Der E-Medikationsplan: Coming soon...
Bereits seit Oktober 2016, mit Inkrafttreten des E-Health-Gesetzes, können Versicherte vom verschreibenden Arzt einen Medikationsplans in Papierform verlangen. Und zwar immer dann, wenn mindestens drei Arzneimittel gleichzeitig angewendet werden und die Anwendung dauerhaft über mindestens 28 Tage erfolgt. Das stellt eine Übergangsregelung für die Zeit vor der Ära eines bundeseinheitlichen Medikationsplans (BMP) dar, der Ende dieses Jahres Patienten in übersichtlicher und verständlicher Form abbildet, welche Medikamente aktuell einzunehmen sind. Die häufigsten Fragen und Antworten zum E-Medikationsplan im Überblick.
Was ändert sich mit dem E-Medikationsplan?
Mit dem E-Medikationsplan ändert sich, dass dieser zukünftig auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert wird. Mit der Einführung des E-MP sind die Hausärzte und gegebenenfalls auch Fachärzte und Apotheker dazu verpflichtet, Änderungen einzupflegen. Der Zugriff auf die Daten muss jedoch zuvor vom Patienten authorisiert werden. Im Rahmen eines konstruktiven Austauschs haben sich die BÄK (Bundesärtzekammer), der DAV (Deutscher Apothekerverband) und der KBV (Kassenärztliche Bundesvereinigung) mit der IT-Industrie auf eine technische Umsetzung geeinigt, die sich an internationalen Standards orientiert habe.
Nicht nur auf Papier: E-Medikationsplan ab Ende 2019
Bislang muss der Arzt dem Patienten auf Wunsch nur einen Medikationsplan auf Papier aushändigen. Dabei sieht der Medikationsplan stets gleich aus, denn für den bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP) wurde eine standardisierte und somit in allen Bundesländern gültige Form vorgegeben. Das wird ebenso für den elektronischen BMP gelten, sobald dieser ab Ende 2019 in seinen „Kinderfüßen“ zum Einsatz kommt. Vorgesehen ist für den E-Medikationsplan, dass er auf der elektronischen Gesundheitskarte des Versicherten gespeichert wird und mittels des Barcodes im rechten oberen Eck zur elektronischen Form weitergeleitet werden kann. Der E-Medikationsplan enthält identisch zum Vorläufermodell des papiernen Medikationsplans unter anderem Informationen zum Fertigarzneimittel, Wirkstoff, Einnahmegrund und zur Dosierung sowie zu Hinweisen zur Einnahme.
Welche Schwierigkeiten bereitet der E-Medikationsplan?
Im Zuge der ersten Anwendung des papiernen Medikationsplans im Praxisalltag der Vertragsärzte fiel auf, dass zusätzliche Salze oder Hydrate, die an den Wirkstoff gebunden sind, zu Verwirrungen bei Patienten führten. Beispielsweise lautet die Grundsubstanz bzw. der grundlegende Wirkstoff einer Typ-2-Diabetes Metformin. Seine in Tabletten eingesetzte Salzform lautet jedoch häufig Metforminhydrochlorid. Um bei Patienten keine Verwirrung und Skepsis zu stiften wurde beschlossen, nur noch die Grundsubstanz zu benennen. Ausnahmen bilden nur noch solche Wirkstoffe, deren Salz- oder Derivatform klinisch relevant sind. Außerdem lässt der Bekanntheitsgrad des BMP noch zu Wünschen übrig. Laut einer „planet wissen“-Sendung des WDR im Mai 2018 zeigte sich bei einer Umfrage zum Bekanntheitsgrad des Medikationsplans die Mehrheit der Passanten einer Fußgängerzone noch unwissend. Nur wenigen der Befragten war bekannt, dass ihnen bereits seit Oktober 2016 auf Wunsch ein Medikationsplan durch ihren verschreibenden Arztes ausgestellt werden kann.
Der Medikationsplan in der Testphase: Eine Frage der Bewährung
Wissenschaftliche Forschungsprojekte untersuchten den bundeseinheitlichen Medikationsplan bereits nach Schwachstellen. Ebenfalls wurde der BMP durch die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA) in drei Modellprojekten getestet - im Projekt PRIMA in Thüringen und Sachsen, im Projekt „Medikationsplan Erfurt“ sowie im Projekt MetropolMediplan 2016 in Nürnberg-Fürth.
