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COVID-19-Impfstoffe: Ein Update in Fragen und Antworten

Kommentar schreiben Donnerstag, 04. Februar 2021

Ohne Zweifel: Das Coronavirus hält die Welt auch in der Phase erster Impfungen an der Weltbevölkerung in Atem. Welche Impfungen sind aktuell verfügbar, wirken sie selbst gegen die aufgetretenen Virus-Mutationen aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien und welche Bevölkerungsgruppen sollen in Deutschland zuerst geimpft werden? Antworten auf die wichtigsten Fragen erfahren Sie im folgenden FAQ. 

 

 

Welche Impfstoffe sind aktuell in Deutschland zugelassen?

 

In Deutschland wurden bereits drei Impfstoffe zugelassen. Die beiden im Dezember 2020 in der EU zugelassenen Impfstoffprodukte der Firmen Biontech/Pfizer und Moderna zeigten eine Wirksamkeit von rund 95 %.1 Bei beiden handelt es sich um in dieser Form erstmalig eingesetzte mRNA-Impfstoffe. Die Impfstoffe transportieren die Messenger-RNA (mRNA) der Viren in die Körper- und Muskelzellen um die Einstichstelle herum. Dank einer Hülle aus Fettsäure (Lipidschicht) nehmen die menschlichen Zellen diese auf, bauen die mRNA-Bauanleitung des Virus nach und präsentieren die Spike-Proteine des Virus unseren Immunzellen, die daraufhin Antikörper bilden.2 Dass die mRNA in unseren menschlichen Zellkern eindringt ist laut Paul-Ehrlich-Institut „aufgrund der chemischen Struktur nicht möglich“.3

Am 29.01.2021 wurde nun auch ein dritter Impfstoff von Astra Zeneca durch die EMA (europäische Arzneimittelagentur) EU-weit zugelassen. Die Behörde gab den Vektorimpfstoff ohne Altersobergrenze frei. Der Hersteller spricht von einer Effektivität von rund 70 %. Der Impfstoff kann Impfwilligen, die älter als 18 Jahre alt sind, verabreicht werden.4 Allerdings empfahl die STIKO als oberstes Impfgremium für Deutschland, den Impfstoff nur bis zum 64. Lebensjahr zu verabreichen, da bisher Wirksamkeitsdaten für Menschen über 65 Jahren fehlen.5 Die EMA hatte ihre Empfehlung für über 65-Jährige damit begründet, dass das Vakzin sehr gute Testergebnisse bei sämtlichen übrigen Altersklassen gezeigt hat und Zweifel über die bloß minimale Wirksamkeit bei über 65-Jährigen ausgeräumt wurden.6

 

Welche weiteren Impfstoffe warten auf eine Zulassung?

 

Ein weiterer Vectorimpfstoff befindet sich im Rolling-Review-Verfahren, das in der EU eine beschleunigte Zulassung ermöglicht. Zeigen sich die Daten für die hohen Anforderungen an Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit unverändert evident, könnte bald auch der Impfstoff von Johnson & Johnson verfügbar sein. Die Kommission bestellte bereits 200 Millionen Dosen vor. Der Impfstoff schützt nach 4 Wochen leider nur zu 66 % vor mittleren und schweren COVID-19-Verläufen. Schwere Krankheitsverläufe vermeidet er zu 85 %. Diese nicht gerade effektive Impfung sorgt zwar nicht für Luftsprünge, hat jedoch den großen Vorteil, dass nur eine einmalige Impfung nötig ist. Gegen die südafrikanische Mutation (B.1.351) zeigte sich das Johnson-Vakzin mit nur noch 57 % weniger wirksam.7

Daneben laufen in Deutschland aktuell noch klinische Prüfungen für zwei weitere Impfstoffkandidaten. Zum einen wird ein Peptid-Impfstoff der Universität Tübingen geprüft, zum anderen ein Vektorimpfstoff aus dem DZIF-Konsortium und der IDT Biologika GmbH.8, 9 

 

Eine Hand hält eine Spritze mit Impfstoff

 

Soll es eine Wahlmöglichkeit für den Impfstoff in Deutschland geben?

