Winterarzneien: Bei Stiftung Warentest fielen viele der Mittel durch
Erkältungssymptome wie Husten, Schnupfen, Halsschmerzen oder leichtes Fieber treiben zur Zeit viele Menschen dazu, Arzneimittel zu kaufen. Die unabhängige Verbraucherinstitution „Stiftung Warentest“ testete in der aktuellen Testausgabe 1/2019 den Nutzen gängiger Wirkstoffe zur Selbstmedikation bei Erkältung – mit durchwachsenem Ergebnis.
Das Wichtigste vorneweg: Besser einzeln behandeln!
Die Stiftung Warentest, die 1964 auf Initiative des Bundestages gegründet wurde, rät in ihrer aktuellen Ausgabe dazu, jedes Symptom einer Erkältung einzeln zu behandeln. Die logische Begründung dahinter: Bei jeder Erkältung zeigen sich andere Symptome. Hinzu kommt, dass jede Erkältungszeichen unterschiedlich stark auftritt. Wenig Sinn macht es daher, alle Krankheitsbilder „auf einen Schlag“ zu mildern. Lieber solle man abwarten und jedes Symptom mit eigens hierzu passendem Wirkstoff lindern.
Kombipräparate fielen durch
Kombinationspräparate bewerteten die Fachleute der Stiftung Warentest grundsätzlich als „wenig geeignet“. Professor Gerd Glaeske, Apotheker und anerkannter Experte zum Thema Arzneimittelrisiken, sagte über die Mittel mit mehreren Wirkstoffen gegenüber der Stiftung Warentest: „Die Mittel sind nicht sinnvoll zusammengesetzt.“
Kritisch sei die Kombination aus schleimhautabschwellenden und schmerzstillenden Wirkstoffen. Auch die Beigabe von Vitaminen und Alkohol gilt als fragwürdig. Schleimhautabschwellende Mittel mit Pseudoephedrin – wie in Aspirin Complex oder Boxagrippal – können zusätzlich zu Herzrasen und Schlaflosigkeit führen. Denn Pseudoephedrine sind chemisch eng mit aufputschenden Aphetaminen verwandt.
Deswegen raten die Warentest-Fachleute eher zu abschwellenden Nasensprays oder fieber- und schmerzsenkenden Mitteln. Sie wirken nur lokal in der Nase beziehungsweise einzeln gegen das jeweilige Symptom. Kombi-Präparate in Form von Tabletten oder Kapseln entfalten dagegen ihre Wirkung im gesamten Körper – auch gegen womöglich nicht zutreffende Krankheitsanzeichen.
Nasenspray lieber ohne Konservierungsmittel
Schnupfen- und Schmerzmittel erhielten in der aktuellen Warentest-Ausgabe noch die besten Bewertungen, nämlich die Auszeichnung „geeignet“. Ausschlaggebend dafür war, dass sie „ausreichend erprobt sind, nachweislich wirken und ihr Nutzen die Risiken übersteigt“. Ihre therapeutische Wirksamkeit gegen Schnupfen ist mittels Studien ausreichend belegt.
Abschläge in der Bewertung erhielten Rhinologika (Nasensprays und -tropfen) mit Konservierungsmitteln. „Diese können an den Schleimhäuten von Augen und Nase unerwünschte Wirkungen auslösen oder die Schleimhaut schädigen.“ Besonders der konservierende Zusatzstoff „Benzalkoniumchlorid“ gilt als allergieauslösend und reizend. Lakonisch bemerken die Warentest-Fachleute, dass fast immer auch vergleichbare Produkte ohne Konservierungsmitteln verfügbar sind. Beispielsweise sind folgende Präparate mit Xylometazolin und Oxymetazolin auch als Varianten ohne Konservierungsmittel erhältlich: Nasenspray Sine AL, Imidin oK Nasenspray 0,1%, Nasenspray-Ratiopharm, Snup, Otriven und Nasivin.
Apothekenmitarbeiter sollten unbedingt proaktiv den Hinweis an die Kunden weitergeben, dass die Mittel nicht länger als 7 Tage angewendet werden dürfen, „damit sich die Nase nicht ans Mittel gewöhnt“.
Alternativ sollte Patienten immer auch zu einer befeuchtenden Salzlösung geraten werden. Sie unterstützt, dass sich die Nase selbst reinigt und mit Erregern besser zurechtkommt. Hier kann zu Rhinomer oder kombiniert mit Dexpanthenol auch zu Imidin sanft und Bepanthen Meerwasser geraten werden.
Halsschmerz- und Hustenmittel nur bedingt wirksam
Betäubende Halsschmerztabletten, Hustenlöser und pflanzliche Hustensäfte sind laut der aktuellen Warentest-Ausgabe bei Erkältung nur „mit Einschränkung geeignet“. Diese negative Bewertung ist der nicht ausreichend belegten Wirksamkeit der betäubenden Wirkstoffe Ambroxol und Lidocain (Halschmerztabletten) geschuldet. Das gleiche gilt für hustenstillende Pflanzensäfte mit Spitzwegerich. Bei stärkerem Schmerz wird dennoch gehäuft auf die lokalanästhetischen Mittel Ambroxol oder Lidocain zurückgegriffen.
Wenn der Schleim fest sitzt und abgehustet werden soll, lassen auch Hustenlöser mit Azetylcystein, Ambroxol, Efeu und Thymian „allenfalls unterstützende Wirkung erwarten“. Wegen der dürftigen Studienlage stuft Warentest die Wirkstoffe als bloß einränkend geeinget ein. Bei leichten Halsschmerzen eignen sich der Stiftung zufolge Emser-Salz-Pastillen. Begründung: Sie befeuchten den Rachen und lindern so die Symptome.
Fieber- und Schmerzsenker vorsichtig einsetzen
Die nichtsteroidalen Antirheumatika Ibuprofen und Azetylsalicylsäure (ASS) und das Nicht-opioid-Analgetikum Paracetamol wirken bekanntlich bei leicht bis mäßigen Schmerz- und Fieberanzeichen. Im Hinterkopf behalten werden sollte bei Ibuprofen und ASS stets, dass sie gastrointestinale sowie nierenschädigende (nephrotoxische) Effekte zeigen. Ebenso muss die lebertoxische Wirkung von Paracetamol bedacht werden.
Gerade deswegen müssen Kunden bei der Abgabe von Kombipräparaten immer darauf hingewiesen werden, dass die Präparate den Wirkstoff Paracetamol bereits enthalten. Einige Kunden sind dankbar, wenn ihnen zusätzlich ein PPI („Magenschleimhaut-Schützer“) empfohlen wird. Die Dosierungsanweisungen in den Präparaten ist wegen der erhöhten Nebenwirkungsgefahr einzuhalten. In Kombinationspräparaten werden die Mittel oft mit Vitamin C angeboten. Die Bewertung von Stiftung Warentest dazu: „Vitamin-C-Zusätze bringen therapeutisch nichts – gut ist dass die Einnahme von ASS als Brausetablette Wasser zuführt.“
Frau Maria Köpf ist seit 2018 als freie Autorin für apomio tätig. Sie ist ausgebildete Pharmazeutisch-technische Assistentin und absolvierte ein Germanistik- und Judaistik-Studium an der FU Berlin. Inzwischen arbeitet Maria Köpf seit mehreren Jahren als freie Journalistin in den Bereichen Gesundheit, Medizin, Naturheilkunde und Ernährung. Mehr von ihr zu lesen: www.mariakoepf.com.