Abgeleitet aus diesen drei Modellprojekten der ABDA empfahl Prof. Dr. Martin Schulz, Pharmakologe und Vorsitzender der Arzneimittelkommission, im Oktober 2018 während eines Vortrags vor der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) folgende Vorgehensweisen zum E-Medikationsplan: Zunächst sollten Prozesse, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten bei Ärzten sowie bei Apothekern genauer abgeklärt werden. Professor Schulz bezog sich hierbei auf die noch offenen Fragen, wer die Ersterstellung des bundeseinheitlichen Medikationsplanes übernehme – und wer die Fortschreibung des Medikationsplanes. Hier würden noch klare Regeln fehlen. Außerdem sei essentiell, den BMP in die sogenannte E-Patientenakte zu überführen. Das würde eine lückenlose Dokumentation seiner Medikamente im Sinne des Patientenwohls gewährleisten. Dafür müssten jedoch auch Diagnosen zur Therapie und zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) nebst einer Historie über unerwünschte Arzneimittelwirkungen in den E-Medikationsplan hinterlegbar sein.
Was empfiehlt die Kassenärztliche Vereinigung ihren Vertragsärzten?
Zwar empfiehlt eine Praxisinformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) von Februar 2018 den Praxisärzten diverse Wenn-dann-Empfehlungen, doch wird aus den Formulierungen klar, dass die Sache eher „klar wie Kloßbrühe“ ist, wenn spezielle Bedingungen vorherrschen. Die KBV beschreibt in der Praxisinformation zunächst, dass in der Regel der Hausarzt zur Erstellung und Aktualisierung der Medikamenteninformationen verpflichtet sei: „Der Hausarzt erstellt in der Regel den Medikationsplan. Er ist dazu verpflichtet. Haben Patienten keinen Hausarzt, sind auch Fachärzte in der Pflicht.“ Wenn jedoch unklar ist, welcher Facharzt im Falle eines nicht vorhandenen Hausarztes den Medikationsplan erstellt und aktualisiert, wird der „überwiegend koordinierende“ Facharzt empfohlen.
Zur Aktualisierung des Medikationsplans sollen sich Fachärzte, Kliniken und Apotheker aufgerufen fühlen: „Der Arzt, der den Medikationsplan erstellt hat, ist zur Aktualisierung verpflichtet. Aber auch andere Ärzte des Patienten sowie Krankenhäuser können diese Aufgabe übernehmen“. Weiteres gibt die KBV-Anleitung den Apothekern Handlungsspielraum, wenn der Patient ihnen dies gestattet: „Auf Wunsch des Patienten dürfen auch Apotheker den Plan aktualisieren. Sie können zum Beispiel Änderungen aufgrund von Rabattverträgen oder Arzneimittel der Selbstmedikation eintragen.“ Die KBV weißt ihre Ärzte des Weiteren auch darauf hin, dass das Erstellen eines Medikationsplans in der Regel einmalig mit einem Zuschlag von 4 Euro honoriert wird.
Quellen:
Praxisinformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Stand Februar 2018: https://www.kbv.de/media/sp/Praxisinformation_Medikationsplan.pdf
Dürftiger Bekanntheitsgrad des bundeseinheitlichen Medikationsplans: https://www.abda.de/newsroom/meldung/artikel/medikationsplan-erklaert/
Die drei Modellprojekte der ABDA:https://www.abda.de/newsroom/meldung/artikel/empfehlungen-zum-medikationsplan/
Bundesärztekammer zur Telematiktelemedizin:
https://www.bundesaerztekammer.de/aerzte/telematiktelemedizin/medikationsplaene/
Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH:
https://www.gematik.de/fileadmin/user_upload/gematik/files/Faktenblaetter/Faktenblatt_E-Medikationsplan_web.pdf
Frau Maria Köpf ist seit 2018 als freie Autorin für apomio tätig. Sie ist ausgebildete Pharmazeutisch-technische Assistentin und absolvierte ein Germanistik- und Judaistik-Studium an der FU Berlin. Inzwischen arbeitet Maria Köpf seit mehreren Jahren als freie Journalistin in den Bereichen Gesundheit, Medizin, Naturheilkunde und Ernährung. Mehr von ihr zu lesen: www.mariakoepf.com.