Digitalisierung in der Apotheke - fristgerecht zur Telematikinfrastruktur
Bis zum 30. September 2020 müssen alle Apotheken an das Telematik-Netzwerk angeschlossen sein. Die dafür erforderlichen Hard- und Softwareaufrüstungen mögen nicht nur organisatorisch eine Herausforderung sein, auch finanziell gilt es für Apotheken trotz Fördermöglichkeiten einiges zu stemmen.
Inhaltsverzeichnis
- Fördervereinbarung soll Apotheken finanziell entlasten
- Compugroup entwickelte ersten zugelassenen E-Health-Konnektor
- Pharmatechnik offeriert ebenfalls ein Basispaket
- ADG hält sich mit den Kosten bedeckt
- Noventi wird zum Full-service Anbieter für TI-Equipment
- Red Medical setzt auf ausgelagerte Konnektoren
Um im September 20201 bereit für die Anbindung an die medizinische Datenautobahn zu sein, müssen deutsche Apotheken aufrüsten. Die grundlegende Basis - ein sicherer Internetzugang - mag in den meisten Betriebsstätten gegeben sein. Doch weitere Bestandteile wollen bis dahin organisiert und letztendlich auch finanziert werden. Hierzu zählt der Konnektor, über den die Verknüpfung erfolgt und der mit einer Firewall als Schutzschild vor unrechtmäßigen Zugriffen ausgestattet ist. Für den Zugang zur TI wird außerdem ein spezieller VPN-Zugangsdienst und mindestens ein Kartenterminal benötigt. Der Praxisausweis (SMC-B) ist für die Registrierung und Anmeldung der Betriebsstätte erforderlich. Um die Anwendungen der TI nutzen zu können, benötigen Approbierte darüber hinaus einen Heilberufsausweis für den Apotheker (HBA-Karte) und entsprechende Softwarelösungen. Alle erforderlichen Komponenten und Dienste müssen durch die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH (gematik) zugelassen sein.2
Fördervereinbarung soll Apotheken finanziell entlasten
Anfang 2019 schlossen der Deutsche Apothekerverband e.V. (DAV) und der Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) eine Finanzierungsvereinbarung für Apotheken. Konkret geht es darin um den finanziellen Ausgleich der erforderlichen erstmaligen Ausstattungskosten sowie der Kosten, die den Apothekeninhabern im laufenden Betrieb der TI entstehen: 1362 Euro für die Erstausstattung, 1280 Euro Aufwandspauschale, 378,15 Euro Betriebskostenpauschale für die SMC-B und 449 Euro für HBA sowie quartalsweise Kostenpauschalen für Betrieb und Wartung der Kartenterminals in Höhe von 210 Euro.
Als Abrechnungsstelle fungiert der Nacht- und Notdienstfonds (NNF). Voraussetzung für die Förderung ist, dass die entsprechende Hardware für den Zuschuss qualifiziert ist.3 Dies haben aktuell nicht alle Geräte - ein Umstand der sich laut CompuGroup Medical (CGM) und GKV Spitzenverband aber mit einem Update beheben lässt.4
Compugroup entwickelte ersten zugelassenen E-Health-Konnektor
CompuGroup Medical (CGM) bietet Komponenten und Dienstleistungen rund um die TI an. Bestehende Kunden von CGM LAUER müssen sich demnach nur um die Bestellung von SMC-B und eHBA kümmern. Compugroup empfiehlt die Bestellung der Karten über die Bundesdruckerei. Die Installation der TI-Komponenten, der Konnektorschnittstelle, eines speziellen WINAPO®-TI-Moduls, sowie eine kurze Einweisung der Mitarbeiter ist Bestandteil des Pakets. Der Compugroup Konnektor erhielt im November 2019 nach eigenen Angaben als erster die Zulassung als E-Health-Konnektor.
Die Kosten betragen für bestehende Lauer-Kunden knapp 3500 Euro für das Basispaket. Zusätzlich schlägt das CGM LAUER WINAPO® Basispaket mit 590 Euro für die Grundlizenz für zwei Arbeitsplätze zu Buche. Dieses Feature ist nötig, um die medizinischen TI-Anwendungen nutzen zu können. Für die Softwarepflege fallen zehn Euro monatlich an.5,6
An die Bundesdruckerei sind knapp 450 Euro7 für die SMC-B und gute 533 Euro8 für den eHBA zu entrichten.