 

Bislang ist keine Wahlmöglichkeit vorgesehen. Geimpft wird nach Verfügbarkeit der Impfstoffe. Die Impfverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) gibt vor, dass Risikogruppen in Deutschland bundes- und landesweit einen „Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 haben“. Land und Bund sollen mit den Impfstoffen so umgehen, dass bestimmte Risikogruppen in bestimmter Reihenfolge priorisiert werden.10  Zwar ist bislang keine Wahlmöglichkeit bei den Impfstoffen vorgesehen, doch bildet die Stadt Berlin eine Ausnahme: Die Berliner Gesundheitsministerin Dilek Kalayci versprach „Der Bürger, die Bürgerin sollen die Freiheit haben, sich entscheiden zu können, mit welchen Impfstoff sie geimpft werden wollen“, so Kalayci nach einem RBB-Abendbericht.11 Demnach erfahren Berliner Bürger auf der Senatsseite, welcher Impfstoff in welchem Impfzentrum verabreicht wird. Andere Bundesbürger müssen in ihrem Bundesland selbst nach der Art des Impfstoffs Rückfrage halten. Da jedoch mehrere Bundesländer die Impfzentren den Wohnorten zuordnen und es zuweilen keine strikte Vorgabe gibt, sich an seinem Wohnort impfen zu lassen, besteht prinzipiell für einige Bürger eine Wahlfreiheit.

Ein Tipp: Bei der Online-Terminvergabe erfahren Bürger nicht, welches Vakzin am Impfstandpunkt geimpft wird. Bei telefonischer Terminabsprache haben die Mitarbeiter jedoch Zugriff zur Art des Impfstoffs.12

 

 

Wie sieht der konkrete Impfplan in Deutschland aus?

 

Der Impfplan in Deutschland sieht laut Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) vor, dass über 80-Jährige oberste Priorität haben. Auch Personen in stationären Einrichtungen sowie Personen, die regelmäßig pflegebedürftige Menschen betreuen, pflegen und behandeln und Personen, die auf Intensivstationen, Notaufnahmen, in Rettungsdienste, als Palliativversorger, auf Onkologiestationen und Transplantationsstationen und Impfzentren arbeiten, werden als erstes geimpft.

Zweithöchste Priorität haben Personen über 70 Jahren. Daneben zählen auch  Trisomie 21, Demenz oder geistiger Behinderung sowie Organtransplantierte und enge Kontaktpersonen von Schwangeren und Pflegebedürftigen zur zweiten Impfgruppe. Ebenfalls zweithöchste Priorität hat regelmäßiges Betreuungspersonal für geistig Behinderte, Ärzte, Blut- und Plasmaspendedienste, SARS-CoV-2-Testzentren, Polizei, Ordnungskräfte, der öffentliche Gesundheitsdienst, Asylheimpersonal und Obdachlosenpersonal und essentielle Krankenhausmitarbeiter.

Dritthöchste Priorität bei der Impfung erhalten Personen über 60 Jahren und Risikopatienten folgender Erkrankungen: Adipositas, chronische Nieren- oder Lebererkrankung, Immundefizienz, HIV-Infektion, Diabetes mellitus, bestimmten Herzerkrankungen, zerebrovaskuläre Erkrankung oder Apoplex, Krebserkrankung, COPD/Asthma, Autoimmunerkrankung, Rheuma. Auch folgende Personen werden laut der Corona-Impfverordnung in die dritthöchste Impfkategorie eingeordnet: Personen in staatlichen Einrichtungen, Personen kritischer Infrastruktur (Apotheken, Pharmaindustrie, Ernährungswirtschaft, Wasser- und Energieversorgung, Abwasser- und Abfallwirtschaft, Transport und Verkehr, Telekommunikation, Informationstechnik), Einzelhandelspersonal, Lehrer, Erzieher, Laborpersonal und Personen mit prekären Arbeits- oder Lebensbedingungen.13

 

Wie sieht die aktuelle Impfbereitschaft in Deutschland aus?

