versucht das BfArM mithilfe einer engmaschigen Kommunikationsstruktur zeitnah Informationen über Lieferengpässe in China zu erhalten: „Das BfArM steht in engem Austausch mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und hat auch den Jour Fixe zu Liefer- und Versorgungsengpässen aktiv eingebunden“, so ein Sprecher auf Nachfrage von apomio.10 Das BfArM vermutet, dass es „zeitverzögert“ zu versorgungsrelevanten Lieferengpässen kommen könne, besonders aufgrund der Zwangsferien, Quarantänen und Unterbrechungen von Lieferwegen in China. Laut Informationen von Apotheke Adhoc beträfen die Unterbrechungen aufgrund chinesischer Sicherheitsvorkehrungen nach derzeitigen Meldungen folgende versorgungsrelevante Wirkstoffe: Ibuprofen, Metamizol, Metronidazol, Docetaxel, Flumazenil, Ezetimib, Oxcarbazepin, Ticagrelor, Granisetron und Clozapin.
Zusätzlich werden offenbar die nicht als versorgungskritisch geltenden Wirkstoffe Acetylcystein (ACC), Progesteron, Finasterid, Torasemid, Amisulprid, Vinarelbin, Oxaciplatin, Cyproteron in Hubei produziert. Das BfArM hat nach eigenen Angaben potentiell betroffenen Unternehmen hinsichtlich näherer Informationen kontaktiert. Aktuell gebe es weder national noch europäisch Hinweise auf eine Einschränkung der Arzneimittelversorgung. Das BfArM hat zugesichert, etwaige Lieferengpässe aus China sofort mitzuteilen. Lieferengpässe listet das BfArM hier. Übersichtlicher werden Gesundheitsakteure über aktuelle Lieferengpassmeldungen des BfArM über die Apotheken-App „ApoSync“ informiert.
4. Wie kann man sich vor Ansteckung schützen?
Entsprechend den FAQ des Robert Koch-Instituts solle man sich gegen das Coronavirus ähnlich wie gegen Influenza oder Atemwegsinfektionen schützen. Es gelte insbesondere, die Husten- und Nies-Etikette, gute Händehygiene und Abstand zu Erkrankten von etwa 1 bis 2 Metern einzuhalten. „Bei Coronaviren, die respiratorische Erkrankungen verursachen können, erfolgt die Übertragung primär über Sekrete des Respirationstraktes. Gelangen diese infektiösen Sekrete an die Hände, die dann beispielsweise das Gesicht berühren, ist es möglich, dass auch auf diese Weise eine Übertragung stattfindet“, so der Stand der RKI-Information vom 7. Februar.11 Deshalb sei eine gute Händhygiene wichtiger Teil der Prävention.
Eine Infektion über Darmausscheidungen und Oberflächen, die von symptomatischen Patienten berührt wurden, wie etwa importierte Waren, Gepäck oder Postsendungen, erscheine zum gegenwärtigen Zeitpunkt unwahrscheinlich. Für Einsatzkräfte, die intensiv mit Infizierten in Kontakt kommen, empfiehlt das RKI das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes für die betroffene Fremdperson und die Einsatzkraft selbst oder – falls die Fremdperson keinen Mund-Nasen-Schutz toleriert – eine Atemschutzmaske nach FFP2 mit Schutzventil.12
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Frau Maria Köpf ist seit 2018 als freie Autorin für apomio tätig. Sie ist ausgebildete Pharmazeutisch-technische Assistentin und absolvierte ein Germanistik- und Judaistik-Studium an der FU Berlin. Inzwischen arbeitet Maria Köpf seit mehreren Jahren als freie Journalistin in den Bereichen Gesundheit, Medizin, Naturheilkunde und Ernährung. Mehr von ihr zu lesen: www.mariakoepf.com.