Pharmatechnik offeriert ebenfalls ein Basispaket
Ebenso wie CGM LAUER bietet Entwicklungspartner Pharmatechnik ein Basispaket mit vergleichbaren Leistungen für 3500 Euro an. Optional kann das Feature „Pharmatechnik TI Ready-Check“ für einmalig 89 Euro zuzüglich eventuell anfallender Anfahrtskosten hinzugebucht werden. Der TI-Beauftrage der Apotheke erhält dann Unterstützung beim Ausfüllen der „TI-Ready Checkliste“. Das zur Nutzung der TI notwenige Softwarepaket liegt monatlich bei 29 Euro. Das Pharmatechnik TI-Betriebspaket Plus umfasst Wartungsgebühren, Stördienst und TI-VPN-Zugangsdienst für 70 Euro monatlich. Um SMC-B und eHBA muss sich auch hier die Apotheke in Eigenregie kümmern, die dafür anfallenden Kosten sind ebenfalls nicht im Preis des Basispakets enthalten.9
ADG hält sich mit den Kosten bedeckt
Laut Website hat ADG ebenso wie seine Mitstreiter ein TI-Basispaket im Portfolio. Mit den dafür anfallenden Kosten hält man sich bedeckt und verweist auf ein Angebotsblatt oder den zuständigen ADG Berater. Eine Anfrage von apomio blieb aufgrund des bestehenden Corona-Ausnahmezustands bisher unbeantwortet.10
Noventi wird zum Full-service Anbieter für TI-Equipment
Noventi, dessen Tochtergesellschaft Awinta den meisten Apothekern ein Begriff sein dürfte, bietet ein Rundum-sorglos-Paket an. Dieses beinhaltet die komplette Technik, Karten, Service und Support. Im Vergleich zu den Mitbewerbern ist hier auch die Beantragung von SMC-B und eHBA enthalten. Die dafür anfallenden Kosten sind nicht Bestandteil des Paketpreises.
Ein zusätzliches Feature ist der Anschluss an die Apotheken-Plattform CallMyApo, inklusive Vorbestellungsoption und Anbindung an den Telemedizin-Provider Zava. Weiterbildungsmöglichkeiten und Zusatzprodukte zur TI, dem eRezept und zu IT-Sicherheit runden das Angebot ab.
Besonders attraktiv dürfte die Tatsache sein, dass Apotheken im ersten Jahr die einmaligen Investitionskosten noch nicht tragen müssen, aber dennoch die vollen Zuschüsse in Anspruch nehmen können. Im Jahr 2020 fallen dann folglich nur die Anbindungskosten der einzelnen Warenwirtschaftsanbieter und die monatlichen Unterhaltskosten an, die jedoch ebenfalls über die Betriebskostenpauschale refinanziert werden können.
Noventi berechnet 3425 Euro für das Komplettpaket, die Vergütung der Erstausstattung beginnt im Juli 2021 und ist bis 2024 aufgegliedert. Die Kosten für das Noventi TI-Servicepaket betragen wie bei Mitbewerber Pharmatechnik ebenfalls 70 Euro monatlich. Wie bei CGM LAUER und Pharmatechnik kommen noch die Kosten für SMC-B und eHBA hinzu.
Sobald alle notwendigen Zulassungen vorliegen und die zugesagte Förderfähigkeit feststeht, kann die Belieferung starten.11 Für seine Medikationsplan-Software hat das Noventi-Tochterunternehmen hingegen die Zulassung bereits erhalten. Der in der TI-Komplettlösung enthaltene eMedikationsplanManager erhielt Anfang März die Zertifizierung durch die Gematik. Nach eigenen Angaben ist Awinta damit der erste Anbieter für Warenwirtschaftssysteme, dessen Software für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur zugelassen wurde. Die Medikationsplan-Software ist auch für Apotheken mit anderen Warenwirtschaftssystemen nutzbar.12
Red Medical setzt auf ausgelagerte Konnektoren
Einen anderen Weg geht der Münchner Anbieter Red Medical: laut eigenen Angaben will er den TI-Zugang über Konnektoren-Farmen in Rechenzentren ermöglichen. Die Apotheke muss also nicht mehr in einen eigenen Konnektor investieren und sich nicht um Einrichtung, Betrieb, Wartung und Updates kümmern.13 Laut DAV ist diese Art der TI-Anbindung durchaus erlaubt und mittlerweile auch refinanzierungsfähig. Entsprechende Änderungsvereinbarungen befindet sich den Angaben zufolge in der Schlussabstimmung.14 Es bleibt also abzuwarten, welche finanziellen Vorteile diese Anbindungsmöglichkeit den Apotheken ermöglichen wird.
Bisher werden trotz der Finanzierungsvereinbarung und spezieller Angebotspreise der Warenwirtschaftshäuser bei weitem nicht alle anfallenden Kosten zum Anschluss an die TI gedeckt. Apotheken erhalten bei einem im Vergleich höheren Bedarf an Hardware sogar einen geringeren finanziellen Ausgleich als Ärzte oder Zahnärzte.15
Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass nicht alle Apothekeninhaber begeistert auf die Anbindung an die medizinische Datenautobahn reagieren. Und doch ist die Digitalisierung des Gesundheitswesens längst überfällig. Vielleicht hilft es, den Mehrwert in der TI zu sehen: durch die Vernetzung mit Ärzten und Apothekern sowie den eMedikationsplan können Patienten besser beraten werden und es bleibt mehr Zeit für pharmazeutische Tätigkeiten, da einige manuelle Prozesse hinfällig werden. Gepaart mit einer leistungsgerechten Vergütung dürfte dies auch den letzten Skeptiker mit ins Boot holen.
Quellen anzeigen
Linda Künzig, Apothekerin mit Weiterbildungen im Bereich Homöopathie und Naturheilverfahren. Neben ihrer Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke unterstützt sie seit Mai 2019 die Apomio-Redaktion als freie Autorin.