 

Eine nach Standards des Civey-Whitepapers14 repräsentative Umfrage des Spiegels von Anfang November 2020 ergab, dass die Impfbereitschaft in Deutschland zu diesem Zeitpunkt bei knapp über 60 %  gelegen habe.15 Dort wurde auch angegeben, dass rund 30 % einer Impfung skeptisch gegenüber gestanden haben. Ungefähr 10 % sollen sich unentschieden gezeigt haben. Offenbar war die Impfbereitschaft im November 2020 umso höher, je älter ein Befragter gewesen sei. Auch männliche Befragte und solche aus einer großen Stadt bekundeten eine höhere Bereitschaft zur Impfung.16

 

Kritik am Prozedere in den Impfzentren: Zu wenig Impfungen täglich

 

Überraschend las sich jedoch ein kritischer Medienbericht des Tagesspiegels Mitte Januar. In einem Berliner Impfzentrum hätten an einem Tag rund 5.000 Menschen geimpft werden können. In der Arena ließen sich Berichten von Oberärztin Friederike Danne zufolge in ihrer Schicht nur rund 500 Menschen impfen. Einer Korrektur der Senats-Gesundheitsverwaltung zufolge wären es an dem betreffenden Tag 600 Menschen mittels einer schriftlichen Einladung zu dem Termin eingeladen worden. Offenbar lag die restriktive Impfeinladungspraxis des Berliner Senats an dem begrenzt zur Verfügung stehenden Impfstoff. Es waren anfänglich 600 Impfdosen täglich im Zentrum Arena vorgesehen. In den anschließenden Tagen waren aufgrund weiterer Lieferungen des Herstellers Biontech/Pfizer dann 800 bis 1.000 Impfungen täglich geplant.17

 

Welche neuen Erkenntnisse gibt es inzwischen zu Corona?

 

Bezüglich einer möglichen Mutation des Coronavirus hält das Virus derzeit die Welt in weiterhin in Atem. Bisher haben die Firmen Biontech/Pfizer und der Hersteller Moderna für die beiden mRNA-Impfstoffe mitgeteilt, dass diese auch gegen die Variante aus Großbritannien als auch gegen die südafrikanische Mutante wirksam seien.18 Für den Wirkstoff von Johnson & Johnson, der mutmaßlich demnächst von der EMA in der EU zugelassen werden könnte, gilt bereits eine geringere Wirksamkeit von 57 % gegen die südafrikanische Variante als gesichert.19 Doch nicht der Fund einer Mutation alleine ist für die Gefährlichkeit eines Virus entscheidend, sondern die Art des Selektionsvorteils, den das Virus durch die zufällige Mutation gewinnt. Die Mutation aus England zeigt vor allem Veränderungen am Spike-Oberflächenprotein und damit eine verbesserte Fähigkeit, einen Menschen zu infizieren und sich im Körper zu vermehren.20 Die Variante aus Südafrika zeigt eine Escape-Mutation, womit sie gebildeten Antikörpern besser entweichen könnte. Dies wäre eine erste frühe Vorform einer möglicherweise entstehenden „Impfstoff-Resistenz“.21 Auch reagieren laut des Wissensportals Quarks.de nicht alle Antikörper bei Menschen, die bereits mit dem Coronavirus infiziert waren, auf das südafrikanische Coronavirus. Dort wurde jedoch zumindest das Risiko für eine Zweitinfektion mit dem Coronavirus laut einer Studie an 20.000 Krankenhausmitarbeitern in Großbritannien als sehr klein angegeben. Eine einmal durchgestandene Infektion senkt das Risiko einer erneuten Infektion offenbar um 83 %, das Risiko, erneut daran ernsthaft zu erkranken, um 95 %.22

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Maria Köpf
Autor: Maria Köpf

Frau Maria Köpf ist seit 2018 als freie Autorin für apomio tätig. Sie ist ausgebildete Pharmazeutisch-technische Assistentin und absolvierte ein Germanistik- und Judaistik-Studium an der FU Berlin. Inzwischen arbeitet Maria Köpf seit mehreren Jahren als freie Journalistin in den Bereichen Gesundheit, Medizin, Naturheilkunde und Ernährung. Mehr von ihr zu lesen: www.mariakoepf.com.

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