© maridav - 123rf.com

Rabattverträge: Abgabevorrang bei rabattierten Arzneimitteln

Kommentar schreiben Dienstag, 22. Oktober 2019

Rabattartikel zu vermitteln ist für Apotheken oft nicht einfach. Zwar ist den meisten Patienten hinlänglich bekannt, dass Apotheken verpflichtet, sind Rabattverträge abzugeben. Dennoch beschweren sich Patienten häufig, warum sie nur bestimmte „Auswahlprodukte“ anstelle des auf dem Rezept vermerkten Arzneimittels erhalten. Hier eine Liste von Gründen und Regularien, weswegen Rabattartikel abgegeben werden, wem sie nützen und wie Patienten dennoch an ihr Wunschmedikamente gelangen.

 

Änderungen der Arzneimittelversorgung im Jahr 2007

 

Früher konnte der Pharmazeut dem Patienten oft direkt nach der Aushändigung des Rezepts das verschriebene Medikament aushändigen. So einfach ist dies seit 2007 nicht mehr. Seit Einführung des „Beitragssatzsicherungsgesetzes“ im Jahr 2003 und Inkraffttreten des „Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetzes“ 2007 dürfen Krankenkassen mit Arzneimittel-Herstellern Rabattverträge nach Sozialgesetzbuch V § 130a Absatz 8 Preisnachlässe (Rabatte) aushandeln.

 

Ziel ist es, dass Arzneimittelausgaben bei den Krankenkassen sinken. Dahinter steht letztlich die Gewähr, dass das heutige Sozialsystem erhalten bleibt. Diese Zielrichtung behält sowohl die Ausgaben des Bundes als auch das auf Langfristigkeit gerichtete Gemeinwohl aller Patientinnen und Patienten im Blick. Gewähren Hersteller einer bestimmten Krankenkasse Rabatte auf ein Medikament, sichern Krankenkassen vertraglich zu, dass ein Arzneimittel des Herstellers beim Patienten bevorzugt abgegeben wird. 

 

Wie funktioniert das Austauschprinzip bei Rabattartikeln?

 

Verschreibt ein Arzt einen bestimmten Wirkstoff einer spezifischen Dosierung von einer ganz bestimmten Firma, setzt er dafür ein Kreuz vor das Aut-idem-Feld direkt vor der Arzneimittelkennzeichnung. In einem solchen Fall sind Krankenkasse und Herstellern die Hände gebunden, schließlich gilt in Deutschland die „Therapiehoheit des Arztes“ für das jeweilige Medikament.

 

Entscheidet sich der Arzt jedoch gegen ein Aut-idem-Kreuz und lässt das Feld vor der Arzneimittelbezeichnung frei, besagt er damit, dass für die Abgabe das Prinzip „oder das Gleiche“ gilt (lateinisch aut idem: „oder das Gleiche“). Dann muss der Apotheker das Arzneimittel durch ein günstigeres oder rabattiertes Medikament ersetzen, jedoch darauf achten, dass Wirkstoff, Dosierung und Menge identisch bleiben. Zur Substitution durch einen Rabattartikel sind Apotheken laut Sozialgesetzbuch V §129 Abs. 1 verpflichtet.

 

Zur Wahl als Rabattartikel können entweder das Original-Artikels eines Herstellers oder ein Import-Artikel eines Herstellers stehen. Darf das der auszuwählende Rabattartikel laut Verschreibung auch ein Import-Artikel sein, kann der Apotheker das Original oder alle vorhandenen Importe abgeben, wenn die Preisgrenze des Originals berücksichtigt bleibt und das vorgeschriebene Einsparziel der Apotheke damit berücksichtigt wird. Hier gilt: Ein rabattiertes Original hat immer Vorrang vor nicht-rabattierten Importen.

 

Pharmazeutische Bedenken bei Verdacht auf Therapiehemmnis

 

Auch ein Aut-idem-Kreuz verhindert nicht, dass ein Original durch ein identisches Import-Produkt ausgetauscht wird. Der Apotheker kann jedoch nach Rücksprache mit dem Kunden den Vermerk „pharmazeutische Bedenken“ auf das Rezept setzen, um das verordnete Original abzugeben. Nur so kann der Mitarbeiter die Abgabe eines rabattierten Import-Arzneimittels verhindern. Übrigens: Gleiches gilt im Apothekenalltag auch für die Abgabe eines Wunscharzneimittels eines bestimmten Herstellers. Auch hier kann der Vermerk „pharmazeutische Bedenken“ verhindern, dass ein ungewünschtes Rabattarzneimittel abgegeben wird.

 

Solche Fälle gelten unter Apothekern und PTA jedoch als brenzlig, da sie das persönliche Einsparziels der Apotheke umgehen und mit höherer Wahrscheinlichkeit durch die Krankenkasse retaxiert werden können – sprich die Erstattung des kompletten Arzneimittelabgabepreises abgelehnt werden kann.

Beiträge die Sie auch interessieren könnten

Rezept-Versandverbot: Eine Gegenüberstellung
Rezept-Versandverbot: Eine Gegenüberstellung

Das Bangen und Hoffen um ein RX-Versandverbot ist seit dem EuGH-Urteil im Oktober 2016 nach wie vor ein heißes Eisen für Befürworter und Gegner. In den Worten von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wird hier immer noch mit „gleich langen Spießen“ gefochten. Zwei Jahre später, zum Apothekertag Mitte Oktober 2018, will Gesundheitsminister Spahn nun ein Gesamtpaket zu dem Thema vorlegen. Letztlich geht es um immense Einbußen, die deutschen Versandapotheken durc

Amazon und PillPack: Nicht alles, was neu ist, ist böse – oder doch?
Amazon und PillPack: Nicht alles, was neu ist, ist böse – oder doch?

Wo lukrative Märkte sind, ist Amazon nicht weit - und allein der deutsche Medikamentenmarkt ist rund 40 Milliarden Euro schwer. In den USA gibt es bereits einen Prototyp für rezeptpflichtigen Versand via Amazon. Wenn die Regulierungen hierzulande nicht so streng wären, wäre Amazon wohl auch im deutschen Medikamentenmarkt präsent - so die Bewertung eines Sprecher des BVDVA. Seit Mai 2017 kooperiert Amazon bereits mit einer Apotheke, die auf der Amazon-Plattform OTC-A

Quellen anzeigen

Maria Köpf
Autor: Maria Köpf

Frau Maria Köpf ist seit 2018 als freie Autorin für apomio tätig. Sie ist ausgebildete Pharmazeutisch-technische Assistentin und absolvierte ein Germanistik- und Judaistik-Studium an der FU Berlin. Inzwischen arbeitet Maria Köpf seit mehreren Jahren als freie Journalistin in den Bereichen Gesundheit, Medizin, Naturheilkunde und Ernährung. Mehr von ihr zu lesen: www.mariakoepf.com.

Schreib einen Kommentar

help
help
help

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Zu unseren Datenschutzbestimmungen.